Joseph Conrad – Nostromo

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    Ich habe es als ebook gelesen, aber in der verlinkten Übersetzung, es gibt auch noch andere, aber alle scheinen derzeit oop zu sein.


    Inhalt: Angsiedelt ist die Geschiche in der fiktiven südamerikanischen Republik Costaguana, und hier in der Hafenstadt Sulaco. Diese wird wesentlich von einer Silbermine geprägt, der sog. Gould-Konzession. Die Goulds sind Costaguaner englischer Herkunft und den Vater von Don Carlos Gould, dem gegenwärtigen Verwalter, hat sie quasi in den Tod getrieben. Der zweite wichtige Posten ist die englische Schiffahrtsgesellschaft O.S.N., die vor allem den Küstenverkehr abwickelt und von Kapitän a.D. Mitchell geleitet wird. Der ist sehr stolz darauf, einen in Sulaco hängengebliebenen italienischen Seemann namens Giambattista Fidanza, genannt Nostromo, als Vorarbeiter der Schauerleute gewonnen zu haben, daher rührt auch dessen „Ehrentitel“ Capataz de Cargadores. Nostromo ist von einem italienischen Paar quasi als Sohn angenommen worden, der alte Viola gehörte zu Garibaldis Kämpfern und hat daher sehr genaue Vorstellungen von Freiheit und Republik. Costaguana ist insgesamt eine eher unruhige Gegend, aber was in der Hauptstadt und den anderen Provinzen passiert, berührt Sulaco nur wenig, da abgeschieden liegt und über Land nur schwer zu erreichen ist. Separatistische Ideen finden durchaus interessierte Ohren, und in einer der Revolutionen und Putsche geraten beide Parteien aneinander und das Silber der Mine wird zum wertvollen Preis. Gould beauftragt Nostromo damit, die letzte Ladung Silberbarren in Sicherheit zu bringen. Dabei kommt es zu einem nächtlichen Zusammenstoß zwischen dem Leichter und einem einlaufenden Schiff der Putschisten, Nostromo kann sich retten, das Silber gilt jedoch als verloren ...



    Meine Meinung: Aus zwei wesentlichen Gründen war dieser Roman nicht das, was ich erwartet hatte. Zum ersten ist er ein politischer Roman, und da ich auf eine Geschichte mit mehr Seeleuten in ihrem eigentlichen Beruf eingestellt war, habe ich doch einige Zeit gebraucht, mich mit diesem unerwarteten Setting abzufinden und darin einzulesen. Der Einstieg ist mir dementsprechend schwer gefallen. Erleichternd wirkte dabei auch nicht gerade, daß es sich um eine zwar sicher sehr sorgfältig, aber für mein empfinden auch ein wenig „wirre“ konstruierte Erzählung handelt. Nichts gegen Rückblenden und Vorausbezüge, aber ich hatte bis zum Ende das Gefühl, daß mir Verbindungsglieder fehlten oder ich die Chronologie der Ereignisse durcheinanderbrächte. Dem Lesevergnügen war das nur wenig förderlich, da wäre mindestens eine zweite Lektüre notwendig, die ich mir allerdings durchaus vorstellen kann.


    Zum zweiten fehlte mir hier der typische (ob es wirklich typisch ist, weiß ich gar nicht, aber ich habe es bisher bei der Lektüre Conradscher Werke so empfunden), selbstreflektierende „Held“, der sich gerade dadurch selbst dieses Heldenstatus beraubt. Dafür sind hier einfach zu viele Personen involviert und um Nostromo zu einem solchen zu machen, wäre wohl eine Ich-Perspektive nötig gewesen. Nostromo ist schon nicht umsonst der Namensgeber des Romans, aber er spielt doch recht lange eine eher nebensächliche Rolle. Erst zum Ende hin verstärken sich seine Szenen und noch später bekommt der Leser tatsächlich Einblick in seine Gefühls- und Gedankenwelt. Über weite Strecken ist es mehr die Außensicht von Leuten wie Mitchell und Gould, die das Bild des Capataz prägen. Nicht nur bei Nostromo, sondern bei den Figuren insgesamt fehlte mir ein bißchen die Farbigkeit, die Lebendigkeit, mit Ausnahme vielleicht des kauzigen Doktors Monygham.


    Insgesamt wäre es vielleicht nicht dieser Roman, den ich zum Einstieg in Conrads Werk empfehlen würde, aber nachdem ich die Lektüre nun ein paar Tage habe sacken lassen, bin ich insgesamt doch recht angetan, was nicht zuletzt an Conrads klarer und wirkungsvoller Prosa liegt.


    4ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen