John Ajvide Lindqvist - Menschenhafen

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  • Das tun wir alle. :breitgrins: Ich schätze, ich lese es anfangs nächstes Jahr.

    „Jeg ser, jeg ser …<br />Jeg er vist kommet på en feil klode! <br />Her er så underligt …“<br /><br />Sigbjørn Obstfelder - Jeg ser

  • So, nachdem wir uns hier ausführlich über die tolle Stimme des Autors ausgelassen haben, hier meine Rezi zum Buch:


    Zitat

    Willkommen auf Domarö
    Es ist ein Ort, den Sie auf keiner Seekarte finden werden, es sei denn, Sie schauen ganz genau hin. Die Insel liegt gut zwei Seemeilen östlich von Refsnäs in den südlichen Schären der Roslagen genannten Landschaft nördlich von Stockholm, in der Nähe des Festlands, weit entfernt von den Inseln Söderarm und Tjärven am Rande des offenen Meeres.
    Sie müssen ein paar Inseln wegnehmen, leere Wasserflächen zwischen ihnen schaffen, um Domarö entdecken zu können. Dann werden Sie auch den Leuchtturm auf Gåvasten und all die anderen Landmarken sehen, die in dieser Geschichte auftauchen.


    Auf dieser Insel verschwindet eines kalten Wintertages ein kleines Mädchen auf der freien Eisfläche vor dem Leuchtturm. Als ihr Vater Anders zwei Jahre später auf die Insel zurückkehrt, um dort sein aus den Fugen geratenes Leben wieder in den Griff zu bekommen, beginnt für ihn eine eindringliche Reise, die auch den Zuschauer/Leser zeitweise schlecht schlafen lässt.


    Es ist kein klassischer Horrorroman mit viel Blut und Schockeffekten, dafür aber umso subtiler. Die Unterschwelligen Andeutungen und lange unerklärten Ereignisse sind es, die den Horror in diesem Buch ausmachen. Hinzu kommt die intensive emotionale „Reise“, die Anders durchmacht. Aber nicht nur Anders, sondern auch diverse andere Bewohner der Insel erleben Eindringliches. Sie alle werden ausführlich beschrieben und ihre Geschichten malerisch und doch lebensecht geschildert. Man nimmt es ihm einfach ab. Man glaubt es. Alles, sei es noch so absurd, wirkt, als hätte es wirklich passieren können. John Ajvide Lindqvist ist ein Meister der Verwebungen von Fantasie und Realität.


    Fantasie ist ein gutes Stichwort, denn vor allem gegen den Schluss hat das Buch durchaus fantastische Elemente. Dies tut der Faszination aber keinen Abbruch, im Gegenteil; Ajvide Lindqvist schildert das alles mit einer solchen Vorstellungskraft, dass es mir leicht gefallen ist, mir die teilweise wirklich sehr unwahrscheinlichen Bilder vorzustellen.


    Der Schluss fegt auch gleich alle Fragezeichen weg. All die Dinge, die während dem ganzen Buch nicht erklärt werden und von denen man sich fragt, was sie sollen, werden am Schluss deutlich. Ich könnte es jemandem, der mich danach fragte, nicht erklären. Aber ich weiss, was er sagen will. Und das macht meiner Meinung nach auch einen Teil von Ajvide Lindqvists Meisterhaftigkeit aus. Nur eine Frage, bleibt nämlich

    Aber da es ohne das Buch nicht geben würde, braucht dies nicht beantwortet zu werden.


    Ich kann nur 5ratten und einen :tipp: für dieses Buch geben.


    Es mag nicht ganz objektiv erscheinen, aber Schwachstelle habe ich tatsächlich keine einzige gefunden. Ich konnte es kaum noch aus der Hand legen und war zu keinem Zeitpunkt genervt – höchstens erschöpft von der Intensität.

  • Kati: Kann Holden bestätigen, du kannst beruhigt einfach mit irgendeinem anfangen. :breitgrins: Wie kommst du denn darauf? Einfach so?

  • Inhaltsangabe laut Amazon:


    "Papa, was ist das? Da drüben auf dem Eis?" Ein strahlend schöner Wintertag. Anders steht mit seiner sechsjährigen Tochter im Leuchtturm der Insel Gåvasten und schaut aufs Meer hinaus. Eis, überall Eis. Und Schnee. Was hat seine Tochter da in der Ferne erspäht? Da ist doch nichts. Kurz darauf läuft Maja hinaus, um nachzusehen und der Albtraum beginnt. Obwohl sie auf der freien Eisfläche nicht verschwinden kann, passiert genau das. Plötzlich ist sie weg. Spurlos verschwunden. Anders und seine Frau haben kein Kind mehr ... Jahre später erreichen Anders plötzlich mysteriöse Botschaften. Lebt Maja etwa noch?


    Meine Meinung:


    Diese Geschichte hat meine Erwartungen weit übertroffen. Ich habe schon „So ruhet in Frieden“ und „So finster die Nacht“ gelesen, die mich beide überzeugt haben, aber dieses Buch hat mich fast noch mehr gefangen genommen. Wo die beiden anderen Geschichten doch von Anfang an sehr im Horrorbereich angesiedelt sind und zum Teil auch recht gruselige Szenen haben, beginnt diese Geschichte erst mal ziemlich normal. Ein kleines Mädchen verschwindet, ein Vater, der mit dem Verlust nicht umgehen kann und zum Ort des Geschehens zurück kehrt. Stück für Stück, ähnlich einem Puzzle, werden nacheinander die Geschichten von den einzelnen Personen erzählt und miteinander verwoben, bis man sich ein recht gutes Bild vom Leben auf der Insel machen kann.


    Zu Anfang habe ich mich fast gefragt, ob diese Geschichte überhaupt irgendwann gruselig wird, denn lange Zeit wird nur erzählt, von einer Person zur anderen wandert der Leser durch Domorö und erfährt so einiges über seine Bewohner. Als dann endlich etwas Übersinnliches in die Geschichte hinein floss, habe ich mich fast gestört gefühlt dadurch, so sehr war ich gefangen genommen von den menschlichen Problemen auf der Insel. Doch auch das wurde ziemlich gut eingebettet und plötzlich nahm der Gruselfaktor zu und ich konnte das Buch fast nicht mehr aus den Händen legen, so spannend wurde es. Ich habe in der Zeit nicht allzu viel geschlafen, dafür habe ich mich herzhaft gegruselt und konnte wieder wunderbar mitfühlen und mitleiden mit den wundervoll gezeichneten Charakteren.


    John Ajvide Lindqvist ist mit diesem Buch noch eine Stufe höher in meiner Achtung geklettert und ich möchte ihn direkt als meinen absoluten Lieblingsschriftsteller bezeichnen. Kein anderer schafft es, mich auf der Gefühlsebene so anzusprechen und mitzureissen. Dafür vergebe ich natürlich volle Rattenzahl:


    5ratten und den :tipp:

    Liebe Grüsse Hanni 8)

  • Anders, seine Frau und die sechsjährige Maja sind eine glückliche Familie als sie sich während ihrer Winterferien auf der Schäreninsel zu einem Ausflug über das Eis zum Leuchtturm auf der Nachbarinsel aufmachen. Doch nach der Besichtigung läuft Maja schon mal nach draußen vor und das ist das letzte, was ihre Eltern von ihr sehen. Sie kann unmöglich eingebrochen sein und ihre Spur im Schnee endet im Nichts. Ein paar Jahre später ist die Ehe gescheitert und Anders zum Alkoholiker geworden, als er auf die Insel zurückkehrt, in der Hoffnung endlich über den Schmerz über Majas Verlust hinwegkommen zu können. Doch dann scheint es, als würde er Botschaften aus dem Jenseits empfangen und Simon, sein Stiefgroßvater, fragt sich, welches Geheimnis eigentlich über der Insel liegt. Kann er mit dem Funken echter Magie, die der alte Bühnenzauberer besitzt, tatsächlich etwas bewirken?


    Von Lindqvist kannte ich bislang nur die Verfilmung von „So finster die Nacht“, die mir sehr gut gefallen hatte. Ich habe mich dann ziemlich spontan zu diesem Buch entschlossen, um mir mal einen weiteren Eindruck von diesem Autor zu machen. Leider konnte mich „Menschenhafen“ nicht wirklich begeistern. Das lag an mehreren Gründen. Zunächst waren die Inselbewohner mir allesamt zu passiv, zu fatalistisch eingestellt. Von den Figuren war mir Simon noch am sympathischsten, bei ihm kann man es noch damit begründen, dass er sich auch nach all den Jahren als Außenseiter auf der Insel fühlt. Anders war mir zu selbstmitleidig und sein Alkoholismus machte ihn auch nicht gerade netter, vor allem da mir seine Strategien zum weniger Trinken allesamt nach Selbstbetrug aussahen Seine Zentriertheit auf die verschwundene Tochter hat mich doch etwas genervt, auch andere Menschen müssen mit dem Verlust geliebter Menschen und Schuldgefühlen fertig werden.


    Letztendlich schwächelte das Buch für mich daran, dass die Bedrohlichkeit, die einen guten Horrorroman ausmacht, mich nie so ganz erreichen konnte. Ob es daran lag, dass in erster Linie dauerhafte Inselbewohner bzw. Menschen, die von dort stammen bedroht sind, der unheimlichen Macht zum Opfer zu fallen oder mir Anders Konfrontation mit den Mächten des Meeres einfach zu weit hergeholt waren, kann ich nicht entscheiden, ausschlaggebend ist aber, dass ich mich nicht ein einziges Mal gegruselt habe.


    3ratten

  • Ich habe das Buch vor einigen Monaten gelesen und es ist mir immer noch sehr präsent. Ich habe zwar recht lange gebraucht, das Buch zu lesen, aber ich fand es an keiner Stelle langweilig. Ich fand es sehr spannend, sehr gut geschrieben. Die Stimmung auf Domarö wurde sehr gut dargestellt, die Charaktiere sehr gut beschrieben. Und ich fand es teilweise auch ganz schön gruselig, vor allem was den Clown betrifft. Liegt aber wohl daran, dass ich Clowns im Allgemeinen recht gruselig finde - Stephen Kings ES lässt grüßen.


    Das Ende hat mir nicht so gut gefallen, ich hätte mir ein anderes Ende gewünscht. Aber das hat meiner positiven Meinung zu dem Buch keinen Abbruch getan.


    Für mich ein düsteres Buch, was man besonders gut in der dunklen Jahreszeit lesen kann und von mir gibt's 4ratten

    Bücher kaufen und Bücher lesen sind zwei völlig verschiedene Hobbys.


  • Ich habe das Buch vor einigen Monaten gelesen und es ist mir immer noch sehr präsent.


    So geht es mir seit eineinhalb Jahren. :breitgrins: Freut mich zu hören, dass es andere dich ebenso beeindruckt hat wie mich.



    Und ich fand es teilweise auch ganz schön gruselig, vor allem was den Clown betrifft.


    Den fand ich auch ganz schlimm. Vor allem die Art und Weise, wie er

    Der Gruseleffekt kommt vermutlich unter anderem auch davon, dass er so detailliert beschrieben wird, dass man ihn nicht mehr als alltäglich empfindet. So einen Clown hat ja jedes Kind schon einmal gesehen und fand ihn lustig oder blöd, aber in diesem Buch wird er anders dargestellt. Als etwas Unberechenbares.

  • Das hast du gut erklärt, Stormy, genau das ist es.

    Bücher kaufen und Bücher lesen sind zwei völlig verschiedene Hobbys.