I - Hölle; Gesang 12 - 22

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 7.213 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tina.

  • Hier könnt Ihr Euch zu den im Betreff genannten Gesängen austauschen, Spoilermarkierungen sind daher nicht erforderlich.

  • Ich will mich hier nicht zu den einzelnen Gesängen äußern, oder vielleicht besser gesagt noch nicht. Allerdings fällt mir generell etwas auf, das ich bemerkenswert finde. Es scheint, Dante tobt sich in seinem Werk ein wenig als Richter aus oder lässt persönliche Aversionen zum Ausdruck kommen, denn er steckt unzählige Zeitgenossen in die Hölle, um sie dort schmoren zu lassen, darunter Adelige, bedeutende Politiker und sogar einen Papst. Zum einen würde mich interessieren, was seine Gründe dafür sind (lässt er ihnen die Strafe zukommen, die sie seiner Ansicht nach verdient hätten und die ihnen im wirklichen Leben erspart blieb?) und zum anderen, welche Reaktionen es darauf gab, als die Commedia veröffentlich wurde, besonders in Bezug auf den Papst. Die Kirche lässt doch solche üblen Nachreden nicht ungestraft.


  • Es scheint, Dante tobt sich in seinem Werk ein wenig als Richter aus oder lässt persönliche Aversionen zum Ausdruck kommen, denn er steckt unzählige Zeitgenossen in die Hölle, um sie dort schmoren zu lassen, darunter Adelige, bedeutende Politiker und sogar einen Papst.


    Gerade das (und die Beschreibung der verschiedenen Foltermethoden in den Höllenkreisen :teufel: ) fand ich am interessantesten an der Komödie, als ich mich vor einigen Jahren durch sie quälte. Bzw. ich hätte das am interessantesten gefunden, wenn mir die Personen irgend etwas gesagt hätten. Für Dantes Zeitgenossen waren das sicher amüsante - oder, je nach eigener Stellung, empörende - Szenen, aber ohne jegliche Hintergrundkenntnisse blieb mir am Ende auch nach Lesen der Kommentare nur die Erkenntnis, dass Dante dort (persönliche) Rache übt. Es muss ihm eine ziemliche Genugtuung gewesen sein, seine Feinde oder deren Vorfahren in die Hölle zu versetzen.
    Über die Reaktion seiner Zeitgenossen stand leider nichts in den Kommentaren - oder ich habe das vergessen -, wäre aber interessant zu wissen. Vielleicht informiert uns Myriel ja darüber.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Über die Reaktion seiner Zeitgenossen stand leider nichts in den Kommentaren - oder ich habe das vergessen -, wäre aber interessant zu wissen. Vielleicht informiert uns Myriel ja darüber.


    Bisher habe ich darüber noch nichts gelesen, aber ich habe die Hoffnung, dass in der Dante-Biografie, die hier auch noch irgendwo angelesen herumliegt, etwas davon stehen wird. Noch bin ich aber nicht an der Stelle, an der die Komödie veröffentlicht wird. :winken:

  • *Thread ausbuddel*


    So, nach "kurzer" Verschnaufpause :redface: geht's weiter mit der Reise durch die Hölle:


    Hölle, 12. Gesang


    Während des 11. Gesangs hatten Dante und Virgil im 6. Höllenkreis ebenfalls eine kleine Verschnaufpause eingelegt, um sich an den Gestank der unteren Höllenkreise zu gewöhnen. Ende des 11. Gesangs ging es dann weiter in den 7. Höllenkreis.


    Der 7. Höllenkreis ist nur über einen Steinrutsch zu erreichen, der durch ein Erdbeben anlässlich von Jesus Tod verursacht wurde. Dieser Erdrutsch wird vom Minotaurus, dem Schandmal Kretas bewacht. Beim Anblick von Dante gerät der Minotaurus in Wut, weil der diesen für den "Herzog von Athen" (=Theseus), seinen Mörder hält, aber Virgil kann ihn beschwichtigen und sie steigen in den 7. Höllenkreis hinab.


    Dieser ist für alle Gewalttäter reserviert und besteht aus einem ringförmigen Fluss aus Blut, der an manchen Stellen tiefer oder flacher ist, je nach Schwere der Sünde. Bewacht wird der Höllenkreis von Zentauren, die jede Seele zurückstoßen, die sich mehr aus dem Blutstrom erhebt, als sie darf.


    Vom Anführer der Zentauren, Chiron, erbitten sie einen Führer, der sie zur Furt über den Blutstrom bringt und Dante, da er eine lebende Seele ist, auf seinem Rücken zur anderen Seite bringt. Nachdem Virgil (mal wieder) erklärt hat, was es mit ihrer Reise durch die Hölle auf sich hat, wird ihnen Nessus zugeteilt, der dann auch gleich Virgils Rolle übernimmt und erklärt, wer so alles in diesem Höllenkreis schmort: u.a. Ezzelino und Obizzo von Este, Guido di Monforte (ermordete Herzog Heinrich in einer Kirche) und der Hunnenkönig Attila. Welcher Alexander gemeint ist, ist allerdings nicht klar - entweder Alexander der Große oder Alexander von Pherai.


    Nachdem Nessus sie auf der anderen Seite des Blutflusses abgesetzt hat, verlässt er Virgil und Dante wieder.

  • Hölle, 13. Gesang


    Während im ersten Ring des 7. Höllenkreises alle Gewalttäter harren, die Gewalt gegen andere eingesetzt haben, schmoren im zweiten Ring des 7. Höllenkreises die Selbstmörder.


    Landschaftlich fand ich die Schilderung dieses Teils der Hölle ziemlich faszinierend und vor allem origineller. Statt dem Blutstrom aus dem vorherigen Abschnitt (eklig :kotz: ), betreten Dante und Virgil hier einen Wald, dessen Bäume alle aus den Seelen derer gewachsen sind, die sich selbst umgebracht haben. Bricht man von solch einem Baum einen Zweig ab, fügt man den Seelen damit Schmerzen zu und die Bruchstelle blutet sogar. Zur Strafe der Selbstmörder wird der Wald von Harpyien bewohnt, die den Bäumen immer wieder Zweige ausreissen.


    Dass Virgil den noch unwissenden Dante ermutigt, selbst einen Zweig auszureissen, obwohl er um die Konsequenzen weiß, finde ich von Virgil unnötig grausam. :grmpf:


    Dantes Opfer entpuppt sich als Pietro della Vigna, der zum Kanzler von Kaiser Friedrich II. aufgestiegen ist, aber dann von Neidern bezichtigt wurde, an einem vom Papst angestifteten Mordanschlag gegen den Kaiser beteiligt gewesen zu sein. Im Kerker nahm er sich selbst das Leben. Ob er tatsächlich schuldig war, ist unbekannt. Dante selbst hat wohl an seine Unschuld geglaubt, sonst hätte er ihn sich in der Comedia nie so verteidigen lassen.


    Neben den Selbstmördern sind in diesem Teil der Hölle auch die Verschwender untergebracht, die nach der verqueren Logik von Aristoteles Sittenlehre (s. Hölle, 11. Gesang) mit den Selbstmördern auf einer Stufe stehen. Zu diesen Verschwendern zählen auch die beiden Männer, die von Hunden verfolgt durch den Wald rennen: der Schlemmer Lano aus Siena (Arcolano Maconi), der nach der Verschwendung seines Vermögens in einer Schlacht starb, und Giacomo di Sant Andrea aus Padua.


    Der letzte Teil des Gesangs soll sich wohl auf Florenz beziehen, doch was genau Dante damit ausdrücken wollte, ist mir schleierhaft, wobei auch die Kommentare nicht helfen. :schulterzuck:

  • Hallo Myriel,


    schön, dass du noch weiterliest. Ich verfolge deine Kommentare, aber auf große Resonanz meinerseits darfst du nicht hoffen, denn das meiste der Commedia ist mir schon wieder aus dem Gedächtnis entschwunden und viel kommentiert habe ich vorher ja auch schon nicht. :redface:


    Viel Spaß weiterhin!


    Doris

  • Hallo Doris,


    ja, es hat mich wieder gepackt und nach der "Sommerpause" geht's mit neuem Elan weiter. Ich hab schon den Ehrgeiz, die Commedia zu Ende zu lesen, auch wenn es ein ganzes Weilchen dauern wird - es hetzt ja keiner. :breitgrins:


    Meine Kommentare sind teilweise auch reiner Selbstnutz, denn als ich jetzt wieder in die Commedia eingestiegen bin, musste ich erstmal meine letzten Kommentare lesen, um wieder zu wissen, worum es ging. :redface: Falls Dir zu manchem trotz der mittlerweile vergangenen Zeit noch etwas einfällt, würde ich mich über jeden Kommentar freuen. :smile:


    LG Myriel

  • Hölle, 14. Gesang


    Virgil und Dante befinden sich immer noch im 7. Höllenkreis, jetzt aber schon im 3. Ring, der durch eine Heide gebildet wird, "die kein Gewächs auf ihrem Grunde duldet." Dante vergleicht dies mit der Libyschen Wüste, durch die Cato seine Truppen geführt hat.


    In der Wüste harren (lt. Kommentar) die Sodomiten, Wucherer und Gotteslästerer und werden von einem ständigen Feuerregen gequält. Unter den Bewohnern dieses Höllenabschnitts findet sich auch Kapaneus, der beim Sturm auf Theben gegen Zeus/Jupiter lässterte und von diesem durch einen Blitz getötet wurde.


    Nach der Begegnung mit Kapaneus erklärt Virgil Dante, woher die vier Höllenflüsse stammen und verweist dabei auf die griechische Sage von Zeus, der nach seiner Geburt von seiner Mutter Rhea auf Kreta versteckt worden war, da laut einer Prophezeiung sein Vater Kronos von seinem eigenen Sohn getötet werden wird und dieser daraufhin alle seine Söhne verschlang. Im Inneren des Berges Ida, wo Rhea Zeus versteckte, steht laut Virgil ein alter Greis, der entsprechend den schlauen Kommentaren die vier Zeitalter der Welt darstellt. Das geht zurück auf das Buch Daniel, in dem in einem Traum eine "Statue aus verschiedenen Metallen von absteigender Qualität" erscheint. Die Metalle stehen dabei für jeweils eines der vier Zeitalter, die erstmals von Hesiod formuliert wurden (Goldenes Zeitalter, Silbernes Zeitalter, Ehernes Zeitalter und Eisernes Zeitalter). Durch die Sünden der Menschheit wird der Greis zum Weinen gebracht und aus diesen Tränen bilden sich die vier Höllenflüsse Acheron, Styx, Phlegethon und Cozyt. Archeron und Styx hat Dante schon kennen gelernt und Cozyt wird laut Virgil noch folgen.


    Auf Dantes Frage, wo denn der Lethe fließt, antwortet Virgil, dass er ihn später noch zu Gesicht bekommen werde. Zur Hölle gehört der Lethe jedenfalls nicht, da die Erinnerung an die begangenen Sünden mit zur Strafe gehört und der Lethe diese Erinnerungen nimmt.


    Danach fordert Virgil Dante auf, ihm entlang des Ufers vom Phlegethon zu folgen ("die rote Flut"), da der Feuerregen über dem Fluss verlöscht und sie gefahrlos ihre Reise fortsetzen können.

  • Hölle, 15. Gesang


    Dante und Virgil befinden sich auf ihrem Weg entlang des Phlegethon durch den 3. Ring des 7. Höllenkreises, als ihnen eine Schar Seelen entgegenkommt. Einer von ihnen erkennt Dante wieder und auch Dante erkennt in ihm seinen Lehrer und väterlichen Freund Brunetto Latini, einen angesehenen Florentinischen Politiker. Obwohl Dante Brunetto sehr verehrt hat, hat er ihn aufgrund seiner weltlichen Ausschweifungen in der Commedia zu den Sodomitern versetzt.


    Brunetto, der Dantes leuchtenden Stern sieht, prophezeit ihm ein düsteres Schicksal, dass aus seiner angeblich römischen Herkunft stammt. Deshalb soll sich Dante von ihnen und ihren Sitten lossagen. So zumindest der Kommentar zu dieser Stelle, wobei ich nicht so ganz nachvollziehen kann, woher der römische Einschlag kommt. :gruebel:


    Was Brunettos düstere Prophezeiung angeht, so will sich Dante diese einprägen, "bis ich ein Weib, das dies versteht, erschaue" womit wohl wieder seine geliebte Beatrice gemeint sein dürfte. Worin auch immer der Sinn der Prophezeiung bestehen sollte, Dante fürchtet sich vor keinem Schicksal, so lange er ein reines Gewissen hat - wie edelmütig. :rollen:


    Anschließend befragt Dante Brunetto nach dessen Kameraden, mit denen er vorhin unterwegs war und nach einem kurzen Verweis auf den Grammatiker Priscianus, den Rechtswissenschaftler Accursius und den florentinischen Bischof Andrea de' Mozzi muss Brunetto wieder weiter, weil er eine andere Gruppe nahen sieht, denen er nicht begegnen will.

  • Hallo,


    seit langen habe ich mal wieder hier im Forum hineingeschaut und bin auch gleich neugierig geworden auf Dantes Hölle. Ich habe hier eine sehr schöne Ausgabe des Bertelsmann-Verlages, welche auch Anmerkungen enthält. So auch zu Deiner Frage:



    Hölle, 15. Gesang


    Brunetto, der Dantes leuchtenden Stern sieht, prophezeit ihm ein düsteres Schicksal, dass aus seiner angeblich römischen Herkunft stammt. Deshalb soll sich Dante von ihnen und ihren Sitten lossagen. So zumindest der Kommentar zu dieser Stelle, wobei ich nicht so ganz nachvollziehen kann, woher der römische Einschlag kommt. :gruebel:


    Hier steht, dass sich Dante ohne Berechtigung für einen Sprößling Roms hält. Da wohl der Wunsch Vater des Gedanken. :zwinker:


    Ich bin mittlerweile beim 17. Gesang angelangt und kann nur sagen, dass ich äußerst interessant finde mit Dante und Vergil in Finsteren Bereiche der Hööe abzusteigen, auch wenn mir vieles schwer fällt zu verstehen. So auch das Maß der Starfen für begangene Verbrechen und deren Wertung zueinander.


    Viel Spaß noch :winken:


    Tina

  • Hallo tina,


    schön, wieder mal von dir zu lesen!


    Unsere Leserunde war leider nicht sehr ergiebig. Myriel ist meines Wissens die Einzige, die noch liest, aber vielleicht kommen ja von dir noch ein paar interessante Gedanken dazu. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß dabei!


    Liebe Grüße
    Doris

  • Hier steht, dass sich Dante ohne Berechtigung für einen Sprößling Roms hält. Da wohl der Wunsch Vater des Gedanken. :zwinker:


    Achso, er wäre gern, ist aber nicht. :pling:
    Dann erwartet ihn also ein düsteres Schicksal wegen dieser Anmaßung. Das klingt logisch.



    Myriel ist meines Wissens die Einzige, die noch liest, aber vielleicht kommen ja von dir noch ein paar interessante Gedanken dazu. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß dabei!


    Ja, gelegentlich lese ich noch ein bisschen weiter, wann immer ich die Muße dazu habe. Über weitere Kommentare von dir würde ich mich sehr freuen, tina. :winken:


    LG Myriel

  • Ich werde mich bemühen. Vielleicht wird ja einiges durch die verschiedenen Anmerkungen unserer beider Bücher etwas klarer.


    Tina

  • So, ich bin jetzt bis zum 8. Höllengreis und dem 4. Graben vorgedrungen. Es ist schon faszinierend welch üble Strafen sich Dante für die Hölle ausdacht. Puh. Ganz gruselig fand ich den zweiten Graben, in welchem die Schmeichler und Huren sich in ätzendem Kot winden.
    Dann kamen jedoch zwei Stellen, an denen ich wirklich lachen musste.


    XX. Gesang 8. Höllenkreis 4. Graben


    Es betrifft die Zauberer und Wahrsager, welche den Kopf verkehrtherum auf ihrem Körper tragen


    Als unser Bild so nah ich sah verschlungen,
    Daß Tränen, welche ihre Augen weinen,
    Den Arsch hinunter durch den Schlitz gedrungen.



    und dann im XXI. Gesang die letzte Strophe


    Sie wandten sich zum linken Damme hin,
    Jedoch sie streckten, als Signal zum Marsche,
    Zum Hauptmann ihr Zunge am Beginn


    Und der trompetete mit seinem Arsche.


    :lachen:


    Dante hat sich hier wirklich sehr ausgelebt in der Rache an seinen Feinden. Vor allem die Kirchenfürsten, welche unrechtmäßig mit ihren Ämtern umgingen. Es ist schon beeindruckend, wieviele Kleriker man in der Hölle wiederfindet.


    Nur wundert es mich, dass er die Verbrechen an Kirchenämtern schlimmer erachtet, als Mord. Es sei denn, ich habe es komplett falsch verstanden, aber ich denke doch, dass je weiter man in die inneren Kreise der Hölle gelangt, desto schlimmer die Verbrechen der Sünder und um so härter die Strafen sind.
    Na, ich bin gespannt, wer noch alles leiden muss.


    Ich habe etwas länger mit der Lektüre bis zu diesem Punkt gebraucht, da ich dazu übergangen bin gleichzeitig, zu den Höllenkreisen, mich zumindest über die Personen der griechischen Mythologie zu informieren. Ich habe hier neben der Göttlichen Komödie noch ein sehr empfehlenswertes Buch liegen, dass auch sehr fesselnd ist und in welchem ich heute morgen ersteinmal die Geschichte das Jason gelesen habe.
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    Ich bin schon gespannt was ihr noch so zu schreiben habt und :teufel: wir sehen uns in der Hölle wieder :breitgrins:


    Tina

  • Hallo,


    die habe die illustrierte Ausgabe von Bertelsmann und die Übersetzung ist von Wilhelm G. Hertz.


    So, ich mache mich jetzt auf zu den Heuchlern in den 6. Graben.


    Tina