Alex Capus - Léon und Louise

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  • Inhalt:


    Im Jahre 1918 macht sich ein 17-jähriger Junge namens Léon auf, um eine Stelle als Morseassistent auf einem Landbahnhof anzutreten. Dort, bei Saint-Luc-sur-Marne hört er sie das erset Mal: Als Louise ihn von ihrem mit ihrem quietschenden Fahrrad überholt.
    In den nächsten Wochen kommen sich die beiden näher, doch ein grosses Unglück trennt die Liebenden für viele Jahre. Bis sie sich eines Tages als Erwachsene wiedersehen. Doch können Léon und Louise unter den Bedinungen, wie sie nun einmal sind, zusammenfinden? Und, wichtiger, können sie ohne den jeweils anderen sein?


    Meine Meinung:


    "Léon und Louise" von Alex Capus beginnt am Ende, um dann von Léons Enkel erzählt zu werden. Die Ich-Person des Enkels unterbricht jedoch nur ab und und zu die Geschichte und wird eher als auktorialer Erzähler empfunden.


    Capus schafft es, schon auf den ersten Seiten seines neuesten Werkes, mit seinen einfachen, aber bezaubernden Worten eine Stimmung heraufzubeschwören, dass man beinahe schon den Sommerwind auf den Wangen fühlen und die Möwen im Meerwind schweben sehen kann.
    Leider nimmt dieser Zauber mit der Zeit etwas ab, was aber auch daran liegen kann, dass die Protagonisten erwachsen werden und den Zauber der Jugend hinter sich lassen. Faszinierend ist, dass Capus eben jenen Zauber im allerletzten Absatz wieder hervorholt und dem Leser somit mit einem angenehm warmen Gefühl aus der Lektüre entlässt.


    Erzählt wir in "Léon und Louise" selbstverständlich die Geschichte von Léon und Louise, wobei eindeutig Léon im Mittelpunkt steht. Von Louise erfährt man nicht viel, dennoch schwebt ihr Charakter über allen Geschehnissen, ebenso wie sie Léons Leben begleitet.
    Wir begleiten Léon durch sein Leben, das von zwei Kriegen, einer Ehefrau und einer Frau im Kopf und seinen Kindern gezeichnet ist. Und wir erleben, wie Louise in sein Leben tritt, wieder heraustritt und wieder auftaucht. Nur um dann wieder abzutauchen...


    Das Buch liest sich leicht, obwohl sich Capus definitv keiner trivialen Sprache bedient. Oftmals folgt man einem einfachen Hin- und Her von Gesprochenem, verliert dabei aber nur selten den Faden, wer was sagt. Man muss jedoch damit rechnen, dass Capu innerhalb von Seiten Zeitsprünge von zehn Jahren macht, die Charaktere plötzlich um einiges älter und somit auch reifer sind. Die verpassten Stellen werden jedoch nacherzählt, sodass keine Lücken entstehen. Jedoch lässt Capus einige kleinere Fragen offen, die man sich als Leser selbst beantworten muss.


    Spannung im eigentlichen Sinn findet man im Buch nicht, da es sich um eine Familiengeschichte handelt und natürlich um die Liebesgeschichte zwischen Léon und seiner Louise, die eine sehr eigensinnige Geschichte ist. Genauso eigensinnig wie es Louise nun mal ist.
    Ich bin Léon und seiner Entwicklung mit einer gespannten Neugiergde gefolgt und habe mich oft gefragt, was nun aus ihm und Louise wird. Ebenso habe ich Léons Frau und ihre Stärke bewundert. Die Charaktere machen alle eine Entwicklung durch, wie wir Menschen es alle tun, die Charaktere haben alle Stärken und Schwächen, das lässt sie so menschlich werden und wir schliessen sie früher oder später ins Herz und wünschen ihnen das Beste.


    Fazit:


    "Léon und Louise" ist eine berührende und zarte Liebesgeschichte und die Geschichte einer einfachen Familie und wie es ihr gelingt, die Kriegszeiten und das Leben im Allgemeinen zu überstehen.
    Wer unkonventionelle Liebesgeschichten mag, sollte sich überlegen, Capus' Werk zu lesen. Jene, die Familiengeschichten mögen, werden mit diesem Buch nicht enttäuscht werden.
    Das Buch von Capus schafft es, Gefühle in uns anzusprechen und bringt uns Menschen und ihre Erlebnisse in schwierigen Zeiten nahe. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, alle Charaktere sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich habe das Buch mit einem leichten Hauch von Traurigkeit darüber, dass das Buch nun zu Ende ist, weggelegt.


