William Shakespeare - Julius Cäsar

Es gibt 40 Antworten in diesem Thema, welches 25.006 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kat.

  • Wir starten in die dritte Leserunde unseres Shakespeare-Projekts:


    Julius Cäsar
    Eine Tragödie in fünf Akten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Um 1599 entstanden, ist "Julius Cäsar" Shakespeares erstes Römerdrama und führt die Reihe der großen Tragödien an. Die Krise der römischen Republik, von der Ermordung Cäsars bis zur Schlacht bei Philippi ein heroischer Stoff. Bei Shakespeare wird der Imperator zum Menschen mit Schwächen, der Böses ahnt und, wie sich später zeigt zu Recht, allen mißtraut. Der Titelheld stirbt, der Verräter Brutus avanciert zur zunehmend tragischen Hauptfigur im Konflikt zwischen persönlicher Bindung und politischer Verantwortung. Das Stück gipfelt in der berühmten Leichenrede des Antonius. Diese Neuübersetzung zeigt meisterhaft, daß die Faszination der Shakespeareschen Sprachgewalt auch im Deutschen erhalten bleiben kann. (Quelle: Amazon)


    Teilnehmer:
    Mrs.Dalloway
    stephanie_j_h
    Nicole89
    kat
    Bluebell
    HoldenCaulfield
    Schokotimmi
    JaneEyre
    Doris


    Viel Spaß allen Teilnehmerinnen!

  • Hallo liebe Leserunde!


    Erster Akt
    Ich hab den ersten Akt gelesen und ich muss gestehen, dass ich zuerst einmal etwas stutzen musste, als ich die Aufstellung der Charaktere gesehen hab. Ganz schön viele, aber bisher finde ich es ganz gut verständlich. Mir ist auch aufgefallen, dass die Namen der Personen sehr oft wiederholt werden, was vermutlich pragmatische Gründe hat. Der Zuschauer kann sich die Namen ja nicht gleich alle merken.


    Was mir bisher auch aufgefallen ist, ist dass bisher sehr wenig Caesar in Julius Caesar vorgekommen ist. Im ersten Akt lernen wir ihn eigentlich nur durch die Einschätzung von Cassius kennen, der man vermutlich auch nicht so ganz trauen kann. Cassius entwickelt sich ja bereits zum Bösewicht im Stück, der mit seiner rhetorischen Begabung, die er ironischer Weise selbst als „weak words“ (1.2.176) bezeichnet, alle gegen Caesar aufhetzt… allen voran natürlich Brutus, der selbst auch schon Zweifel an Caesars Herrschaft geäußert hat, aber auch persönlich an ihm zu hängen scheint.


    Caesar selbst wiederum darf im ersten Akt kaum mehr äußern als die Befürchtungen, was Cassius betrifft und mit welchen er ja recht zu haben scheint. Cassius ist wohl kein Caesar-Fan. :breitgrins:


    Besonders interessant fand ich im ersten Akt übrigens die körperliche Verfassung Caesars. Caesar scheint eine Art Anfall zu erleiden, als er die Krone ablehnt und das vor den Bürgern Roms. Meine Ausgabe verweist hier auf Shakespeares Quelle Plutarch, der Caesars gesundheitliche Verfassung so beschreibt: „He was … often subject to headache, and otherwhile to the falling sickness (the which took him the first time… in Corduba, a city of Spain)“ Ein weiterer gesundheitlicher Makel, der dieses mal nicht von Plutarch stammt, sondern, den Shakespeare selbst hinzugefügt hat, ist Caesars Taubheit auf dem linken Ohr. Das wird im Nachhinein auch sofort mit dem sehr guten Gehör von Cassius kontrastiert: “Your ear is good“ (1.3.42). Auch Caesars Frau Calpurnia scheint es schwer getroffen zu haben: Sie ist unfruchtbar. (Alternative Erklärung:Auch das könnte an Caesars mangelnder Gesundheit liegen)


    Das alles zeigt sehr schön die elisabethanische Ansicht (die noch aus dem Mittelalter stammt), dass die Gesundheit des Monarchen auch immer die Gesundheit des Landes darstellt. Diese Thematik zieht sich durch die sämtlichen Historien Shakespeares und wird auch hier aufgegriffen (Das ganze gipfelt bei Shakespeare in der Figur des Richard III, der als körperlich stark deformiert dargestellt wird und somit den Verfall Englands zur Zeit der Rosenkriege wiederspiegelt).


    Oh, und nochwas! Ganz besonders gut gefallen hat mir folgende Stelle:
    Men at some time are masters of their fates:
    The fault, dear Brutus, is not in our stars
    But in ourselves, that we are underlings.
    (1.2.139-141)
    Das ganze liest sich wie eine Kritik am elisabethanischen Weltbild, in dem jeder seinem ihm bei Geburt zugewiesenen Platz in der großen Seins-Kette hat. Shakespeares Römer werden oft als verkappte Elisabethaner bezeichnet und Shakespeare kann hier Gesellschaftskritik äußern, ohne dass es für ihn fatale Folgen hat, da die Protagonisten ja Römer sind und nicht englische Zeitgenossen und primär auch nicht als solche wahrgenommen werden.


    Nun stelle ich mir aber noch die Frage, ob dem wirklich so ist und das römische Reich „krank“ ist oder ob Cassius das nur so hinstellt, um Brutus als Mitverschwörer zu gewinnen. Vielleicht hat Cassius ja recht und Caesars Herrschaft ist kein Segen für das römische Volk. Seine moderne Einstellung, dass jeder sein Schicksal selbst in der Hand hat, gefällt mir auf jeden Fall gut und macht ihn auch etwas sympathischer. Ich bin gespannt, wie’s weitergeht!


    Liebe Grüße,
    Mrs. Dalloway

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • Mein Gott, Mrs. Dalloway, du legst aber los! Was soll man denn dazu noch ergänzen :zwinker:.


    :redface: Das lag an einer Mischung aus zu viel Zeit, Motivation und daran, dass Julius Caesar (im Gegensatz zu Hamlet oder Wie es euch gefällt) ein neues Stück für mich ist. :breitgrins:


    Und ergänzenswert ist Shakespeare immer, sonst wären die ganzen Profs ja schon längst arbeitslos. :zwinker:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Na, dann will ich mal versuchen, etwas zu ergänzen. :zwinker:



    Mir ist auch aufgefallen, dass die Namen der Personen sehr oft wiederholt werden, was vermutlich pragmatische Gründe hat. Der Zuschauer kann sich die Namen ja nicht gleich alle merken.


    Das ist mir auch aufgefallen und ich finde es sehr praktisch - man stelle sich eine Bühne voller Männer in Toga vor, wenn sich die nicht mit Namen anreden, steigt man als durchschnittliches Publikum doch binnen kürzester Zeit aus. :spinnen:



    Was mir bisher auch aufgefallen ist, ist dass bisher sehr wenig Caesar in Julius Caesar vorgekommen ist.


    Stimmt. Mein "Shakespeare für Dummies" meint auch, dass das Julius Caesar eigentlich mehr ein Stück über Brutus ist als über Cäsar selbst, bzw. über das Verhältnis der beiden. Ich dachte ja auch, dass der Mord bestimmt der Höhepunkt im 5. Akt sein wird, dabei stirbt die Titelfigur schon viel früher! Interessant auch Wikipedia dazu:


    Die Tragödie weist eine oft bemängelte doppelgipflige Struktur auf, in deren beiden Teilen sich Handlungs- und Motiventsprechungen finden. Der eine Gipfel besteht in der Ermordung Caesars im dritten Akt, der zweite in der Schlacht bei Philippi im fünften Akt.



    Besonders interessant fand ich im ersten Akt übrigens die körperliche Verfassung Caesars. Caesar scheint eine Art Anfall zu erleiden, als er die Krone ablehnt und das vor den Bürgern Roms.


