Offizielle Leserunde: Kerstin Ekman - Hundeherz (Hunden)

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 12.312 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von dubh.

  • Ich bin ganz deiner Meinung, nimue. Vielleicht muss ich es deutlicher ausdrücken: Ich habe nichts gegen die Jagd, wenn man das Fleisch zu Nahrungszwecken braucht. Es gibt genügend Völker, die das heute noch tun. Aber ich habe etwas gegen Leute, die das zum Vergnügen tun. Auch wenn sie hinterher Fleisch und Felle haben, die sie verwerten können. Das als Argument oder Entschuldigung zu bringen, um seine Lust am Schießen zu rechtfertigen, ist billig, vor allem, wenn daheim der Kühlschrank voll ist. Und das meine ich mit "es gäbe generell kein Fleisch". Kein Fleisch, das auf einmal da ist, weil jemand gerne auf Tiere schießt.


    Die Jagd zum Nahrungserwerb hat es schon immer gegeben und wird es auch weiterhin geben, so lange noch Naturvölker existieren. Daran kann und will ich nichts aussetzen. Aber Jagen aus Lust am Anpirschen und Töten ist auch nicht besser als Massentierhaltung.

  • Aber Jagen aus Lust am Anpirschen und Töten ist auch nicht besser als Massentierhaltung.


    Da gebe ich Dir völlig recht. Zumindest von der Moral der Menschen aus gesehen. Den Tieren ist es vermutlich egal, weshalb sie getötet werden und ich hege ja immer die Hoffnung, dass für ein geschossenes Reh eine Kuh weniger leiden muss. Vielleicht ist das aber auch nur Wunschdenken. Zu den Beweggründen des Mannes im Buch kann ich leier nichts sagen, weil ich es ja nciht gelesen habe. :winken:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Das Buch ist im Original ja schon ca. 30 Jahren erschienen - und gerade in Skandinavien mit seinen großen Waldflächen wird die Jagd doch noch etwas anders gesehen und gelebt als hier bei uns in Deutschland mit unseren "Sonntagsjägern"... Dementsprechend sind auch die dortigen Hunderassen eben oft auf ihre jagdlichen Fähigkeiten gezüchtet und sicher auch zufriedener, wenn sie dementsprechend eingesetzt werden anstatt wie viele Jagdhunde nur wegen ihres hübschen Aussehens angeschafft zu werden und dann auf der Couch zu versauern...

    LG, Dani


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  • Hallo Ihr Lieben,


    gerade habe ich gesehen, dass mein Posting von unterwegs (offensichtlich bin ich kein wirklicher Smartphone-Typ) irgendwie verschütt gegangen ist, denn als ich gerade noch zum Rest posten wollte und deshalb Eure Beiträge nochmal überflogen habe, ist mir aufgefallen, dass es einfach nicht da ist. :redface: Nun versuche ich es nochmal zu rekapitulieren...



    Ich habe ja schon viel von Ekman gelesen, aber das ist schon einige bis viele Jahre her. Sie schreibt durchgängig gut, aber ich glaube, dass dieses Buch stilistisch schon was besonderes ist. Nicht unbedingt besser als ihre anderen Bücher, aber anders, dem Inhalt eben angepasst. Ich glaube, ihr "Ruf des Raben" ist ähnlich geschrieben, aber da ich den vor über 10 Jahren gelesen habe, kann ich das nicht beschwören. Das Buch kam mir bei deiner Frage nur direkt in den Kopf.


    Ja, ich habe inzwischen mit einer Freundin gesprochen, die fast jede skandinavische Literatur liest, die ihr so zwischen die Finger kommt - natürlich auch Kerstin Ekman. Als ich ihr ganz begeistert von Hundeherz erzählen wollte, stimmte sie sofort mit ein. Nach dieser Lektüre denke ich, dass ich Ruf des Raben wohl auch mal auf meine Wunschliste setze und irgendwann lese...



    Doch trotz all der Schönheit der Erzählung fehlt mir ein bisschen der rote Faden oder ein Ziel, auf das die Geschichte hinsteuert. In der Hinsicht zeichnet sich für mich noch rein gar nichts ab, und das stellt mich nicht zufrieden, so schön es stilistisch auch ist.


    Das geht mir nicht so - ich vermisse keinen roten Faden, denn genau dieses Nichtvorhandensein passt so gut zum Erzählten und zeigt sehr deutlich, dass der kleine Hund einfach nur in jedem einzelnen Moment lebt. Er ist orientierungslos, streunt, sucht einen Schlafplatz und etwas zu fressen, erschrickt sich über Geräusche und vermisst seine Mutter. Alles andere könnte die Geschichte eventuell konstruiert wirken lassen, so wirkt es glaubhaft, weil alles im Moment de Bedürfnisses passiert.



    Für mich war der rote Faden, und der brachte mir auch Spannung ins Buch, das Vergehen der Zeit, der Jahreszeiten, was Ekman ja sehr schön beschreibt. Im Frühling ging's ja noch, aber dann wurde es Sommer, Hochsommer, die Ebereschen wurden reif, (die für mich immer die erste Erinnerung daran sind, dass der Herbst naht), der erste Nachtfrost -> der nächste Winter kommt bestimmt :entsetzt: und mit ihm die Frage, ob der Hund ihn überleben würde.


    So habe ich das gar nicht gesehen. aber Du hast natürlich vollkommen recht - die Jahreszeiten sind ein möglicher roter Faden, eine Gewissheit, die für alle gilt.