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    4ratten & :marypipeshalbeprivatmaus:

    //Grösser ist doof//

  • Der Roman ist gerade in den Kieler Nachrichten als Fortsetzungsroman zu lesen. Leider verpasse ich immer Teile, er hört sich nämlich gut an.

  • Ich komme frisch von einer [url=http://www.literaturschock.de/literaturforum/index.php/board,105.0.html]Leserunde zu diesem Buch[/url] und hier sind


    meine Eindrücke
    Léon und Louise sind zwei Jugendliche, die sich im Frankreich des ersten Weltkriegs begegnen. Man mag sich, lässt sich aufeinander ein und - es kommt, wie es kommen muss - verbringt irgendwann die freien Tage miteinander am Meer. Doch die Rückfahrt gerät zum Alptraum: Léon und Louise geraten in einen Angriff, werden getrennt und finden einander danach trotz neugieriger Fragen nicht wieder. Beide richten sich in ihrem Leben ein - bis sie sich zufällig in Paris begegnen. Damit wird scheinbar das Leben, das ursprünglich miteinander geplant war, wieder möglich.


    Alex Capus erzählt in seinem Roman von diesem Liebespaar, das sich nach Jahren der ungewollten und ungeplanten Trennung auf's Neue Gedanken macht: Sollen sie das gemeinsame Leben aufnehmen, das sie sich als junge Menschen gewünscht haben? Offen wird diese Frage nicht gestellt, aber sie schwebt permanent über den Personen. Das erste Wiedersehen wird genossen und zelebriert, auf Wunsch von Louise aber bleibt es dabei. Für Jahre sogar. Louise wird wieder die kleine, tüchtige Bankangestellte, Léon bleibt treusorgender Familienvater für seine Frau Yvonne und die Kinder. Erst der zweite Weltkrieg wird Léon und Louise wieder ein Stück weit verbinden.


    Was mich überraschte, war, wie wenig Léon und Louise im Buch eigentlich das Liebespaar geben. Über all die Jahre wirken sie auf mich wie zwei Menschen, die sich verklärt und romantisch an ihre erste große Liebe erinnern, die sie wegen des Krieges verloren haben. Beim ersten Wiedersehen beweisen sie sich eher körperlich, dass sie überlebt und den anderen nicht vergessen haben. Nicht mehr. Dass sich Léon und Louise gerne aneinander erinnern, halte ich bis zu diesem Punkt für ziemlich normal und nicht für eine große Liebe, an der kräftig festgehalten wird.


    Gelitten wird in diesem Roman nur von einer Person und diese hat mich umso mehr interessiert: Léons Ehefrau Yvonne. Während ihr ohnehin phlegmatischer Mann stoisch sein Familienleben weiterführt und Louise über Jahre hinweg nur im Kopf parat hat, muss sie die gesamten Lasten alleine tragen. Sie muss Léons Seitensprung akzeptieren, sie weiß um seine Gedanken an Louise und erkennt, dass sie mehr Wirtschaftspartner als Ehefrau für Léon ist. Yvonne muss im Krieg alleine mit Kindern und Gefahren leben, den Alltag organisieren und schlussendlich ertragen, dass Louise nach langer physischer Abwesenheit sich nun doch in Léons Leben breit machen wird.


    Als bisschen zu großspurig empfinde ich die Ankündigungen - auch, wenn ich am Ende sagen muss, dass ich den Roman gerne gelesen habe, weil er wirklich gut und flüssig erzählt ist. Léon und Louise finden am Ende selbstverständlich zueinander. Für mich wird jedoch nicht klar, ob sich die beiden wirklich eine große Liebe bewahrt haben, oder sich schlicht ein Leben zurück ertrotzen, dass man ihnen 1918 zerschossen hat und das sie endlich - nach einigem Zögern - doch noch ausprobieren wollen. Doch egal, Capus schreibt sehr angenehm und trotz dieser personellen Zweifel habe ich das Buch gerne gelesen.


    3ratten

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Der junge Léon arbeitet während des Ersten Weltkriegs in einem kleinen Städtchen nahe der französischen Atlantikküste als Morse-Assistent des Bahnwärters. Dort lernt er Louise kennen, eine junge Frau mit unbekannter Herkunft, die ihn schon bei ihrer ersten Begegnung völlig verzaubert. Nach und nach entwickelt sich etwas zwischen den beiden, aber dann werden sie durch den Krieg getrennt.


    Erst viele Jahre später treffen sie sich in Paris zufällig wieder. Doch nun ist Léon verheiratet und hat Kinder. Eine Trennung von seiner Familie ist für ihn undenkbar und auch Louise fordert nichts dergleichen von ihm.
    Es vergehen wieder viele Jahre, dann bricht der Zweite Weltkrieg aus. Louise verschlägt es nach Afrika, Léon muss schauen, wie seine Angehörigen durch den Krieg und die deutsche Besatzungszeit bringt.


    Aber sie vergessen einander nie. In all den Jahren flachen ihre Gefühle füreinander nie ab, obwohl sie nicht zusammen sind. Die Liebe zwischen den beiden wird nicht explizit ausformuliert, doch ergibt sie sich aus der ganzen Beschreibung. Für den Leser vielleicht undenkbar, dass 2 Menschen so füreinander empfinden und trotzdem nicht versuchen, zusammen zu sein. Aber eigentlich macht genau das ihre Emotionen erst richtig echt, sie sind frei von Egoismus, trauern nicht um verpasste Gelegenheiten und erzwingen nichts.


    Die Geschichte, die Capus hier erzählt, ist eigentlich unglaublich kitschig und unglaubwürdig. Eigentlich. Denn obwohl die Handlungsweise sowohl der Hauptfiguren Léon und Louise, aber auch anderer, wie Léons Ehefrau Yvonne, nicht immer wirklich nachvollziehbar sind – durch die wunderbare Sprache, die Capus verwendet, war das Buch für mich allerdings trotzdem ein wahres Lesevergnügen. So viel Sprachgewandtheit und Wortwitz habe ich schon lange nicht mehr angetroffen!


    4ratten

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Hallo Ihr Lieben,


    nach der schönen Leserunde hier im Forum, möchte ich dann hier auch meine Meinung noch festhalten.


    Léon und Luise lernen sich während des ersten Weltkrieges kennen und lieben. Nachdem sie in einem Bombenhagel gelandet sind und sich schwer verletzt in verschiedenen Krankenhäusern wieder finden, verlieren sie sich, aufgrund widriger Umstände aus den Augen. Erst 10 Jahre später - Léon ist mittlerweile verheiratet - treffen sie sich durch Zufall wieder.


    Léon und Luise sind nicht das Liebespaar, wie man es erwartet: Sie quälen sich nicht selber lange mit den Floskeln, was hätte sein können, sondern sie leben weiter und jeder macht, so weit möglich, das Beste aus seinem Leben.


    Das Buch ist dabei sehr stark aus der Perspektive von Léon dargestellt, da die Rahmenhandlung seinen Enkel als Erzähler eingesetzt hat. Von Louise erfährt man als Leser weniger. Nur kurz erhält der Leser einen Einblick in ihr Gefühlsleben, in Form von Briefen, die sie an Léon schickt.
    Léon ist dabei eher ein lethargischer Mensch, der weiß, was seine Pflichten sind, sich auch nicht vor der Verantwortung drückt und sich, nach meinem Gefühl, auch nicht zu oft Gedanken über sein Leben macht.
    Louise wirkt sehr energisch, tatkräftig und so, wie wenn sie immer wüsste, was sie will. Erst über die Briefe wird klar, dass das vielleicht doch nicht immer so ist und sie vielleicht doch mehr an Léon hängt, als es zuerst den Anschein hat.
    Die dritte Figur, die einen großen Raum einnimmt, ist Yvonne, Léon's Ehefrau. Sie ist für mich der vielschichtigste und gleichzeitig komplizierteste Charakter in diesem Buch. Obwohl doch intensiv beschrieben, war es für mich schwer, ihre Handlungen immer klar zu verstehen und nachzuvollziehen. Bei einer Dreiecksbeziehung gibt es immer einen Verlierer und der steht hier schon von Anfang an fest.


    Die Einordnung als Liebesroman ist eher schwierig. Erzählt wird die Geschichte von 2 Menschen, die nicht zusammen sein können, das Beste aber daraus machen und bei denen man ihre Liebe zueinander zwar vermuten kann, die aber nie wirklich explizit dargestellt wird.
    Dies alles schafft der Autor mit einer ganz eigenen leisen Sprache. Alles Schreckliche beschreibt er so nebenbei und leise, dass es einem gar nicht mehr so schrecklich anmutet und gleichzeitig hat man doch ein Stückchen Geschichte in Händen.


    Die Besetzung von Paris wird mit eben dieser leisen, leichten Sprache beschrieben und nur indirekt wird dem Leser klar, dass das trotz allem keine leicht Zeit war und auch wenn die Nazis Paris zwar nicht dem Erdboden gleich gemacht haben, haben sie trotzdem ihre Herrschaft untermauert.


    Dies war mein erstes Buch von Alex Capus und ich habe es sehr gerne gelesen und bin schon neugierig auf weitere Werke von ihm. Doch obwohl ich es gerne gelesen habe, sind auch bei mir einige Punkte offen geblieben und ein paar Hintergründe gerade auch zu Louise hätten mich doch noch sehr stark interessiert.


    Alles in allem vergebe ich dafür 3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Den insgesamt recht guten Meinungen kann ich mich nicht anschließen, wie ich auch in der Leserunde mehrfach schon deutlich gemacht habe.


    Die großen Gefühle einer lebenslangen Liebe waren für mich in diesen beiden Personen einfach nicht glaubwürdig. Es war, zumindest für Léon, die erste Liebe und sie wurde unter besonderen Umständen zwangsweise beendet, was eine dauerhafte Erinnerung sicher befördert hat. Aber die späteren Zusammentreffen sowie die gelegentliche Wiederaufnahme des Kontaktes und vor allem das, was dabei zwischen den beiden geschieht, alles unterbrochen wiederum durch den Zweiten Weltkrieg, wirkten so, als seien sie eher der Gelegenheit geschuldet. Beide verhalten sich sehr rational, was für mich zu den postulierten Gefühlen einfach nicht passen will. Weder leiden sie ersichtlich unter der (wenigstens anfänglichen) Nichterfüllung ihrer Liebe, noch riskieren sie etwas für deren Erfüllung, diese ergibt sich letztlich einfach auf Grund günstiger Umstände. Interessant war unter diesen Bedingungen einzig Léons Frau Yvonne, die sich in bemerkenswerter Weise mit der vor allem geistigen Untreue ihres Mannes sowie den Bedrohungen der Familie während der Besetzung Paris' auseinandersetzt, arrangiert bzw. ihnen entgegenwirkt. Louise hätte als Charakter und so wie sie direkt zu Beginn bei Léons Beisetzung eingeführt wurde, erhebliches Potential gehabt, diese Geschichte zu tragen, bleibt aber letztlich blaß, was zum einen der schieren geographischen Entfernung von Léon, zum anderen der Erzählperspektive durch Léons Enkel geschuldet ist, der eben auch nicht alles wissen kann.


    Capus erzählt seine Geschichte zwar in gewohnt angenehmer Weise, aber mir fehlte die Substanz. Ich hätte gerne etwas gehabt, an dem ich mich als Leser reiben kann, sei es Bestandteil des Plots, seien es Charaktere. Über die eigentliche Lektüre hinaus konnte mich dieser Roman nicht beschäftigen, ich hatte schon Mühe, mich jeweils am Folgetag an das zuvor Gelesene im Detail zu erinnern. Es ist vermutlich eine Empfehlung für Leser, die „Wohlfühllektüre“ suchen, ich hatte mir mehr erhofft und war von dieser banalen Erzählung doch ziemlich enttäuscht.


    2ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen

  • Auf „Léon und Louise“ habe ich mich gefreut und der Anfang war auch sehr schön: Capus schreibt wieder in seinem typischen Plauderstil, die Figuren wirken sympathisch und der Prolog verspricht mir eine ganz besondere Originalität von Louise.


    Leider konnte das Buch meine Hoffnungen aber insgesamt nicht erfüllen, es verflachte nämlich zusehends. Wirklich schlecht wurde es zwar nicht, aber im Großen und Ganzen plätscherte die Geschichte vor sich hin und der Autor schwankte nur zwischen nichtssagenden Alltäglichkeiten und Idylle. Ein bisschen Straffung hätte den Alltäglichkeiten ganz gut getan und so viel Idylle ist einfach unrealistisch. Selbst der zweite Weltkrieg wird unbeschadet überstanden, echte Nöte gibt es dank genügend Vorsorge, sicherem Beamtenstatus, Verwandtschaft vom Land und pragmatischem Schwarzmarkthandel nicht. Es herrscht Friede, Freude, Eierkuchen und keiner zeigt mal echtes Profil oder dramatisches Verhalten. Von Léon wird ja gleich zu Beginn angedeutet, dass es typisch für die Männer der Familie wäre, dass sie alleine nichts Rechtes zustande brächten und so passiv bleibt er auch das ganze Buch hindurch. Louise kommt im Prolog und auch bei der ersten Begegnung der beiden deutlich origineller und lebendiger daher, so dass ich meine Hoffnung auf sie gesetzt habe. Da passiert aber leider nichts, er ignoriert Louise ziemlich gekonnt, deutet eine interessante Vergangenheit nur ganz kurz an und um ganz sicher zu sein, dass da weiter nichts passiert ,legt der Autor, als er Louise endlich mal wieder ins Visier nimmt und ihr auch ein paar Seiten gönnt, auch noch Hunderte von Kilometern zwischen das „Paar“. Von der versprochenen „Liebe ihres Lebens“ ist bei beiden nichts zu merken, für die würde man nämlich seinen Hintern hochbekommen und etwas unternehmen anstatt alleine seinen romantischen Gedanken beim Betrachten des Sternenhimmels nachzuhängen – von echtem Leiden unter der Trennung ist nämlich auch nichts zu merken..


    Das Ende hätte mir gut gefallen, endlich geht das Abenteuer Leben los, doch leider passt es nicht zum Prolog. Wenn das Buch von einem anderen Autor gewesen wäre, hätte ich die ganze Weichzeichnerei und Idyllisierung vielleicht noch ganz gemütlich gefunden und dem Buch eine Ratte mehr gegönnt, aber von Capus habe ich eine interessante Geschichte erwartet und keine Schmusedecke.


    3ratten

  • Hallo zusammen,


    ehrlich gesagt fällt es mir doch einigermaßen schwer, eine abschließende Meinung zu diesem Buch zu finden. Einerseits war ich zugegebenermaßen enttäuscht, andererseits hat Alex Capus einfach einen Stein bei mir im Brett - spätestens seit Eine Frage der Zeit. Darum kann ich wohl nicht ganz so objektiv sein, wie ich sonst vielleicht bin... :zwinker:


    Alex Capus besticht auch in seinem neuen Buch Léon und Louise durch seinen Schreibstil - er ist beschwingt, locker und leicht ohne jemals auch nur den Hauch von Kitsch oder Belanglosigkeit zu haben.
    Die erste Enttäuschung war wohl, dass sich die Geschichte doch stark an Léon orientiert. Sein Enkel berichtet aus dessen Perspektive und deshalb begegnen wir Louise eigentlich fast nur, wenn sich die beiden tatsächlich begegnen, ausgenommen zweier Briefe, die Louise während des II. Weltkrieges an Léon schreibt. Nun gibt es die tatsächliche Geschichte vermutlich nicht her, dass häufiger über die beiden gemeinsam berichtet wird, dennoch hätte ich mir ein bißchen mehr aus Louises Alltag gewünscht, weil es die Geschichte hätte bereichern können. So erfahren wir von Léons Entwicklung von seinen jungen Jahren während des I. Weltkrieges bis nach der Beendigung des II. - und Léon hat mich da das ein oder ander Mal wirklich auch überrascht. Dennoch muss man sagen, dass Capus' Großvater ein 'normaler' Mensch war, einer mit Fehler und Schwächen, aber auch mit beeindruckenden Momenten... Und dies ist eben die zweite Stärke des Autors: wie schon bei Eine Frage der Zeit, ein Buch, das von Papenburger Werftarbeitern handelt, die kurz vor Beginn des I. Weltkrieges nach Deutsch-Ostafrika reisen um dort den Aufbau eines Schiffes zu leiten, erzählt Capus auch in Léon und Louise von gewöhnlichen Menschen. Léon arbeitet als Beamter am Quai des Orfèvres, dem Sitz der Pariser Kriminalpolizei, Louise als 'Tippmamsell' bei der französischen Nationalbank. Während Louise vielleicht noch etwas ungewöhnlicher für ihre Zeit lebt, gründet Léon eine Familie und wir treusorgendes Familienoberhaupt. Erstaunlich ist hierbei vor allem, dass Léon die Okkupation Paris' durch die Nazis gänzlich unbeschadet übersteht - einerseits durch die Weitsicht seiner Frau, andererseits aber auch durch einiges Glück, bedenkt man, was er getan hat... Louise hingegen bleibt mir ein wenig zu blaß. Ihr Auftritt zu Beginn des Buches verspricht eindeutig mehr - zumindest erging es mir so und das fand ich sehr schade!
    Zwischendurch, während der Lektüre, hatte das Buch manchmal irgendwie zu wenig Substanz, es erschien mir so, als würde ich mit dem Zuschlagen des Buches auch die Geschichte wegwischen, als würde sie mich einfach zu wenig berühren. Jetzt, mit ein wenig Anstand, kann ich das nicht mehr sagen. Diese große Liebe, die zwischen den beiden fast von Anfang an bestand, hat mich schon beeindruckt, genauso wie die Tatsache, dass sie sie nie exzessiv ausgelebt oder auch nur gefordert haben. Ihre Liebe war still und dennoch immer da - sie war manchmal fast schon ein bißchen angestaubt, aber trotzdem zu erkennen. Wie viele solcher Lieben es wohl geben mag? Es ist doch irgendwie erstaunlich, dass man mit der Liebe zu einem anderen Menschen offensichtlich doch so zufrieden sein kann, dass man ihm sein Leben lässt, ihn nicht drängt oder stetig erinnert, dass man auch noch da ist.
    Die Bruchstücke mit Zeitgeschehen, die immer wieder während der Geschichte auftauchen, fand ich sehr gut platziert geschildert - beispielsweise ein Wehrmachtsoldat, der plötzlich im Park gegenüber von Léons Haus sitzt und einen Apfel isst - und sie schaffen auch die Atmosphäre, die nötig ist, um sich die historische Entwicklung wieder vor Augen rufen zu können.


    Fazit: Ein schöner, überhaupt nicht kitschiger Liebesroman, der vor allem durch seinen Erzählstil, seinen plauderigen Ton besticht. Dennoch wäre ein bißchen mehr Substanz nicht unbedingt verkehrt gewesen.


    Mit ein bißchen gutem Willen: 4ratten


    [size=7pt]PS: Heute wurde die Longlist für den dbp 2011 veröffentlich und siehe da: Léon und Louise ist darunter! Man darf also gespannt sein... :zwinker:[/size]

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Meine Kritik lässt sich ganz einfach auf zwei Worte reduzieren: zu wenig. Und von diesem „zu wenig“ gibt es reichlich.


    Auch wenn es eine für mich eher untypische Bemerkung ist, aber die Erzählung hat zu wenig Gefühl. Angekündigt wird eine Liebe „gegen alle Konventionen“, also eine Liebe, in die die Beteiligten investieren, für die sie leiden und die präsent ist. Nicht das, was Capus den Lesern vorsetzt. Léon flüchtet sich in Tagträume seiner ersten Liebe, so wie andere Menschen sich in Tagträume des letzten Urlaubs flüchten. Wenn es darum geht, seine Pflichten zu erfüllen, sei es seiner Familie gegenüber oder im Beruf, verstaut er seine „große Liebe“ einfach in einer Schublade seines Gedächtnisses. Und als seien die der Geschichte fehlenden Gefühle ein roter Faden, werde auch ich während des Lesens nicht emotional angesprochen, ich ärgere mich noch nicht einmal über die vertane Chance des Autors.


    Dann gibt es zu wenig Louise. Louises Auftreten hat mich im Prolog sofort für sie eingenommen, und auch der Beginn der Geschichte lebt von ihr. Doch sie wird ziemlich schnell zu einer Randfigur und in Léons Gedanken verbannt. Bei ihren späteren Auftritten verliert sie an Tiefe – und an Reiz. Die Grand Dame der Anfangsszene wird zur zweidimensionalen Anziehpuppe. Léon selbst ist von Anfang an ein Typ ohne nennenswerte Ecken, was man sich vielleicht durch die Parallele zu Capus’ Großvater erklären kann. Und auch seine Frau, Yvette, ist dazu verdammt ein Schattendasein zu fristen, obwohl ihre Position in der Geschichte, ihr Umgang mit der Liebe ihres Mannes zu einer anderen Frau, so viele Möglichkeiten geboten hätten.


    Im Wesentlichen hat das Buch aber zu wenig Substanz. Capus kratzt nur an der Oberfläche der Geschichte, verschenkt mehrfach die Chance auf „mehr“ und tischt dem Leser ein Fertiggericht auf, obwohl er das Zeug zum Drei-Gänge-Menü gehabt hätte. Ohne Frage hat er es schön angerichtet, doch der Geschmack bleibt fad und der Magen leer. Will meinen: Sprachlich schön, mit einem angenehmen Erzählfluss, der im Wortsinn vor sich hinplätschert, aber ohne – alles. Die Schilderungen von alltäglichen Details sind gelungen, aber die tragen nun mal keinen Roman, wenn ansonsten nichts Nennenswertes passiert.


    Insgesamt spreche ich dem Buch kein langes Nachwirken zu, schon während der Leserunde hatte ich Schwierigkeiten, das Gelesene zu kommentieren. Nach dem vielversprechenden Anfang wurden sowohl die Geschichte als auch Léon zunehmend blasser, bis es schließlich zum nichtssagenden Ende kommt.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Meine Meinung
    Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen. Leider ist es jetzt schon eine Weile her, dass ich es gelesen habe, deswegen kann ich hier keine ausführliche Rezi mehr schreiben. Mich hat Capus' Schreibweise fasziniert. Es liegt ein gewisser Witz in seinen Worten, den man übrigens auf seiner Lesung besonders gut herausgehört hat. Manchmal wechselt er mitten in einem Satz die Intention. Z.B. fängt der Satz lustig an und man schmunzelt, um dann plötzlich etwas über grausame Kriegsgeschehnisse zu erfahren. Mich hat dieser Schreibstil ziemlich begeistert.


    Die Geschichte selbst fand ich auch wunderschön. Es ist eine unaufdringliche Liebesgeschichte, die ohne Kitsch und Schmalz auskommt. Interessant finde ich auch, dass die Geschichte auf Tatsachen beruht. Capus schreibt über das Leben seines Großvaters und bringt wohl auch so manch eigene Erfahrung mit in die Geschichte ein. Das erste Kapitel hat wohl so, wie er es schreibt, mehr oder weniger stattgefunden, was ich ziemlich lustig finde.


    Capus durfte ich auf einer Lesung kennenlernen, die ich übrigens überaus gelungen fand. Der Autor passt einfach zu seinem Buch und seinen Figuren.


    Für die schöne Liebesgeschichte gibt es von mir 4ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Meine Meinung:


    Titel: Ein Gentleman in der Schale eines Grobians


    Vorweg möchte ich erwähnen, dass ich das Buch erst beim zweiten Anlauf geschafft habe. Bei Erscheinen des Buches war ich irgendwie nicht in der richtigen Stimmung und legte es erst einmal beiseite. Doch zum Glück habe ich nun den zweiten Anlauf genommen, sonst hätte ich etwas verpasst und vermisst.


    Die Geschichte wird vom Enkel Léon Le Galls erzählt und die Beerdigung Léons findet gerade in Notre- Dame statt, einem letzten Späßchen seitens des Großvaters. Als Mademoiselle Louise Janvier zur Trauerfeier dazu stößt, erzählt der Enkel dem Leser die Geschichte der beiden.


    Léon ist 17 Jahre alt als er Louise das erste Mal begegnet und wir schreiben das Jahr 1918. Die beiden beginnen eine kurze, aber heftige Liebelei, bevor der Krieg sie trennt. Beide werden schwer verletzt. Nach einigen Monaten kann Léon das Krankenhaus verlassen. Er glaubt, dass Louise an dem Tag ihrer Trennung gestorben ist und heiratet deshalb eine andere. Erst zehn Jahre später erfährt er, dass sie doch noch lebt. Was bedeutet das für ihn? Wird er seine Frau Yvonne und seine Kinder für seine Jugendliebe sitzenlassen? Und wie ergeht es Louise, die nach ihrer Rückkehr erfahren hatte, dass Léon nicht nach ihr gesucht hätte? Würde sie sich wieder auf ihn einlassen?


    Alex Capus schreibt mit einer Leidenschaft, die ich selten erlebt habe. Die Schilderungen sind detailreich und verspielt. Das Ganze wird mit einer ordentlichen Portion Humor gewürzt.


    Ich habe meine Lesezeit mal herzhaft lachend und mal mit traurigen Augen verlebt, denn das Buch bietet so viel an Emotionen, dass es mir als Wunder erscheint, dass alle in dieses Buch passen.


    Die zarte Liebesgeschichte der beiden, die über Jahre andauert und zwei Kriege überstand, hat mich regelrecht verzaubert und vollends berührt. Auch die Schilderungen der Kriegserlebnisse und Einschränkungen in dieser Zeit, nehmen den Leser sehr mit.


    Fazit: Ein zauberhaftes Buch, welches mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird. Absolut empfehlenswert!


    Bewertung: 5ratten und im zweiten Anlauf für mich ein :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Léon und Louise
    Der Arbeitsdienst des 1. Weltkrieges verschlägt Léon in ein französisches Kaff, wo er der schönen, andersartigen, geheimnisvollen Louise begegnet, der Frau mit dem quietschenden Fahrrad. Er verliebt sich Hals über Kopf, und tatsächlich freunden die jungen Leute sich an. Dann geraten sie in einen deutschen Kugelhagel, werden schwer verletzt und verlieren sich aus den Augen. Léon wird mitgeteilt, Louise sei tot.


    Sie begegnen sich zufällig wieder, als Léon schon 10 Jahre verheiratet ist. Seine Ehe ist nicht gerade glücklich, aber man bleibt trotzdem zusammen. Die Zeit vergeht, der 2. Weltkrieg kommt, die Deutschen besetzen Paris. Man schlägt sich irgendwie durch, immer in Unsicherheit und Gefahr.


    Louise und Léon lieben sich für immer, auch wenn sie es nur auf die Ferne tun und nicht zusammenleben. So kann sich ihre ewige Liebe auch nicht am Alltag abnutzen.


    3ratten


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    Warum steht das Buch nicht im Bereich Liebesromane?

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Im letzten Jahr des ersten Weltkriegs begegnen sich Léon und Louise zum ersten Mal, als der siebzehnjährige Léon sein Heimatdorf in der Normandie verlässt und die Stelle eines Morseassistenten in einem Örtchen an der Marne eintritt. Woher Louise kommt, weiß keiner so genau, sie ist eines Tages einfach im Dorf aufgetaucht, und mittlerweile kennt jeder das junge Mädchen mit dem quietschenden Fahrrad.


    Nach einer Phase der langsamen Annäherung verbringen die beiden ein wundervolles Wochenende am Meer, doch auf dem Rückweg geraten die beiden mit den Fahrrädern unversehens mitten in die Kampfhandlungen und werden getrennt, Léon wird schwer verletzt und glaubt wie alle anderen, Louise sei ums Leben gekommen.


    Vergessen kann er sie nicht, doch er ist noch jung und sagt sich, dass das Leben weitergehen muss, zieht nach Paris, beginnt als Chemiker bei der Polizei zu arbeiten und heiratet Yvonne, mit der er eine vielköpfige Familie gründet. Alles geht seinen geregelten Gang, Léon ist damit auch gar nicht unglücklich ... doch dann erblickt er eines Tages in der Métro eine Frau, die aussieht wie Louise, und setzt alles daran, sie zu finden.


    Es fällt mir nicht leicht, meine Meinung zu diesem Buch in Worte zu fassen. Ich bin mir auch gar nicht so sicher, wie es mir nun eigentlich gefallen hat.


    Capus versteht es meisterhaft, Menschen zu beobachten, Charakterzüge einzufangen und kleine ulkige Eigenheiten zu schildern, in einem leicht ironisch-distanzierten, aber durchaus liebevollen Tonfall. Manchmal haftet seinen Beschreibungen fast etwas Märchenhaftes an, und Léons Abnabelung vom Elternhaus, die Tücken seines ersten echten Jobs und natürlich der verwirrend-schöne Zauber des Verliebtseins ist wunderbar dargestellt.


    Mit Léons Erwachsenwerden, der Begegnung in der U-Bahn, der erneut aufflammenden Sehnsucht nach Louise und allem, was danach passiert, kam für mich aber ein Bruch in der Geschichte - ich vermag es aber nicht so recht zu konkretisieren, was mich genau gestört hat außer dem Verhalten der Ehefrau, das mir unrealistisch vorkam.


    Es ist nicht uninteressant, was dann noch alles geschieht, vor allem, als die Deutschen in Paris einmarschiert sind, die Polizei den Nazis untersteht und der eigentlich eher unpolitische Léon sich plötzlich in einer Art Widerstandsrolle wiederfindet, aber den Zauber des ersten Drittels hatte das Buch dann verloren. Vielleicht, weil es wirkt, als habe sich der Autor nicht so recht entscheiden können, was für eine Geschichte er eigentlich schreiben will, und dann keiner der Aspekte so richtig ausgereift wirkt, vor allem nicht die Fortführung der Liebesgeschichte.


    Definitiv kein schlechtes Buch, vor allem von der Sprache her, aber es hat mich auch nicht 100% überzeugen können.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen