[Ruanda] Raymond Ntalindwa – Muzizi in Flames: A Poetic Narrative

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    Im Vorfeld der ruandischen Unabhängigkeit 1962 kam es zu Pogromen gegen Tutsi, die zu einer Flucht vieler Angehöriger dieser Volksgruppen über die Grenzen nach Uganda und Tansania führten. Auch Ntalindwas Familie war davon betroffen, und von diesen Ereignissen berichtet er hier. Die Menschen in Muzizi wurden von den Pogromen überrascht, gab es bis dahin doch keine Hinweise auf bevorstehende Unruhen. Ein schlechtes Bild zeichnet Ntalindwa aber nicht nur von den Hutu, die auf einmal anfangen, Häuser anzuzünden und Menschen umzubringen, sondern auch von den belgischen Kolonialtruppen, die hier als Antreiber und Unterstützer daherkommen. Sein Vater wird schwer verletzt und überlebt nur mit viel Glück auch die anschließende Flucht der Familie nach Uganda. Dort finden die Ruander aber auch keine Ruhe, da sie von Milton Obote gleichermaßen verfolgt werden, bis sich eine neue Generation, bereits im Exil großgeworden, Yoweri Museveni bei seinem Kampf gegen Obote anschließt. Aus diesen Kreisen rekrutiert sich die spätere RPF (Ruandische Patriotische Front), die 1994 den Genozid in Ruanda stoppen wird (mit welchen Mitteln ist dabei eine andere Frage).


    Den Löwenanteil der insgesamt acht Kapitel macht das Geschehen in Ruanda um 1960 aus, der Uganda-Teil bildet nur noch den Abschluß, mit dem die Kontinuität zu jüngeren Ereignissen hergestellt wird. Dieses „Vorspiel“ zu 1994 ist vermutlich vielerorts vergessen, und es ist sicher wichtig, vor allem im Land selbst, daß die Erinnerungen daran nicht verloren gehen. Hier hat Ntalindwa sicher recht, wenn er sagt: „history unwritten is history forgotten“ (S. 22). Man merkt daran aber auch, daß Ntalindwas vorangige Zielgruppe die Ruander selbst sind. Mir waren es insgesamt betrachtet zu viele Details, egal ob Namen von Personen, Orten, Clans oder auch Titel und Verwandtschaftsbeziehungen. Zugegebenermaßen habe ich da irgendwann den Überblick verloren, vielleicht hätte es geholfen, Stammbäume zu malen, aber selbst darin bin ich nicht sicher.


    Viel störender als diese Detailverliebtheit war etwas anderes. Da der Text als „Poetic Narrative“ bezeichnet wird, habe ich keinen Prosatext erwartet. Vielleicht war es auch nicht Ntalindwas Absicht, Lyrik zu schreiben. Gewählt hat er eine Mischform, die mir nicht gefallen hat. Wenn ein Text schon in Versen daherkommt, dann erwarte ich zwar nicht notwendigerweise Gereimtes, aber zumindest eine innere Struktur, die einem gleichmäßigen Sprachrhythmus folgt, was hier für mein Empfinden nicht gegeben war.


    Dem Text selbst geht eine umfangreiche Einleitung voran, in der sich Ntalindwa zum einen im Hinblick auf seinen Landsmann und Dichterkollegen Alexis Kagame mit seinem Werk positioniert, zum anderen historische und sozio-kulturelle Hintergründe liefert, die aber wegen der Vielzahl an Namen und Bezeichnungen ähnlich verwirrend bleiben wie der Text selbst. Hier wäre weniger Detail und mehr strukturelle Darstellung hilfreich gewesen.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen


  • Im Vorfeld der ruandischen Unabhängigkeit 1962 kam es zu Pogromen gegen Tutsi, die zu einer Flucht vieler Angehöriger dieser Volksgruppen über die Grenzen nach Uganda und Tansania führten.


    Aha - darauf bezogen sich also einige Hinweise in dem von mir kürzlich gelesenen ruandischen Buch "Victory" der Autorin Barassa. Mir waren diese Pogrome völlig unbekannt und entsprechend konnte ich die Stellen nicht einordnen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ja, das Gebiet um die großen Seen in Ostafrika ist etwas unübersichtlich, was die Bewegungen angeht, zumal dann Volksgruppen, sobald sie auf der anderen Seite einer Grenze wohnen, auch mal den Namen wechseln. Und mit den ganzen Bürger- und sonstigen Kriegen in den letzten Jahrzehnten ist es nicht wirklich übersichtlicher geworden. Verwirrung ist da fast vorprogrammiert.