Halldór Laxness - Weltlicht

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    Inhalt:
    Der Protagonist Olafur Karason pflegt eine leidenschaftliche Liebe zur Literatur, doch damit stößt er überall nur auf Ablehnung und Erniedrigung. Seine Mitmenschen empfinden ihn als einen jämmerlichen Menschen, der "auf der faulen Haut lag und jahrelang so tat, als sei er krank, und unschuldige Menschen in einer anderen Gemeinde sich für seinen Lebensunterhalt abrackern ließ". Auch sein Talent als Gelegenheitsdichter wird verkannt: "es ist schwer, im Norden am äußersten Meer Dichter zu sein." Olafur war, von seinen Eltern verstoßen, als Pflegekind aufgewachsen und hatte seine Jugend in einer Atmosphäre menschlicher Kälte auf einem Bauernhof verbracht, sein Leben dort bestand aus schwerer körperlicher Arbeit, Hunger und Schlägen. Ärmliche Verhältnisse prägen auch die Ehe an der Seite einer ungeliebten Frau, die gemeinsamen Kinder sterben, und wegen der Vergewaltigung einer Minderjährigen kommt Olafur schließlich ins Gefängnis. Hier entwickelt er Visionen, und nach seiner Entlassung erfüllt sich endlich sein Traum von Schönheit und Vollkommenheit -- "es liegt nicht in meiner Natur, von dem Glauben abzuweichen, daß es nur eine wahre Liebe zwischen Mann und Frau gibt".


    Teilnehmer:
    Bettina
    kaluma
    Saltanah
    schokotimmi
    jääkaappi
    [hr]
    Viel Spaß!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo zusammen, :winken:


    noch keiner hier? Dann will ich mal als erste meinen Senf abgeben.


    Ich lese diesmal die alte Übersetzung (von Ernst Harthern) und habe ein schönes altes Buch von 1955, sogar mit handschriftlicher Widmung von irgendjemandem: "Mit Freude - zur Freude!" - wer das hineingeschrieben hat, weiß ich nicht, da ich das Buch im Antiquariat gekauft habe.


    Ich habe die Kapitel I bis XII gelesen.


    Der bedauernswerte Olafur Karason hat eine schlimme Kindheit und ein schweres Dasein - ohne jede Liebe und menschliche Wärme. Laxness schildert das alles so unbeteiligt, als wäre das völlig normal. Ich frage mich immer, ob es wohl sein muß, daß Menschen so miteinander umgehen, auch wenn sie arm sind... ich finde diese Konzentration von Niedertracht und Hartherzigkeit ziemlich unstatistisch, aber das haben wir ja schon öfter bei Laxness so gefunden. Für Olafurs Zukunft vermute ich jedenfalls nichts Gutes. :sauer:


    Doch Tragik und Komik liegen auch hier dicht beieinander, schmunzeln mußte ich über einiges was Olafur so dichtet, und auch über die hundertelfte Behandlung von Tieren. Herrlich. :breitgrins:


    Was eine Postille ist, mußte ich erst nachschlagen, das Wort war mir nicht geläufig. Ganz klar macht uns Laxness hier auch, daß das Lesen offizieller religiöser Texte wie der Postille keinen besseren Menschen aus jemandem macht. Die Hausmutter hält sich kraft ihrer vermeintlich sauberen Moral und Frömmigkeit ganz bestimmt für besser als Olafur - der zwar den Katechismus falsch versteht, aber trotzdem den besseren Draht zu Gott hat, während sie das reinste zwischenmenschliche Schlachtfeld um sich herum erzeugt....


    Dies nur als Anfang, ich gehe gerne tiefer in den Text hinein, aber habe jetzt nicht so viel Zeit am Computer.


    Viele Grüße,
    kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Guten Morgen,


    ich habe mein Buch ja gestern bekommen, bin aber erst bis Kapitel 2 gekommen. Ich lese die Übersetzung von Herrn Seelow und ich denke das wird wieder sehr gut werden.


    Olafur ist mir in den ersten beiden Kapitel doch sehr sympathisch rübergekommen, seine Nähe zu Gott und zur Natur, sein Wissensdrang. Kein Wunder dass er mir leid tat, wenn alle mehr oder weniger auf ihm rumhacken.
    Ich glaube einfach, er ist "anders" wie man so leicht sagt - er passt eben nicht ins Bild, was die Leute von ihm erwarten. Arbeiten, anpacken, fleißig sein, aber nicht nachdenken! Und weil das so ist, ist er die Zielscheibe. Ich bin gespannt was noch aus ihm wird, nach dem Klappentext wird es wohl nicht besser werden, aber ich bin gespannt!


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Hallo allerseits,


    :sauer: bei mir hat mal wieder eine Depriphase eingesetzt, die mit einem großen Bedürfnis nach Unterhaltungsliteratur einhergeht und kaum Laxnesskompatibel ist. Daher bin ich - obwohl mir das Buch sehr gut gefällt, nur bis zum 8. Kapitel vorgedrungen.


    Ich lese die schwedische Übersetzung aus den 50ern und bin daher froh über die vielen kurzen Kapitel, die das gegenseitige Finden besprochener Stellen einfacher machen.


    Olafur (Oli/Lafi) hat einen wirklich bedauernswerten Start ins Leben. Ohne Eltern wächst er als "Gemeindekind" (wie wird das auf Deutsch gleich im 3. Satz genannt?) ohne wirkliche Daseinsberechtigung auf. Das ist dann auch mit ein Grund dafür, dass er - schon als Außenseiter geboren - "anders" ist. Er sucht sich seinen Platz einmal in der Natur und Gotteserfahrungen und zum zweiten in der Literatur - ein sehr sympathischer Zug natürlich :smile: . Allerdings macht der Mangel an Lesestoff ihm das Leben, bzw. das Entkommen aus dem "normalen" Leben noch schwerer.
    Ich habe mich gefragt, was Magnina wohl für ein Buch besitzt und bin nach längerem Googeln auf Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, absonderlich Alberti Julii, eines gebohrnen Sachsens, Welcher in seinem 18den Jahre zu Schiffe gegangen, durch Schiff-Bruch selb 4te an eine grausame Klippe geworffen worden, nach deren Übersteigung das schönste Land entdeckt, sich daselbst mit seiner Gefährtin verheyrathet, aus solcher Ehe eine Familie mit mehr als 300 Seelen erzeuget, das Land vortrefflich angebauet, durch besondere Zufälle erstaunens-würdige Schätze gesammlet, seine in Teutschland ausgekundschafften Freunde glücklich gemacht, am Ende des 1728sten Jahres, als in seinem Hunderten Jahre, annoch frisch und gesund gelebt, und vermuthlich noch zu dato lebt, entworffen Von dessen Bruders-Sohnes-Sohnes-Sohne, Mons. Eberhard Julio, Curieusen Lesern aber zum vermuthlichen Gemüths-Vergnügen ausgefertiget, auch par Commission dem Drucke übergeben Von Gisandern. :ohnmacht: gestoßen. Dieser 2500-seitige Roman von Johann Gottfried Schnabel wurde später in der Bearbeitung von Ludwig Tieck unter dem Titel Die Insel Felsenburg bekannt. Da gegen Ende des 4. Kapitejs von "Eberhard Julius", der"1706 das Licht der Welt erblickte" die Rede ist, können wir wohl davon ausgehen, dass Magnina eben jenes Buch besitzt ([url=http://www.zeno.org/Literatur/M/Schnabel,+Johann+Gottfried/Romane/Wunderliche+Fata+einiger+See-Fahrer/Erster+Theil/Erstes+Buch]klick[/url]).


    Wie Laxness von Olafurs Leiden erzählt, ist mal wieder großartig. Hier zeigt sich, in wie wenigen Worten man ein detailliertes Bild zeichnen kann. Zum Beispiel seine Krankheit nach dem Tritt vom Pferd im zweiten Kapitel, die auf einer halben Seite ausführlich abgehandelt wird, oder die Geschichte seiner ersten Liebe im 3. Kapitel, von der ähnlich kurz berichtet wird, ohne dass ich den Eindruck hätte, irgend etwas würde fehlen.
    Dass es Olafur irgendwann besser gehen könnte, kann ich mir zur Zeit nicht vorstellen, aber irgendwie muss Laxness ja die noch folgenden vielen Seiten füllen, daher erwarte ich, dass Olafur doch wenigstens nicht gleich stirbt, wie man sonst annehmen könnte. Ich lasse mich überraschen!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich bin eine Handvoll Kapitel weit, konnte aber noch nichts dazu schreiben, weil gestern die Gesundheit der Kinder vorging. Mal eben ein Trip ins Spital - aber am Ende alles in Butter. Es dauert also mindestens bis heute Abend, bis ich qualifizierte oder weniger qualifizierte Kommentare schreiben kann :winken:

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  • Ich bin eine Handvoll Kapitel weit, konnte aber noch nichts dazu schreiben, weil gestern die Gesundheit der Kinder vorging. Mal eben ein Trip ins Spital - aber am Ende alles in Butter. Es dauert also mindestens bis heute Abend, bis ich qualifizierte oder weniger qualifizierte Kommentare schreiben kann :winken:


    Oh das klingt gar nicht gut, ich hoffe es ist nun wirklich wieder alles gut. Das geht auf jeden Fall vor, keine Frage!
    Und wie du siehst sind wir fast alle nicht so weit und lassen es gemächlich angehen.


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Hallo!


    Bettina
    Oh je! Gute Besserung deinen Kindern, ich hoffe es geht ihnen schon wieder besser.


    Natürlich können wir etwas langsamer lesen. Obwohl es bei mir nur so dahinflutscht, ich könnte lesen und lesen...


    Ich bin inzwischen bis Kapitel XXI vorgedrungen, kann aber mal eine kleine Pause einlegen. In den nächsten Tagen werde ich sowieso weniger Zeit haben.



    Ich lese die Übersetzung von Herrn Seelow und ich denke das wird wieder sehr gut werden.


    Wenn ich das lese, bin ich ja sehr versucht, mir auch noch die Neuübersetzung zuzulegen. Zwar liest auch die alte sich gut, aber an manchen Stellen scheint es mir ein wenig zu haken... Aber gleich im neuen Jahr wieder so viel Geld ausgeben :sauer:...mal sehen.



    Olafur ist mir in den ersten beiden Kapitel doch sehr sympathisch rübergekommen, ...
    Ich glaube einfach, er ist "anders" ...


    Ja, auch mir ist er sympathisch. Auch, weil er auf all das, was die anderen ihm antun, nie so reagiert, daß er selber bösartig wird.



    Ohne Eltern wächst er als "Gemeindekind" (wie wird das auf Deutsch gleich im 3. Satz genannt?)


    Genau so: Gemeindekind.
    Ich habe auch schon ein wenig darüber gegrübelt, weil ich den Begriff im Deutschen so nicht kenne (obwohl er natürlich unmittelbar verständlich ist). Geläufiger sind mir Waise (was er aber nicht ist, da seine Eltern noch leben) oder Findelkind (was er auch nicht ist, da man dann die Eltern nicht kennt). Wie würde man das heute nennen? Straßenkind? Heimkind?


