Ist Euch Erotik bei Liebesromanen wichtig?

Es gibt 69 Antworten in diesem Thema, welches 20.056 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tia.

  • Viel spannender als vordergründige körperliche Erotik finde ich, was sich in den Köpfen der Personen abspielt, gerade wenn sie verliebt sind und insbesondere, wenn das Objekt ihrer Begierde erst mal in weiter Ferne liegt. Das geht mir gerade bei der Lektüre von Thomas Manns "Zauberberg" so, da ist der Protagonist Hans Castorp schwer verliebt in seine Mitpatientin Mme Chauchat, und alleine die Beschreibung seiner Gedanken bei seinen (mal mehr, mal weniger) heimlichen Beobachtungen der von ihm Angebeteten oder seines Herzklopfens und seiner Schweißausbrüche bei den Versuchen, in ihre Nähe zu gelangen - das allein ist unvergleichlich und brillant geschrieben! Da müssen keine Säfte fließen oder heiße Schwerter mit wilder Begierde irgendwo hineingestoßen werden... :breitgrins:

  • Mir ist das eigentlich recht egal.
    Wenn es in den Kontext passt, ist es okay. Aber es muss nicht sein. Vorrangig geht es mir ja um die Geschichte und nicht darum, was die jeweiligen Liebenden für Sexpraktiken ausprobieren ;)


  • In Liebesromanen ist es kein Muß, aber es stört mich auch nicht, natürlich darf es sich da nicht ständig um Erotik und Liebesszenen drehen oder zu lasziv, wie resca schon schrieb: Der gesunde Mix macht's


    Das sehe ich genauso.
    Es kann Erotik etc. drin sein, wenn es zu der Geschichte passt, aber es braucht auch keine drin zu sein.

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

    Einmal editiert, zuletzt von kathchen ()

  • Muss nicht - nö - aber schön ist es schon :breitgrins: Also ich muss es wie gesagt nicht haben aber wenn es passt und nicht zuviel ist, macht es doch noch mehr Spaß so ein Buch zu lesen finde ich ...


    LG :winken:

  • Ich dachte ja eigentlich, dass ich Erotik in Büchern gut finde, aber ich hatte ja neulich "Feuer und Stein" von Diana Gabaldon gelesen und da war es einfach nur noch zum Gäääääääääääääähnen. :rollen: Alle paar Seiten ging es wieder los. Schrecklich. Oder eher lächerlich.

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Erotik gehört dazu, S.E.X. (was ist das hier fürn prüdes Forum...) nicht unbedingt, zumindest nicht seitenweise und in allen Details. Bei Nora Roberts finde ich es meist übertrieben. Aber erotische Szenen, noch dazu gut beschrieben, sind schon was Feines.

    Gib dem Leben Farbe, bring dich ein mit einem Wort, einem Lächeln.

  • Hallo,


    hmmm, Erotik in Liebesromanen? Das ist meiner Meinung nach schwierig...


    Ich finde Erotik sehr wichtig. Das könnte es von mir aus in nahezu jedem Roman, ganz egal wie unpassend, geben. Nur gibt es das leider nicht. Das, was ich als erotisch bezeichnen würde jedenfalls nicht. Das spüre ich höchstens ganz versteckt mal auf und vielleicht geht es auch nur so. Gerade die Romane, die wohl erotisch sein sollen bzw. Sexszenen in Liebesromanen, finde ich meist so gar nicht reizvoll. Erotik (zumindest für mich) ansprechend zu schildern scheint ein wahrer Kunstgriff zu sein, der den meisten meiner Meinung nach misslingt. Das ist sicher mit ein Grund, warum ich vielen „Liebesromanen“ nichts abgewinnen kann. Es ist schrecklich, wenn ich als Leserin mich peinlich berührt fühle, weil ich das Gefühl habe, dass der Autor sich krampfhaft um eine künstliche Erotik bemüht hat. Wenn man das Gefühl bekommt, dass jemand sehr direkt schreibt, um nicht prüde zu wirken. Wenn jedes Wort schwer künstlich wiegt, weil man meint zu merken, wie sehr der Schriftsteller mit sich gerungen hat und wie lang er gesucht haben muss, fehlt dem ganzen die Echtheit, das wirklich Empfundene. Und diese „er schwingt sein großen Zauberstab der Lust“-Geschichten sind so schlecht, dass sie schon fast wieder gut sind – aber eben lustig und nicht erotisch.


    Am besten hat mir da noch Fanny Hill gefallen, wie sie ein Paar heimlich beobachtet und dabei seine „große Maschine“ bestaut - das war schon niedlich :smile:. Cleland wurde mir damit auf Anhieb sympathisch. Ich fand es einfach nur putzig, wie sich dieser Mann die Gedankenwelt einer jungen Prostituierten anscheinend vorstellte. Das war durch seine Zeit verzeihlich.


    D. H. Lawrence finde ich erotisch, besonders Lady Catterley. Das aus einem ganz einfachen Grund. Weder Oliver noch Conny, und schon gar nicht der Sex, werden hier heroisch dargestellt. Es ist echt, der Akt zum Teil nicht ohne Lächerlichkeit und trotzdem besteht eine große Attraktion zwischen den beiden, eine starke Anziehung, die all dies nebensächlich werden lässt. Gerade diese Lächerlichkeit, dieses Nichtgefallen an manchen Stellen, schützt vor Lächerlichkeit. Hier betreiben nicht Ken und Barbie bedenklichen Matratzensport – zum Glück.


    Henry Miller finde ich ebenfalls erotisch, wenn auch auf einen andere, tragischere Art. Sex und dazu ein hartes, verschimmeltes Stück Brot - das hat auch was :breitgrins:. Zumindest ist es ungeschönt und dadurch wenigstens noch glaubhaft. Aber auch hier finde ich die Erotik nicht in der Beschreibung des nackten Aktes selbst, sondern in der Atmosphäre der Bücher.


    Gar nicht erotisch finde ich z.B. den aufdringlichen, sinn- und gefühllos in den Vordergrund geworfenen Sex bei Valeri Tasso oder Sachen wie Melissa P.. Das ist einfach nur banal, uninteressant, langweilig und zum Teil auch schlicht unglaubwürdig. Es gibt auch andere, bessere, Werke mit viel Sex und wenig bis keiner Erotik. Alles von Bukowski zum Beispiel. Hier hat Sex eher eine tragische, denn eine erotisierende Funktion (ähnlich wie bei Miller, nur hat bei ihm wenigstens der Rest noch eine gewisse Erotik zu bieten). Oder Klaus Kinskis Biografie "Ich brauche Liebe". Die ist interessant zu lesen, stellenweise sehr amüsant - aber der Sex? Hilfe! Diese ewigen, wahrlosen Wiederholungen, völlig frei von Erotik und einfach nur zum Einschlafen langweilig.


    Aber hier geht es ja um Liebesromane und nicht Erotik in der Literatur allgemein. In Liebesromanen würde ich mir schon auch Erotik wünschen. Gehört ja schließlich zum Thema Liebe dazu. Ich verzichte aber lieber darauf, als dass ich mir irgendwelches komisches Zeug durchlese, das mich überhaupt nicht berühren kann.


    Meistens findet sich die Erotik dann doch eher in den kleinen, stillen Dingen, in der Atmosphäre, den Gesten und dem Wissen um die Gedanken der Figuren. Da kann ich sehr gut nachvollziehen was MacOss bezüglich des Zauberbergs geschrieben hat. Das ging mir genauso :smile:.


    Schöne Grüße
    Tia

  • Verfilxt :breitgrins:! Da lobe ich doch gerade gestern noch die von mir sehr verehrte "Lady Chatterley" (ich kann gar nicht oft genug erwähnen, wie sehr mir dieses Buch gefiel) als gelungen erotisch und muss dann unmittelbar nach meinem Eintrag hier, im Vorwort von "Salz auf unserer Haut", an diese Stelle erinnert werden: "...Mellors Phallus ragte empor, majestätisch, schreckenserregend...". Stimm - das war schlimm :breitgrins: (muss aber meiner Meinung nach aufgrund der sonstigen Schönheit dieses gelungenen Buches auch nicht übermäßig kritisiert werden - ich hatte diese Stelle sehr schnell überlesen und vergessen).


    Benoite Groult scheibt zu Beginn ihreres Buchs über die Schwierigkeit, Liebesszenen und Sex ansprechend und der Sache angemessen in Worte zu kleiden. Die Gefahr, entweder schal oder banal zu wirken scheint wirklich groß zu sein (wobei ich das Gefühl habe, dass es der Autorin selbst - zumindest auf den ersten 60 Seiten, die ich bisher gelesen habe - sehr gut gelungen ist beides zu vermeiden).