    Klingt verdammt psychosomatisch, nicht wahr? :breitgrins:



    Oh, und nochwas! Ganz besonders gut gefallen hat mir folgende Stelle:
    Men at some time are masters of their fates:
    The fault, dear Brutus, is not in our stars
    But in ourselves, that we are underlings.
    (1.2.139-141)


    Dazu passend:

    Ich weiß, er wär kein Wolf,
    Wenn er nicht säh, die Römer sind nur Schafe.


    Zwei Hinweise sind mir im ersten Akt noch besonders aufgefallen, nämlich in der 1. Szene:

    wißt ihr nicht,
    Daß ihr als Handwerksleut an Werkeltagen
    Nicht ohn ein Zeichen der Hantierung dürft
    Umhergehn?


    Sowie in der 2.:


    Ein alter Glaube, unfruchtbare Weiber,
    Berührt bei diesem heilgen Wettelauf,
    Entladen sich des Fluchs.


    Wusste ich beides nicht!
    Und wenn ich kurz mal ganz, ganz kindisch sein darf :elch: - Caesar sagt in der 2. Szene:


    Laßt wohlbeleibte Männer um mich sein,
    Mit glatten Köpfen, und die nachts gut schlafen.


    *pruuust* - ja genau, das wünsche ich mir auch! :clown:

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Mein bescheidener Beitrag zum ersten Akt.


    Ich stimme dem Shakespeare für Dummies zu - bisher steht eher Brutus als Cäsar im Mittelpunkt. Mir erscheint mir noch als sehr loyal gegenüber Cäsar; stattdessen erweist sich Cassius als der Bösewicht, der Brutus drängt, sich der Verschwörung anzuschließen. Ich habe noch nicht durchschaut, warum Cäsar nicht König werden soll. Es hat sich noch nicht herauskristallisiert, wen die Mordgesellen an seiner Stelle krönen wollen.


    Momentan kämpfe ich noch etwas mit der Sprache, aber ich finde mich langsam rein in das Stück.

  • So ich habe jetzt auch endlich angefangen und kann wie ihr feststellen, dass Caesar im ersten Akt nicht besonders oft vorkommt und wenn dann um unangenehm aufzufallen mit Krankheit und Schwäche.


    Mrs. Dalloway was du so alles herausliest bzw. durch andere Dramen weißt - alle Achtung. Das mit der Krankheit des Monarchen und die Verbindung zur Gesundheit des Volkes weiß ich nicht bzw. ist mir das so noch nicht aufgefallen -aber sehr interessant.


    Ich muss mich auch noch auf die Sprache einstellen - für mich nicht so einfach, zumal es mein erstes Shakespearewerk ist. Aber ich finde die Sprache interessant. Ich habe ein Fassung von rororo Deutsch/Englisch und habe hinten einige Anmerkungen bei denen ich leider nicht immer durchblicke.


    Cassius ist also hier der Anführer der Verschwörung, da ist er ja schon ziemlich fleißig gewesen. Bei Brutus merkt man noch einiges an Zurückhaltung. Mal sehen wie es weitergeht.


    Bluebell: Die Stelle mit den wohlbeleibten Männern gefällt mir auch :zwinker:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Ich bin jetzt auch mit dem 1. Akt fertig und lese übrigens wieder die Schlegel/Tieck-Übersetzung.


    Spannend, spannend muss ich sagen. Das ist ja ein Krimi!


    Über die Länge des Personenregisters hab ich mich auch ganz schön geschreckt.


    Das ist mir auch aufgefallen und ich finde es sehr praktisch - man stelle sich eine Bühne voller Männer in Toga vor, wenn sich die nicht mit Namen anreden, steigt man als durchschnittliches Publikum doch binnen kürzester Zeit aus. :spinnen:


    Das ist die Erklärung! :breitgrins:
    Beim Lesen bringt mir die ständige Namenswiederholung leider nicht so viel, weil die Namen alle so ähnlich sind. Fast alle beginnen mit C und Casca und Cäsar schauen für mich sowieso gleich aus. Da muss ich mich echt konzentrieren, wer gerade spricht. Abgesehen davon, finde ich die Sprache wieder toll (ich hab mich dabei ertappt, laut, mit verschiedenen Stimmen zu lesen, aber solange ich keine Toga anziehe, ist alles in Ordnung. :zwinker:)


    Inhaltlich kann ich sonst nicht mehr viel beitragen, was ihr nicht schon erwähnt hättet. So einen richtigen Sympathieträger scheint es bis jetzt nicht zu geben. Für mich ist Cäsar (noch?) nicht der Gute und Cassius (noch?) nicht der Böse. Cassius scheint ihn halt nicht für den richtigen Mann zu halten, was ja an und für sich legitim ist. Und von Mord war ja auch noch nicht die Rede, oder hab ich da was überlesen?


    Mrs. Dalloway: Was du über Cäsars Wehwehchen und über Shakespeares Gesellschaftskritik schreibst, ist wieder einmal sehr interessant.


    Ich freu mich schon aufs Weiterlesen! :winken:


  • Interessant auch Wikipedia dazu:
    Die Tragödie weist eine oft bemängelte doppelgipflige Struktur auf, in deren beiden Teilen sich Handlungs- und Motiventsprechungen finden. Der eine Gipfel besteht in der Ermordung Caesars im dritten Akt, der zweite in der Schlacht bei Philippi im fünften Akt.



    So sieht das meine Ausgabe auch. Hier wird es unterteilt in Caesars Tragödie und Caesars Rache. Warum das jetzt allerdings laut Wikipedia bemängelnswert sein soll, kann ich persönlich noch nicht so genau nachvollziehen. Ist eben kein klassisches Drama, aber muss ja auch nicht alles gleich sein. :zwinker:



    Es hat sich noch nicht herauskristallisiert, wen die Mordgesellen an seiner Stelle krönen wollen.


    Da bin ich mir auch noch nicht ganz so sicher. Mir kommt es vor, als ob die Verschwörer generell gegen Alleinherrschaft wären. Vielleicht wollen sie, dass der Senat die alleinige Gewalt über Rom hat, statt die Macht auf einen einzelnen Herrscher zu zentrieren.




    Mrs. Dalloway was du so alles herausliest bzw. durch andere Dramen weißt - alle Achtung. Das mit der Krankheit des Monarchen und die Verbindung zur Gesundheit des Volkes weiß ich nicht bzw. ist mir das so noch nicht aufgefallen -aber sehr interessant.


    Danke. :breitgrins: Aber ich beschäftige mich mittlerweile ja auch schon bisschen länger mit Shakespeare und so langsam erkennt man dann die Muster und Zusammenhänge.
    Interessant in dem Zusammenhang ist auch, dass zu Shakespeares Zeit ja eine Frau, Elizabeth I., regierte und auch ihr weiblicher Körper von ihren Gegner oft als generell und von Natur aus „krank“ und „monströs“ dargestellt wurde und deshalb ihre Herrschaft als schädlich für England. Hier ist ein Beispiel von einem dieser Gegner, John Knox:


    ”For who wolde not judge that bodie to be a monster, where there was no head eminent above the rest, but that the eyes were in the hands, the tonge and mouth beneth in the belie, and the eares in the feet… And no lesse monstruous is the bodie of that common welth, where a woman beareth empire.” (Kurzum: Der Körper einer Frau ist monströs und entspricht nicht den natürlichen Normen und daher ist jedes Land, in dem eine Frau regiert genauso monströs.)



    Sollte ich mit meinen Anmerkungen übrigens mal zu sehr ausufern, dann stoppt mich bitte. Aber ich rede so gern darüber! :redface:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • ”For who wolde not judge that bodie to be a monster, where there was no head eminent above the rest, but that the eyes were in the hands, the tonge and mouth beneth in the belie, and the eares in the feet… And no lesse monstruous is the bodie of that common welth, where a woman beareth empire.” (Kurzum: Der Körper einer Frau ist monströs und entspricht nicht den natürlichen Normen und daher ist jedes Land, in dem eine Frau regiert genauso monströs.)


    :entsetzt:



    Sollte ich mit meinen Anmerkungen übrigens mal zu sehr ausufern, dann stoppt mich bitte. Aber ich rede so gern darüber! :redface:


    Wehe, du hörst damit auf! :breitgrins:

  • Ich habe heute den Mord an Cäsar miterlebt und bin erstaunt, wie schnell das über die Bühne ging. Cäsar war wohl völlig arglos, wie seine letzten Worte beweisen, bevor Casca ihn niedersticht. Brutus ist zwar einer der Mittäter, doch er ist für mich nach wie vor der Gute, weil er zum Wohle des Volkes handelt, das er vor dem Tyrannen bewahren will. Seine Loyalität für beide Seiten bringt ihn sehr ins Grübeln.


    @ Dalloway
    Nur her mit deinen Anmerkungen, der Thread hat viel Platz.

  • Ihr seid ja schon wieder mittendrin :smile: Habe bis jetzt nur den ersten Akt gelesen. Habe mich zuerst erschrocken, als ich die Namensliste gesehen habe :ohnmacht: Aber bis jetzt haben die Personen ja noch nicht so oft gewechselt. Und vom Verständnis her finde ich das Stück auch recht gut.


    Und wie Mrs. Dalloway finde ich die physische Verfassung Cäsars interessant. Ich habe noch nicht ganz kapiert, warum er gleich ohnmächtig geworden ist, als er die Krone dreimal ablehnte.

    :lesen: Sabine Weigand - Die Tore des Himmels

  • Spätestens im III. Akt kann man die Beteiligten ganz gut auseinanderhalten, besonders die Hauptakteure.


    Im II. Akt, 1. Szene hat mir gut gefallen, wie wortgewaltig Portia ihren Gatten Brutus umschmeichelt und beschwatzt, um in Erfahrung zu bringen, was ihn so offensichtlich quält. Bei uns heißt das "von hinten durch die Brust ins Auge". Typisch Frau :smile:


    Nach der Ermordung Cäsars geht ein Aufruhr durch das Volk. Die Bürger schimpfen Cäsar einen Tyrannen, obwohl sie ihm anfangs noch zujubelten, doch als Marcus Antonius darauf hinweist, dass Cäsar drei Mal die Krone ablehnte, sehen sie wieder einen Helden in ihm. Antonius schürt den Hass auf geschickte Weise weiter und wiegelt das Volk, dem nicht bewusst ist, dass es instrumentalisiert wird, gegen Brutus und seine Komplizen auf.


    Der Verlauf des Stückes gefällt mir immer besser, da Cäsar gar nicht so sehr im Mittelpunkt steht, sondern die Absichten um seine Ermordung, die Manipulationen und ihre Auswirkungen. Es kommt mir viel mehr auf die Psyche bezogen vor als die anderen Dramen, die wir bisher gelesen haben.

  • Bis zur Ermordung Caesars
    So, die Lage spitzt sich so langsam (naja, eigentlich eher rasend schnell) zu und für Caesar wird’s gefährlich. Die Verschwörer haben Brutus auf ihre Seite gezogen und er erkennt, dass der Mord an Caesar die einzige Alternative ist. Allerdings äußert nur Bedenken, wie sich die Krone auf Caesar auswirken könnte, aber das sind ja alles nur Vermutungen. Er scheint auch weiterhin geplagt von schlechtem Gewissen:


    O, that we then could come by Caesar’s spirit
    And not dismember Caesar! But, alas,
    Caesar must bleed for it
    (2.1.169 – 171)



    Der Verlauf des Stückes gefällt mir immer besser, da Cäsar gar nicht so sehr im Mittelpunkt steht, sondern die Absichten um seine Ermordung, die Manipulationen und ihre Auswirkungen. Es kommt mir viel mehr auf die Psyche bezogen vor als die anderen Dramen, die wir bisher gelesen haben.


    Das kommt mir gerade ganz genauso vor und ich finde es auch sehr gut. Mich wundert ein bisschen, dass das Stück doch eher unbekannt ist… Ich habe so ein bisschen die Befürchtung, dass es im zweiten Teil stark nachlassen könnte, denn bisher gefällt hier ja allen ziemlich gut, soweit ich das sehe. Mal schauen…


    Interessant finde ich auch, wie alles auf die Ermordung hinzudeuten scheint und gerade der abergläubische Caesar versteht die Zeichen einfach nicht. Seine Frau Calpurnia warnt ihn, der Seher ganz am Anfang warnt ihn, der Dichter auf der Straße warnt ihn und sogar die Natur selbst deutet an, das etwas nicht stimmt.


    most horrid sights seen by the watch.
    A lioness hath whelped in the streets,
    And graves have yawned and yielded up their dead;


    Das erinnert sehr an Macbeth wo die Pferde einander auffressen, nachdem die „natürliche“ politische Ordnung gestört wird.


    Tja, hätte Caesar mal auf seine Frau gehört! :breitgrins: Jetz is es zu spät.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Da bin ich mir auch noch nicht ganz so sicher. Mir kommt es vor, als ob die Verschwörer generell gegen Alleinherrschaft wären. Vielleicht wollen sie, dass der Senat die alleinige Gewalt über Rom hat, statt die Macht auf einen einzelnen Herrscher zu zentrieren.


    So in der Art habe ich das zumindest ganz dunkel aus dem laaange zurückliegenden Lateinunterricht in Erinnerung ...



    Ihr seid ja schon wieder mittendrin :smile: Habe bis jetzt nur den ersten Akt gelesen.


    Weiter bin ich auch noch nicht gekommen!

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Nach der Ermordung Cäsars geht ein Aufruhr durch das Volk. Die Bürger schimpfen Cäsar einen Tyrannen, obwohl sie ihm anfangs noch zujubelten, doch als Marcus Antonius darauf hinweist, dass Cäsar drei Mal die Krone ablehnte, sehen sie wieder einen Helden in ihm. Antonius schürt den Hass auf geschickte Weise weiter und wiegelt das Volk, dem nicht bewusst ist, dass es instrumentalisiert wird, gegen Brutus und seine Komplizen auf.


    Die Rede ist interessant, verdammt gut gestaltet, und dadurch gelingt es Antonius auch, das Volk umzustimmen. Er greift Brutus nicht direkt an, erwähnt aber öfter, dass er "ein ehrenwerter Mann" sei. Die ständige Wiederholung macht das doch ungläubig. Na und dann stellt er Cäsar als großzügigen Gönner dar und schon ist die Instrumentalisierung perfekt ;)


    Ich bin übrigens durch mit dem Stück.

    :lesen: Sabine Weigand - Die Tore des Himmels

  • Ich hab jetzt auch den 3. Akt gelesen.


    Der zweite Akt hat mir sehr gut gefallen. Überhaupt hat Brutus es mir bisher am meisten angetan. ("Ich wollt´, es wär´mein Fehler, so zu schlafen." :breitgrins:). Es ist für mich auch nach wie vor (selbst nach Cäsars Tod) nicht so sehr der Bösewicht. Er mag Cäsar ja, aber Rom mag er lieber. Und hier will er keinen Herrscher haben. Sehr gut haben mir seine Gedanken zur Macht gefallen:




    Im II. Akt, 1. Szene hat mir gut gefallen, wie wortgewaltig Portia ihren Gatten Brutus umschmeichelt und beschwatzt, um in Erfahrung zu bringen, was ihn so offensichtlich quält. Bei uns heißt das "von hinten durch die Brust ins Auge". Typisch Frau :smile:


    Diese Szene mochte ich auch besonders gern. :smile: Ich hoffe, dass Portia später noch eine Rolle spielt.


    Die Ermordung Cäsars ist dann ja ziemlich schnell über die Bühne gegangen. Die zwei Reden danach, von Brutus und dann von Antonius, haben mich sehr beeindruckt. Und vor allem die Manipulierbarkeit der dummen Masse. Ein bisschen war das wie Wahlkampfreden heutzutage. Nur dass die meisten Politiker nicht so eine Rhetorik drauf haben wie die beiden Herren. :zwinker:



    Mich wundert ein bisschen, dass das Stück doch eher unbekannt ist… Ich habe so ein bisschen die Befürchtung, dass es im zweiten Teil stark nachlassen könnte, denn bisher gefällt hier ja allen ziemlich gut, soweit ich das sehe. Mal schauen…


    Die Befürchtung hab ich auch, hoffentlich nimmt das ganze nicht noch eine ganz andere Richtung.



    Ich muss mich jetzt leider von dieser Leserunde verabschieden. Sorry, ich hab mich total verplant. Ich bin zu spät gekommen und gehe zu früh :redface:, aber ich muss in den Urlaub fahren. :zwinker: Ich hoffe jedoch, pünktlich zur nächsten Runde wieder da zu sein und wünsch euch noch viel Spaß hier. :winken:


  • Antonius schürt den Hass auf geschickte Weise weiter und wiegelt das Volk, dem nicht bewusst ist, dass es instrumentalisiert wird, gegen Brutus und seine Komplizen auf.


    Ja, es ist schon sehr krass wie manipulierbar das römische Volk hier dargestellt wird. Das ist auch in anderen Römertragödien so. Ich denke, dass diese Macht, die vor allem rhetorisch begabte Politiker über das Volk haben wirklich zeitlos ist. Das ist heute ja wirklich oft noch genauso.



    Über Shakespeares Römer hat Goethe übrigens gesagt:
    Man sagt, er habe die Römer vortrefflich dargestellt; ich finde es nicht; es sind lauter eingefleischte Engländer, aber freilich Menschen sind es, Menschen von Grund aus, und denen paßt wohl auch die römische Toga.


    Interessant ist auch, dass zu Shakespeares Zeiten die Römer auf der Bühne gar keine römischen Kostüme trugen, sondern tatsächlich Kleidung, die gerade zu Shakespeares Zeit als modisch galt.


    Und auf zwei Stellen wollte ich kurz noch hinweisen. Einmal ein unglaublich cooles Zitat:
    Wie oft wird Cäsar noch zum Spiele bluten,
    Der jetzt am Fußgestell Pompejus' liegt,
    Dem Staube gleich geachtet!

    Das Zitat ist höchst ironisch, da Brutus hier quasi die Illusion des Theaters aufbricht. Cäsar wird tatsächlich noch oft „zum Spiele bluten“… auf der Bühne.


    Und noch etwas, was mir aufgefallen ist bzw. worüber ich gestern etwas gelesen habe sind Caesars Worte „Et tu, Brute“. Ich bilde mir ein, ich hätte im Lateinunterricht gelernt, dass das wirklich Caesars letzte Worte waren, aber gestern habe ich gelesen, dass Caesars letzte Worte wohl griechisch waren und die Übersetzung so etwas wie „Auch du, mein Sohn“ ist. In dem Buch stand auch, dass die lateinischen letzten Worte eine „Erfindung“ der englischen Renaissance waren und Shakespeare hier aufgefasst hat, was andere Zeitgenossen so wiedergegeben haben.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Die Spannung steigt. Der IV. Akt ist vor allem geprägt durch die Zwistigkeiten zwischen Brutus und Cassius, die sich im wahrsten Sinn des Wortes bis aufs Messer bedrohen, letztendlich aber wieder versöhnen. Vermutlich ist es bei Brutus das schlechte Gewissen, das ihn so empfindlich werden lässt. Er erscheint mir immer noch hin- und hergerissen in seiner Solidarität für Cäsar und seine Mitverschwörer. Den Tod seiner Frau nimmt er an dieser Stelle viel gelassener hin, fast ungerührt.


    Und, Parallele zu Hamlet: Ein Geist erscheint, nämlich Cäsar bei Brutus, und verkündet ihm, dass sie sich bei Phillipi wieder sehen werden. Ich habe nicht den Eindruck, dass Brutus Cäsar in dem Geist erkannt hat.


    @ kat
    Falls du das noch liest: Schönen Urlaub!

  • Ich bin fertig und es hat mir gefallen.


    Eigentlich hatte ich noch viel mehr geschrieben, aber eine falsche Bewegung der Maus hat meinen Beitrag ins Nirwana geschickt :grmpf:. Vielleicht kann ich mich morgen nochmal aufraffen, mehr ins Detail zu gehen. Sorry :redface: