Natascha Kampusch - 3069 Tage

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    Kampusch, Natascha -- 3096 Tage


    Okay, die Geschichte von Natascha Kampusch interessierte mich schon vorher, aber eigentlich hatte mich erst ein Gutscheincode für einen Onlineshop dazu überredet das Buch direkt für den Neupreis zu kaufen. Als es hier ankam, fing ich direkt an es zu lesen und verschlang es geradezu. Im Nachhinein denk ich mir, dass es auch die vollen 20 € wert gewesen wären, wenn ich damit Natascha Kampusch wenigstens ein wenig finanziell unterstützen kann.


    Es ist irgendwie seltsam eine Rezension zu schreiben über eine solch tragische und vorallem wahre Geschichte; Als würde man Nataschas Leiden bewerten... Außerdem ist so was wie das hier eine Sache für die man keine andere Meinung braucht: Wenn es jemanden interessiert, dann kauft man es. Ansonsten eben nicht.
    Deshalb versuche ich meine Meinung zum Buch dezent zu halten und fange erstmal oberflächlich an:
    Der Schreibstil ist definitiv gut lesbar. Ich hatte zwar desöfteren das Gefühl, dass sie Satzteile oder ganze Sätze ziemlich oft wiederholte, aber das störte absolut nicht. Ich weiß nicht, ob Natascha Kampusch den Text wirklich komplett selbst so formuliert hat oder ob erfahrene Autoren ihre Geschichte niedergeschrieben haben. Zumindest hatte sie Hilfe von 2 Autorinnen, aber ich würde es ihr auch ohne weiteres zutrauen, dass sie das alles selbst geschrieben hat. Nicht nur hatte sie wohl schon Übung, da sie, wie sie schrieb, in ihrem "Verlies" schon Tagebuch und auch Sci-Fi-Geschichten schrieb, sondern außerdem hilft ihr das Niederschreiben ihrer Erlebnisse auch beim Verarbeiten des Ganzen, wie sie vorallem im Epilog betont.
    Natürlich kann niemand sagen, ob das alles auch so stimmt, wie sie das im Buch schreibt. Aber ich bezweifle sehr stark, dass sie irgendwas dazu erfindet oder irgendwo etwas übertriebener erzählt als es eigentlich geschehen ist. Wofür auch? Um mehr Leser zu bekommen und mehr Leute auf sich aufmerksam zu machen? Wohl kaum. Sie will gar nicht im Rampenlicht stehen und hat das Buch auch eigentlich mehr für sich geschrieben. Sie erzählt ja auch nicht alles aus ihrer Gefangenschaft, da einige intime Informationen auch gar nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Das Buch ist mehr eine Verarbeitungshilfe, wie ich schon sagte, und sie will damit das dunkelste Kapitel ihres Lebens endgültig abschließen um sich endlich ihrem eigenen Leben zu widmen.
    Mich hat Nataschas Geschichte nicht nur sehr berührt und geschockt, sondern auch sehr überrascht. Die Beziehung zwischen Opfer und Täter, zwischen Natascha Kampusch und Wolfgang Priklopil, ist eine sehr... außergewöhnliche. Priklopil war geistig krank. Er hatte Wutausbrüche, Paranoia und überhaupt einen extrem seltsamen Charakter; Zu seinen Lieblingsbüchern gehörte auch Adolf Hitlers "Mein Kampf". Die Gründe, weswegen er das Kind damals entführte weichen nicht nur von sämtlichen bekannten Motiven ähnlicher Fälle ab sondern ist sogar noch unverständlicher. Wie Natascha es interpretierte wollte Priklopil eine Frau die ihn bewundert/liebt und gleichzeitig eine Art Sklavin für ihn ist. Er wollte eine für ihn perfekte Welt aufbauen in seinem Kellerverlies.
    Noch krasser ist die Art wie er sie behandelte. Am Anfang ging es ja noch: Als Natascha noch klein war, erfüllte er ihr noch so gut wie jeden Wunsch. Doch um so älter sie wurde umso mehr wurde sie zur Sklavin und Punchingbag* in einem (*Das soll nicht geschmacklos wirken, Natascha benutzt das Wort selber in ihrem Buch). Spätestens als die Pubertät anfing, wurde Priklopil zum brutalen Monster.
    Warum Natascha trotz vieler Möglichkeiten nie weggerannt ist, kann man schwer erklären und man muss es schon selber in ihrem Buch lesen. Es ist eine Mischung aus phyischer und psychischer Folter die sie wie einen Hund an einer Leine vor dem Weglaufen hinderte. Es ist echt erstaunlich, da Priklopil seine persönliche Sklavin nicht nur zu seiner Arbeit mitnahm, damit sie ihm half, sondern sie waren sogar mal zusammen im Ski-Urlaub. Dort versuchte sie sogar als sie kurzzeitig nicht unter Beobachtung Priklopils war eine fremde Frau anzusprechen. Leider war diese Holländerin und verstand kein Wort...
    Erst mit 18 schaffte sie es sich selbst zu Überreden einfach wegzurennen und konnte dann auch am 23. August 2006 nach 3096 Tagen Gefangenschaft endlich fliehen. Die Beweggründe hierfür sind auch sehr interessant, denn es gibt mehr als nur einen Grund, wieso sie denn ausgerechnet in diesem Alter einen Fluchtversuch startete.


    "3096 Tage" von Natascha Kampusch ist wirklich eine bewegende Geschichte, die nicht vergessen werden sollte. Wer sich dafür interessiert und vielleicht was Gutes tun will für Natascha Kampusch sollte definitiv zuschlagen. Ich bin froh, dass ich es gekauft und gelesen habe und natürlich bin ich froh, zu lesen, dass Natascha ihren wahren Horrortrip doch ganz gut überstanden hat. Sie ist definitiv eine starke Frau. Dennoch: Mitleid meinerseits bleibt auf jedenfall und ich wünsche ihr alles Gute. Und wer weiß, ob nicht so etwas Ähnliches gerade jetzt irgendwo auf der Welt schon wieder passiert...


    Ich vergebe:
    5ratten



    Mit freundlichen Grüßen,
    Matthias.


  • Sie will gar nicht im Rampenlicht stehen und hat das Buch auch eigentlich mehr für sich geschrieben.


    Aus dem Grund ist sie auch ständig auf Lesungen, weil sie nicht im Rampenlicht stehen will.


    Sorry, ich will hier keine Debatte über Natasche Kampusch entfachen, sie tut mir sehr leid, das will ich mal gesagt haben. Aber immer wenn ich sie sehe, geht mir die Galle hoch. Einerseits betont sie ständig, dass sie in Ruhe gelassen werden will und über ihre Zeit im Gefängnis nicht mehr sprechen will und auf der anderen Seite schreibt sie Bücher, tritt in Talkshows auf und bringt sich durch Geschichten a la "Ich verklage die Republik auf 1 Millionen Euro Schmerzensgeld" selbst ständig ins Gespräch.
    Die liebe Frau soll sich mal entscheiden. Will sie in Ruhe leben oder will sie in der Öffentlichkeit stehen? Denn wenn sie sich immer wieder nach vorne drängt, dann braucht sie sich nicht zu wundern, dass die vielen Fragen kein Ende nehmen.


    Meiner Meinung nach hatte sie die falschen PR-Berater, denn an die ganze Familie Fritzl aus Amstetten denkt kein Mensch mehr. Die haben die Öffentlichkeit von Anfang an gemieden und mussten sich gegen dämliche Reporterfragen erst gar nicht zur Wehr setzen.


    Im Übrigen habe ich das Buch auch hier liegen, weil ich es geschenkt bekommen habe. Mal sehen ob ich es jemals lese.


    Katrin

  • Aus dem Grund ist sie auch ständig auf Lesungen, weil sie nicht im Rampenlicht stehen will.


    Sorry, ich will hier keine Debatte über Natasche Kampusch entfachen, sie tut mir sehr leid, das will ich mal gesagt haben. Aber immer wenn ich sie sehe, geht mir die Galle hoch. Einerseits betont sie ständig, dass sie in Ruhe gelassen werden will und über ihre Zeit im Gefängnis nicht mehr sprechen will und auf der anderen Seite schreibt sie Bücher, tritt in Talkshows auf und bringt sich durch Geschichten a la "Ich verklage die Republik auf 1 Millionen Euro Schmerzensgeld" selbst ständig ins Gespräch.
    Die liebe Frau soll sich mal entscheiden. Will sie in Ruhe leben oder will sie in der Öffentlichkeit stehen? Denn wenn sie sich immer wieder nach vorne drängt, dann braucht sie sich nicht zu wundern, dass die vielen Fragen kein Ende nehmen.


    Ganz genau so sehe ich das auch. Ich habe längere Zeit überlegt mir das Buch anzuschaffen, aber dieses ganze Tam Tam um sie herum geht mir einfach nur mehr auf die Nerven und sie kann ich einfach nicht mehr sehen...


