Fred Uhlman - Der wiedergefundene Freund

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 4.812 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bina.

  • Als Konradin von Hohenfels neu in die Klasse kommt, ist Hans Schwarz sofort klar, dieser Junge wird sein Freund werden. Und das werden sie auch. Gemeinsam unternehmen sie alles, was 16-jährige Jungen so machen: Sie machen Ausflüge, unterhalten und streiten sich. Doch plötzlich droht die Freundschaft der beiden auseinanderzubrechen: Denn Hans ist Jude und die Geschichte spielt 1933...

    Fred Uhlmans "Der wiedergefundene Freund" ist ein kurzes Buch. Ein sehr kurzes Buch. Man liest es in einem Atemzug durch, legt es weg und vergisst es. Zwar ist die Geschichte um die Freundschaft der beiden Jungen sehr berührend, ebenso das Ende, und auch die Sprache ist klar und lässt nichts offen. Doch ist das Buch beinahe zu offen: Man liest es durch und schlussendlich bleibt nur ein Achselzucken.
    Dass es über das Buch ansonsten nicht viel zu sagen gibt, zeigt diese kurze Rezension. Für Schulen und diejenigen, die ein einfaches, klares Buch lesen möchten sehr praktisch, ansonsten jedoch ein sehr durchschnittlicher Titel ohne besondere Merkmale.


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    2ratten


    Namen im Titel korrigiert. LG, Valentine

    //Grösser ist doof//

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Mir gefiel die Geschichte. Das Buch ist wirklich nicht sehr umfangreich. Es umfasst gerade mal 116 Seiten und teilweise sind die Seiten ja auch nur halb beschrieben, aber man weiß ja von Anfang an, worauf man sich einlässt.
    Klar, man hätte natürlich einen paar hundert Seiten umfassenden Roman aus der Geschichte machen können, in der man alles noch detailierter beschreibt und auch das Ganze drumherm ein wenig mehr ausführt, anstatt es in kurzen Sätzen eben wieder zu geben, aber das macht den Reiz der Geschichte für mich aus. Der Autor beschränkt sich auf die Freundschaft zwischen dem Ich-Erzähler und Konradin. Alles andere spart er aus, weil es belanglos ist. Das Prägende war nicht die Hochzeit oder das Nazi-Regime, sondern die Freundschaft der beiden Jungs. Warum also großartig Worte darüber verlieren?
    Mich hat das schon sehr bewegt und auch ein wenig nachdenklich (und natürlich traurig, wie immer bei dieser Thematik) zurück gelassen. Hitlers Herrschaft hat wirklich bis zum kleinen Mann hin gewirkt, erschreckend.



  • Als ein neuer Schüler in Hans Schwarz' Gymnasialklasse kommt, ist er sofort aus unerfindlichen Gründen beeindruckt von diesem Konradin von Hohenfels und wünscht sich nichts mehr, als dessen Freund zu werden, was ihm schließlich auch gelingt - bald sind die beiden Jungen unzertrennlich, treffen sich regelmäßig, diskutieren über Gott und die Welt, unternehmen gemeinsam Wanderausflüge.


    Doch dann kommt Hitler an die Macht, und auf einmal werden Hans' jüdische Wurzeln ein Thema. Zuvor fiel kaum auf, dass Hans Jude ist, da seine Familie den Glauben kaum praktiziert und höchstens einmal die Mutter zu hohen Festtagen in die Synagoge geht, aber nun gibt ein neuer Lehrer antijüdische Parolen von sich, und Hans stellt mit Entsetzen fest, dass Konradins Eltern treue Anhänger der Nazis sind - eine Zerreißprobe für die Freundschaft.


    Aus heutiger Sicht wirkt Hans für einen fünfzehn- oder sechzehnjährigen Jungen sehr schwärmerisch und noch recht kindlich mit seinen hehren Träumen und seinem brennenden Wunsch nach einem guten Freund, passt damit aber gut in seine Zeit.


    Dass er Jude ist, tat überhaupt nichts zur Sache, bis die Nazis auf der Bildfläche erschienen. Die Familie Schwarz ist eine ganz normale deutsche Familie, alteingesessen, heimatverbunden, angesehen in Stuttgart. Umso unfassbarer ist der plötzliche Hass, der ihnen wegen ihrer Religion entgegenschlägt, die ihnen nicht einmal wichtig ist. Immer wieder erschreckend!


    Die Entwicklung der Freundschaft zwischen Hans und Konradin ist vor diesem Hintergrund geradezu vorprogrammiert, und doch wartet ganz am Ende noch eine überraschende Schlusspointe auf den Leser.


    Die Novelle umfasst kaum mehr als hundert Seiten, aber trotz der knappen Form bringt Fred Uhlman das noch vage, aber doch deutlich heraufziehende Unheil der Hitlerzeit in leisen Tönen, aber eindrucksvoll auf den Punkt.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Auf wenigen Seiten schafft es Fred Uhlmann in mir Gefühle zu erzeugen, die ich lange nicht mehr gefühlt habe. Der wiedergefundene Freund ist nicht etwa eine reale Wiederbegegnung zweier Personen, die sich lange nicht gesehen haben. Sondern es ist das zurückgewonnene Vertrauen in eine Person, die in der eigenen Jugend ein guter Freund war.
    Als für den gesellschaftlich verpflichteten Konradin von Hohenfels die Freundschaft zu seinem besten Freund Hans Schwarz immer komplizierter wird, weil dieser Jude ist, ist Hans zunächst tief enttäuscht. Um ihn zu schützen schicken Hans' Eltern ihn zu Verwandten nach Amerika, wo er sesshaft wird. Nach Jahrzehnten dann trifft er wieder auf Konradin von Hohenfels, den wiedergefundenen Freund.
    Mich hat Fred Uhlmann tief bewegt. Auch das lange Vorwort stimmte mich auf die Geschichte ein, die zwar sehr kurzweilig ist, aber dennoch unter die Haut gehen kann.
    5ratten