David Grossman - Stichwort: Liebe

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    David Grossman, Stichwort: Liebe


    Kurzbeschreibung:
    Alle haben geglaubt, Großvater Anschel sei von einer »Nazi-Bestie« umgebracht worden, doch eines Tages steht er, aus einer Irrenanstalt entlassen, vor der Tür: ein alter, frierender Mann, der unverständliches Zeug vor sich hin murmelt. Als müßte er immer wieder (wie damals im Lager) dem Obersturmbannführer neue Abenteuer der berühmten Kinderbande erzählen, Geschichten, die ihn als Schriftsteller berühmt gemacht haben. Eine schier unglaubliche Geschichte – und doch nur die Hälfte dieses mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichneten Romans. Die andere gehört ganz dem neunjährigen Momik, der herauszufinden versucht, was der Großvater denn da murmelt, erzählt, erlebt haben könnte...


    Teilnehmer:
    Tina
    Dubh
    Saltanah
    [hr]
    Viel Spaß!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    ich habe heute Abend mit dem Buch begonnen und auch wenn ich erst ein paar Seiten gelesen habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass es mir gefallen wird.


    Ich finde es schwer ein Abschnitt zu finden um zu schreiben. Mein Buch ist in keine Kapitel gegliedert, sondern besteht aus Bücher, deren Abstände relativ lang sind. Ich habe die abbegildetet gebundene Ausgabe und sie hat 609 Seiten.
    Ich werde also, wenn ich etwas schreibe, einfach die Seitenzahl angeben.


    Ich bin jetzt auf Seite 25 und schon jetzt zeichnet sich ab, dass es eine Geschichte mit sehr interessanten Charakteren wird. Der Großvater kommt in die Familie und schon jetzt möchte ich seine Geschichte hören, auch wenn ich mich gleichzeitig davor fürchte sie zu hören. Dieses Menschen, welche sich um Großvater versammeln, sie haben alle eines gemeinsam: Eine grausame Vergangenheit und aus dieser Verletzungen davongetragen, die bis jetzt noch nicht verheilt sind. Sie fangen an sich miteinander zu unterhalten. Zu unterhalten über Dinge, über die man normalerweise schweigt, ja sich noch nicht einmal traut sie beim Namen zu nennen, so fürchertlich sind sie. Als könne man, in dem man Orte und Menschen nicht bei ihrem wahren Namen nennt, eine ganze Geschichte ungeschehen machen.


    Ich muss schon jetzt immer wieder an die Dokumentation von Claude Lanzmann denken "Shoa" und an den Friseur in Tel Aviv. Das ist eine der fürchterlichsten Szenen. Diese Sprachlosigkeit, das Unvermögen für das Geschehene Worte zu finden. die Qualen, die sie bereiten, wenn sie ausgesprochen werden.


    So ich werde jetzt weiterlesen.


    Liebe Grüße Tina

  • Nun bin ich bei Seite 42 angelangt.


    Momik versucht mit der Neugier eines Kindes herauszubekommen, was "dort" geschah und ich denke er wird erfolgreich sein. Ich denke mal er erahnt nicht, welcher Horror sich dahinter verbirgt. Die Eltern versuchen Momik vor diesen Erinnerungen zu beschützen, aber je mehr man ein Geheimnis um eine Sache macht, desto größer ist das Bestreben die Wahrheit dahinter herrauszubekommen. Nun ja, ich weiß nicht ob er sich dann wirklich der Tragweite der Geschehnisse bewußt wird. In seinem kindlichen Verständis hat er aber schon einen Kern an der Geschichte gefunden, nämlich dass der Großvater in seinem Inneren einen anderen Großvater versteckt hält. Momik ist mit seiner lieben unvoreingenommenen Art am ehsten dazu in der Lage zum Großvater druchzudringen und ihn vielleicht ein wenig wieder ins heutige Leben zu holen. Ob es gut ist oder nicht, wird sich zeigen.
    Ich mag Momik, für den alles noch ein einziges spannendes Detektivspiel ist.
    Ich finde es übrigens auch sehr schwer zu ermessen, wieviel "Wahrheit" ein Kind wirklich vertragen kann und wie dosiert man sie am besten nach und nach nahe bringt. Das ist in der Tat sehr scher. Natürlich darf man nicht die Vergangenheit verschweigen, aber man muss sehen, ab wann ein Mensch dazu in der Lage ist, einigermassen damit klar zu kommen.


    So, ich werde nun Richtung Bett gehen. Bei uns hat es geschneit, was bedeutet, dass ich morgen um einiges früher als sonst auf den Weg zur Arbeit machen werde.


    Solltet ihr Fragen zu jiddischen Ausdrücken haben, keine Hemmungen. Sie sind ab und an etwas verwirrend und ich helfe gerne sie zu verstehen.


    Liebe Grüße Tina

  • :winken: ,


    ich lese die 609-seitige Taschenbuchausgabe, die zum Glück am Ende noch ein vierseitiges Glossar mit jiddischen und polnischen Ausdrücken besitzt. Irgendwo fliegt auch die schwedische Übersetzung rum, die ich mir, ohne mir darüber klar zu sein, dass es sich um das gleiche Buch handelt, antiquarisch gekauft hatte. Ich werde aber die deutsche Übersetzung lesen.


    Gestern abend bin ich auf S. 64 angelangt und ziemlich angetan vom Buch. Erstens bin ich erleichtert, dass es viel einfacher zu lesen ist als Grossmans Erstling "Das Lächeln des Lammes", durch das ich mich letzten Monat gekämpft habe. (Ein hervorragendes Buch, aber richtig schwer zu lesen.) Das soll aber nun nicht bedeuten, dass "Stichwort: Liebe" ein simples Buch wäre. Hinter dem relativ einfachen Stil versteckt sich viel Substanz. Wir Leserinnen müssen viel zwischen den Zeilen lesen, verstehen, was Momik noch nicht weiß. Das bietet für uns Deutsche ja leider kein Problem, aber ich bin gerade am Überlegen, wie das Buch bei z. B. einem indischen Leser ankäme, für den Hitler und der Holocaust vielleicht nur etwas ist, von dem man in der Schule mal gehört hat. Wieviel würde dieser Leser verstehen? Ich glaube, gerade für dieses Buch ist viel Hintergrundwissen erforderlich.


    Mir ist schon ein paar mal fast übel geworden bei dem, was hinter dem Text steht. Schon in einem so harmloser Satz wie "sie [die Eltern] verschlingen ihn mit den Augen" (S. 64), als sie von der Arbeit heimkommen, schwingt die gesamte Leidensgeschichte der Eltern mit, und wenn auch Momik die noch nicht kennt, so spürt er doch sehr viel. Er weiß, wie wichtig dieses Verschlingen-können des Sohnes für die Eltern ist. Überhaupt trägt Momik als Hoffnungsgestalt und Ersatz für alle Umgekommenen ("sein Name [...] Im Andenken an den und den und den. Wenn es möglich wäre, hätten sie ihm hundert Namen gegeben". S. 37) eine schwere Bürde. Er tut sein Bestes, um seiner "Verantwortung" (S. 36) gerecht zu werden und den Erwachsenen zu helfen. Seine Mittel dabei sind teils sehr erwachsen, teils sehr kindlich (die Versuche, die Nazi-Bestie zu finden und zu zähmen), aber auf jeden Fall sehr anrührend.


    Ich frage mich die ganze Zeit, wieviel in einem Kind so kaputter Eltern selbst psychisch kaputt geht. Wieviele Macken wird er selbst davon tragen und wieder an seine eigenen Kinder vererben? Wie viele Generationen dauert es, bis ein Trauma verarbeitet ist?

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo Ihr Zwei! :winken:


    Also ich lese auch die Taschenbuch-Ausgabe mit 609 Seiten, soviel vorweg.


    Knapp 50 Seiten gelesen, muss ich zugeben, dass ich auch etwas erleichtert bin: nachdem ich Das Lächeln des Lammes bei unserer Leserunde damals abgebrochen habe, da es mir einfach zuviel wurde, bin ich mit etwas gemischten Gefühlen an dieses Buch - immerhin wollte ich Euch ja nicht schon wieder davonlaufen! :zwinker: Aber ich war nach wenigen Sätzen in der Geschichte: Momik gefällt mir, seine unverblümte Art, uns seine Eindrücke zu allem und jedem mitzuteilen (und sei es nur die Tatsache, dass er beim Rückweg aus dem Keller immer dringend auf die Toilette muss...). Allerdings kann ich mir seine Situation nicht wirklich vorstellen - alleine, dass seine Eltern derartig traumatisiert sind, muss er ja deutlichst spüren, oder nicht? Aber seine Erklärungsversuche finde ich beachtlich - er sucht Antworten, Antworten für den Verlust, die unmenschliche Grausamkeit der Nazis und die unfassbaren Erlebnisse der Verwandten in Deutschland. Antworten auf Fragen, die er nicht ermessen kann, die er nicht versteht und über die viele (einschließlich seine Eltern) nicht mit ihm sprechen können oder wollen. Ich bin gespannt, wie Momik mit zunehmenden Alter auf diese Fragen und Antworten reagiert...


    Wieviele Macken wird er selbst davon tragen und wieder an seine eigenen Kinder vererben? Wie viele Generationen dauert es, bis ein Trauma verarbeitet ist?


    Genau das waren die Überlegungen, die mir sofort durch den Kopf geisterten...


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Hallo,


    ich habe jetzt den Teil Momik beendet. Nun, was soll man sagen. Man hätte weniger Schaden angerichtet, hätte man mit dem Jungen offen über die Shoa geredet. Die älteren wollte ihn vor ihren Erinnerungen schützen, aber das konnten sie gar nicht. Allein durch ihre Gegenwart, dadurch wie sie geworden sind durch das Grauen der Shoa, betrifft es Momik und er hätte es besser verstanden warum sie sind wie sie sind, wenn man ihm mit klaren Worten erzählt hätte, was damals geschehen ist. Um Momik herum war so viel Trauer, so viel Erdrückendes, dass er gar nicht anderes konnte, als sich damit auseinanderzu setzen, nur war der Weg wie er es tat nicht der Richtige, auch wenn er nur die gute Absicht hatte, die Nazi-Bestie zu töten und es war furchtbar zu lesen, wie dieses Kind unter den Vorstellungen die sich wirr in seinem Kopf ausbreiteten fast wahnsinnig wurde und krank wurde.


    Man möchte Kinder immer vor den Grauen des Lebens beschützen, aber das funktioniert nicht. Kinder spüren trotzdem, wenn etwas nicht in Ordnung ist.


    Ich habe gerade festgestellt, dass das Buch anscheinende aus mehreren nicht zusammenhängenden Geschichten besteht. Ich habe heute nach dem Dienst frei und viel ZEit und werde jetzt weiterlesen.



    dubh: Wenn Du vielleicht etwas mehr Zeit benötigst, würde ich vielleicht auch noch schnell, wie Saltanah, Mottl, der Kantorssohn lesen.


    Ich hatte gar nicht mehr in Erinnerung, dass ihr damals die Leserunde nicht beendet hattet.


    Liebe Grüße Tina

  • Hi,


    ich habe jetzt den zweiten Teil bis zum 2. Kapitel gelesen und bin etwas verwirrt.
    Erstens habe ich mich gewaltig geirrt. Es ist immer noch die selbe Geschichte, nur ist der Protagonist jetzt Bruno, aber Mottl, eh ich meine natürlich Momik, (ich lese gerade parallel Mottl, der Kantorssohn) erzählt nun als erwachsener Mann; immer noch auf der Suche nach der Geschichte des Großvaters, welcher anscheinend nicht mehr aufgetaucht ist. Entweder habe ich einen elementaren Abschnitt nicht mitbekommen und überlesen oder ich stehe auf dem Schlauch, denn ich verstehe einfach nicht, was es mit dem Meer auf sich hat, ausser dass Bruno wohl eines Tages in Danzig in jenes gesprungen ist.
    Ich ertappte mich beim lesen immer wieder dabei, dass ich dachte: Was nebbich willst Du mir durch Dein Gespräch mit dem Meer sagen? Mir fehlt auch etwas der Knotenpunkt zwischen Großvater und Bruno. Kannten sie sich oder lebten sie einfach nur zur selben Zeit am selben Ort und erlitten das selbe Grauen?


    Nun, ich werde jetzt einfach mal weiterlesen, vielleicht kommt ja demnächst der alles klärende Aha-Effekt.


    Liebe Grüße Tina

  • :grmpf: Ich bin mal wieder stinksauer auf mich! Wieso kann ich mich nie aufraffen, was zu meiner Lektüre zu schreiben? Den ersten Teil "Momik" habe ich nämlich schon vor ein paar Tagen beendet und im zweiten Teil nähere ich mich auch dem Ende zu. Aber der Reihe nach:


    Momik:
    Jeder Zweifel daran, wie sehr auch Momik unter den Nachwirkungen des Holocaust leidet, werden hier genommen. Der Junge ist dabei, an seinem neuen Wissen und den unausgesprochenen Erwartungen der Eltern kaputtzugehen. Ich weiß garnicht, was mich am meisten entsetzt hat: Die Beschreibung des "Essens mit aller Kraft" der Eltern (S. 65), das bei Momik zur Folge hat, dass er kaum etwas anrührt, oder die Anstrengung, einen glücklichen Schlaf vorzutäuschen, um dem Eltern "zu zeigen, dass sie sich um ihn keine Sorgen zu machen brauchen und ihre Ängste und Sorgen nicht an ihn verschwenden müssen, sie sollen ihre Kräfte besser für die wirklich wichtigen Dinge aufheben, für das Abendessen und für ihre Alpträume und für das viele Schweigen" (S. 68). Welch ein Druck auf diesem Jungen lastet :entsetzt: ! Kein Wunder, dass er unter diesen Voraussetzungen mit dem Wissen über die Gräueltaten der Nazis noch viel weniger fertig wird.


    Kurz dachte ich ja, es gäbe noch Hoffnung, nämlich als Momik "Motl" liest und seine Eltern ein wenig über das Leben im Shtetl erzählen: "So redeten sie miteinander und beide zu Momik." (S. 81) Endlich! Hier begann ich zu hoffen, die Familie würde endlich anfangenm, wirklich miteinander zu sprechen, also über das Wichtige in ihrem Leben, nicht nur den Alltag, aber das währte nur kurz.


    Ist euch auch aufgefallen, dass zweimal erwähnt wird, dass der Vaters Momik nicht berührt? Die erste Stelle habe ich mir leider nicht aufgeschrieben, die zweite findet sich auf S. 84 "(seine Finger berührten Momiks Hand nicht)". Was sich wohl dahinter für eine Geschichte verbirgt?


    Als er schließlich völlig kaputt geht, stellt seine Mutter die richtige Diagnose: "... was Schlomo hat, da kann kein Arzt helfen, ich sag's dir, wir haben es von Dort mitgebracht, und es sitzt auf uns da und da und da, und nur Gott kann uns helfen". Dass er unter diesen Voraussetzungen schließlich von den Eltern auf ein Internat geschickt wird (oder ist das vielleicht kein Internat sondern eine Klinik?), hat mich erst schockiert, aber vielleicht ist es tatsächlich das Beste für ihn, von seinen Eltern getrennt zu werden. Aber ist es nicht schon zu spät, wie er zumindest selbst glaubt: er wusste "bereits mit dem ganzen Verstand seines sltan koppes von neuneinhalb Jahren, dass er nicht mehr wiederherzustellen war."




    Man hätte weniger Schaden angerichtet, hätte man mit dem Jungen offen über die Shoa geredet.


    Wahrscheinlich stimmt das, nur denke ich, dass man den Eltern das nicht vorwerfen kann. Sie konnten nicht darüber reden, so psychisch kaputt wie sie waren. Eigentlich wäre es besser gewesen, sie hätten nie ein Kind bekommen, mit der Last, die sie zu vererben haben. Andererseits dürften dann nicht viele Kinder geboren werden und die Menschheit wäre längst ausgestorben, wenn nur psychisch ganz heile Menschen Kinder in die Welt setzen würden.



    So - zum nächsten Teil schreibe ich heute abend was.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • So,


    ich habe jetzt auch noch etwas weitergelesen. Bruno Kapitel 4. Ich wunderte mich eben, warum ich solche Probleme hatte mich auf den Satz, den ich gerade las zu konzentrieren, bis mir auffiel, dass er noch gar nicht geendet hatte und tatsächlich...
    dieser Satz geht, kaum zu glauben, von Seite 159 bis Seite 163 und er hat noch nicht einmal ein einziges Komma. Ojojoj.



    Ist euch auch aufgefallen, dass zweimal erwähnt wird, dass der Vaters Momik nicht berührt? Die erste Stelle habe ich mir leider nicht aufgeschrieben, die zweite findet sich auf S. 84 "(seine Finger berührten Momiks Hand nicht)". Was sich wohl dahinter für eine Geschichte verbirgt?


    Ich kann es mir nur so erklären, dass der Vater Angst davor hat durch Berührung zu viel Nähe aufzubauen. Angst aus dem Grund, weil er erlebt hat, wie Menschen die sich nahe standen getrennt wurden und wie sehr sie gelitten haben. Vielleicht eine Art Eigenschutz, aber vielleicht liege ich auch völlig falsch.


    Ich werde jetzt weiterlesen und bin mal gespannt wieviele Mammutsätze noch kommen. Ausserdem hoffe ich, dass ich etwas mehr über Brunos Leben vor seinem Kontakt mit dem Meer erfahre, denn das würde vielleicht einiges klarer erscheinen lassen.


    Liebe Grüße Tina

  • Ah ja, der Satz. Es dauerte einige Zeit bis mir klar wurde, wer da plötzlich der Erzähler ist. Ich kann dich aber beruhigen, Tina; er ist der einzige seiner Länge zumindest bis einschließlich Kap. 8 des Teils "Bruno". Mehr schreiben zu diesem Teil werde ich morgen, wenn ich auch die letzten Seiten gelesen habe.
    Nur soviel - aus deinem Beitrag geht nicht hervor, ob du das weißt: Bruno ist* Bruno Schulz, ein polnisch-jüdischer Schriftsteller, aus dessen Buch "Die Zimtläden" ganz zu Anfang dieses Abschnitts zitiert wird. Ich habe vor Jahren mal eine englischsprachige Theateraufführung gesehen, die auf den Erzählungen dieses Buches basierte; das war das intensivste Theatererlebnis meines Lebens, woraufhin ich mir natürlich auch gleich das Buch kaufte (aber nicht las). "The Street of Crocodiles" (so der englische Titel) subbt noch bei mir, bzw. tut dies theoretisch. Praktisch ist es gerade nicht auffindbar :grmpf: . Ich wollte es unbedingt jetzt lesen in der Hoffnung, dann diesen Teil besser verstehen zu können.


    *Ist er natürlich nicht wirklich, sondern eine Gestalt Grossmans, die auf Bruno Schulz basiert.

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()


  • dubh: Wenn Du vielleicht etwas mehr Zeit benötigst, würde ich vielleicht auch noch schnell, wie Saltanah, Mottl, der Kantorssohn lesen.


    Entschuldige bitte, Tina, ich lese erst jetzt Deinen Beitrag, da ich die letzten Tage gar nicht am heimischen Rechner saß... Demzufolge bin ich auch noch nicht sonderlich weiter - aber für Deine Zwischenlektüre ist mein Zwischenstand wohl schon zu spät, sorry!


    Später mehr (zum Buch).


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Hallo Ihr beiden,


    ich habe mir heute das Buch Die Zimtläden von Bruno Schulz bestellt. Ich würde gerne so lange eine kleine Pause machen, bis ich es gelesen habe, denn ich denke, dann wird mir das Kapitel in dem ich mich momentan befinde wesentlich verständlicher. Das Buch hat knapp 200 Seiten und ich werde es an einem Abend gelesen haben, das heißt, die Verzögerung wäre nicht all zu lange.


    Ich hoffe das ist in Ordnung, aber ich fände es schade, wenn mir wesentliche Gedanken des Buches nicht bewußt werden, weil ich den Hintergrund nicht verstehe.


    Liebe Grüße Tina

  • Ich habe mir gestern aus der Bib auch die "Zimtläden" und Schulz' zweites Buch "Das Sanatorium zur Sanduhr" (das im vorletzten (?) Kapitel erwähnt wird) geliehen und ein wenig in den Büchern geblättert. Einige Personen/Elemente aus Grossmans Buch habe ich wiedererkannt. Ich nehme an, dass ein genauer Vergleich viele Anspielungen auf Schulz' Geschichten zeigen würde. Ich werde die Bücher aber jetzt nicht einschieben, da ich nächste Woche nach Deutschland fahre und den Grossman vorher noch beenden möchte. Schulz hebe ich mir für's nächste Jahr auf.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    gestern abend war nichts mehr mit melden. Bei uns hat es wie verrückt geschneit und ich musste früh aufstehen, da ich mit dem Zug auf die Arbeit fuhr. Das ist bei mir eine kleine Weltreise. :grmpf:


    Ich habe soeben bis Kapitel 7 gelesen und nach wie vor verwirren mich die "Gespräche" zwischen Momik und dem Meer. Ich versuche immer wieder Bruno, Yorik und Leprik einzuordnen in die GEschichte, aber dann bin ich mir wieder unsicher, ob ich nicht doch völlig danebenliege. Erst Recht als noch Guruk auftauchte. Ist Guruk die Nazibestie? Ich weiß es nicht, es ist alles in allem sehr verwirrend.


    Ist Dir die Beziehung der Fische zu der Geschichte etwas klarer? Wenn ja, würde ich mich freuen, Deine Gedanken dazu zuhören. Yorik kommt mir vor wie ein mutiger kleiner Widerstandskämpfer.


    Was hat es mit den Flossen auf sich, die Bruno bekam? :gruebel:


    Liebe Grüße Tina

  • Ich habe jetzt das Kapitel 7 beendet.


    Momik ist wieder in Israel und es ist einige Zeit vergangen. Er führt weiterhin seine Gespräche mit dem Meer und er ist mittlerweile Vater eines Sohnes.
    Ich empfinde es erschütternd wie er sich seinem Kind gegenüber verhält. Er scheint die selbe Fehler zu machen wie vor vielen Jahren seine Eltern. Er kann einfach nicht mit der Vergangenheit seiner Eltern abschließen und nicht akzeptieren, dass das Naziregime nicht mehr existent ist. Die Shoa unter welcher seine Familie litt hat immer noch Einfluss auf sein gesamtes Leben. Sie steht sogar im Mittelpunkt seines Lebens. Anstatt froh zu sein, dass er und seine Familie nun in Frieden und Freiheit leben können, erwartet er nur das fürchterlichste vom Leben. Natürlich darf man den Holocaust nicht vergessen, aber er darf nicht jede Minute des Lebens beeinflussen.
    Er zerstört seine Familie und die Chance sein Leben zu genießen. Am schlimmsten ist es, dass er keinerlei Nähe zu seinem Sohn zulassen kann oder will, weil er es nicht ertragen könnte zu leiden, wenn dieser im gewaltsam entrissen würde. Es ist sein Bestreben ihn emotional abzuhärten um ihn gegen potentielle Gegner zu wappnen. Leider ist dies der von grundauf verkehrte Weg nur ist er so besessen, dass er weder auf Verstand noch Familie hört.
    Leider ist er generell nicht der Meinung seiner Familie aufgeschlossen und zieht stattdessen die "Meinung" des Meeres vor, welche wohl nur seine eigene wiederspiegelt.

  • :winken:


    Bei mir ist auf der Arbeit mal wieder die Hölle los, so dass ich total erschöpft kaum zum Lesen und schon gar nicht zum Schreiben komme. Bevor ich gleich wieder los muss, werde ich aber doch versuchen, meine Gedanken zum 2. Teil wiederzugeben.


    Ich habe ihn ja mit ziemlicher Faszination gelesen, aber verstanden habe ich ihn nicht wirklich. Vor allem ist mir unklar, wieso ausgerechnet Bruno Schulz eine so tragende Rolle bekommen hat. Das kann aber daran liegen, dass Schulz für mich bisher nur ein Name ist; wahrscheinlich muss man seine Geschichten kennen und mehr über sein Leben wissen, um zu verstehen, wieso Grossman ihn gewählt hat. Ich bin gespannt, was du zu den "Zimtläden" sagen wirst, Tina.


    Auch wieso Schulz nun in einem Lachsschwarm durch die Meere schwimmt, ist mir nicht klar. Was soll das symbolisieren? Lachse = Menschheit, Meer = Welt? Oder Lachse = das jüdische Volk, das in der gesamten Welt beheimatat ist? Dazu passt aber nicht ganz, dass Guruk, der Hitlerlachs, der große Teile des Schwarmes verführt und dazu bringt, seine Nachbarn anzugreifen, ja einer von ihnen ist. Die Bedrohung kommt also nicht von außen, sondern von innen. Also doch Schwarm = gesamte Menschheit. Oder aber: die Nazibestie steckt in uns allen drin, wir alle könnten, wenn wir uns nicht dagegen wehren, von einem Demagogen verführt werden und zu blutrünstigen Monstern werden, gefeiht ist niemand, auch die "Guten" nicht - also eine Warnung auch an Grossmans israelische Landsleute.


    Brunos neue Flossen (bekam er nicht auch Kiemen?) müssten ja eigentlich bedeuten, dass er seinen Platz gefunden hat. Ich meine gelesen zu haben - ob in diesem Buch oder im Nachwort zu Schulz eigenen weiß ich nicht mehr - dass er eine Außenseiterposition besaß und auch zu seinen jüdischen Mitmenschen ziemliche Distanz hatte. Nun hat er unter den Lachsen (Menschen) einen gleichberechtigten Platz gefunden. Nein - das überzeugt mich nicht. Vor allem passt dazu nicht, dass er sich später (S. 222) ja vom Schwarm, dem "wir" frei kämpft und ein eigenes "Ich" wird. Er lässt sich nicht mehr vom Schwarm lenken sondern bestimmt selbst über sich.


    Kapitel 7 ist wirklich hart. Das Erbe des Holocaust, das Momik nun an Jariv weitergibt, wir hier sehr deutlich. Ich kann nachvollziehen, dass er so geworden ist, aber weniger tragisch, für ihn, wie auch für seine Familie und besonders seinen Sohn, wird es dadurch nicht.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo Saltanah,


    Ich habe jetzt Bruno Kapitel 8 beendet. Ich merke, dass ich dieses Buch nur in kleineren Etappen lesen kann, da es so viel zum nachdenken gibt. Ich habe mittlerweile "Die Zimtläden" gelesen, aber sehr viel weiter hat es mich nicht gebracht. Die Zimtläden haben meiner Ansicht nach einen sehr kafkahaften Touch. Teilweise sehr surreal. Zumindest kann ich mir ein Bild von Adele und ihren Pantöffelchen und dem Vater (der Tuchhändler) machen und auch warum Bruno Droschken malt. Auch die Korodilzähne erklären sich damit. Die Zimtläden sind wohl auch in einigen Bereichen fast biographisch. Mit dem Meer (was meine Hoffnung war) haben die Zimläden allerdings nicht ansatzweise zu tun.


    Allerdings wurden mir aufgrund des Nachwortes, seitens des Herrausgebers, einige Dinge klar; zumindest glaube ich das.


    Bruno Schulz und Anschel Wasserman haben einiges gemeinsam. Sie erlebten den Holocaust, beide kamen aus Osteuropa und was die wesentliche GEmeinsamkeit ist: Beide hatten mit einem ganz "persönlichen" Nazi zu tun. Anschel Wasserman, so wird ja am Beginn des Buches im Teil Momik angedeutet, war wohl so eine Art "Shehrazde". Er überlebte, weil er wohl unter dem "Schutz" eines Nazis stand, welchem er Geschichten erzählte, die diesem wohl gefielen. Bruno Schulz hatte eine ähnliche Beziehung. Allerdings erzählte er keine Geschichten, sondern er malte. Bruno Schulz war auch vorrangig Maler und nicht Schriftsteller. Allerdings hatte er nicht so viel Glück, wie Anschel. Der Nazi (SS-Hauptscharführer Landauer) für welchen er Fresken in seiner Villa malte hatte einen Feind, einen Gestapo Mann namens Günther, welcher Bruno Schulz am 19.November 1942 auf der Straße erschoss und anschließend zu Landauer ging mit den Worten "Ich habe Deinen Juden erschossen" )


    In meinem Buch gibt es immer wieder Absätze die mit -- gekennzeichnet sind. Das sind die Stellen, an welcher die Geschichte von Bruno dem Fisch unterbrochen wird für einen Übergang in die reale Welt. Allerdings ist es einmal ein Gespräch zwischen Bruno und Landauer, dann wieder ein Gespräch zwischen Momik und dem Meer.
    Mich verwirren auch die rasanten Ortswechsel zwischen Polen, dem Meer an sich und Tel Aviv.
    Momi erzählt dem Meer die Geschichte von Bruno, welche Anschel dem Nazi erzählt. Also quasi eine Geschichte der Geschichte.


    Ich denke dieser Teil ist so verworren, weil auch Momik innerlich so verwirrt und ruhelos ist. Vielleicht soll der Aufbau dieses Teils den Zustand von Momiks Seele verdeutlichen.


    OK, ich gebe zu es sind viele "Vielleichts".




    Auch wieso Schulz nun in einem Lachsschwarm durch die Meere schwimmt, ist mir nicht klar. Was soll das symbolisieren? Lachse = Menschheit, Meer = Welt? Oder Lachse = das jüdische Volk, das in der gesamten Welt beheimatat ist? Dazu passt aber nicht ganz, dass Guruk, der Hitlerlachs, der große Teile des Schwarmes verführt und dazu bringt, seine Nachbarn anzugreifen, ja einer von ihnen ist. Die Bedrohung kommt also nicht von außen, sondern von innen. Also doch Schwarm = gesamte Menschheit. Oder aber: die Nazibestie steckt in uns allen drin, wir alle könnten, wenn wir uns nicht dagegen wehren, von einem Demagogen verführt werden und zu blutrünstigen Monstern werden, gefeiht ist niemand, auch die "Guten" nicht - also eine Warnung auch an Grossmans israelische Landsleute.


    Lachse haben ja auch die Angewohnheit sich gemeinsam zum Laichen an den Ort ihrer Geburt zu begeben. Da diese Reise sehr anstrengend ist, überleben es die meisten Lachse nicht. Sie gehen also gemeinsam in den Tod. Nur ganz wenige wirklich Starke schaffen diese Reise zweimal. Das war die Metapher, welche mir direkt durch den Kopf ging.


    Also dieses Buch ist definitv keine leichte Kost. Ich kann es auch nur lesen, wenn ich wirklich Ruhe habe und das geht nur abends, wenn die Maus im Bett ist. Allerdings kann ich es auch nicht direkt vor dem schlafen lesen, denn Geschichte beschäftig mich so sehr, dass ich mit meinen Gedanken momikmäßig nicht zur Ruhe kommen würde. Also, wie gesagt, ich lese in kleinen Etappen, aber da Du, wenn ich es Recht in Erinnerung habe sowieso einige Zeit in Deutschland bist und auch mit dem Buch noch nicht fertig, sollten wir uns nicht hetzen.


    Ich werde morgen wohl mit dem Teil "Wasserman" anfangen und dann mehr schreiben.



    :winken:


    Bei mir ist auf der Arbeit mal wieder die Hölle los, so dass ich total erschöpft kaum zum Lesen und schon gar nicht zum Schreiben komme.


    Oh, Du arme Leidensgenossin. Bei mir geht es ab morgen wieder rund. Aufgrund des Wetters stapeln sich die Patienten in der Unfallchirurgie und somit auch im OP-Programm, welches an solchen Tagen open end ist. Routineprogramm bis Mitternacht, dannach die Notfälle. Zum Glück sind auch 24 Stunden irgendwann Mal vorbei. Schon Skurril mit welchen Gedanken man anfängt sich zu trösten. :zwinker:


    :winken: Liebe Grüße Tina


  • Lachse haben ja auch die Angewohnheit sich gemeinsam zum Laichen an den Ort ihrer Geburt zu begeben. Da diese Reise sehr anstrengend ist, überleben es die meisten Lachse nicht. Sie gehen also gemeinsam in den Tod. Nur ganz wenige wirklich Starke schaffen diese Reise zweimal. Das war die Metapher, welche mir direkt durch den Kopf ging.


    Manchmal stehe ich wirklich auf dem Schlauch. Das Gemeinsam-in-den-Tod-Gehen erinnert natürlich stark an die Vergasung der Juden. Andererseits löst sich Bruno am Ende ja von dem Schwarm, geht nicht bis in den Tod mit den anderen. Lebt Bruno Schulz vielleicht weiter durch seine Werke? Ich möchte nämlich auch eine Verbindung zu den Künstlergedanken zu Beginn dieses Teils herstellen.



    Zitat

    Bei mir geht es ab morgen wieder rund.


    Ach je, du Ärmste. Bei mir hat es sich heute nacht zum Glück etwas beruhigt und ich habe doch tatsächlich Zeit, mal ins Forum zu gucken. Das kam letzte Woche nicht vor.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • So da bin ich wieder.


    Mittlerweile bin ich beim Buch "Wasserman" angelangt, aber zuerst nochmal zum Teil Bruno Kapitel 9.
    Der Messias. Bruno Schulz hat diese Geschichte geschrieben, aber wenn ich es richtig verstanden habe, wurde sie nie veröffentlicht.
    Der junge Bruno zeigt Neumann was geschieht, wenn der Messias kommt. Allen wird die Erinnerung genommen, sozusagen die Festplatte gelöscht und sie fangen bei Null an. Ohne Vergangenheit und vor allem ohne Bindungen aneinander. Bindungen werden immer wieder auf's neue eingegangen, aber sie haben keinen Bestand. Nichts hat Kontinuität, an nichts kann / muss man sich gewöhnen, denn es gibt nur das jetzt und die Zunkunft - und da wäre wieder das Thema Bindung, welches auch in Momiks Familie das große Problem darstellt. Warum will der Vater zu Momik und Momik zu seinem Sohn keine Bindung und Nähe aufkommen lassen. Weil Bindungen uns schwach und verletzlich machen. Emotionale Bindungen an Menschen machen uns sogar erpressbar. Ohne Bindungen sind wir frei nur - ich frage mich, was dann das reizvolle am Leben ist, wenn man keinen Punkt hat zu dem man kommen kann um zu Hause zu sein. Ist es es wert, nie Bindungen aufkommen lassen aus Angst davor, daran zu Grunde zu gehen, wenn sie gewaltsam getrennt werden? Ist es nicht eher so, dass wahre Nähe zu einem geliebten Menschen, unabhängig davon ob es sich um Eltern und Kind, Frau und Mann oder Bruder und Schwester handelt, das Leben einzig lebenswert machen.
    Ich frage mich, wie sehr man gelitten haben muss, um dieses riesige Opfer zu bringen, auf Liebe zu verzichten.


    Das folgende Buch "Wasserman" ist wieder sehr viel klarer geschrieben.
    Einerseits ist es sehr erholsam, nach dem Abschnitt Bruno nun wieder ganze Abschnitte zu lesen, ohne sich den Kopf darüber zu zermatern welcher Metapher sie wohl entsprechen, aber andereseits ist diese Buch um so schreckender auf Grund seiner klaren, direkten und absolut schonungslosen Worte.
    Anschel lernt den Nazi Neigel kennen. Zumindest der Grund für das kennen lernen der beiden Menschen ist eher mysteriös, verwirrend.
    Anschle kann anscheinend nicht sterben, bzw getötet werden. Auf welceh Art auch immer man versuchte ihn umzubringen, er stirbt nicht. Auch dann nicht, als Neigel ihm die Pistole an den Kopf hält und abdrückt. Nichts geschieht, nichteinmal eine Wunde.
    Während ich es las, dachte ich "Oh, was soll das nun wieder bedeuten. Ist es genauso zu sehen, wie es geschrieben steht, nämlich dass da ein Mensch ist, dem man nicht das körperliche Leben nehmen kann, oder steht etwas zwischen den Zeilen?"


    Ich habe gerade an diesem ersten Kapitel wieder erkannt, dass ich dieses Buch nicht in "einem Rutsch" lesen kann. Anscheinende brauche ich nach jedem Kaputel ein wenig Zeit um es wirken zu lassen, darüber nachzudenken und immer öfter kommen ganz spontan Gedanken dazu, so auch hier.


    Ich denke es ist nicht der Körper Brunos , nein ich meine Anschel (jetzt werde ich schon genauso verwirrt wie Momik), welcher nicht getötet werden kann. Es ist das was den Menschen Anschel ausmacht, bzw. das was jeden Menschen ausmacht, nämlich das was er hinterlässt durch seine reine Existenz. Jeder Mensch hinterlässt Spuren. Man kann einen Menschen töten, aj sogar ein ganzes Volk, aber man kann nicht die Erinnerung daran töten. Aus diesem Grund werden die Bestien letztendlich nie einen kompletten "Sieg" erreichen. Der mnsch hinterlässt Spuren, die ihn unvergessen machen und somit seine Seele am leben erhalten.
    So auch bei Anschel. Was ist es, was Anschel ausmacht? Macht Anschel etwas aus? Ja und zwar in einem solchen Ausmaß, dass es sogar Neigel nicht abstreiten kann. Anschel hat Spuren hinterlassen und zwar sehr eindrückliche. So eindrücklich, dass die Nazibestie ihre Kindheit, sogar die positiven Seiten der Kindheit mit Anschel verbindet. Anschels Geschichten war ein Bestandteil von vielen Kindern, auch dem Kind Neigel. Es ist etwas in Neigel selbst, dass verhindert, dass Anschel getötet werden kann und das ist das einerseits skurrile aber auch völlig logische an der Sache.
    Und .... Neigel selbst erkennt es, ja er gibt es in gewisser Weise sogar zu. Anschel selbst hat ihn in seinen frühen Lebensjahren sehr beeinflusst, positiv beeinflusst. Ein Mensch, der jetzt von diesem ehemaligen Kind getötet werden soll, weil man Anschel jetzt auf einmal als wertlosen, überflüssigen verabscheungswürdigen Menschen hält.
    Allein die Vorstellung, dass sämtliche Diktatoren, Mörder und sadistischen Menschen einst unschuldige, liebe, vielleicht sogar süße entzückende Kinder waren, ist für uns oftmals unbegreiflich.


    Ich habe schon Angst davor zu erfahren, was aus Sara und Anschels Tochter Tirza geworden ist. Man ahnt es schon, aber wenn man ehrlich ist, würde man vielleicht doch wünschen, Grossman wäre wie Momiks Eltern, würde es verschweigen und uns mit diesem Schweigen davor zu bewahren, die grausame Wahrheit zu erfahren.


    Ich werde heute nicht mehr weiter lesen, sondern erst morgen abend wieder. Wie gesagt, dieses Buch kann ich nicht vor dem schlafen lesen, denn ich befürchte, es würde mich die gesamte Nacht innerlich nicht zur Ruhe kommen lassen.


    Mich würde interessieren, wie Du Saltanah den Teil Messias siehst und natürlich auch das eben beschriebene Kapitel.


    Liebe Grüße Tina