    Eigentlich schade, dass Natascha sich durch diesen Medienrummel so unbeliebt gemacht hat, sodass mich ihre Geschichte, also das Buch, leider überhaupt nicht mehr interessiert. Vielleicht lese ich es mal, wenn ein paar Jährchen vergangen sind und ich nicht mehr das :kotz: kriege, wenn ich nur ihren Namen höre...

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys

  • Mir geht es in Sachen Kampusch genauso. Zwar geht mir das TamTam mittlerweile nicht mehr auf die Nerven (in Deutschland ist es wahrscheinlich auch nicht so ausgeprägt wie in Österreich), aber mein Unverständnis über Kampuschs Verhalten besteht nach wie vor. Ich habe große Hochachtung davor, wie sie diese 8 Jahre überstanden hat, kann auch verstehen, dass sie trotz einiger Möglichkeiten es nicht schaffte, früher schon wegzulaufen, aber dass sie ständig wieder in der Öffentlichkeit auftaucht und gleichzeitig sagt, dass die Fragerei sie nervt, kann ich nur den Kopf schütteln. Man kann sich seine Probleme "wegschreiben", ohne es gleichzeitig als Buch zu veröffentlichen und das Interesse von neuem zu schüren. Wenn sie ihre Ruhe haben möchte, sollte sie selbst den Anfang machen und sich zurückziehen.


    @ Jaqui
    Ich denke, für ihre Zwecke hat sie genau die richtige PR-Beratung.

  • Ich kann mir gut vorstellen, dass das Buch recht interessant ist. Aber schon allein deswegen werde ich es nie lesen :


    Zitat

    Im Nachhinein denk ich mir, dass es auch die vollen 20 € wert gewesen wären, wenn ich damit Natascha Kampusch wenigstens ein wenig finanziell unterstützen kann.


    Sie hat seit sie wieder aufgetaucht ist, vermutlich mehr Geld gemacht als ich es in meinem ganzen Leben machen werde. Von mir bekommt sie keine Unterstützung, egal wie interessant das Buch auch sein mag. Hier in Österreich ist sie nunmal nicht so beliebt und nervt wirklich sehr. Ich muss dabei immer an die Fritzl-Tochter und ihre Kinder denken, denn die sind wirklich arm, aber nutzen es nicht einfach aus, indem sie ins Fernsehen gehen oder ein Buch schreiben.

  • Ich vermute mal das Natascha es eben auch auf eine Art genießt im Mittelpunkt zu stehen. Ich schätze mal das die Jahre der Gefangenschaft nicht spurlos an ihr vorbeigezogen sind, sie stand 8 Jahre Lang allein im Mittelpunkt, daran gewöhnt man sich auch wenn es eigentlich schrecklich war. Hier in Deutschland ist der Fall ja wieder eher in den Hintergrund getreten, was sicher auch damit zu tun hat das sie Österreicherin ist. Aber bei ihr habe ich schon den Eindruck das sie ihr Leben nun gut vermarktet.


  • @ Jaqui
    Ich denke, für ihre Zwecke hat sie genau die richtige PR-Beratung.


    So kann man es auch sehen. Ich fand es damals ja schon komisch, dass nicht mal die eigenen Eltern ganz am Anfang zu ihr durften, sondern nur ihre Berater.


    Katri

  • @Jacqui
    Hm das wiederum habe ich schon eher verstanden. Ich glaube das sie zu Beginn mit ihren Eltern überfordert war. Vor allem weil es ja schon eine besondere Situation ist, man verliert ein Kind und zurück kommt eine junge Frau... da ist eine Annäherung sicher erstmal schwierig. Andererseits wäre es da sicher sinnvoller gewesen einen Psychologen zu ihr zu lassen an Statt irgendwelche PR Berater...

  • Kurzes off-topic am Rande.


    Wenn meine Tochter nach acht Jahren wieder auftaucht, würde mich eine ganze Armada von Beratern nicht davon abhalten können zur ihr zu gehen, sie in den Arm zu nehmen und mit ihr zu reden. Das habe ich damit gemeint. Denn in dem Moment wo sie wieder da war, wussten die Eltern ja noch nicht, dass Priklopil ihr jahrelang eingeredet hat, dass ihre Eltern wollen dass sie bei ihm ist.


    Katrin

  • Oh ja, hier in Ö nervt sie schon sehr. Ich denke, die Amstettner (Fritzl-Opfer) hatten die besseren Berater. Sie haben jetzt zumindest die Chance auf ein dem Durchschnitt mehr entsprechendes Leben ("normal" wirds wohl nie sein), Kampusch wurde diese Chance verwehrt. Dafür hat sie jetzt einen Haufen Geld. Hab ich schonmal erwähnt, dass ich in Amstetten wohn? Wir sind nicht alle Ignoranten - wir wussten tatsächlich von nix.


  • Hab ich schonmal erwähnt, dass ich in Amstetten wohn? Wir sind nicht alle Ignoranten - wir wussten tatsächlich von nix.


    Hast du schon mal erwähnt und ich glaube dir, dass ihr nichts wusstet. So klein ist die Stadt immerhin auch nicht.


    Katrin

  • Ich kann ja nicht so ganz verstehen, was das Motiv ist, so ein Buch zu veröffentlichen und auch zu lesen. Beim Veröffentlichen muss es ja ums Geld gehen - oder um Aufmerksamkeit. Zu therapeutischen Zwecken würde ein für sich schreiben auch genügen - "Anerkennung" für das Leid (im Sinne der Bestätigung, dass das schlimm und unrecht war, was ihr geschehen ist) bekommt sie von der anonymen Masse mangels persönlichem kontakt nicht. Und vielleicht könnt ihr mir ja beantworten, was der Grund ist, so ein Buch zu lesen. Was habe ich davon? Feststellen, dass mein Leben doch ganz okay ist? Dass es andere gibt die schlimmer dran sind? (Ich muss vielleicht noch dazu sagen, dass ich in der Psychiatrie arbeite und daher privat solche Dinge eigentlich grundsätzlich nicht lese)


  • Interessante Frage, Baerbeline - das würde mich auch interessieren. Mich reizt das Buch gar nicht.


    Dem schließe ich mich an. Allerdings habe ich mich heute mit einer Freundin unterhalten, die das Buch gelesen hat und es sogar für gut empfunden hat. Sie meinte, Frau Kampusch hat das Buch angeblich geschrieben, damit sie ein für allemal in Ruhe gelassen wird UND das Geld braucht sie ja für ihr "neues" Leben!!!

    &quot;Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn&#39;t do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in y


  • Und vielleicht könnt ihr mir ja beantworten, was der Grund ist, so ein Buch zu lesen. Was habe ich davon? Feststellen, dass mein Leben doch ganz okay ist? Dass es andere gibt die schlimmer dran sind?


    Ich habe das Buch auch nicht gelesen und werde es auch nicht. Aber es gibt sicher viele Menschen, die ähnliches durchgemacht haben und denen Natascha's Geschichte (und vor allem ihr guter Ausgang) Trost spendet und ihnen Hoffnung gibt. Dazu muss man ja kein großer Fan von ihr sein. Aber wir wissen nichts über die, denen das Buch gefällt -- und wie sollten wir auch? Wie können wir sie dann kritisieren?


    Der Rezensent "ASympathizer" schrieb auf Amazon.de:


    Zitat

    She doesn't back down ever -- she tells the truth about her parents, her fears and how she fought to keep her heart alive all those years. As someone who was always told to keep my mouth shut about the horrors I've lived through, this book was like finding a true friend. A young woman who refuses to hide. Someone who's not afraid to present helplessness and trauma exactly as they are.

    Tread lightly, love deeply and live joyfully, for we are stalked by time and shadows. (A. J. Dalton)

    Einmal editiert, zuletzt von Mara ()

  • Zitat

    Ich habe das Buch auch nicht gelesen und werde es auch nicht. Aber es gibt sicher viele Menschen, die ähnliches durchgemacht haben und denen Natascha's Geschichte (und vor allem ihr guter Ausgang) Trost spendet und ihnen Hoffnung gibt. Dazu muss man ja kein großer Fan von ihr sein.


    Mag sein, dass dieser Selbsthilfegruppeneffekt ein Aspekt ist (wenngleich ich dann die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für wesentlich effektiver hielte - aber anderes Thema).


    Zitat

    Aber wir wissen nichts über die, denen das Buch gefällt -- und wie sollten wir auch? Wie können wir sie dann kritisieren?


    Mir gings hier auch nicht darum, jemanden zu kritisieren; dann hätte ich das ganz anders formuliert.


  • Ich kann ja nicht so ganz verstehen, was das Motiv ist, so ein Buch zu veröffentlichen und auch zu lesen.


    Warum bleiben Leute bei Verkehrsunfällen stehen um zu gaffen? Viele werden es halt kaufen und lesen wollen, weil es ein Mega-Skandal ist/war und sie neugierig sind, etwas über das Leben im Keller zu erfahren.

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh