Carlo Lucarelli - Der Kampfhund

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.370 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Annabas.

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    Italienische Krimi-Kunst: Lucarellis “Der Kampfhund”


    Es gibt wenige Autoren, die gleich zu Beginn eines Buches ihre Leser dem Grauen und dem Ekel aussetzen. Lucarelli ist mit seinem 2002 erschienenen Roman ”Der Kampfhund” einer jener Schriftsteller. Zerfetzt von einer Autobombe liegt ein Mann in seinen letzten Zügen und presst aus seinem Mund unverständliche Wortfetzen, nur zwei Silbern sind zu verstehen: Pitbull.


    Temporeich beginnt der Kriminalroman, und rastlos setzt sich die Suche nach dem Killer fort. Völlig unbemerkt von der Polizei wird während einer Überwachungsaktion der Inspektorin Grazia Negro und ihrer Kollegen ein Krimineller mit seiner Frau und dem Bodyguard im Schlaf ermordet. Es gibt keinerlei Hinweise auf den Täter, keine Spuren, nur im Laptop auf dem Nachttisch leuchtet eine Internet-Seite mit einem Hund, einem Pitbull.


    Der Autor lässt den Leser allerdings nicht lang im Unklaren, wer der unsichtbare Profikiller ist. Vittorio ist ein typisch dreißigjähriger Italiener. Er wohnt bei seiner Mutter, überhört müde, höflich ihre Ermahnungen, lässt sich bekochen und sieht italienisch gut aus. Vittorios Vater verbringt seine ruhigen, letzten Tage in einem Altenheim. Vittorio erledigt seine Aufträge schnell, lautlos und ohne Zeugen. Wenige Male im Jahr kontaktiert er einen Auftraggeber über einen Chat im Internet. Alessandro, der Student, und seine Freundin Luisa lesen als Provider-Sheriffs die Chats, um anstößige Beiträge und anderen unsittlichen Unrat sofort aus dem Netz zu nehmen. Etwas weckt ihr Interesse an dem kurzen Internet-Plausch zweier Personen, die sich scheinbar über Hunde unterhalten. Sie mischen sich ein und geraten somit in das Schussfeld des Killers. Grazia, die ehrgeizige Inspektorin, nimmt den Fall persönlich an, ahnt einen Zusammenhang zwischen den immer wiederauftauchenden Bildern eines Kampfhundes am Tatort und kommt dem Profi verdammt nahe. So nahe, dass in einem Wald die Geschichte ihren überraschenden Lauf nimmt.


    Lucarelli ist hemmungslos ehrlich, nah am Geschehen und verbindlich in seiner Sprache. Zwischen den Szenen von Sterben und Tod setzt er das kleinbürgerliche, monotone Leben des Killers und das vitale Leben von Grazia und ihren Ermittlerkollegen, deren Welt sich im Rahmen von Joblangeweile, Partnerschafts-Eiszeiten und Machtgerangel bewegt. Die Inspektorin Grazia gewinnt mit ihrer Natürlichkeit und Direktheit rasch an Sympathie. Als Süditalienerin im Männerjob spült sie die typischen Männerkommentare mit ungezählten Kaffees aus Plastikbechern hinunter. Beachtlich ist es, dass es Lucarelli gelingt, ein Gefühl wie Mitleid für Vittorio beim Leser hervorzurufen. Mitempfinden für einen Menschen, der aus Gewohnheit, beinahe Langeweile tötet.


    Tod, Terror und S.e.x sind die Essenzen des Buches, die den “Kampfhund” zu einem außergewöhnlichen Krimi oder besser: Thriller machen und dem Leser den Atem nehmen. Mein persönliches Urteil: Unbedingt lesenswert.


    Doreén

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Hallo miteinander,


    ich fange heute mit dem Buch an - ich bin auf Lucarelli über seine De-Luca-Reihe gekommen und bin jetzt gespannt, wie er das aktuelle Italien beschreibt.
    Die Rezi klingt schon mal vielversprechend. :smile:


    Grüße von Annabas :winken:

  • Hallo miteinander,


    ich bin gestern noch bis Seite 98 gekommen.
    Bisher gefällt mir das Buch sehr gut, nur die Perspektivwechsel irritieren mich - zur Zeit laufen noch viele Personen ohne Zusammenhang parallel und wenn ein neues Kapitel anfängt, muss ich erstmal schauen, wo es jetzt weiter geht und wessen Gedanken ich gerade lese.
    Außerdem verzichtet der Autor bei Dialogen auf die Anführungszeichen - eine Kleinigkeit, aber die hat mich auch schon zwei- bis dreimal ins Stolpern gebracht.


    Das ist ein Buch, das ich etwas langsamer lesen muss als gewöhnlich. Zu Ende werde ich es aber sicher lesen.


    Grüße von Annabas :winken:

  • So langsam legt sich meine Verwirrung, einige Querbezüge haben sich ergeben. Auch an den Stil habe ich mich gewöhnt - jetzt gefällt mir das Buch richtig gut!
    Merkwürdig nur, dass ich bei den Teilen, die in der ich-Form erzählt werden, zuerst immer eine Frau vor Augen hatte. Dabei hat sich die jetzt als Mann herausgestellt, ich war sehr überrascht. Keine Ahnung, wie ich auf eine Frau gekommen bin, ganz deutlich wird es erst jetzt an der Stelle, bei der es um Bartwuchs geht. Da wurde ich dann doch stutzig. :breitgrins:


    Grüße von Annabas :winken:

  • Carlo Lucarelli – Der Kampfhund
    Übersetzer: Peter Klöss


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    Inhaltsangabe:


    „Pitbull“, ist das letzte Wort des Opfers eines Bombenanschlages in Italien. Jahre später findet man in der Wohnung von zwei Mordopfern das Bild eines Pitbulls. Als dann noch auf das Büro eines Internet-Providers ein Anschlag verübt wird, dessen Chat-Moderatoren ein Gespräch im Separée „pitbull.chat“ als verdächtig aufgefallen ist, kann die Polizei endlich den Zusammenhang herstellen: der „Pitbull“ ist ein eiskalter Berufskiller. Die Polizistin Grazia Negro und ihre Kollegen nehmen die schwierigen Ermittlungen auf, denn der „Pitbull“ ist in jeder Hinsicht ein Profi ...


    Es gibt einen weiteren Roman um Grazia Nero und ihren Freund, den blinden Simone:
    Der grüne Leguan
    Die vorliegende Geschichte ist aber komplett in sich abgeschlossen.


    Der erste Satz:


    „Er musste mindestens zehn Meter weit geflogen sein, denn das immer noch brennende Auto stand viel weiter hinten, am Bürgersteig zwischen einem kleinen Lieferwagen mit gesprungener Windschutzscheibe und einem Volvo, dessen Kofferraumhaube von der Wucht der Explosion aufgerissen worden war.“


    Meine Meinung zum Buch:


    Nach anfänglichen Problemen hat mich dieses Buch doch noch gepackt und begeistert.


    Die Schwierigkeiten lagen hauptsächlich daran, dass ich mich an den Stil gewöhnen musste. Der Autor schreibt die Gedanken seiner Protagonisten so hin, wie sie eben kreuz und quer laufen, und als Leserin hatte ich zunächst Mühe, ihnen zu folgen. Außerdem verzichtet der Autor in seinen Dialogen vollständig auf Anführungszeichen, was mich hin und wieder ins Stolpern gebracht hat, weil ich nicht wusste, wer denn da gerade spricht. Aber mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt – und es hat mich sogar zum Schluss richtig begeistert.


    Wer der „Pitbull“ ist, ist in der Geschichte schon von Anfang an klar. Es geht also nicht um das „wer“, sondern um das „wann und wie kriegt die Polizei den Killer – wenn überhaupt?“. Das war spannend zu lesen und auch wenn der Zufall der Polizei einmal zu Hilfe kommt, war es nicht zu dick aufgetragen. Die Polizeiarbeit war sehr gut dargestellt.



    Grazia und der Killer sind die am besten charakterisierten Personen in der Geschichte. Alex, der Chat-Moderator, blieb mir relativ fremd, obwohl er als einziger Passagen in der ich-Form erzählt und damit eigentlich mir als Leserin näher kommen müsste. In dem Fall war das aber nicht so.


    Der Stil ist, wie schon oben gesagt, etwas gewöhnungsbedürftig, aber es lohnt sich, dran zu bleiben.


    Mit der De-Luca-Reihe von Carlo Lucarelli bin ich nicht warm geworden, aber hier zeigt der Autor wirklich, was er kann. Kompliment!


    Meine Bewertung: 4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße von Annabas :winken: