Jo Nesbø - Rotkehlchen

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    Inhalt:
    Ein norwegischer Veteran aus dem Zweiten Weltkrieg bekommt von seinem Arzt die Diagnose Krebs und die Aussicht, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Da entschliesst er sich, dass die Zeit gekommen ist, die Rache zu nehmen, die schon länger fällig war. Sein Gegenspieler ist der Polizist Harry Hole, der zwar ein Alkoholproblem hat, sonst aber einen anständigen Eindruck macht.


    Meine Meinung:
    Es ist schwierig, den Inhalt dieses Buches zusammenzufassen, ohne allzu viel darüber zu verraten. Der Knilch, der das beim Ullstein-Verlag gemacht hat, hats jedenfalls nicht hinbekommen. Deshalb rate ich vom Lesen des Klappentextes ab.


    Kommen wir zu Erfreulicherem, nämlich zum Inhalt des Buches. Jo Nesbø schafft es, den Leser beim Buch und die Spannung bis am Ende aufrecht zu halten. Allerdings muss man den Kopf ganz schön bei der Sache haben: Neben häufigen Sprüngen vor und zurück in der Geschichte – mal ist man in der Gegenwart, dann wieder in der Kriegszeit – gibt es auch eine grosse Menge an Personen und angeschnittenen Themen. Da den Überblick zu behalten ist alles andere als einfach und ich musste mehrfach zurückblättern und gewisse Passagen nochmal lesen, um überhaupt noch mitzukommen.


    Der Krimi gehört also eher zur anstrengenderen Sorte und was mir das Lesen zusätzlich erschwert hat, ist, dass ich mir keine rechte Vorstellung von den Personen machen konnte. Da entstand kein «inneres Bild», nicht mal bei den Hauptfiguren. Es hat ewig gedauert, bis ich mir selbst von den wichtigsten Leuten nur ein ungefähres Bild machen konnte. Ich bin nicht sicher, ob es an mir liegt oder am Autoren. Personenbeschreibungen sind nämlich durchaus vorhanden.


    Ein weiterer Kritikpunkt sind die Übergänge zwischen den Kapiteln. Ich habe es bei verschiedenen anderen Büchern auch schon geschrieben: Billige Cliffhanger am Ende eines Kapitels sorgen zwar für Spannung, sind aber schlechter Stil. Der Leser sollte doch weiterlesen wollen, weil die Geschichte so toll ist und nicht weil sie ganz billig an der spannendsten Stelle unterbrochen wird. Sowas kann man mit Zuschauern einer TV-Serie machen, damit sie nächste Woche wieder einschalten. Aber in Büchern? Es wird doch kein Leser ein gutes Buch nicht mehr weiterlesen, weils am Kapitelende keinen Cliffhanger gab? Und umgekehrt nützen Cliffhanger einem schlechten Buch auch nichts; das wird deswegen nicht zu Ende gelesen. Und im Übrigen: Wen interessierts, ob Bücher überhaupt gelesen werden? Ökonomisch betrachtet ist die Geschichte mit dem Verkauf des Buches für den Autoren und den Verlag doch erledigt. Nein, ich verstehe diese Unsitte wirklich nicht.


    Trotzdem ist «Rotkehlchen» ein guter Krimi, in dem von witzigen Dialogen bis zu recht brutalen Passagen alles seinen Platz findet. Und obwohl die Geschichte nicht leicht zu verdauen ist, kommt doch kaum je die depressiv-düstere Stimmung auf wie beispielsweise in Henning Mankells Wallander-Krimis.


    Fazit:
    Trotz kleiner Mängel ist «Rotkehlchen» ein sehr spezieller, vielschichtiger Krimi , der für Leser geeignet ist, die gerne mitdenken.


    7 von 10 Punkten

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Meine Meinung
    Ich stimme Alfa zu wenn sie schreibt, dass dieser Krimi eher anstrengend ist. Ich hatte auch meine Schwierigkeiten mit den vorkommenden Personen. Mit denen aus den letzten Kriegstagen bin ich noch leichter zurecht gekommen als mit den aktuellen. Die kamen mir wie die Geister der Vergangenheit vor, während die Personen aus der Vergangenheit deutlich lebendiger wirkten.


    Auch die Zeit- und Ortssprünge zwischen den einzelnen Kapiteln haben es mir schwer gemacht, beim Lesen den roten Faden nicht zu verlieren. Ich fand es teilweise anstrengend, die einzelnen Motive zu erkennen oder auch, wer wirklich der Gute oder Böse ist.


    Dafür hatte ich diesmal mit Harry Hole weniger Probleme als in den anderen Krimis von Jo Nesbø, die ich bisher gelesen habe. Obwohl er in diesem Buch deutlich mehr mit seinen Dämonen zu kämpfen hat, ist er mir diesmal deutlich sympathischer.


    Insgesamt hatte ich mit diesem Krimi von Jo Nesbø deutlich weniger Probleme als mit den anderen. Trotzdem wird er wohl nie zu meinen Lieblingsautoren zählen.
    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich fand es nachher auch relativ schwierig den Überblick zu behalten.


    Das Buch fing sehr gut an. Leider wurde es schwer, bei den vielen Personen den Überblick zu behalten. Ich würde auch mal gerne eine kurze Zusammenfassung des Buches lesen. Manche Fragen/Aspekte sind für mich völlig unklar. Einzelne Morde standen wohl auch nicht in direktem Zusammenhang. Eine Auflösung gab es bisher nicht.


    Zuletzt fand ich es nur noch schwierig. Der Leser muss schon genau aufpassen und die Personen voneinander unterscheiden. Leichte Kost war es auf den letzten 70 Seiten sicherlich nicht.


    Ich würde mal sagen: "Guter Anfang - mittelprächtiges Ende"


    Ich vergebe einmal


    3ratten

    Opa Pittschikowski aus dem Ruhrrevier, kennt die Blauen Knappen schon seit 1904 - niemals tat er fehlen, nur einmal war er krank - Oma tat er quälen wenn er schon morgens sang:<br /><br />Ob ich verroste und ver

  • Band 3 der Harry-Hole-Reihe
    Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob


    Band 1: Der Fledermausmann
    Band 2: Kakerlaken
    Band 3: Rotkehlchen
    Band 4: Die Fährte
    Band 5: Das fünfte Zeichen
    Band 6: Der Erlöser
    Band 7: Schneemann
    Band 8: Leopard
    Band 9: Die Larve
    Band 10: Koma


    Meine Meinung
    Das war mein erster Harry-Hole-Fall und obwohl ich die Vorgänger noch nicht gelesen habe, war ich doch schnell mitten im Geschehen. Ab und zu gibt es zwar Anspielungen auf die vorherigen Fälle, aber wichtig für die Handlung waren sie nicht. Das war schon mal erfreulich.


    Dennoch war ich anfangs ein wenig überfordert. Man wird mit Namen und Ereignissen überhäuft, die man zunächst nicht einordnen kann. Erst nach und nach hat sich mir erschlossen, wer wer ist und welche Rolle die jeweilige Person in dem Fall spielt. Und obwohl ich durch diese Erzählweise zu Beginn verwirrt war, fand ich dieses Stück-für-Stück-Auflösen toll. Ich hatte jede Menge Aha-Momente, habe mitgefiebert und gerätselt und war jedes Mal aufgeregt, wenn sich wieder ein neuer Zusammenhang aufgetan hat. Ich finde, es lohnt sich, sich durch die Anfangsphase zu wurschteln.


    Denn auch der Fall an sich ist hochspannend. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, finde ich Bücher rund um das Thema Nationalsozialismus außerhalb Deutschlands sehr interessant und da trifft dieser Krimi natürlich voll ins Mark. Zudem schreckt der Autor nicht davor zurück, auch wichtigen oder geliebten Charakteren Schaden zuzufügen. Das lässt einem an so mancher Stelle natürlich das Herz schwer werden, macht die Sache aber natürlich spannender. Manche Ereignisse sind zudem ziemlich brutal, aber das ist man ja von Schriftstellern aus nördlich gelegenen Ländern schon gewohnt.


    An Harry Hole scheiden sich wohl die Geister. Ich persönlich kam gut mit dem Charakter klar, Kommissare mit Alkohol- oder Drogenproblemen sind ja mittlerweile an der Tagesordnung. In diesem Buch spielt es auch gar nicht so die große Rolle, finde ich ... vielleicht ist das in den anderen Teilen anders.


    Insgesamt war ich von dem Buch begeistert und ich werde mich sicher nach den anderen Bänden dieser Reihe umschauen.
    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Rotkehlchen


    RØdstrupe


    Teil 3 der Harry-Hole-Reihe



    Bei einem hohen Staatsbesuch gehört Harry Hole zu den Polizisten, die das Gelände vor Attentätern sichern. Dabei kommt es zu einem Zwischenfall, der Harrys Vorgesetzen peinlich und heikel vorkommt. Deshalb schickt man Harry auf eine Art Abstellgleis, Beförderung inbegriffen.


    Der neue Posten ist recht langweilig, bis man aufgrund von Indizien davon ausgehen muss, dass jemand mit einem hochkarätigen Gewehr ein Attentat plant. Harry geht der Sache nach.


