Fabrice Colin - Mary Wickford

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    Kurzbeschreibung


    Als die junge Waise Mary Wickford zum ersten Mal einem Drachen begegnet, spürt sie, dass in ihrem Leben nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Niemals hätte sie jedoch erwartet, dass eine geheimnisvolle Gabe in ihr schlummert, die das Gefüge der ganzen Welt ins Wanken bringen wird.


    Rezension


    Amerika, 17. Jahrhundert: Mary ist Waise und in einem Kloster aufgewachsen, in dem sie zuletzt auch selbst unterrichtet hatte. Mit 17 Jahren muss sie den Ort ihrer Kindheit jedoch zurücklassen und sich in einer anderen Stadt eine neue Anstellung suchen.
    So führt sie ihr Weg in das malerische Küstendörflein Old Haven, zu dem sie sogleich eine unerklärliche Anziehungskraft verspürt. Besonders ein bestimmter Baum kommt ihr merkwürdig vertraut vor. Kurzerhand beschließt sie, sich in Old Haven niederzulassen und nimmt eine Stelle beim örtlichen Pastor an.
    Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Bald schon ist der jungen Frau die Inquisition auf den Fersen, allen voran der grausame Trevor Fear, der seinem Namen alle Ehre macht und schon unzählige vermeintliche Hexen auf den Scheiterhaufen gebracht hat.
    Auch Mary scheint Vorfahren mit magischen Fähigkeiten zu haben. Was sonst könnte der Grund dafür sein, dass der allmächtige Imperator, Schreckensherrscher über Amerika, Mary um jeden Preis in seine Gewalt bringen will?


    Gleich vorweg: Der Vergleich mit «Lycidas» vermittelt einen völlig falschen Eindruck von dem Buch, ist Marzis uralte Metropole doch wesentlich vielschichtiger und tiefgründiger als «Mary Wickford».
    Davon abgesehen besticht auch Fabrice Colin durch sein mitreißendes Erzähltalent und einen grenzenlosen Ideenreichtum. Mechanische Katzen, Fluggeräte, seelenlose Drachen, Magier, Dämonen, Piraten, ein Volk, das unter der Erdoberfläche lebt und Unsterblichkeit verspricht… Im Hinblick auf sein Personal zieht der französische Autor sämtliche Register, fordert seinem Leser aber gleichzeitig auch einige Konzentration ab, damit dieser nicht den Überblick verliert. Dabei schont Colin seine Figuren auch nicht. Viele Szenen sind ausgesprochen grausam, blutig und brutal, die Grundstimmung ist düster bis gruselig.


    Marys Erzählweise ist, obwohl sie in der Ich-Perspektive berichtet, trotz der schrecklichen Erlebnisse recht nüchtern und distanziert. Hält man sich vor Augen, dass sie mit einigem zeitlichen Abstand auf die damaligen Geschehnisse zurückblickt, ist das aber auch gut nachvollziehbar. Manchem Leser mag sie trotzdem etwas hölzern vorkommen und besonders facettenreich ist ihr Charakter tatsächlich nicht.
    Überhaupt hätte sich der Autor mit einigen Dingen ruhig mehr Zeit lassen dürfen. Auch das Erzähltempo ist stellenweise zu rasant und wirkt gehetzt. (Auch wenn Mary nach gut der Hälfte der Geschichte immer noch nicht zaubern kann.) So passiert es, dass man wichtige Informationen schnell mal überliest.
    Leider hat auch die Übersetzung so manch krummen Satz hervorgebracht und lässt z.B. «Soldaten aus dem Glied treten». Insgesamt ist der Erzählstil dennoch – auch trotz besonders hohem Adjektivanteil – flüssig zu lesen und die Seiten fliegen nur so dahin.
    Und obwohl einige Personen anfangs merkwürdig und sprunghaft agieren, klärt sich - mit Ausnahme von wenigen kleineren Ungereimtheiten - zum Ende hin alles weitgehend zufrieden stellend auf und die Geschichte wirkt längst nicht so verworren, wie der erste Eindruck noch vermuten ließ.


    FAZIT: Ein ungemein spannender Fantasy-Roman, aus dem man locker eine Trilogie hätte machen können. Was vielleicht auch besser gewesen wäre.


    4ratten