    Der Zufall war einmal mehr groß, dass ich genau das, über das ich mir so kurz zuvor Gedanken gemacht habe, von einer Autorin selbst beschrieben fand. Ich finde diese Worte sehr interessant und passend. Deshalb werde ich einen Auszug abschreiben, für alle, die es interessiet, und die das Buch vielleicht noch nicht gelesen haben.


    "... Wie soll ich ganz nach meinem Herzen jene Auswüchse und Einwüchse bennen, in denen das Begehren sich ausdrückt, sich auflöst und wiederersteht? Wie soll man anrühren, indem man "Coitus" sagt? Co-ire, gewiß, zusammen-gehen und, in meiner Sprache, zusammen-passen. Was wird jedoch aus der Lust zweier Körper, die zusammengehen, weil sie zusammenpassen? Und "Penetration"? Klingt ungemein juristisch. "Ist es zur Penetration gekommen, Fräulein X?".
    "Unzucht treiben" gehört in den Dunstkreis von Beichtstühlen und Sünde. Und "Kopulation" klingt nach Mühsal, "Begattung" klingt tierisch, "schlafen mit" ist langweilig und "vögeln" hört sich nach Schnellverfahren an.
    Oder lieber "quindipsen" oder "das Schatzkästlein ausfschließen"? "Den Specht hacken lassen" oder "die Liebesgrotte abkühlen"? Das sind leider in Vergessenheit geratene Ausdrücke, heitere Erfindungen einer jungen, unbekümmerten Sprache, die sich noch keine Zügel hatte anlegen lassen.
    Heutzutage, in einer Zeit der verbalen Inflation, wo sich die Wörter noch schneller abnutzen als die Kleider, bleiben uns nur noch die schweinischen Wörter oder die Wörter aus der Nuttensprache, die durch ständige Verwendung ihre Farbe verloren haben. Und dann gibt es ja auch noch das brave "ins Bett gehen", es steht allzeit zur Verfügung und hat kaum noch einen emotionalen oder erotisch-skandalösen Beiklang. Es ist literaturunfähig, gewissermaßen.
    Und wenn die Rede auf die Organe kommt, die besagte Lust kanalisieren, dann warten auf den Schriftsteller, und mehr noch wahrscheinlich auf die Schriftstellerin, neue Klippen. "Jean-Phils Rute war zum Bersten steif... Mellors Phallus ragte empor, majesrätisch, schreckenserregend... Das Gemächt des stellvertretenden Direktors... Dein geliebter Hodensack... Sein Penis, deine Scham, ihr Liebesschlupfloch... Amanda, deine Vagina... deine Klitoris, liebe Doris..." Wie könnte man da der Komik entrinnen? Wenn es sich um Sex handelt, verliert sogar die Anatomie ihre ihre Unschuld, und die Wörter, diese verdammten Schurken, die ihr Leben unabhängig von uns führen, zwingen uns feststehende Bilder auf und verbieten einen unbefangenen Gebrauch. Sie gehören zum Medizinerlatein oder zum Schundvokabular, zum Pennälerjagon oder zur Gossensprache. Wenn sie überhaupte existieren. Denn das Vokabular der weiblichen Lust erweist sich, sogar bei den größten Autoren, als bestürzend armselig.
    Man müsste alles vergessen können, angefangen von der Fachpresse für Schwellkörper über die Photoromane mit Schleimhautgroßaufnahmen bis zu den Doppelaxel der Sexakrobaten, die von blasierten, schlecht bezahlten Redakteuren kommentiert werden. Und gründlicher noch müsste man die modische Hochglanzerotik vergessen, die von einer gewissen philosophischen Schickeria propagiert wird; leider gehört es zum guten Ton, sie zu schätzen, weil der intellektuelle Jargon ihre Schändlichkeit vernebelt.
    Und doch: Die Geschichte, die ich erzählen möchte, existerit nicht ohne die Beschriebung der "Sünde Dideldum". Die Helden meines Romans haben einander verführt, indem sie sich der Sünde Dideldum hingaben. Um Dideldum zu machen, haben sie sich quer über den Erdball verfolgt..."
    (aus dem Vorwort von "Salz auf unserer Haut", Benoite Groult, 1988)


    Das beschreibt es doch ganz :breitgrins:. Scheint sowieso ein schöner Liebesroman zu sein, dem es an nichts fehlt und in dem auch künftig die Bezeichnung "Dideldum" wieder vernachlässigt wird.


    Schöne Grüße
    Tia