Javier Marías - Morgen in der Schlacht denk an mich

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    Inhalt
    Marta ist keine 33, verheiratet, hat einen Sohn und mehrere Verhältnisse. Als ihr Mann für ein paar Tage in London ist lädt sie Victor zu sich ein. Während sie sich ausziehen wird Marta schlecht und sie stirbt wenig später. Victor ist mit der Situation komplett überfordert und verläßt überstürzt die Wohnung.


    Meine Meinung
    Eine Frau lädt einen Mann zu ausserehelichem Sex zu sich ein und stirbt bevor der Akt vollzogen ist. Der Mann sitzt eher unbeteiligt daneben und schaut lieber auf den stummen Fernseher als sich um die Sterbende zu kümmern. Als sie tot ist, ist seine einzige Sorge dass man ihn mit der Toten in Verbindung bringt. Er verläßt den Schauplatz der Tragödie. Vorher stellt er dem kleinen Sohn noch etwas zu essen hin, denn er hat nicht vor einen Arzt oder die Polizei zu rufen...
    Zu mehr bin ich bei Morgen in der Schlacht denk an mich nicht gekommen. Victors Jammern dass Maria ausgerechnet in seinen Armen sterben mußte dazu noch in Javier Marías verschachtelten Sätzen war zuviel für mich. Ich habe das Buch an dieser Stelle abgebrochen.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe das Buch auch schon zwei Mal angefangen und bin jeweils nicht sehr weit gekommen. Ich habe die Atmosphäre als sehr bedrückend empfunden und das Buch hat mich so sehr deprimiert, dass ich nicht weiterlesen wollte.


    "Mein Herz so weiß" habe ich allerdings schon zwei Mal gelesen und fand es beide Male toll, deshalb werde ich wohl auch irgendwann einen dritten Anlauf mit "Morgen in der Schlacht denk an mich" machen.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Hm. Ich mochte Morgen in der Schlacht denk an mich sehr, sehr gerne. Ich habe es allerdings erst ein Mal vor längerer Zeit gelesen. Trotzdem denke ich nicht, dass es mir beim zweiten Mal so gehen würde wie dir, Kirsten, weil ich in der Zwischenzeit einige andere Marías gelesen und für gut befunden habe. Gut, ich bin neugierig, ich nehme mir vor, es bald wieder zu lesen und berichte dann (hoffentlich Positives).

  • Hallo!


    kat: vor ungefähr zehn Jahren habe ich einige Bücher von Javíer Marias gelesen. Damals haben sie mir auch sehr gut gefallen, deshalb habe ich "Mein Herz so weiß" und "Morgen in der Schlacht denk an mich" auf meine Wiholek-Liste gesetzt. Aber mein Geschmack hat sich in der Zeit offensichtlich ziemlich geändert- was nicht unbedingt schlecht sein muß. Van Marias' Büchern lasse ich erstmal die Finger :zwinker:


    Liebe Grüße
    kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine Meinung
    Eine Frau lädt einen Mann zu ausserehelichem Sex zu sich ein und stirbt bevor der Akt vollzogen ist. Der Mann sitzt eher unbeteiligt daneben und schaut lieber auf den stummen Fernseher als sich um die Sterbende zu kümmern.


    Ja, ist das denn nicht eine großartige, einmalige Anfangsszene?! Man überlege sich, welche Bücher bereits eine solche Kraft im Eingang ausüben.


    Was Edward Hopper in seinen Bildern ausdrückt, gelingt Marias in dieser Anfangsszene - die Einsamkeit des Menschen selbst im Angesicht des Todes. Zusammen mit den wunderbar verschachtelten Sätzen Marias' läuft es mir als Leser kalt den Rücken herunter. Dabei steht aber nicht der Gruseleffekt aufgrund des Todes im Vordergrund, sondern vielmehr erkennt man das Wesen des Menschen und das Wesen der eigenen Person und diese Einsicht lässt mich erschauern.


    Eines der großartigsten Bücher von Marias und ein richtig gutes modernes Buch.


    Gruß, Thomas

  • Hallo,


    Ich kann klassikfreund nur zustimmen. Gerade die ersten 120 Seiten sind großartig. Ich pflege meine deutschen Erstausgaben von "Mein Herz so weiss" und "Morgen in der Schlacht denk an mich" wie kleine Heiligtümer.


    Ich habe den Roman 1998 gelesen, kann mich nicht mehr so detailliert erinnern. Aber da gibt es eine Szene, da schleicht sich jemand (vielleicht der Protagonist) in eine Wohnung. Das ist so unheimlich fesselnd geschrieben, wie in einer gothic novel. Irgendwann muss ich diese Shakespeare-Romane noch einmal lesen.


    Liebe Grüße
    mombour

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    OT: Manana En La Batalla Piensa En Mi
    OA: 1994
    428 Seiten
    ISBN: 978-3608936889


    Inhalt:


    Victor kommt zum Rendezvous in die Wohnung einer Frau, die er kaum ein paar Tage kennt. Die Voraussetzungen sind günstig: Ihr Mann ist verreist, ihr zweijähriges Kind endlich eingeschlafen. Sie gehen ins Schlafzimmer. Doch aus der Liebesnacht wird nichts. Eine plötzliche Übelkeit überfällt die Frau, und innerhalb kurzer Zeit ist sie tot ... Aus dieser beklemmenden Szene entwickelt sich eine dicht erzählte Geschichte über Liebe und Verrat. Victor, dem diese Nacht wie ein Alptraum nachgeht, beginnt zu rekonstruieren, was wirklich geschah.


    Eigene Meinung:


    Dieses Buch war ein harter Brocken. Erst einmal muss man sich an Marías unglaublich lange Schachtelsätze gewöhnen. Ist man hiermit nach einer Weile einigermaßen vertraut, dann beginnt der Kampf mit dem Inhalt. Es geschieht nicht wirklich viel, es gibt nicht viel Änderung. Es gibt die oben beschriebene Ausgangssituation und darauf wird aufgebaut. Alles, aber auch wirklich alles, was mit dem plötzlichen Tod der jungen Frau zu tun hat, wird auf das genauste analysiert, ja fast schon seziert. Alles gesagte, jeder Gedanke, jede Gedankenrichtung, jegliche Eventualität und Möglichkeit wird in Erwägung gezogen, geprüft und bewertet. Andererseits sind es aber genau solche Gedanken, welche wir selbst oft so verworren in unseren Köpfen haben, aber niemals wagen würden mit anderen zu teilen; somit baut Marías mit diesen Beschreibungen eine geistige Intimität auf, wie sie nur selten in Büchern zu finden ist. Das hat mir sehr gut gefallen.
    Er beschreibt sehr ausführlich, wie Bindungen zu Menschen entstehen, warum diese Bindungen willentlich nicht zu kappen sind und dass wir uns mit ihnen zuweilen ein ganzes Leben lang auseinandersetzen müssen. Die Gedankengänge hierzu sind äußerst interessant und zwingen den Leser inne zu halten um über das gelesene nachzudenken und es für sich und das eigene Leben zu betrachten.
    Manche Kapitel sind sehr anstrengend und erfordern beim Lesen äußerste Konzentration, will man das, was man liest auch verstehen und nachvollziehen. Nicht nachvollziehen kann man zuweilen, was gewisse Kapitel mit dem eigentlichen Thema, nämlich dem Tod Martas, zu tun haben und man fragt sich ab und an „Was will der Autor jetzt eigentlich mitteilen, Worum geht es ihm?“ Das Buch endet mit einem Kapitel, welches zum Schluss noch einmal ziemlich überraschende Neuigkeiten bereithält.
    Es steht außer Frage, dass Marías ein ungewöhnlicher und sehr guter Schriftsteller ist, der sich intensiv mit seinem Thema auseinandersetzt und dies auch dem Leser vermittelt. In Marías Buch steckt sehr viel Zeit und Sorgfalt, aber genau das erwartet er auch von seinem Leser und manchmal fiel es mir sehr schwer, diesem Anspruch gerecht zu werden, so dass ich dass Buch wirklich nur lesen konnte, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben waren. Es ist kein Buch für "schnell mal zwischendurch".
    Selten ist es mir so schwer gefallen ein Buch zu bewerten, deswegen verzichte ich diesesmal darauf. Auf alle Fälle werde ich auch noch andere Bücher dieses Autors lesen, wenn auch nicht sofort.

  • Wie schön, dass ich zu meinem aktuellen Buch hier etwas finde :smile: Sehr weit bin ich noch nicht, in einem kann ich Dir aber schon zustimmen: ein Buch für zwischendrin ist es nicht. Ich brauche jedesmal ein bisschen zeit, bis ich mich wieder in die sehr langen Sätze und das intensive Kreisen um die eigenen Gedanken eingefunden habe. Dann bin ich aber regelmäßig fasziniert. Der Schreibstil übt auf mich eine gewisse Sogwirkung aus, er wirkt sehr eindringlich. Als Beispiel möchte ich die Stelle nennen, an der die Hauptperson darüber nachdenkt, wie der Mensch dazu neigt, vor Veränderungen die Augen zu verschließe, und (wieder in einem endlosen Satz) unzählige Beispiel nennt, wie sich jemand an der Vergangenheit, am noch-nicht festklammert...sehr beeindruckend. Ich hätte gern mehr Muße für dieses Buch, bei meinem jetzigen Lesetempo wird es sich noch ziehen.

  • Es hat sich dann auch gezogen, und wenn ich nicht Urlaub gehabt hätte, wäre ich vielleicht heute noch nicht fertig. Das spricht aber nicht gegen das Buch, es war nur eines, das Zeit und Muße verlangt. Für mich hat es sich aber sehr gelohnt, ich bin begeistert. Die Ich-Form ist hier kein Zufall, sondern Programm: der Erzähler kreist stark um sich selbst und seine Gedanken. Dass er sich nach einer längeren Unterhaltung und "näherer Begegnung" ;) mit einer Frau nicht sicher ist, ob es seine Exgattin handelt, ist wohl bezeichnend. Man kann diese Episode auch mit "Nichts ist wie es scheint" umschreiben, was auch für das gesamte Buch passt: man darf sich nicht auf den ersten Eindruck verlassen (weder der Erzähler noch der Leser). Die überraschende Wende am Schluss wurde ja schon erwähnt, ich fand sie sehr gelungen, weil ich mir ein bestimmtes Bild von den handelnden Personen gemacht hatte und dies dann fast nach jeder Seite revidieren musste.


    Sehr schön fand ich auch die Sprache des Roman. Ausschweifend, kunstvoll, bildreich - der Stil hat mich in seinen Bann gezogen.