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Autor: Evangeline Walton Titel: Die vier Zweige des Mabinogi Originaltitel, Jahr: Four Branches of The Mabinogion: Prince of Annwn, The Children of Llyr, The Song of Rhiannon, The Island of the Mighty, 1974 Übersetzung aus dem Englischen: Jürgen Schweier Verlag: Hobbit Presse / Klett-Cotta ISBN: 3-608-95148-2 Ausgabe: Broschiert mit Schuber Seiten: 763 |
Inhalt: Das sog. Mabinogion ist eine Sammlung mittelalterlicher walisischer Manuskripte, deren mythologischer Inhalt aber zum Teil auch auf vorchristliche Zeiten zurückgeht. Verbindendes Element der vier Haupterzählungen, der Vier Zweige ist Pryderi, König von Dyfed, auch wenn er nicht immer eine Hauptrolle spielt. Evangeline Walton hat diese vier Zweige nach- und teilweise neuerzählt.
Der Fürst von Annwn: Pwyll, der König von Dyfed, wird bei einer Jagd vom Grauen Mann Arawn, dem Fürsten von Annwn, in dessen Welt geholt. Dort soll er eine Aufgabe für den Fürsten erfüllen, nämlich Arawns Gegenspieler Havgan im Zweikampf besiegen. Da sich Pwyll als durch und durch ehrenhaft erweist, bleibt ihm – sehr zum Vorteil auch seines Landes – Arawns Freundschaft erhalten. Die Druiden drängen ihn, sich eine Frau zu suchen und endlich für einen Nachfolger zu sorgen. Das gestaltet sich, auch weil Pwyll die ein oder andere Dummheit unterläuft, noch etwas schwierig, aber schließlich gewinnt er Rhiannon von den Vögeln als Frau und auch der Sohn Pryderi wird schließlich geboren.
Die Kinder Llyrs: Llyr ist eine Falle seines Widersachers getappt und seine Frau Penardim kann ihn nur durch ein persönliches Opfer auslösen, was zu den den Zwillingen Nissyen und Evnissyen führt. Während der Älteste von Penardims Kindern, Bran, seinem Onkel als König folgt, unterstützen ihn seine Geschwister – bis auf den bösartig veranlagten Evnissyen. Als der irische König Matholuch Brans Schwester Branwen zur Frau begehrt, zögern die Brüder zunächst, denn Branwens Sohn wäre Brans Nachfolger. Und kann man dann wirklich zulassen, daß Branwen nach Irland geht? Die Hochzeit kommt zwar zustanden, aber durch Neid, Mißgunst, böse Einflüsterungen und ein paar weitere Häßlichkeiten wird Branwen am irischen Hof gedemütigt. Als ihre Brüder davon erfahren, brechen diese mit großen Heer auf, um die Iren für die Behandlung Branwens büßen zu lassen. Am Ende sind beide Seiten Verlierer und nur wenige kehren aus Irland zurück.
Rhiannons Lied: Einer der Rückkehrer ist Brans jüngerer Bruder Manawyddan, der eigentlich den Thron übernehmen müßte. In der Zwischenzeit hat sich aber ein Cousin dessen schon bemächtigt. Manawyddan hat kein Interesse daran, seine Ansprüche durchzusetzen. Und da Pryderi der Ansicht ist, seine Mutter müsse seinem Vater nicht länger nachtrauern, versucht er recht erfolgreich, Rhiannon und Manawyddan zu verkuppeln. Da Dyfed unter einem Fluch liegt und entvölkert ist, zieht die Familie über die ganze britische Insel und versucht, ein Auskommen zu finden. Aber es kommt auch die Zeit der Rückkehr nach Dyfed und des Kampfes gegen den Fluch.
Die Insel der Mächtigen: Gwydion ist der Neffe und designierte Nachfolger Maths des Uralten, König von Gwynedd. Als junger Mann begeht er einige Torheiten, die ihm eine harte Strafe seitens seines Onkels eintragen. Gwydion lernt jedoch daraus. Er nimmt sich später seines eigenen Neffen an, da Gwydions Schwester Arianrhod kein Interesse an ihrem eigenen Kind hat, im Gegenteil verflucht sie ihn sogar. Zweimal gelingt es Gwydion, seine Schwester auszutricksen, der dritte Fluch kann jedoch nicht so leicht umgangen werden. Math und Gwydion schaffen mit vereinten Kräften eine nichtmenschliche Frau für Llew, die aber noch für großen Verdruß sorgt.
Meine Meinung: Ich kannte bereits Auszüge aus dem Mabinogion, und war daher doch angenehm überrascht, wie flüssig sich Waltons Fassung lesen läßt. Sie hat sich ein paar Freiheiten herausgenommen und Adaptionen vorgenommen, aber der Kern der Geschichten einschließlich ihres mythologischen Charakters ist recht gut erhalten geblieben. Walton erläutert auch, wo sie die ursprünglichen Geschichten zugunsten des Erzählflusses etwas „gebogen“ hat, so daß eigentlich nur die walisischen Namen vielleicht als Aussprachehindernis bleiben. So weit ist alles gut und richtig gemacht. Trotzdem ist der Funke in letzter Konsequenz nicht ganz übergesprungen, ohne daß ich genau sagen könnte, woran es nun gelegen hat.
Einer der Punkte ist aber sicher, daß Walton in einem Aspekt zu dick aufgetragen hat. In ihrer Nach- oder Neuerzählung spielt der Unterschied zwischen den noch matrilinear ausgerichteten Völkern (hier heißen sie die alten Stämme) und jenen, die bereits patrilinear organisiert sind (entsprechend die neuen Stämme), eine große Rolle. Es ist zwar vermutlich nicht falsch, daß mit der Ausbreitung des Christentums, das hier nicht explizit so genannt wird, gleichwohl aber bereits zu ahnen ist, ein entsprechender Wechsel stattgefunden hat, aber Walton überstrapaziert die beiden Prinzipien und ihren Antagonismus als Basis für eine Vielzahl von Auseinandersetzungen für meinen Geschmack dann doch.
Offensichtlich ist auch, daß sie den ursprünglichen Text um einiges ausgeschmückt und damit verlängert hat, besonders deutlich wird das (auch ohne Waltons Vorwort) beim vierten Zweig, aber auch die übrigen haben eine Ausweitung erfahren. Das ist nicht per se schlecht und zu verdammen, aber dadurch haben sich auch einige Längen in die Erzählungen eingeschlichen, die nicht nötig gewesen wären. Wer möglichst nah am Original bleiben will, der sollte sich besser eine gute Übersetzung des mittelwalisischen Textes in modernes Englisch (ob es auch gute Übersetzungen ins Deutsche gibt kann ich im Moment nicht sagen) besorgen, vielleicht gleich noch eine Ausgabe mit Erläuterungen.
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Schönen Gruß
Aldawen