    Saltanah, daß du sogar das Buch herausgefunden hast, das Magnina hat! :ohnmacht: Alle Achtung! Mir kam gar nicht mal der Gedanke, daß es sich dabei um ein real existierendes Buch handeln könnte.
    Nach dem, was in den folgenden Kapiteln, als Magnina Olafur daraus vorliest, so über den Inhalt des Buches zutage kommt, muß das aber ein ziemlicher Schmarren sein, auch nach Laxness´ Meinung. Was damals halt so in Büchern stand. Für Olafur, der kaum andere Eindrücke bekommt, eröffnet es eine Welt.


    Überhaupt diese Kapitel, in denen Magnina Olafur vorliest. Das ist (neben dem Gespräch mit Jarthrudur im Kapitel XVIII) so gut wie die einzige Zuwendung, die er bekommt, obwohl sie nie wirklich mit ihm redet.



    Dass es Olafur irgendwann besser gehen könnte, kann ich mir zur Zeit nicht vorstellen, aber irgendwie muss Laxness ja die noch folgenden vielen Seiten füllen, daher erwarte ich, dass Olafur doch wenigstens nicht gleich stirbt, wie man sonst annehmen könnte.


    Ich erwarte auch, daß er noch eine ganze Weile leben wird.
    Hierzu stehen im Kapitel VIII ein paar Zeilen, die ich sehr schön fand.
    "Ich bin bereit zu sterben, wenn Gott ruft", sagte der Junge. "Es ist gar nicht sicher, daß er dich ruft", sagte Josep. "Als ich so jung war wie du, war ich auch zum Sterben bereit. Aber es kann einem so vorkommen, daß er sich nichts daraus macht, die zu sich zu nehmen, die bereit sind, von hinnen zu gehen. Es sieht so aus, als wären die anderen eher dran."
    Wie wahr!


    Ich glaube, daß Olafurs Bettlägerigkeit mit der Zeit mehr und mehr darauf zurückzuführen ist, daß seine Muskeln vom langen Liegen geschwächt sind. Bekäme er Gelegenheit, ein bißchen Fitness zu erlangen, könnte er sicher aufstehen. Aber darum kümmert sich ja niemand, es ist so viel bequemer, ihn einen nutzlosen Faulpelz zu schimpfen. Und er selber ist dazu auch nicht in der Lage: weder kann er sich dazu entschließen, noch wüßte er wie er es anstellen soll. Und nachdem er als Kind schon so mit Arbeit überfordert wurde, kann ich seine Kraftlosigkeit sogar ein bißchen verstehen. Obwohl er als junger Mensch eigentlich einen Lebenshunger haben müßte, der ihm Kraft gibt.
    Ich bin gespannt, auf welche Weise er es schaffen wird, schließlich aufzustehen. Unterdessen hat er ja nur einen Sonnenstrahl, an dem er sich festhält.


    Jetzt halte ich mich mal mit weiteren Kommentaren zurück und warte auf euch.

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  • Alles OK hier! :winken: Die Tochter ist schon wieder voll auf dem Damm; ihr fehlt inzwischen nur noch eine Menge Schlaf, weil wir erst kurz vor Mitternacht wieder hier eingetrudelt sind.



    Der bedauernswerte Olafur Karason hat eine schlimme Kindheit und ein schweres Dasein - ohne jede Liebe und menschliche Wärme. Laxness schildert das alles so unbeteiligt, als wäre das völlig normal. Ich frage mich immer, ob es wohl sein muß, daß Menschen so miteinander umgehen, auch wenn sie arm sind... ich finde diese Konzentration von Niedertracht und Hartherzigkeit ziemlich unstatistisch, aber das haben wir ja schon öfter bei Laxness so gefunden.


    Allerdings. Die sozialen Konstrukte lassen da nicht viel übrig für Menschlichkeit: Olafur ist kein Familienmitglied, wird eben durchgefüttert, dafür muss er arbeiten, sonst geht das Konstrukt in die Binsen. Jeder, der zwei Hände hat, muss anpacken, zumal die Bedingungen auf Island ohnehin schwer sind.
    So, wie ich Laxness Kommentar verstanden habe, steht selbst die Magd besser da, weil sie mindestens noch die Mutter hat - also Familie.


    So unaktuell ist das Problem übrigens gar nicht. Ich habe hier in der Schweiz gelernt, dass ein vergleichbares Phänomen hier auch existierte: Verdingkinder (auf Wikipedia, oder hier oder hier). Mir ist zwar klar, dass auf Bauernhöfen oder armen Ländern einfach jeder mit anpacken muss, um das Überleben aller zu sichern, aber die menschliche Behandlung blieb völlig auf der Strecke.
    Mir scheint es fast so: Wenn alle arm sind, suchen sich die Leute andere Maßstäbe, um "Menschen zweiter Klasse" zu schaffen, um selber etwas besser dazustehen. Wenn es nicht über das Geld klappt, erfindet man sich andere "Werte".


    Kritisch für Olafur ist die medizinische Diagnose. Ich vermute, dass ihn die Kopfschmerzen nach dem Pferdeunfall ziemlich plagen. Aber nicht sichtbare Schmerzen sind "Faulheit" und krank sein darf und soll er sich nicht erlauben. Das ist übel, wenn man tatsächlich krank ist und keiner nimmt einen Ernst.



    Doch Tragik und Komik liegen auch hier dicht beieinander, schmunzeln mußte ich über einiges was Olafur so dichtet, und auch über die hundertelfte Behandlung von Tieren. Herrlich. :breitgrins:


    Die Anekdote war wirklich gut - vor allem kommt auch niemand dahinter, wo sein Missverständnis steckt. Beim Abhören kratzt man sich eine hanebüchene Erklärung zusammen, warum die 111. Behandlung so schlimm ist, ohne darüber nachzudenken, was für ein gequirlter Mist das ist. Wenn das so im Buch steht, muss es stimmen. Das hängt für meine Begriffe ganz eng mit dem zusammen, was Du dann schreibst:



    Ganz klar macht uns Laxness hier auch, daß das Lesen offizieller religiöser Texte wie der Postille keinen besseren Menschen aus jemandem macht. Die Hausmutter hält sich kraft ihrer vermeintlich sauberen Moral und Frömmigkeit ganz bestimmt für besser als Olafur - der zwar den Katechismus falsch versteht, aber trotzdem den besseren Draht zu Gott hat, während sie das reinste zwischenmenschliche Schlachtfeld um sich herum erzeugt....


    Bloß nicht nachdenken. Wer die religiösen Texte mit dem Löffel frisst, hat schon sein Bestes getan. :rollen:

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  • Ich war schon ganz neugierig, was Ihr wohl mit der 111. Behandlung meint und mußte ganz schön grinsen bei dieser Stelle auch wenn es für Olafur da nichts zu lachen gab. Da zeigt sich wieder Laxness Talent, die schlimmsten Dinge mit ein wenig Augenzwinkern zu würzen.


    Ich habe wie KALUMA noch die alte Übersetzung und mein Buch ist von 1956. Ich habe gerade gelesen, dass diese Übersetzung sprachlich sehr veraltet sein soll und werde mir sicher noch einmal die aktuelle zulegen. Schon bei Salka Valka hatte ich gesehen, dass sich die Texte schon sehr unterscheiden.
    Was ich fragen will ist, ob Ihr [mit der neuen Version] eigentlich ein Vorwort habt oder ob das wegrationalisiert wurde??


    Es ist mir bei isländischer Literatur schon sehr häufig aufgefallen, dass Kinder in Pflegefamilien gegeben werden, wenn die eigenen Eltern nicht genügend Geld haben oder sich trennen. Allerdings waren das nie so wirklich richtige Pflegefamilien. Die Kinder waren dort allenfalls billige Knechte (Arbeitskräfte) und dazu gab es wohl auch noch einen Obulus von der Gemeinde. Ich finde das ziemlich grausam, muss aber für isländische Verhältnisse normal gewesen sein. Ich erkläre mir so auch immer den sachlichen, nüchternen schon fast emotionslosen Erzählstil, wenn über Kindheitserlebnisse gesprochen wird.


    Bis jetzt ist Olafur ganz klar die Figur, die Sympathie erzeugt - sei es durch seine schwere Kindheit oder durch seine Liebe zur Dichtung/Büchern.
    In irgendeinem Thread hatte schon mal jemand erwähnt (Gronauer?), dass es früher in jedem Haushalt wenn, dann zwei Bücher gab: die Bibel und "Die Insel Felsenburg". Beide Bücher stehen auf der Harenberg-Liste und ich bin so langsam sehr neugierig auf das Felsenburg-Buch und werde es dann wohl dieses Jahr mal in Angriff nehmen.

  • Hallo,


    ich bin aus Zeitmangel leider nur bis Kapitel 11 vorgedrungen. Olafur ist jetzt komplett krank und liegt die ganze Zeit im Bett - irgendwie weiß ich auch nicht so recht, was er haben könnte. Das ist auch ein Grund, warum ich etwas hin und hergerissen bin. Jetzt den ganzen Tag gar nichts zu tun ist ja auch nicht gerade toll für die Familie...


    Und der alte Joseph tat mir leid, selbst er wurde von den uneinigen Brüdern rumgeschuppst und erniedrigt - ich habe ein wenig dass Gefühl, Josephs Lebensgeschichte wird sich wohl wiederholen in Olafur, was meint ihr?


    Danke euch für die Erläuterungen zur "Insel Felsenburg" - vllt lunze ich da ja auch mal rein...


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Hallo zusammen,


    wie weit seid ihr denn gekommen?


    Ich bin schon seit etlichen Tagen fertig mit dem ersten Buch und habe erst einmal pausiert und etwas anderes gelesen, bin jetzt aber etwas ungeduldig geworden und möchte gern weiterlesen. Sonst vergesse ich ja die Hälfte wieder.


    Ab Kapitel XX, wo Olafur von Reimar abgeholt wird und in das Dorf gebracht werden soll, wird die Handlung wesentlich freundlicher. Interessant das Verhalten einiger Leute beim Abschied: die Hausmutter tut nach außen hin freundlich und besorgt (das paßt ins Bild, das ich von ihr habe!) und Magnina schenkt ihm das Felsenburg-Buch... eine unbeholfen-freundliche nette Geste, mit der sie ihre Zuneigung ausdrückt, anders kann sie es nicht.


    Die Gespräche zwischen Reimar und Olafur unterwegs scheinen mir zwischen den Zeilen anzudeuten, daß Dichter in Island eine große Rolle spielen und geachtet sind, auch wenn man sie öffentlich als Faulpelze bezeichnet.


    Und dann kommen sie nach Kambar, wo Olafur von Torunn geheilt wird und aufstehen kann. Spannend fand ich, wie Laxness hier religiöse und mythologische Elemente in den Text eingearbeitet hat. Der Heilungseffekt wird er wohl kaum durch das Borwasser erreicht, das sie ihm gibt (das war wohl kaum zur inneren Anwendung vorgesehen :breitgrins:) sondern durch seinen und ihren Glauben an die Wirksamkeit - die Heilung war ja auch überfällig.

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  • Die sozialen Konstrukte lassen da nicht viel übrig für Menschlichkeit: Olafur ist kein Familienmitglied, wird eben durchgefüttert, dafür muss er arbeiten, sonst geht das Konstrukt in die Binsen. Jeder, der zwei Hände hat, muss anpacken, zumal die Bedingungen auf Island ohnehin schwer sind.


    Hier kann ich wieder nicht ganz zustimmen. Wenn die Bedingungen so hart sind, wäre das Ziel eigentlich die bestmögliche Erhaltung der Arbeitskraft jedes einzelnen. Und das tun die beiden Brüder ja nicht, auch nicht untereinander.
    Ich glaube wir hatten das Thema schon einmal, und möglicherweise bin ich naiv, aber ich sehe es nicht so, daß Armut der alleinige Auslöser für solch menschenverachtendes Verhalten ist. Dazu gibt es zuviele Gegenbeispiele von armen Familien, in denen trotzdem respekt- und liebevoll miteinander umgegangen wird*. Der Hof Kambar ist ein Beispiel, da wird gescherzt und gelacht und es riecht nach Gebäck...
    (*Gegenbeispiele von reichen Familien mit Verhältnissen ähnlich denen, in denen Olafur aufwuchs, gibt es ja auch.)



    So unaktuell ist das Problem übrigens gar nicht. Ich habe hier in der Schweiz gelernt, dass ein vergleichbares Phänomen hier auch existierte: Verdingkinder (auf Wikipedia, oder hier oder hier).


    Ich habe auch ein wenig recherchiert, diese Verdingkinder scheinen eine Spezialität Süddeutschlands und der Schweiz zu sein. Aus meiner Heimat kenne ich diese Unterbringung von Pflegekindern als billige Arbeitskräfte in Bauernfamilien eher nicht und habe nun auch nichts so schnell gefunden (was nichts heißen muß - vielleicht gab es das ja doch).... ich weiß nur von Waisenhäusern wie etwa den Franckeschen Stiftungen, und kenne den Begriff Kostgänger, der aber auch wieder etwas anderes meint.



    Ich habe wie KALUMA noch die alte Übersetzung und mein Buch ist von 1956. Ich habe gerade gelesen, dass diese Übersetzung sprachlich sehr veraltet sein soll und werde mir sicher noch einmal die aktuelle zulegen.


    Ohje, ein weiterer Anstoß, mir vielleicht die neue noch zuzulegen - ich überlege noch, aber die Versuchung wird immer größer.



    Was ich fragen will ist, ob Ihr [mit der neuen Version] eigentlich ein Vorwort habt oder ob das wegrationalisiert wurde??


    Also ich habe in der alten Version auch kein Vorwort... :confused:

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  • Hallo,


    ich habe am stressigen WE trotzdem geschafft bis Kapitel 17 vorzudringen. Magnina liest aus dem Buch "Insel Felsenburg" vor und in einer dieser Situationen haben sie Geschlechtsverkehr? Also hallo, ich hab mich da echt gefragt, wie naiv ist Olafur da eigentlich, aber andererseits, woher soll er es wissen und was meinte Magnina damit zu erreichen? Gut sie ist wirklich einsam, kommt überhaupt nicht raus - aber ist das eine Lösung?


    Ansonsten nennt mich gemein, aber Olafur liegt meiner Meinung nach schon auf der faulen Haut, ich lese hier einfach nicht was ihm fehlt, könnt ihr mir da weiterhelfen? Und wenn ich mich nicht ganz irre, liegt er da schon fast 8 Jahre, oder? Hm, das ist alles schon etwas merkwürdig?!


    Nochmal zur neuen Version, ich hab sie jetzt zwar nicht hierliegen, aber ein Vorwort habe ich nicht im Kopf, also das gibt es in der Neuübersetzung von Hernn Seelow nicht.


    Viele Grüße
    schokotimmi


  • Magnina liest aus dem Buch "Insel Felsenburg" vor und in einer dieser Situationen haben sie Geschlechtsverkehr? Also hallo, ich hab mich da echt gefragt, wie naiv ist Olafur da eigentlich, aber andererseits, woher soll er es wissen und was meinte Magnina damit zu erreichen? Gut sie ist wirklich einsam, kommt überhaupt nicht raus - aber ist das eine Lösung?


    Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie "echten" Geschlechtsverkehr hatten, auf mich wirkte es eher wie eine Art unbeholfenes Kuscheln... Magnina kann einem eigentlich auch nur leidtun. Was sie erreichen wollte - einfach mal ausprobieren, nehme ich an.
    Eine Lösung ist das natürlich nicht, vor allem, weil Magnina (oder ihre Mutter) es hinterher so darstellt, als habe Olafur hier die Initiative ergriffen und sie genötigt.



    Ansonsten nennt mich gemein, aber Olafur liegt meiner Meinung nach schon auf der faulen Haut, ich lese hier einfach nicht was ihm fehlt, könnt ihr mir da weiterhelfen? Und wenn ich mich nicht ganz irre, liegt er da schon fast 8 Jahre, oder?


    Nein, ich meine es war im Text die Rede von zwei Jahren. Genau nachvollziehen kann ich es nicht. Zuerst hatte er ja diesen Huftritt an den Kopf, dann die Lungenentzündung. Dazwischen und danach war er ja mehrere Jahre wieder gesund, bis auf die Kopfschmerzen. Und dann haben ihn die Brüder niedergeschlagen, was vielleicht die ältere Kopfverletzung wieder verschlimmert hat, und er konnte sich lange nicht erholen. Dazu kam, daß er durch das lange Liegen und schlechte Ernährung geschwächt war (Muskelabbau, Kreislaufprobleme) und Krankengymnastik gab es ja damals nicht - und dazu seine allgemeine Mutlosigkeit. Dann hat er es eben nicht mehr geschafft, aufzustehen, angesichts dessen, was ihn dann wieder erwartet hätte. So erkläre ich mir das.


    Viele Grüße, kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()


  • Hallo,


    ich habe am stressigen WE trotzdem geschafft bis Kapitel 17 vorzudringen. Magnina liest aus dem Buch "Insel Felsenburg" vor und in einer dieser Situationen haben sie Geschlechtsverkehr? Also hallo, ich hab mich da echt gefragt, wie naiv ist Olafur da eigentlich, aber andererseits, woher soll er es wissen und was meinte Magnina damit zu erreichen? Gut sie ist wirklich einsam, kommt überhaupt nicht raus - aber ist das eine Lösung?


    Das habe ich gaaanz anders in Erinnerung! Die haben doch nichts wirklich miteinander. Das dicke Mädel hat sich doch nur in sein Bett fallen lassen und da hatte er keinen Platz mehr. Zärtlichkeiten, Kuscheln etc. gab es nicht.

    Zitat


    Sie war wie ein großer Haufen Fleisch. Er hatte fast keinen Platz. Obwohl nur eine Hälfte von ihr auf ihm lag, meinte er, er liege unter einem Volkshaufen..... Doch je dichter er sich an die Wand preßte, um so näher drängte sie sich. Er konnte ihr nicht ausweichen...... Sie erdrosselte ihn fast, ihr Geruch war stärker als je zuvor; sie tat ihm weh.


    Ich stelle mir das nur bildlich vor. :totlach:
    Besonders erotisch ist es nicht aber er war wohl schon ein wenig erregt. Mehr ist aber nicht passiert, er hat nur unter ihr gächzt.
    Aber die Szene war schon drollig. :breitgrins:


    Letztendlich wollte sie das ja provozieren, weil ihr ja sonst keiner nachsteigt und damit konnte sie sich nun auch mal "künstlich" echauffieren.



    Ansonsten nennt mich gemein, aber Olafur liegt meiner Meinung nach schon auf der faulen Haut, ich lese hier einfach nicht was ihm fehlt, könnt ihr mir da weiterhelfen? Und wenn ich mich nicht ganz irre, liegt er da schon fast 8 Jahre, oder? Hm, das ist alles schon etwas merkwürdig?!


    Ich sehe es wie Du. Für meinen Geschmack liegt er einfach nur auf der faulen Haut und hat eigentlich keine Krankheit. Und durch das lange Liege kommen natürlich dann echte Beschwerden wie Schwächeanfälle. Aber damit muss er ja schließlich ins Dichterklischee passen. Wer geistige Ergüsse produziert, kann nicht körperlich arbeiten. :zwinker:


    Nochmal zur neuen Version, ich hab sie jetzt zwar nicht hierliegen, aber ein Vorwort habe ich nicht im Kopf, also das gibt es in der Neuübersetzung von Hernn Seelow nicht.


    Das Vorwort ist vom 28.09.1955 von Halldór Laxness.


    Er bezieht klar gegenerische Stellung zum Dritten Reich. Nachdem sein Buch "Unabhängige Menschen" beschlagnahmt und vernichtet und er praktisch als Schriftsteller geächtet wurde sollte er eine "Lobpreisungserklärung" über die Führer des Dritten Reiches unterschreiben und damit wäre er wieder Liebkind gewesen.
    Er ordnet die Arbeit an diesem Buch und auch das Buch selbst zeitlich ein. Er hat "Ljós Heimsins" während des Dritten Reiches geschriebenund damit das Dilemma der Schriftsteller aufgeriffen. Entweder man äußert die Kritik offen und wird ausgeschaltet

    Zitat

    .... und ihr Honorar in Form von Galgen, Tortur und Vergasung...

    oder geht in die "innere Emigration". Sozusagen ist "Weltlicht" eine "Projektion der Hitlerzeit" aber nicht nur, es gibt halt auch immerwährende Sachen darin.
    Desweiteren beruht der Roman auf literaturhistorischen Notaten, die er aus Tagebuchaufzeichnungen von 1880 - 1917 eines unbekannten Dichtergenies aus Westisland hat.

    Zitat

    Dieser Mann zeichnete sich aus durch ein Leben "innerer Emigration" so völlig ohne Heldenmut, wie man es sich überhaupt nur vorstellen kann.


    Und die letzten drei Sätze zitiere ich auch noch einmal, denn sie zeigen unter welchem Aspekt man das Buch lesen soll:

    Zitat

    Ist es mir denn wirklich nicht gelungen, ein nettes und humoristisches Buch über das Genie Olafur Karason Ljosvikingur und seine innere Emigration zu schreiben? Er hätte vielleicht ein größerer Held sein können - das will ich nicht bestreiten. Aber ich hoffe aufrichtig, daß man nicht sagt, sein Bund mit der Schönheit sei ein Bund mit dem Teufel gewesen; denn das dürfte wohl kaum stimmern.


    Kann mir gar nicht vorstellen, dass man das bei Euren Ausgaben weggelassen hat. Vielleicht habt Ihr ein Nachwort????


  • Also, ich lese da auch erotische Andeutungen, wie z.B.

    Zitat


    Als er sie berührte, spürte er, daß sie über den Knien nackt war; ... Sie war überall um ihn, ihr Geruch war über ihm und war in ihm, die eine Hälfte seines Gesichtes war naß von ihren Lippen...


    Wie auch immer, grotesk war die Szene in der Tat und ich möchte da nicht beteiligt gewesen sein.



    Aber damit muss er ja schließlich ins Dichterklischee passen. Wer geistige Ergüsse produziert, kann nicht körperlich arbeiten. :zwinker:


    :breitgrins: :breitgrins:



    Das Vorwort ist vom 28.09.1955 von Halldór Laxness. ...
    Kann mir gar nicht vorstellen, dass man das bei Euren Ausgaben weggelassen hat. Vielleicht habt Ihr ein Nachwort????


    Mein Buch ist von 1955, die handschriftliche Widmung darin (die ich oben schon erwähnt hatte) ist vom 9. 3. 55. Damit ist klar, warum das Vorwort in meinem Buch nicht stehen kann. :breitgrins:
    Ein Nachwort gibt es auch nicht.
    Schade!


    Vielen Dank für die Zitate aus dem Vorwort. Unter dem Aspekt "drittes Reich" hatte ich das Buch bisher nicht gelesen. Sollte man beim Lesen im Hinterkopf behalten. Denn wenn man mit diesem Wissen jetzt nochmal das Verhalten der Pflegefamilie überdenkt (dieses Wort-im-Mund-herumdrehen z.B.) dann kommt das durchaus hin.


    Grüße, kaluma


    P.S. Ich habe mir jetzt übrigens die Neuübersetzung bestellt! :smile:

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Ich habe gerade den ersten Teil beendet (bis Kapitel 25) und fange mit dem nächsten Teil an, der wieder bei Kapitel 1 beginnt und heißt "Das Schloss des Sommerlandes".


    Olafur ist also mehr oder weniger aus dem Haus geworfen worden und ich bin gespannt, wo er unterkommen wird. Den Ort erfahren wir, Svindisvik, aber wer sich dort seiner annimmt, ist noch unklar.
    Die komische Bedrängung durch Magnina wird ihm nun angehängt, obwohl eigentlich Magnina seine Nähe gesucht hat und man erzählt sich, er habe einen Heiratsantrag gemacht. Ich staune immer wieder, wie sehr die Menschen übertreiben.


    Das passiert zum Beispiel auch, als Olafur über das Gebirge in den anderen Fjord gebracht wird. Zwei Jahre hat er unter dem Dach gelegen (das wird erwähnt, als er die Reise über das Gebirge macht) und je öfter sein Begleiter die traurige Geschichte erzählt, umso länger hat er gelegen. Am Ende waren es angeblich acht Jahre und so werden wohl die isländischen Sagen geboren ;)



    Nein, ich meine es war im Text die Rede von zwei Jahren. Genau nachvollziehen kann ich es nicht. Zuerst hatte er ja diesen Huftritt an den Kopf, dann die Lungenentzündung. Dazwischen und danach war er ja mehrere Jahre wieder gesund, bis auf die Kopfschmerzen. Und dann haben ihn die Brüder niedergeschlagen, was vielleicht die ältere Kopfverletzung wieder verschlimmert hat, und er konnte sich lange nicht erholen. Dazu kam, daß er durch das lange Liegen und schlechte Ernährung geschwächt war (Muskelabbau, Kreislaufprobleme) und Krankengymnastik gab es ja damals nicht - und dazu seine allgemeine Mutlosigkeit. Dann hat er es eben nicht mehr geschafft, aufzustehen, angesichts dessen, was ihn dann wieder erwartet hätte. So erkläre ich mir das.


    Ich vermute, dass Olafur größere Beschwerden hat. Der Huftritt des Pferdes kam zuerst und in der Folge ist die Rede von starkem Kopfschmerz. Ich schätze die als echt ein; er lag nach dem Tritt lange rum und dürfte sich als mildestes noch Gehirnerschütterung, oder Hirnquetschung, Schädelrisse und solche fiesen Sachen zugezogen haben.
    Arbeiten mit schwerem Kopfschmerz ist wirklich gemein; aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man unter solchen Umständen nichts mehr hinbekommt.


    Später wurde er von den Brüdern zusammengeschlagen. Es heißt im Text sinngemäß, dass man geglaubt hat, er stürbe. Die Verletzungen müssen also drastisch gewesen sein und seine bewusstlosen Zeiten scheinen recht lang gedauert zu haben.
    Wie kaluma sagt, gab es früher keine Reha und eine vernünftige Diagnose schon gar nicht. Die wäre eine Voraussetzung für eine sinnvolle Behandlung. Und dann on top eben schlechte Ernährung etc.


    Da man für Olafur Geld bekommt, schleppt man ihn auf dem Hof durch. Ich hatte übrigens auch den Eindruck, dass sich Olafur ein paar Zipperlein einbildet (er zählt selbst eine Menge der unterschiedlichsten Krankheiten und Diagnosen auf). Nun gut, er lernt nichts, er ist jung, hat von nichts eine Ahnung und erfährt nur Schmerzen und Ablehnung. Da wundert es mich andererseits nicht, dass er sich für unfassbar krank hält.


    Faszinierend die Heilung. Scheint rundum gelungen zu sein. Ich bin gespannt, wie es für Olafur weitergeht. Obwohl ich ihm ja alles gönne, vermute ich anderes.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Hallo,


    ich bin kurz vor Ende des ersten Teils und ich nehme meine Behauptung er läge auf der faulen Haut zurück. In den letzten Kapiteln kamen doch einige Anmerkungen dazu, welche mir gezeigt haben, dass mehr dahinter steckt.
    Nun ist er gerade bei den 3 Mädchen angekommen und ich habe ja schon was von Heilung hier bei euch gelesen. Da bin ich jetzt gespannt.


    Reimar ist ja ne richtige Frohnatur - mit allen ein Schwätzchen, den Frauen zugetan trotz Familie.
    Die Geste Magninas zum Abschied fand ich wirklich nett, irgendwie schenkt sie im doch einen wertfvollen Besitz "Insel Felsenburg" hat ihr doch einiges bedeutet, aber jetzt zählt das nicht so viel, wo er weg ist.


    Ich bin ziemlich langsam, drum bin ich froh dass auch ihr nicht weiter seid. Die Anmerkungen und auszüge zum Vorwort fand ich interessant. Das läßt doch einiges in anderem Licht scheinen, aber ich lese es trotzdem erstmal neutral weiter ohne in jedem Satz nach Anspielungen zu suchen. Trotzdem schade, dass es dieses Vorwort nicht mehr gibt.


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Hallo,


    ich wollte eigentlich schon seit zwei Tagen mal wieder was Längeres schreiben, aber komme einfach nicht dazu. Ich lese schneller, als ich kommentieren kann. Deshalb jetzt wenigstens mal ein kurzer Statusbericht von mir.


    Ich bin im XV. Kapitel des zweiten Buches.


    Mit dem zweiten Buch haben wir nun einen anderen Handlungsort: Olafur befindet sich jetzt in Svidinsvik. Dort kommt er ersteinmal in so einer Art Sammelbecken für die gescheiterten Existenzen unter, etwas wie das Dorf-Irrenhaus. Jede Menge schräger Vögel, dachte ich, als er im ersten Kapitel dort erwachte. Dann hat er das Haus verlassen und siehe da: auch im Dorf geht es grad so weiter mit den schrägen Vögeln: den Gemeindevorsteher und den Direktor der Wiederaufbaugesellschaft Pjetur Dreiroß empfinde ich (obwohl sie nicht offensichtlich verrückt, sondern gut angesehene Leute sind) ganz genau als ebensolche. :breitgrins:
    Trotzdem fällt mir immer wieder auf, mit wieviel Wärme Laxness die Menschen in all ihrer Fehlbarkeit beschreibt.


    Vegmey gefällt mir. Sie ist barmherzig zu Olafur.



    Die Anmerkungen und auszüge zum Vorwort fand ich interessant. Das läßt doch einiges in anderem Licht scheinen, aber ich lese es trotzdem erstmal neutral weiter ohne in jedem Satz nach Anspielungen zu suchen.


    An den Bezug zum dritten Reich fühlte ich mich wieder erinnert, als ich im VII. Kapitel las, was Direktor Pjetur über die Dichter sagt: "Ich habe nur etwas für gesunde Dichter übrig. Aus den sogenannten modernen, realistischen Dichtern mache ich mir überhaupt nichts."


    Olafur wohnt nun also in einem verfallenen Schloß. Und irgendwie scheint er sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen (obwohl ich anfangs dachte, daß er sich beim Steineschleppen ja ganz schön anstellt - irgendwie fehlt ihm der "Biß", die Zähigkeit und Ausdauer). Sogar gute Chancen beim weiblichen Geschlecht hat er - gleich zwei, die um ihn rivalisieren, und ich habe den Eindruck, es fällt ihm schwer, sich zu entscheiden.


    Ich bin gespannt, ob wir noch mehr von Torunn lesen werden - sie schien mir sehr verzweifelt, wie sie Olafur um Geld bittet und dann das Buch, das er ihr gibt (unermeßlich wertvoll für ihn, aber wertlos was den finanziellen Wert betrifft) ins Wasser wirft. Damit hat sie mich überrascht.


    Grüße, kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Ich habe nun das XV. Kapitel im zweiten Buch gelesen und habe fast das Gefühl wie: endlich passiert mal wieder was.
    Dieses Kapitel empfinde ich als wesentlich gehaltvoller als alle anderen zuvor im zweiten Buch.
    Eine herrlich schräge Versammlung (wie wir sie schon öfter bei Laxness hatten), in der es jede Menge Anspielungen und Andeutungen gibt, die man sicher erst ein ganzes Stück weiter hinten im Buch verstehen wird, und man einige Dinge wieder einmal von einer neuen Seite gezeigt bekommt.
    Über Torunn bin ich mir jetzt ein Stück klarer, aber alles verstehe ich noch nicht.
    Und dieser Arzt - besäuft sich und: :kotz: oje. Grotesk.
    Als nächstes will ich dieses XV. Kapitel noch einmal in der neuen Übersetzung lesen (die ich jetzt auch hier habe), das wird bestimmt interessant und ist eine gute Gelegenheit, die beiden Übersetzungen zu vergleichen.


    Um mich etwas zu bremsen, habe ich jetzt nebenbei schon zwei-drei andere Bücher gelesen. Auf Dauer wird das aber etwas unbequem und ich würde gern entweder weiter vorankommen, oder eine längere Zeit pausieren, wenn ihr keine Zeit für die Leserunde habt.


    Was meint ihr? Wie weit seid ihr denn?


    Grüße, kaluma


    P.S. (nachdem ich jetzt Stormcrows Kommentar in "Leseblockade" gesehen habe:) ich hoffe, es fühlt sich niemand von euch durch mich unter Druck gesetzt - das ist keineswegs meine Absicht!!

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