    Parallel wird die Geschichte von einer Handvoll Norweger während des 2. Weltkrieges erzählt. Einige der Personen leben noch, und die Leserin fragt sich unentwegt: Wer ist heute wer? Denn mindestens einer von ihnen ist auch heute noch brandgefährlich


    Harry kam mir in diesem Teil weicher, menschlicher vor als in den anderen Teilen (1, 6 und 8), die ich bisher gelesen habe. Das mochte ich. Bei den alten Norwegern, der Kriegsgeneration, hatte ich meine Schwierigkeiten. Wohl auch, weil ich den Text nicht selbst gelesen habe, sondern mir habe vorlesen lassen, habe ich die verschiedenen Namen und Identitäten nicht auf die Reihe bekommen. Schade.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Beim Besuch des amerikanischen Präsidenten in Norwegen kommt es zu einem Zwischenfall, der nicht an die große Glocke gehängt werden soll. Die Versetzung von Harry Hole zum polizeilichen Überwachungsdienst, einer Art Verfassungsschutzbehörde, wenn ich das richtig verstanden habe, ist Teil der Vertuschungsaktion. Zunächst ist Harry nicht besonders glücklich damit. Es ist zwar hierarchisch gesehen eine Beförderung, aber außer Berichte zu lesen hat er nicht allzu viel zu tun.


    Das ändert sich jedoch, als ein merkwürdiges Waffengeschäft Aufmerksamkeit erregt. Harry wird hellhörig und folgt bald einer Spur in Neonazikreise sowie zu einigen betagten Exsoldaten, die während des Krieges auf deutscher Seite kämpften.


    Die Handlung dieses Krimis ist schwierig zusammenzufassen, ohne zu viel zu verraten (in meinem Buch, einer Sonderausgabe von 2014 zur Aktion "Verschenk ein Buch", ist der Klappentext eine Vollkatastrophe!) Viele verschiedene Fäden laufen in diesem Fall zusammen, es gibt auch eine Handlungsebene, die während des 2. Weltkrieges in Russland spielt, und es werden einige politisch brisante Themen rund um alte und neue Nazis angeschnitten.


    Harry Hole ist der klassische Einzelgängertyp, der niemanden an sich ranlässt, trockener Alkoholiker und Berufszyniker. Keine ungewöhnliche Krimifigur also, aber eine, die mir wider Erwarten erstaunlich sympathisch war. Ich hatte einen abgebrühteren, kälteren Mann erwartet als diesen fehlerbehafteten, selbstironischen Typen, der auch durchaus zu Gefühlen imstande ist, zumindest im stillen Kämmerlein.


    Stilistisch und sprachlich war ich ebenfalls angenehm überrascht. Ich hatte eher die Hardboiled-Schiene erwartet, was ich nicht besonders mag, aber der Autor geht eher in die Psychokrimi-Richtung. Die Actioneinlagen sind gut dosiert und die historischen Hintergründe des Falls fand ich hochinteressant. Auch die Auflösung hat mir gefallen. Ungewöhnlich, aber durchaus glaubhaft.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Um einen Vorfall zu vertuschen wird Harry Hole zum Kommissionsleiter befördert. Eigentlich soll er nur entscheiden, ob Fälle überhaupt weiterverfolgt werden, aber mit seinem besonderen Blick für ungewöhnliche Details fällt ihm bald ein Vorfall auf, der auf ein mögliches Attentat hindeutet. Doch wer hat es da auf wen abgesehen und kann Harry den Attentäter rechtzeitig finden und aufhalten?


    Seine Ermittlungen bringen ihn immer wieder mit der nationalsozialistischen Szene in Norwegen in Berührung. Wiederkehrende Rückblicke, die im Jahr 1942 beginnen, zeigen dass auch schon damals einige Norweger an der Seite der Deutschen im Krieg gekämpft haben.

    Es wird deutlich wie es für die jungen Männer war an der Front zu kämpfen, dem Winter in Russland zu trotzen und mit der ständigen Gegenwart des Todes zurechtzukommen.

    Das Buch beschäftigt sich mit vielen Themen. Für mich war das Hauptthema, wie es Soldaten im 2. Weltkrieg ergangen ist und wie ein solcher Krieg Menschen für immer verändert.


    Es hat gedauert, bis mich die Handlung gepackt hat. Dabei haben mich vor allem die Rückblicke ausgebremst. Es war lange nicht klar, wo das alles hinführt und ich muss gestehen, dass ich die norwegischen Soldaten oft nicht auseinanderhalten konnte.

    Aber so wie ich es von Jo Nesbøs Büchern gewohnt bin, hat es mich irgendwann doch gepackt und die Seiten sind nur so dahingeflogen.

    Das liegt zum Großteil an Harry Hole, der einfach ein interessanter Charakter und ein Ermittler mit einem besonderen Spürsinn ist. Seine Menschlichkeit macht ihn verletzlich und sympathisch.


    Der Roman ist spannend und entwickelt einen ganz eigenen Sog, den die Bücher dieses Autors und sein Protagonist auf mich ausüben. Da das Buch in einem Handlungsstrang mit einem üblen Cliffhanger endet, werde ich sicher auch Band 4 lesen, denn ich will unbedingt wissen wie es weitergeht.


    4ratten

  • Super, dass es Dich doch noch gepackt hat! Das Buch war eine meiner größeren positiven Überraschungen in diesem Jahr.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen