Johannes K. Soyener – Teeclipper

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    Inhalt: Im Vergleich zu anderen Highlandern geht es den Mackays am Assynt in Scoury House noch recht gut, denn sie sind nicht arm und verdienen zudem sehr gut an dem exzellenten Whisky, den im wesentlichen der älteste Sohn Kenneth herstellt und der von Schmugglern nach Glasgow, London und sonstwohin gebracht wird. Aber die Highland Clearances, die Vertreibung der schottischen Pächter zugunsten der Schafherden, werfen ihre Schatten auch schon an den Assynt, und die Mackays geraten in ziemliche Schwierigkeiten. Als der Verwalter auf dem benachbarten Ardvreck Castle eine Cholera-Epidemie nutzt, um die Mackays zu isolieren, beschließt Clan-Patriarch Magnus, daß die Familie in Gruppen fliehen muß: Die drei Töchter nach Glasgow mit ein paar Tagen Vorsprung, er selbst mit Kenneth Richtung Inverness, die beiden anderen Söhne Morgan und Angus zunächst mal in entgegengesetzte Richtung. Die Familie wird zerstreut, denn Magnus und Kenneth gelangen nicht ganz ungefährdet, aber doch recht schnell nach London, wo sich vor allem Magnus als Börsenspekulant etabliert und das Clanvermögen mehrt.


    Inzwischen werden durch unglückliche Umstände auch Morgan und Angus getrennt. Morgan nimmt Dienst auf einem Zollkutter, der die Schmuggler jagt, kommt auf diesem Wege schließlich gleichfalls nach London, und kümmert sich um alle schiffsbezogenen Angelegenheiten der Familie. Sein Einsatz beim Zoll erschließt den Brüdern lukrative, aber nicht ganz legale Geschäfte. Währenddessen ist Angus zunächst auf einem der Schmuggelkutter gefahren, landet später auf einem Sklavenschiff, trifft zufällig Morgan wieder, der ihm den Sprung nach Amerika ermöglicht. Dort etabliert sich Angus als Schiffskonstrukteur, und der Wettbewerb um immer größere und schnellere Clipper für den ertragreichen Handel mit Opium und Tee bietet glänzende Möglichkeiten. Trotzdem kehrt Angus schließlich nach Glasgow zurück, um der dortigen Werftenindustrie auf die Beine zu helfen. Und angesichts des Rausches um den ersten Tee der Saison und die Geschwindigkeit der Clipper, tüfteln die drei Brüder einen irrsinnigen Plan aus, um mit einer großartigen Wette den Clan für lange Zeite von seinen Finanzsorgen zu befreien und Scoury House wieder aufleben zu lassen ...



    Meine Meinung: Der Titel ist einigermaßen irreführend, denn es geht zwar auch um Teeclipper, aber bis es soweit ist, hat man doch annähernd zwei Drittel des Schmökers hinter sich gebracht, ohne daß diese spezielle Form des Seglers überhaupt aufgetaucht wäre. Wie von Soyener schon gewohnt, ist das ganze ausgesprochen detailverliebt, so daß man am Ende des Buches über die Whiskyherstellung, die Schiffskonstruktion, den China-Handel, die Börsengeschäfte und einiges andere vielleicht nicht gerade umfassend, aber doch recht ausgiebig informiert ist, wenn man es vorher noch nicht war. Leider neigt er dabei dazu, es mit diesen Details zu übertreiben (die Operation, bei der die Mutter Kenneths von einem Bluthund zerfleischten Arm zurechtflickt, hätte es z. B. auch auf halber oder weniger Länge getan), zumal sich eine solche Fülle von Einzelinformationen eben nicht mehr harmonisch in eine Gesamterzählung einbetten läßt. Sie gehen zudem auf Kosten der Charakterzeichnung, die doch recht verbesserungsbedürftig ist, da Motivationen und Gedanken der Personen eher flach bleiben.


    Bei Werken solchen Umfangs und mit solch breiter Anlage bleiben naturgemäß auch Fehler nicht aus, die sich hier vor allem zeigen, wenn es um Sprachen geht. Die gälischen Ortsnamen sahen soweit noch gut aus, sie sind wohl richtig von einer Karte übernommen worden. Bei den übrigen gälischen Ausdrücken würde ich nicht an allen Stellen meine Hand für die Richtigkeit ins Feuer legen, und ganz sicher nicht für den mehrfach auftauchenden Toast, der als slainge whah statt als slàinte mhath wiedergegeben wird. Es ist eine Eigenheit des Gälischen, daß sie Worte leniert, d. h. dem Konsonanten ein h nachstellt, was dessen Aussprache verändert, t in hellen Vokalen spricht sich tsch, ein leniertes t ist ein angedeutetes h bis stumm, ein leniertes m wird wie w gesprochen, daher kann ich mir die obskure, im Buch gewählte Schreibweise erklären, aber darüber gestolpert bin ich trotzdem jedes Mal.


    Auf dem Sklavenschiff fährt ein „Doktor“ mit, der angeblich in der Lage ist, sich mit den Sklaven rudimentär zu verständigen, weil er Proto-Bantu, Swahili und Sukuma spricht. Abgesehen davon, daß kein Mensch wirklich Proto-Bantu spricht (das eine Rekonstruktion einer „Bantu-Ursprache“ ist), und das schon gar nicht in der fraglichen Zeit, würde ihm das angesichts der Herkunft der Sklaven von den verschiedenen Orten der westafrikanischen Küste am Golf von Guinea auch überhaupt nicht helfen, denn dort werden Niger-Kongo-Sprachen einer anderen Gruppe gesprochen, keine Bantu-Sprachen. Und Kiswahili als Verkehrssprache der ostafrikanischen Küste ist in diesem Zusammenhang genauso überflüssig wie Kisukuma, denn die Sukuma sind eine Ethnie, die ihr Hauptsiedlungsgebiet am Südufer des Victoria-Sees in Ostafrika hatten und haben.


    Alles in allem ist es zwar kein schlechter Ansatz, in der Ausführung aber deutlich verbesserungsfähig, und ein Lektorat, das um die 200 Seiten und einige arg lang geratene Schlenker gekürzt hätte, hätten dem Roman gut getan. Immerhin war es nicht ganz so ausgeprägt wie bei Der Meister des siebten Siegels, das um das doppelte hätte bereinigt werden müssen.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Meine Meinung

    Teeclipper ist eine bunte Mischung aus verschiedenen Themen: den Highland Clearances und dem anschließenden Vertreibungen der Menschen, um Platz für Schafe zu machen, eine Familiengeschichte mit drei ungleichen Brüdern, Schiffsbau, Sklavenhandel und dem Kampf dagegen und dem Rennen großer Schiffe über die Weltmeere, um neue Märkte zu entdecken.


    Das ist sehr viel und es braucht normalerweise sogar mehr die 800+ Seiten, auf denen es erzählt wurde. Aber hier war die Seitenzahl zu hoch, man hätte die Geschichte auf deutlich weniger Seiten unterbringen können. Es gibt Sprünge in Zeit und Ort und die Ereignisse während dieser Sprünge wurden meistens nicht erwähnt. Dabei wären sie für mich durchaus interessant gewesen. Die Dinge, die erzählt wurden, waren dagegen zu ausführlich.


    Die Protagonisten (ein Vater mit drei Söhnen) waren echte Kerle: stark, schlau, egoistisch und immer ein Mädchen im Arm:rolleyes: Interessanterweise standen sie auf unterschiedlichen Seiten, was sie aber nicht davon abgehalten hat, gemeinsam Profit zu machen.


    Wie schon gesagt, das Buch war eine bunte Mischung. Allerdings ist daraus kein Bild geworden, sondern eher ein Herumgekleckse.

    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.