Marcus Sedgwick - Das Buch der toten Tage

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  • Hallo zusammen,


    hier kommt nun endlich die versprochene Rezension zu Das Buch der toten Tage . Es ist in der Jugendbuchreihe bei Hanser erschienen, empfohlen ist es für Leser ab 12/13 Jahren. Ich fürchte diese Rezension wird mehr Fragen offen lassen, als beantworten aber es ist mir nicht leicht gefallen, etwas zu dem Buch zu sagen, ohne etwas zu verraten.


    sedgwick01.jpg


    Das Buch beginnt mit einer Vorbemerkung des Autors:
    Hast du je die Reglosigkeit dieser sonderbar stillen Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr gespürt? Für mich sind das die toten Tage. Tage, an denen die Türen zwischen unserer Welt und jener unsichtbaren, die gleich darunter liegt, geöffnet sind...


    Klappentext
    Boy hat es geahnt: sein Herr, der Magier und Illusionist Valerian, hat einen Pakt mit dem Bösen geschlossen. Für die magischen Kräfte, die man ihm gewährt hat, soll er mit seinem Leben bezahlen. In der Silvesternacht ist Valerians Zeit abgelaufen und es gibt nur eine Rettung: er muss das mysteriöse Buch der Toten Tage finden. Aus ihm könnte er erfahren, wie man einen Pakt mit bösen Mächten löst. Boy soll Valerian bei der Suche helfen. Doch da sind noch andere, die das Buch in ihren Besitz bringen wollen. Und da ist eine noch größere Gefahr, die erst Boys Freundin Willow erkennt. Sie traut dem Magier nicht und durchschaut gerade noch rechtzeitig seine finsteren Winkelzüge.


    Meine Meinung
    Wieder einmal ein Jugendbuch, das ganz und gar nicht nur für Jugendliche geeignet ist und auch Lesern (weit) über 20 sehr viel Freude bereiten kann :) Ich würde es dem Genre Fantasy zuordnen, phantastische Wesen, wie Elfen, Werwölfe u. ä. fehlen jedoch, man vermisst sie aber auch nicht. Ganz klasse finde ich das Cover und die Aufmachung des Buches - wirklich sehr gelungen.
    Sehr gut hat mir auch der Aufbau des Buches gefallen. Es ist aufgeteilt in 5 Teile, einen für jeden "toten" Tag. Die Handlung ist spannend und Gut und Böse vermischen sich - was mir immer besonders gefällt. Die Story gewinnt dadurch an den entsprechenden Stellen an Geschwindigkeit, mehr kann ich nicht verraten *g*.
    Ich stellte mir die Handlung übrigens vor dem Hintergrund eines London (oder einer anderen größeren britischen Stadt) im beginnenden 20. Jahrhundert vor, kann mich aber nicht erinnern, dass dies so erwähnt wurde (bei Amazon las ich gerade, dass die Handlung im späten 18. Jahrhundert spielt). Elektrisches Licht ist zum Beispiel noch sehr exotisch. Das Ambiente passt hervorragend zu der dunklen, recht morbiden und teils auch blutigen Story. Zum Beispiel läuft ein Protagonist über mehrere Tage mit einem gebrochenen Arm und entsprechenden Schmerzen durch die Gegend, die Vorstellung kann einen doch schon ziemlich mitnehmen. Nächtliche Besuche auf dem Friedhof kommen auch nicht zu kurz...
    Mit den Hauptpersonen Boy und Willow konnte ich übrigens gut mitfiebern, ich bin sehr schnell mit ihnen warm geworden.


    Ein Handlungsstrang scheint mir bisher noch etwas "ungelöst" (Phantom - für alle, die das Buch schon gelesen haben), ich habe aber gehört, dass es bereits eine Fortsetzung gibt, die hoffentlich auch eine deutsche Übersetzung erfahren wird.


    Meine Wertung:
    4ratten

  • Danke Ingroschalein, für die Rezi, das Buch subbt bei mir auch schon ne Weile rum. Ich fand das Cover auch so genial! Und jetzt bin ich noch neugieriger auf das Buch geworden.


    Grüße,



    Marypipe


    PS: Ich gib meine Meinung dazu ab, sobald ich mal zum lesen komme!

  • Ich habe gerade den zweiten Teil "The Dark Flight Down" zuende gelesen und es hat hat mir ebenfalls wirklich gut gefallen. Zwar besitzt die Geschichte meiner Meinung nach nicht die gleiche Geschindigkeit wie Teil eins, ist aber trotzdem spannend und lässt keine lange Weile aufkommen. Und wer Das "Buch der toten Tage" mochte, wird um die Fortsetzung sowieso nicht herumkommen - denn es werden einige offene Fragen beantwortet.

  • Ich hab das Buch gestern angefangen und gleich in einem Rutsch durchgelesen, weil es so spannend war. Besonders gut hat mir schaurige Atmosphäre gefallen. Leider bleiben am Ende doch einige Fragen unbeantwortet, was aber den tollen Gesamteindruck nicht weiter trübt.


    Aber gut zu wissen, dass es eine Fortsetzung gibt. Ich bin jetzt schon am Überlegen, ob ich mir die gleich holen soll.

  • Tja, was soll ich zu dem Buch sagen?
    Ich fange mal mit dem Positiven an: das Cover ist wirklich wunderschön!
    Die winterliche unheimliche Atmosphäre was auch gut gefangen und gegen Ende kommt eine ordentliche Überraschung. Aber ansonsten?
    Die eigentliche Geschichte war noch einigermaßen gelungen, die Ausführung ließ aber in meinen Augen einiges zu wünschen übrig. Da wurden die einzelnen Szenen zu einfach aneinandergereiht, die Charaktere blieben blass, einzelne Beschreibungen waren nicht ganz logisch. (Hier Beispiele zu bringen würde mich zum Spoilern zwingen.)


    Meine Hauptkritik gilt allerdings der Sprache. Immer wieder stieß ich auf Formulierungen, die mir zumindest suspekt waren. Sie direkt als falsch oder schlecht zu bezeichnen wage ich nicht ganz, da ich das Buch auf englisch gelesen habe, und ja die theoretische Möglichkeit besteht, dass die Ausdrucksweise auf englisch doch korrekt/akzeptabel ist. Sonderbar ist nur, dass ich bei anderen englischen Büchern nicht ständig dieses ungute Gefühl habe. Jedenfalls haben sich mir bei dem Ausdruck "the outbreak of the plague had broken out" die Nackenhaare gesträubt. Ähnlich ging es mir immer wieder; ich hatte den Eindruck, dass das Buch erst mal eine ordentlich sprachliche Überarbeitung benötigt hätte.
    Während der Lektüre habe ich mich öfters gefragt, ob der deutsche Übersetzer vielleicht die mir missfallenden Ausdrücke sprachlich verbessert hat, was die Erklärung dafür sein könnte, dass ihr nicht über ungeschickte Formulierungen gestolpert seid.
    Wie dem auch sei, ich stelle an ein Buch höhere stilistische Ansprüche.
    Daher bekommt das Buch von mir enttäuschende
    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Mir sind bei der deutschen Ausgabe keine groben sprachlichen Schnitzer aufgefallen, es könnte also tatsächlich sein, dass die ausgebügelt wurden. (Und da sag mal einer, dass Übersetzungen immer schlechter sind, hehe :zwinker: )
    Allerdings war ich auch so von der unheimlichen Atmosphäre gefangen genommen, dass mir das vielleicht nicht so aufgefallen ist.

  • Ich habe die Bücher auf Englisch gelesen und kann mich nicht erinnern, über seltsame Formulierungen gestolpert zu sein, auch dein Zitat "the outbreak of the plague had broken out" sagt mir nichts. Aber vielleicht habe ich auch einfach nur zu schnell und somit zu oberflächlich gelesen?

  • Huhu


    Auch ich habe das Buch gestern gelesen und mir hat es ganz gut gefallen. Ich fand die Person Boy sehr interessant und ebenso gut hat mir Willow gefallen. Seltsam fand ich jedoch Valerian. Ich weiß auch nicht, ihn konnte ich bis zuletzt nicht einschätzen. Ich bin übrigens auch nicht auf komische Formulierungen gestoßen....


    Leider bleibt ja zum Schluß noch viel offen, weshalb ich mir unbedingt die Fortsetzung holen muss. Ist die auf Deutsch schon erschienen?


    Spoiler (erst lesen, wenn mit Buch zu Ende!!!):

    Zitat

    Im Übrigen glaube ich, dass nicht Valerian Boys Vater ist, sondern Kepler


    Übrigens: Handelt es sich bei Kepler um den echten Kepler???


    Grüße,


    Marypipe

  • Ich mochte gerade Valerian besonders gern, eben weil man nie so recht wusste, woran man bei ihm war. Boy und Willow mocht ich zwar auch, allerdings wirkten sie auf mich teilweise ein ganz klein wenig blass.


    Nein, "The Dark Flight Down" ist noch nicht auf Deutsch erschienen und ich habe auch auf der Verlagshomepage noch keinen Hinweis auf einen Erscheinungstermin entdecken können.


    Es handelt sich bei Kepler nicht um den "echten". Der Autor fand nur den Namen toll. Zitat von http://www.Hanser.de:
    "Warum haben Sie sich dazu entschlossen, mit der Figur des Dotkor Kepler einen real existierenden Menschen in die Handlung einzubauen?
    Sedgwick: Kepler bezieht sich nicht auf den wirklichen Johannes Kepler – mir hat nur der Name gefallen! Außerdem fand ich es lustig, dass Kepler zum Ende seines Lebens verrückt wurde und dachte, er wäre ein Hund..."


    Einen Kommentar zu deiner Vermutung verkneife ich mir jetzt mal, ich will ja nicht spoilern

  • "Das Buch der toten Tage" hat mich sehr überrascht. Ich hatte eine vollkommen andere Story erwartet. Das Buch war mysteriös, sehr sehr spannend und zum Teil auch gruselig. Direkt als Kinderbuch würde ich es daher nicht bezeichnen. Schon der Titel drückt doch sehr viel Düsternis aus.


    Als ich das erste mal hörte, dass das Buch zwischen Weihnachten und Silvester spielt, habe ich mir streng vorgenommen, dasselbe während dieser Zeit zu lesen. :rollen: Ich hab mich nicht daran gehalten, aber das hat der Story in keinster Weise einen Abbruch getan. Also ich kann nur sagen, dass man das Buch zu jeder Zeit im Jahr lesen kann.


    Zu den Figuren; Für mich gab es keinen Protagonisten mit dem ich mich identifizieren konnte, oder den ich am liebsten mochte. Für mich hatte es eher so den Anschein, als ob alle Figuren ihre schwachen Seiten hatten. Besonders Boy, der sich nie traute etwas zu fragen und sich immer versteckt hat, sobald es brenzlig wurde. Dann Willow, die mir doch noch sehr kindisch und neugierig erschien. Valerian war eher der geheimnisumwobene Magier über den anfangs niemand etwas wusste. Der aber sehr herrschsüchtig sein konnte...


    Etwas enttäuscht bin ich, dass so viele Fragen offen geblieben sind. Ich dachte wir erfahren wenigstens noch etwas über die Morde, oder wie Valerian "zaubert". Währen einige Sachen noch erklärt worden, dann hätte es von mir wahrscheinlich volle Punktzahl gegeben. Die Story hat mich wirklich sehr in den Bann gezogen! Auch die Unterteilung in fünf Tage fand ich sehr gelungen!


    daher erhält das Buch von mir: 4ratten


  • Ich finde es auch recht intressant.
    Mal sehen wie viel Geld noch übrig ist ...

  • Und ich freue mich jetzt auf auf die Zeit zwischen den Jahren! :elch: (oder besser: :nikolaus:???)
    Denn ich hab's jetzt auch!
    Danke für den Tipp! :klatschen:

  • Boy arbeite als Gehilfe des Zauberers Valerian, dessen regelmäßig im Varieté vorgeführten Tricks größtenteils wirklich einfach nur auf optischer Täuschung beruhende Tricks sind. Nur einer von ihnen scheint echte Magie zu sein, jedenfalls konnte Boy in seinen Jahren als Assistent nie einen doppelten Boden oder ähnliches entdecken. Valerian zu fragen würde Boy sich aber niemals trauen, Valerian behandelt Boy sowieso nicht sonderlich gut, lässt seine Launen an ihm aus und Wärme und Nahrung gibt es nur in beschränktem Maße (selbst für einen richtigen Namen war Valerian anscheinend zu geizig und hat es bei Boy, „Junge“ belassen), aber das ist immer noch besser als Boys Kindheit in den Gassen der Stadt. Doch dieses Jahr zu Weihnachten ändert sich alles. Plötzlich sind Boy, seine neue Freundin Willow (Assistentin einer anderen Varietékünstlerin) und der Zauberer gemeinsam auf der Jagd nach einer Antwort darauf, wie sich die dunklen Mächte, mit denen der Zauberer einst einen Handel schloss, austricksen lassen könnten. Denn wenn es Valerian nicht gelingt, muss er in wenigen Tagen den Preis bezahlen, sein Leben wäre verwirkt.

    Bei Jugendbüchern passiert es mir leider immer wieder, dass ich mich von einem wunderbar klingenden Klappentext verführen lasse und dann enttäuscht bin, dass die Geschichte längst nicht so komplex ist, wie ich es mir erhofft hatte, so auch bei „Das Buch der toten Tage“. Die Stimmung der Stadt wurde hier sehr schön wiedergegeben, die Beschreibungen der Gassen, Straßen und Gebäude passen, auch wenn es mich gefreut hätte, vielleicht zusätzlich eine kleine Karte im Buch vorzufinden. Die elektrischen Effekte auf ungebildete Personen wie Magie wirken zu lassen ist eine sehr nette Idee des Autors.
    Die Stimmung hat mich weite Teile des Buches über die Löcher in der Geschichte hinwegsehen lassen, das Ende fand ich allerdings dann völlig unbefriedigend, da half auch kein Jugendbuchbonus mehr. Der Todesfall, der Willow und Boy erst zusammengebracht hat, ist, nachdem er diese Funktion erfüllt hat, völlig unwichtig geworden und der Autor macht nicht die kleinsten Bestrebungen ihn aufzuklären. Man erfährt auch nichts über die magischen Hintergründe des Handels den Valerian eingegangen war und der Autor nutzt auch reichlich unwahrscheinliche Wendungen, um dafür zu sorgen, dass die maßgeblichen Figuren überleben. Das Ende ist dabei so wenig zufrieden stellend, dass es einen Folgeband nicht nur rechtfertigt, sondern schon fast notwendig macht. Ich werde mir dessen Lektüre trotzdem sparen, denn eigentlich ist mir ziemlich egal, wie die Zukunft von Boy und den anderen Figuren aussieht.


    3ratten

  • Rezension


    Jetzt, in den wenigen Tagen, bevor das neue Jahr anbrach, herrschte eine Art Ruhe vor dem Sturm. (Seite 134)


    Bevor der mysteriöse Valerian ihn unter seine Fittiche genommen hat, lebte Boy auf der Straße. Nun hat der namenlose Junge als Famulus des Magiers zwar ein Dach über dem Kopf, aber ein glückliches Leben ist ihm dennoch nicht vergönnt, denn sein exzentrischer Meister behandelt ihn wie einen Leibeigenen.
    Gegen Ende des Jahres wird Valerians Verhalten immer merkwürdiger. Der große Magier scheint sich vor etwas zu fürchten. Und tatsächlich: Valerian hat einen Pakt mit dem Bösen geschlossen. Ihm bleiben nur noch wenige Tage, um ein magisches Buch zu finden, das sein Leben retten könnte. Gemeinsam mit Boy und dem Waisenmädchen Willow begibt er sich auf eine schaurige Suche, die sie immer weiter in die Dunkelheit führt…


    Zeitlich spielt das Buch während der so genannten toten Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr, in einer unbenannten Epoche, in der elektrisches Licht noch eine seltene Ausnahme ist.
    Auch ein genauer Handlungsort wird dem Leser nicht verraten, jedoch erzählt der Autor im Vorwort, dass er sich von den Pariser Katakomben, dem Kanalsystems Bolognas und den Krakauer Friedhöfen inspirieren ließ und so ist der Schauplatz der Geschichte eine gelungene Mischung aus den genannten Orten, deren morbider Anstrich für eine gruselige Grundstimmung sorgt.
    Hinzu kommen blutige Morde und die Frage, ob der undurchsichtige Valerian nur ein geübter Illusionist ist, der auf der Bühne mit Täuschungen und Tricks arbeitet, oder ob er tatsächlich über magische Fähigkeiten verfügt, so wie es manches Mal den Anschein hat. Ohnehin sind er und sein ehemals guter Freund Kepler, Naturphilosoph und Astrologe, die interessanteren Figuren in dem Roman.
    Die etwa 15jährigen Boy und Willow, zwischen denen sich schnell zarte Bande entwickeln, sind zwar durchaus sympathisch und wecken das Mitgefühl des Lesers, bleiben als eigentliche Hauptfiguren aber noch etwas blass.


    Auch der Plot ist anfänglich nicht allzu komplex. Zwar werden schnell einige Fragen aufgeworfen, Hinweise für mögliche Entwicklungen werden aber erst gegen Ende gestreut. Bis dahin verfolgt man eine etwas eigentümliche, dafür aber wunderbar gruselige Suche nach dem rätselhaften Buch der toten Tage, die in einem dramatischen Kampf unter der Erde gipfelt, bei dem sich die Ereignisse etwas überschlagen und man leicht den Überblick verliert, wer denn nun gut, und wer böse ist.


    Neben der düsteren Atmosphäre und der Kürze der Kapitel ist es vor allem der anschauliche Schreibstil, der dazu beiträgt, dass sich das Buch sehr zügig lesen lässt. Zum Ende hin geht es dann aber etwas zu schnell, denn die Morde bleiben ungeklärt und auch Boys Herkunft sowie die Absichten diverser Figuren werden wohl erst in der Fortsetzung, die 2oo7 unter dem Titel »Bei Einbruch der Nacht« erschienen ist, näher beleuchtet.


    FAZIT: Ein kurzes Abenteuer für zwischendurch, das vom Gruselfaktor sicherlich auch für Erwachsene geeignet sein dürfte.


    Wertung: 4ratten