    Aber hier hatte ich schon die Befürchtung, dass das Schicksal des Hundes am Ende ungewiss bleibt, und das macht mich ungeduldig.


    Da kann ich Dich sehr gut verstehen: wobei es bei mir nicht am roten Faden liegt, sondern an der 'Angst', dem Kleinen könnte anschließend noch etwas böses zustoßen. Deshalb hätte ich es am liebsten, wenn er wieder zu einem Rudel (= Menschen) findet und somit sicher ist... Völliger Quatsch eigentlich, denn die Natur kann eben nun mal sehr hart sein (Menschen allerdings auch) und achtet dabei nicht auf kleine süße Hundewelpen (und bei Menschen ist der Kleine auch nicht zwangsläufig besser aufgehoben) - aber trotzdem ticke ich eben so... Also ein HappyEnd wäre schön! :zwinker:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Hallo nochmal,


    weiter geht's. Jetzt kommt das, was ich eigentlich schreiben wollte...



    Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich bin normalerweise kein Fan von seitenlangen Betrachtungen der Natur und irgendwelchen Spiegelungen (da erinnere ich mich an "Zwei Affen" von Silvio Blatter - schrecklich!). Aber in "Hundeherz" hat es mir wirklich gut gefallen und hat für mich einen Grossteil des Buches ausgemacht. Vor allem da es ja aus der Sicht des Hundes geschrieben ist. Was nimmt ein Hund von seiner Umgebung wahr? Wie empfindet er die Jahreszeiten? All das hat mich wirklich beeindruckt.


    Grundsätzlich tue ich mich mit seitenlangen Naturbeschreibungen auch eher schwer - wobei es immer auf den Stil ankommt. Zum Beispiel fand ich die Einstiege in Yaşar Kemals Bücher immer beeindruckend: die dataillierten Beschreibungen der Çukurova mit dem Taurusgebirge am Horizont waren sehr gelungen und für mich das erste Mal, dass ich solche Stellen bewusst und sehr gerne gelesen habe. Hier bei Kerstin Ekman geht es mir ganz genauso. Es liegt an der von ihr gewählten klaren, schlichten Sprache und eben auch daran, dass es aus Sicht des Grauen erzählt wird. Seine Gefühle sind greifbar geworden, durch die Natur erklärbar.


    Zitat

    Nur die vielen Blumennamen, die mir leider gar nichts sagten, fand ich etwas irritierend. Jedoch war ich zu faul, jedes einzelne Pflänzchen nachzuschlagen, also hab ich mir selbst irgendwelche bunten Pflanzen ausgemalt :breitgrins:


    Da stimme ich Dir ebenfalls zu. Ich habe sie eigentlich immer so hingenommen und nicht nachgeschaut, wie sie aussehen... :smile:



    Nichtsdestotrotz hat mir das Ende natürlich sehr gut gefallen. Die geduldige Annäherung des Menschen und des Hundes aneinander war einfach toll beschrieben. Ich habe richtig mitgefiebert, ob er das Vertrauen des Hundes gewinnen wird, ob der Hund sich auf ihn einlassen wird. Wirklich schön. Und ich gönne dem tapferen Kerl, dass er nach der langen Einsamkeit nun wieder irgendwo dazugehört. Und realistisch auch, dass er trotzdem nie so sein wird, wie ein Hund, der in der Geborgenheit und Zugehörigkeit eines Rudels unter Menschen aufgewachsen ist.


    Oh ja, mir hat das Ende auch sehr gefallen: die Annäherung war wirklich sehr schön! Für mich ist das definitiv ein HappyEnd, weil der Graue sicherlich nicht jeden Winter so überstanden hätte und so ist er bei weitem sicherer. Und sicherlich tut es ihm auch sehr gut, der Einsamkeit zu entkommen.
    Eine Einschränkung habe ich dennoch: auch wenn ich der Meinung bin, dass der Hund eine Aufgabe benötigt, die ihn erfüllt, so konnte ich mich mit dem Jagdgedanken nicht anfreunden. Sicher, für ihn wird das in Ordnung gehen, aber mir persönlich gefällt dieser Gedanke nicht. Besser hätte ich es gefunden, wenn der Graue einfach ab und an 'ausbüchst' um sich seine Freiheit zurückzuholen, wenn er allein durch die Wälder streicht...



    Es gäbe generell kein Fleisch, wenn Jäger keinen Spaß an der Jagd hätten? Verstehe ich jetzt ehrlich gesagt nicht, Doris. Ich esse ja kein Fleisch, finde aber die Jagd ethisch viel vertretbarer als die heutige Massentierhaltung und das anschließende Treiben zur Schlachtbank. Gejagte Tiere leiden - wenn überhaupt - wenige Minuten. Die meisten unzähligen Rinder, Schweine, Hühner, Lämmer, Pferde usw. leiden von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod. Unter Umständen also mehrere Monate der Qual. Aber das führt hier wohl zu weit, sorry :redface:


    Genau so ist es! Die Jagd ist ethisch natürlich vertretbarer als Massentierhaltung und Tötungen durch Bolzenschussgeräte, aber Jagend ist in meinen Augen trotzdem ein unnötiger Zeitvertreib, der durch die Lust am Töten entsteht. Auch wenn es eine Verwertung des Fleisches gibt, braucht es in meinen Augen gar nicht zu sein. Deshalb wäre mir eine andere Aufgabe für den Hund lieber gewesen - aber natürlich weiß ich, dass es dem Grauen keine Probleme bereitet, diese zu erfüllen, und es zudem auch keine ungewöhnliche dazu ist (weder heute nach vor 30 Jahren).


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea