Ingrid Noll - Kuckuckskind

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  • Ingrid Noll


    Kuckuckskind


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    Lehrerin Anja erwischt ihren Mann Gernot in flagranti, als eine Chorprobe ausfällt und sie zu früh nach Hause kommt. Sie begießt das Liebespaar mit kochend heißem Tee und lässt sich sofort scheiden. Obwohl sie noch an Gernot hängt und die plötzliche Trennung bei weitem nicht verarbeitet hat, gibt sie ihm keine Gelegenheit zu einer Aussprache. Anja verkriecht sich in ihrer neuen, hässlichen Übergangswohnung, dem „Rattenloch“, lässt sich etwas hängen und verfällt in eine Sudoku-Abhängigkeit. Ihre Mutter und ihre Kollegin Birgit versuchen zwar, sie aufzumuntern, haben aber wenig Erfolg. Dann bietet sich Anja zufällig die Möglichkeit, eine schönere Mietwohnung zu beziehen. Ihr Vermieter ist Patrick, Vater des 14jährigen Schülers Manuel aus Anjas Klasse. Ab diesem Punkt geht es aufwärts mit Anja. Sie achtet wieder mehr auf ihr Äußeres, richtet die Wohnung ein, holt noch Sachen bei Gernot ab aus dem gemeinsamen Haushalt. Bei dieser Gelegenheit hört sie indiskreterweise Gernots Anrufbeantworter ab und stellt fest, dass Gernot ein Verhältnis mit Birgit hat. Anja fühlt sich doppelt verraten: von ihrer Freundin und auch vom Exmann. Ohne zu zögern verpfeift sie Birgit bei deren Ehemann Steffen. Dieser reagiert allerdings ziemlich ungläubig, schließlich waren die beiden Paare jahrelang befreundet, aber die Zweifel sind gesät.


    Anja verguckt sich in ihren Vermieter, der zwar von seiner Frau getrennt lebt, aber nicht geschieden ist. Alles scheint soweit gut zu laufen, aber dann erfährt Anja, dass Birgit schwanger ist. Nicht nur, dass Anja „ihren“ Exmann Gernot als Kindsvater vermutet, sondern auch der Neid macht ihr schwer zu schaffen. Schließlich haben Anja und Gernot jahrelang vergeblich auf Nachwuchs gehofft, und Birgit, die angeblich nie Kinder wollte, erwartet jetzt ein Kind. Anja ist schon Ende 30 und hat keine Zeit zu verlieren, wenn sie noch zu einem Kind kommen will. Steffen ist total glücklich über das Kind und glaubt Anjas Andeutungen über ein Kuckucksei nicht. Aber die Sache lässt ihm letzten Endes keine Ruhe, und als der Junge auf der Welt ist, folgt er Anjas Ratschlag und lässt einen Vaterschaftstest machen…



    Laut Klappentext handelt es sich um ein „herrlich böses Buch“, einen Krimi. Das würde ich so nicht sagen. Ich hatte vielmehr das Gefühl, eine unterhaltsam geschriebene, recht alltägliche Geschichte zu lesen, die sich jederzeit in meinem Umfeld ereignen könnte. Das bedeutet entweder, dass ich selbst ziemlich böse bin und meine Bekannten und Verwandten einer kritischen Prüfung unterziehen sollte, oder dass anderleuts Beurteilung eines Buches sich einmal mehr mit meiner eigenen Einschätzung überhaupt nicht deckt. Die Meinungen bei Amazon gehen allerdings auch recht weit auseinander.


    Was mich ein bisschen stört, ist die Tatsache, dass die ohnehin schon recht dünnen Noll-Bücher immer so großzügig im Druck gehalten sind. Würde man also das aufgeblähte Schriftbild etwas normalisieren, wäre das Buch vermutlich um ein Drittel dünner. Andererseits mag ich es sehr gern, wenn ein Buch in viele kleine Abschnitte = Lesehäppchen gegliedert ist, so dass ich beim Lesen immer denke: ach, noch einen Absatz. Ach, einen schaff ich noch. Noch einen…
    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Kiba ()

  • Ingrid Nolls Heldin Anja ist eine wie du und ich: Weder Staranwältin noch Hausmuttchen, sondern Lehrerin an einem Kleinstadtgymnasium. Auch ihre Träume vom Familienidyll mit Haus und Garten sind unprätentiös. Doch unter der Oberfläche brodelt es: Anja verlässt ihren Mann nach seinem Seitensprung. Als ihre Kollegin Birgit schwanger wird, kochen Anjas Frustrationen hoch und sie löst, ohne die Folgen absehen zu können, eine Welle von Ereignissen mit tragischem Ausgang aus.
    Anjas Widersprüche und Zweifel, ihre Schuldgefühle und Ängste schildert Ingrid Noll mit leiser Ironie und subtilem Witz. Inhaltlich fehlt mir ein wenig die Fantasie, immer wieder dreht sich alles um die Frage: Wer ist der Vater von Birgits Kind? Das ist doch recht eintönig, mich hätten auch weitere Facetten von Anjas Persönlichkeit interessiert.
    Die Figuren der Handlung wirken allerdings wie aus dem Leben gegriffen und sehr sympathisch, dazu tragen auch ganz „normale“ Alltagsbeschreibungen bei: Da werden auf dem Marktplatz Eisbecher geschlemmt, im heimischen Garten Sauerkirschen geerntet und auf dem Balkon wird im Bademantel Kaffee getrunken. Für mich ein dicker Pluspunkt in diesem Buch.
    4ratten

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)

  • Laut Klappentext handelt es sich um ein „herrlich böses Buch“, einen Krimi. Das würde ich so nicht sagen. Ich hatte vielmehr das Gefühl, eine unterhaltsam geschriebene, recht alltägliche Geschichte zu lesen, die sich jederzeit in meinem Umfeld ereignen könnte. Das bedeutet entweder, dass ich selbst ziemlich böse bin und meine Bekannten und Verwandten einer kritischen Prüfung unterziehen sollte, oder dass anderleuts Beurteilung eines Buches sich einmal mehr mit meiner eigenen Einschätzung überhaupt nicht deckt. Die Meinungen bei Amazon gehen allerdings auch recht weit auseinander.


    Nachdem ich das Buch nun zum zweiten Mal gelesen habe, kam es mir auf eine hintergründige Weise "böser" vor als beim ersten Lesen. Die tragische Verkettung der Ereignisse, die für Anja schließlich ein glückliches Ende nimmt, wird durch Anja selbst ausgelöst, wenn auch unbewusst. Ihr Motor ist Neid. Dass Anja für uns trotzdem ganz normal wirkt und uns als Leserinnen sogar sympathisch ist, spricht für das erzählerische Geschick von Ingrid Noll. Oder für eine gewisse Durchtriebenheit den Leserinnen gegenüber :zwinker:
    Anja ist zwar nicht im juristischen Sinn schuldig, aber ihre Verstrickung ist ihr bewusst. Das Gedicht von Ricarda Huch, das den Roman beendet, finde ich sehr berührend:
    Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle/ die Welt wird ein Blütenmeer./Aber in meinem Herzen ist eine Stelle, /da blüht nichts mehr.

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)

  • Gebundene Ausgabe: 339 Seiten

    Verlag: Diogenes (1. Juli 2008)

    ISBN-13: 978-3257066326

    Preis: Hardcover vergriffen

    als Taschenbuch, als E-Book und als Hörbuch erhältlich


    Unterhaltsam, aber das gewisse Etwas fehlt mir


    Inhalt:

    Anjas Ehe ist am Ende. Anja kann ihrer Mutter den gewünschten Enkel nicht vorweisen. Als sie sich ihn ihren neuen Vermieter Patrick verliebt, geht es für sie wieder aufwärts, auch wenn sie ihrer Freundin Birgit deren Schwangerschaft neidet und diese Freundschaft immer mehr in die Brüche geht.


    Meine Meinung:

    Der neueste Roman von Ingrid Noll, „Goldschatz“ hat mir nicht so gut gefallen. Aber mit „Kuckuckskind“ konnte die Autorin mich wieder einfangen. Hier spürt man wieder den trockenen Humor, den Biss, die Sicht in die menschlichen Abgründe, den man von Noll kennt.


    Spekulationen und Verdächtigungen entwickeln hier ein Eigenleben und fordern verheerende Opfer. Ingrid Noll blickt dabei mit viel Feingefühl auf ihre Protagonisten, die wie die Leute von nebenan wirken.


    Ein bisschen mehr Handlung und Dramatik hätte es für mich durchaus sein dürfen. Aber auch so hat mich die Geschichte gut unterhalten und mir beim Lesen viel Spaß bereitet.


    ★★★★☆