Heinrich von Kleist - Der zerbrochne Krug

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 7.532 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Moreland.

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    Inhalt:
    Für den Dorfrichter Adam kommt es knüppelhart: Erst wacht der gute Mann mit einer riesen Kopfverletzung auf und erfahrt dann auch noch, dass der neue Gerichtsrat Walter in sein kleines Dorf Huisum kommt, um die Kassen und das Gericht zu überprüfen. Wenn der Richter nur mal seine Arbeit gemacht hätte, so finden sich in der Registratur nicht nur alte Würstchenreste...
    Leider kommt es noch dicker: Die Bäuerin Marthe beschuldigt den Bauernsohn Ruprecht ihren teuren Krug vergangene Nacht zerbrochen zu haben und Richter Adam soll - unter der Aufsicht von Gerichtsrat Walter und seinem Schreiber Licht - den Fall aufklären. Die Besonderheit ist nur, dass Adam selber nicht ganz unschuldig ist...


    Meine Meinung:
    Erstmal sei gesagt, dass ich dank dem "Kohlhaas" keine sehr gute Meinung zu Kleist habe. Nun muss man sagen, ist "Der zebrochne Krug" doch eine witzige Komödie mit einigen frechen Dialogen. Besonders die Figur des Adam wird sehr passend dargestellt und erzielt den gewollten Effekt beim Leser.
    Doch das Problem dieses Stücks ist einfach die komplett fehlende Handlung: Diese Komödie beschreibt nur das Gerichtsverfahren und die Aufklärung des Verbrechens - viel mehr passiert nicht und da ist der Knackpunkt. Die schmale Handlung ist viel zu vorhersehbar (es soll auch gar nicht wirklich geheim sein) und deshalb relativ langweilig. Auch schafft es ein Heinrich von Kleist nicht wirklich sprachlich aufzutrumpfen. Der Anfang mag noch recht gelungen sein, doch gegen Ende findet man nur noch wenige Stellen, die man sich aufgrund ihres Witzes nocheinmal durchlesen würde und dann wird eine Komödie (ein analytisches Drama) schnell langweilig.


    Deshalb gibt es von mir "nur" 3 Mäuse. Eine Empfehlung für die Freunde des Lustspiels und der Deutschen Komödie, allerdings für meinen persönlichen Geschmack zu unspektakulär.


    3ratten


    Gruß

    Zitat von André Glucksmann: <br />Philosophieren bedeutet zuallererst, gegen die eigene Dummheit zu kämpfen.

  • Da müssen die Kleist-Verteidiger in den Ring steigen! :breitgrins:


    Wenn ich M.a.n.u.e.l richtig verstehe, wird das Fehlen von Handlung ab der Mitte des Stückes beklagt. Na schön, wenn man von dem Ausbruch handfester Action gegen Ende mit Prügeleien in foro und einem mit wehender Robe flüchtenden Richter absieht...


    Aber dieser Kritikpunkt ist charakteristisch für ein grundlegendes Missverständnis, wovon Der Zerbrochene Krug eigentlich handelt. Oft führt dieses Missverständnis dazu, dass ein Schwank auf die Bühne kommt, und das Kolorit der Szene kann dazu schon verführen. Tatsächlich geht es um etwas ganz anderes. Der zebrochene Krug ist eine sehr intellektuelle Angelegenheit, er handelt nämlich von Sprache, ihrem Gebrauch und Missbrauch. Ein Gerichtsverfahren ist ein Kommunikationsmodell, das sehr formalisierten Regeln unterworfen ist - heute nennt man sie Prozessordnung. Es dient der Rekonstruktion vergangener Vorgänge mit Hilfe von Sprache. Der Zerbrochene Krug zeigt, was passiert, wenn ein interessierter Teilnehmer sich der Rekonstruktion verweigert und stattdessen Dekonstruktion und Destruktion dieser Vorgänge betreibt. Im Kleistens Amphitryon reden die Helden nur spektakulär aneinander vorbei und umeinander herum - im Zerbrochenen Krug wird das vom Richter Adam bewusst betrieben, das Missverständnis und die Verschleierung gezielt gefördert. Mir jedenfalls kommt es nicht so vor, als erlahme das Stück - unter diesem Gesichtspunkt - in der zweiten Halbzeit; eher im Gegenteil.


    Seltsam auch, dass ausgerechnet der sinistre, aber drastische Richter Adam als Mittelpunkt wahrgenommen wird - tatsächlich ist Eve der moralische Mittelpunkt, um das sich ein Satyrspiel dreht. Sie ist die einzige Figur, die so etwas wie Unschuld und Integrität behaupten kann, alle anderen haben mehr oder weniger viel Dreck am Stecken; sei es das Misstrauen und die Illoyalität des Ruprecht, sei es der Aberglauben und der Herrschaftsanspruch der Marthe; selbst Licht scheint noch Leichen im Keller zu haben, und Walter akzeptiert sehenden Auges ein Fehlurteil.


    Meine Einschätzung: auch wenn das nicht das ganz große Spitzenwerk ist: mit drei Ratten ist es um ein Nagetier unterbewertet.

  • Es ist zwar bald 35 Jahre her, dass ich den "zerbrochenen Krug" in der Schule lesen musste, aber an meine damalige Meinung darüber kann ich mich trotzdem noch gut erinnern. Sie lässt sich gut in 3 Worten zusammenfassen: Langweilig, langweilig & langweilig. Ein "Lustspiel" versprach es zu sein, aber der Witz ging damals völlig an mir vorüber. Heute könnte das anders sein, aber die Probe aufs Exempel machen will ich lieber doch nicht.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • @ Saltanah:


    Ich frage mich, wie ich vor 35 Jahren (!) die Literatur aufgenommen hätte, die ich heute lese. Vermutlich so: :schnarch:


    Also nur Mut :zwinker:

  • Da das Stück in der nächsten Saison im Theater gespielt wird, habe ich das Stück gestern gelesen. Jetzt bin ich noch gespannter auf die Umsetzung. :)


    Mir hat das Stück sehr gut gefallen. Ich empfand es nicht als langweilig, eher im Gegenteil, ich war gebannt von diesem sprachlichen Verwirrungen und Verschleierungen, damit die Tatsache nicht ans Lichte kommt!


    4ratten dafür von mir!


    Nachtrag: gelesen habe ich das Stück aus dieser schönen Ausgabe mit Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon


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    Liebe Grüße von Babsi

    Einmal editiert, zuletzt von Babsi ()

  • Der zerbrochene Krug von Heinrich von Kleist


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    In seinem Lustspiel "Der zerbrochene Krug" lässt Heinrich von Kleist den Dorfrichter Adam des morgens von seinem Gerichtsschreiber Licht gefragt werden wie er sich äusserlich so übel habe zurichten können. Der Dorfrichter behauptet aus dem Bett gefallen zu sein. Ausgerechnet an diesem Tag, an dem er aus dem Bett fällt und seine Perücke nicht mehr finden kann, muss auch noch der Gerichtsrat ins Dorf kommen um das Gericht zu inspizieren.
    Der Gerichtsrat sitzt also ein in einen Prozess, in dem es darum geht, dass die Witwe Frau Marthe einen zerbrochenen Krug ersetzt haben möchte. Sie klagt den Verlobten ihrer Tochter an den Krug zerbrochen zu haben alsbald stellt sich jedoch heraus, dass noch ein Dritter an dem seltsamen Verbrechen hat beteiligt sein müssen...


    Ich habe das Drama für mein Seminar "Dramenanalyse" lesen müssen - aber von "müssen" kann wirklich keine rede sein, da ich dabei eine Menge Spass hatte. Die Sprache empfand ich als angenehm, das Geschehen wird mustergültig aufgerollt. Gegen Ende kommt es zum Höhepunkt - den ich hier nicht verraten werde und es wird doch noch alles gut.
    Ich musste einige Male lachen - der Dorfrichter, aber auch die Frau Marthe stellen sich ja bisweilen wirklich ganz schön komisch an.
    Der Gerichtsrat war mir irgendwie sympathisch, so auch der Ruprecht.
    Gegen Ende hin wurde ich ganz kribbelig, weil ich endlich die Auflösung des Ganzen wollte! Das Drama spielt mit der Erwartung des Lesers und ich würde es zu gerne einmal auf der Bühne sehen!


    Für mich persönlich einer der besten Dramentexte, den ich je gelesen habe.


    5ratten

  • Inhalt: In dem Lustspiel "Der zerbrochene Krug" von Heinrich von Kleist will die Witwe Marthe klären, wer ihren Krug zerbrochen hat. Dafür spricht sie mit ihrer Tochter Eve vor dem Dorfrichter Addam vor. Bald ist ein Schuldiger gefunden: Der Bauerssohn Ruprecht. Doch im Laufe des Schauspiels ergeben sich einige Verwicklungen...


    Meinung: Ich musste mich nach dem Einstieg erst einmal zurecht finden in der Geschichte, aber ab dem zweiten Aufzug verstand ich die Handlung besser. Die Handlung schreitet zügig voran und wird bis zum Ende, das eine Überraschung bereit hält, logisch aufgebaut.
    Ich musste über die Übertreibungen, die Marhte und Veit Tümpel erzählen, schmunzeln. Die Figur des Gerichtsrats Walter war mir sympathisch.
    Insgesamt ein Bühnenstück, das ich gerne auf der Bühne sehen würde.


    4ratten

  • Es ist auffällig, dass die wenigsten den Titel des Stücks richtig schreiben...

    "Den Alltagsdingen den Charme des Neuen zu verleihen und ein dem Übernatürlichen ähnliches Gefühl hervorzurufen, indem die Aufmerksamkeit aus der Lethargie des Gewohnten erweckt und auf den Reiz und die Wunder der vor uns liegenden Welt gelenkt wird."

    (William Wordsworth)

  • Saltanah

    Hat den Titel des Themas von „Heinrich von Kleist - "Der zerbrochne Krug"“ zu „Heinrich von Kleist - Der zerbrochne Krug“ geändert.