[Nigeria] Cyprian Ekwensi – Den Frieden überleben

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    Inhalt: Der Krieg zwischen der unabhängigen Republik Biafra und Nigeria ist beendet. Zwar gibt es noch keine offiziellen Verlautbarungen, aber als James Odugo, der beim biafranischen Rundfunk in Umunevo arbeitet, sieht, wie die Soldaten von ihren Uniformen in Zivilkleidung wechseln und sich ihrer Waffen entledigen, ist ihm alles klar. Mit dem Ende des Krieges müssen sich alle in ihren Leben wieder neu einrichten, Odugo will seine Familie, seine Eltern, Frau und Kinder endlich wiedersehen. Mit seiner Geliebten Vic macht er sich auf den gefährlichen Weg, denn überall lauern Straßensperren und Banditen. Sie kommen aber glücklich bis Obodonta, wo relative Ruhe herrscht und Odugo zudem alte Bekannte hat. Dort lernt Odugo, daß der Krieg nicht nur viele Familien zerrissen hat, sondern auch die Nachkriegszeit noch dafür sorgen kann, dann nämlich, wenn die Frauen sich mit den Offizieren und Soldaten der Bundesarmee einlassen, um ihr Leben zu verbessern. Später muß er feststellen, daß seine Frau auch nicht anders handelt. Es gelingt ihm sogar, in Lagos beim Sender seinen Job zurückzubekommen, aber sein Privatleben steht vor größeren Umwälzungen, denn nicht nur seine Frau ist schwanger von einem anderen Mann, sondern auch eine Kriegsliebe, die ihn wieder aufsucht, bekommt ein Kind von ihm. Odugo und seine Familie arrangieren sich mit den neuen Bedingungen, aber die Nachkriegsordnung ist immer noch labil und Gefahren lauern buchstäblich an jeder Straßenecke ...



    Meine Meinung: Ekwensis Roman ist noch geprägt von der zeitlichen Nähe zu den Ereignissen, die den Hintergrund bilden, nämlich dem Biafrakrieg, und das merkt man der Erzählung auch recht deutlich an. Interessant war dabei, daß er den Krieg selbst eigentlich ausspart, da die Geschichte erst mit der Kapitulation Biafras einsetzt. Und diese unmittelbare Nachkriegszeit erweist sich als besonders gefährlich, weil das Kriegsrecht einerseits nicht mehr, neue Strukturen andererseits noch nicht wirken. Und in dieser Konstellation wird es zu einer besonderen Herausforderung eben den Frieden (zu) überleben. Das gelingt manchen besser, manchen schlechter, und mit etwas Pech manchen auch gar nicht.


    Sehr schön zeigt Ekwensi, wie unterschiedlich die Anpassungsstrategien an die neue Situation ausfallen, und auch hier wird wieder deutlich: wer skrupellos genug ist, geht als Kriegsgewinnler aus den Wirren hervor. Das ist zwar moralisch empörend, aber leider nur allzu wahr. Aber Ekwensi erliegt nicht der Versuchung, bei den Kriegsparteien eine Schwarz-Weiß-Sortierung vorzunehmen. Diejenigen, die vom Krieg profitieren, sind eher Unsympathen, und genauso gibt es auf beiden Seiten Menschen, die feststellen, daß dieser Bürgerkrieg eigentlich allen nur Verluste gebracht hat: offensichtliche wie den Verlust geliebter Menschen, familiärer Bindungen oder materieller Güter, aber auch weniger offensichtliche wie Traditionen, Rituale oder auch den Glauben. In diesem Sinne ist es eine Anklage gegen jeden Krieg.


    Der Roman ist in formal in drei Teile gegliedert, und ich hatte den Eindruck, daß die Sprache im mittleren Teil um einiges gegenüber den beiden anderen Teilen abfiel, so als ob Ekwensi sie nicht zusammenhängend geschrieben hat. Es ist insgesamt stilistisch leicht zu lesen, gerade deshalb war dieser Einbruch störend, ich wähnte mich zuerst in einem anderen Buch. Darüber hinaus schadet es vermutlich nicht, wenn man über diese Zeit in der jüngeren nigerianischen Geschichte etwas Bescheid weiß, aber es läßt sich auch ohne solche Vorkenntnisse ohne weiteres lesen, weil das Thema doch recht universell ist.


    4ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen