George Bernhard Shaw - Pygmalion

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 6.155 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von sandhofer.

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    Inhalt
    Henry Higgins, Sprachwissenschaftler und sehr von sich überzeugt, trifft die junge Blumenverkäuferin Eliza Doolittle. Zwar macht er sich über sie und ihre Sprache lustig, aber sie ist ihm auch für eine Wette gut. Er will sie zu einer Herzogin machen. Er bringt ihr bei, richtig zu sprechen, kauft ihr feine Kleidung und bringt ihr die richtigen gesellschaftlichen Umgangsformen bei. Dann stellt er sein "Produkt" in der feinen Gesellschaft vor. Keinem fällt auf, dass es sich bei seiner vornehmen Begleiterin um ein Blumenmädchen handelt. Vielmehr hält man sie für eine Adlige aus dem Ausland. Eigentlich ist die Wette damit gewonnen, aber Higgins kann sich noch nicht richtig von seinem Spielzeug trennen. Eliza ist für ihn unverzichtbar geworden: sie organisiert seine Termine, bringt ihm seine Hausschuhe und nimmt ihm den täglichen Kleinkram ab. Aber sie ist nicht glücklich in seinem Haus und so geschieht etwas, mit dem er nicht gerechnet hat: sie verlässt ihn.


    Meine Meinung
    Machen Kleider und Umgangsformen wirklich Leute? Die feiner Londoner Gesellschaft jedenfalls lässt sich von der falschen Herzogin blenden. Aber auch Professor Higgins sieht in Eliza nur die schöne Hülle und erkennt nicht, dass sich mit dem Aussehen auch die ganze Person Eliza verändert hat. Wahrscheinlich war er sich im Voraus nicht klar, was aus Eliza werden werden soll wenn ihm das Spiel langweilig geworden ist. Vielleicht glaubt er, dass er sie einfach wieder zurück auf die Straße schicken kann. Eliza ist klug genug um zu erkennen, dass ein Leben als Blumenmädchen für sie nicht mehr möglich ist. Sie kann und will nicht mehr in ihr altes Leben zurückkehren.
    Was mir bei Pygmalion großen Spaß gemacht hat, war die Sprache. Ich kannte bisher nur das Musical und hatte mir im Vorfeld überlegt, wie wohl die Sprache Elizas umgesetzt auf Papier "klingen" würde. Sie klang genauso lustig wie im Film bzw. auf der Bühne.
    4ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe eine deutsche Ausgabe gelesen:


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    Vor allem war ich bei der Lektüre überrascht, wie nah am Stück das Musical geblieben ist, mit einer, allerdings schwerwiegenden Ausnahme, und das ist das Ende. Dabei hat Shaw selbst in einem Nachwort zusammengefaßt, wie sich Eliza letztlich entscheiden wird und wie ihr Leben, und das von Higgins, Pickerung und den Eynsford-Hills weitergeht. Er hat immer wieder Anfragen nach einer musikalischen Umsetzung als Operette oder ähnlichem mit einem, seiner Ansicht nach unpassenden, Happy-End abgelehnt. So gesehen ist es ausgesprochen schade, daß man im Musical davon abgewichen ist, auch wenn es dessen Erfolg keinen Abbruch getan, wenn nicht gar diesen befördert hat.


    Verblüffend fand ich, wie es Shaw gelingt, in einem Theaterstück, das auf langatmige Beschreibungen und Innenperspektiven weitestgehend verzichten muß, die Personen zu zeichnen. Sie kommen nämlich durchaus als sehr eigenständige Charaktere und nicht als bloße Typen daher, jeder mit sehr eigener Stimme. Und das ist hier recht wörtlich zu nehmen, denn man könnte ohne Probleme auch ohne Voranstellung des jeweiligen Rollennamens erkennen, wer gerade zu Wort kommt. Das sollte in einem Stück, in dem Sprache eine so große Rolle spielt, vielleicht auch so sein, aber Shaw ist es wirklich auch eindrucksvoll gelungen.


    Fast noch interessanter ist allerdings das Problem, das er aufwirft. In meiner Ausgabe ist das in der Kurzbeschreibung so zusammengefaßt:


    Zitat

    Wie der Phonetik-Professor Henry Higgins einer ehrgeizigen Wette wegen dem „Mädchen aus der Gosse“ Schliff und Umgangsformen beibringt und ihr in einem wahren Dressurakt, der mitunter auch Züge der Folter trägt, eine zweite Identität aufzwingt, ohne der Verwandlung ein emotionales Gegengewicht zur Seite zu stellen, das enthüllt dem lachenden Beobachter um so schärfer die schmerzliche Wirklichkeit, in der äußere Veränderungen zwar den notwendigen Anfang für ein humaneres Zusammenleben darstellen, keineswegs aber eine Garantie auf individuelles Glück.


    Nun, das mit dem „humaneren Zusammenleben“ ist vielleicht ein bißchen arg hochgegriffen, aber im Grundsatz verweist diese Kurzbeschreibung schon auf zentrale Punkte. Higgins verfolgt seine eigenen Ziele, ohne Rücksicht darauf, was er hier einem Menschen antut. Seine Methoden Dressur und gar Folter zu nennen, mag angesichts anderer Dinge, die mit letzterem Begriff verbunden werden, überzogen wirken, aber ist es wirklich so weit davon weg? Schließlich spricht Higgins Eliza explizit Empfindungsfähigkeit und Menschenwürde ab, was sein „Experiment“ in seinen Augen völlig rechtfertigt. Und Eliza stellt selbst am Ende fest, daß sie nirgendwo mehr hingehört, denn für die „feine Gesellschaft“ ist sie dann eben doch nicht fein genug, mit ihren früheren Bekannten kann sie aber auch nicht mehr zusammenkommen, weil sie ihre Sprache verloren hat. So komisch das Stück vordergründig ist, so sehr muß man Eliza und Higgins eigentlich bedauern, Eliza, weil sie zu einem (bestenfalls) Spielzeug geworden ist, Higgins, weil ihm ein paar menschliche Regungen und Gefühle fehlen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß
    Aldawen

  • Meine zweite Meinung

    ...ist genauso gut wie die erste. Allerdings war ich doch etwas überrascht, dass ich Pygmalion schon gelesen hatte. Diese Lektüre hatte ich vollkommen verdrängt?( Ich hatte schon beim ersten Mal erwähnt, wie sehr mir Higgins' Egoismus aufgefallen ist. Das war auch dieses Mal so. Man benutzt Menschen nicht so, wie er das getan hat. Nur weil jemand aus einer vermeintlich niedrigeren Schicht kommt, ist er nicht automatisch schlechter. Besonders schlimm fand ich, dass er so offen vor Eliza darüber geredet hat, was er über sie denkt. Dass er dabei ihre Gefühle verletzt, ist ihm wahrscheinlich nicht eingefallen. Trotzdem gibt es auch dieses Mal

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • wie nah am Stück das Musical geblieben is

    Ist mir 2011 gar nicht aufgefallen. Aber natürlich war das Stück von Shaw zuerst, danach kam das Musical.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)