Joseph Roth – Radetzkymarsch

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  • Hallo,


    ich habe ein klein wenig den Faden verloren, mein Hören ist ja auch schon eine Weile her - ich weiß nur das er immer weiter plan- und ziellos durchs Leben geht. Seine Affäre dauert eine Weile an, da steigert er sich wirklich rein, hier habe ich mich gefragt was er nur immer an etwas älteren Frauen findet.


    Ich weiß nicht genau ob ihr schon so weit seid, aber es gibt da diesen Lord oder Baron glaub ich, er hatte einen slawischen Namen und mit denen tue ich mich immer schwer, ich vergess sie so schnell. Er wurde aber irgendwo von euch schon erwähnt. Dessen Ansichten fand ich immer klasse - auf den Punkt gebracht, was Monarchie und Gesellschaft angeht.


    Wenn Carl Joseph jetzt schon so tief im Schlamassel steckt kommt ja auch bald eine Stelle die mir lebhaft in Erinnerung geblieben ist. Aber vllt. empfindet ihr das ja nicht so.


    Viele Grüße
    schokotimmi


  • Ich weiß nicht genau ob ihr schon so weit seid, aber es gibt da diesen Lord oder Baron glaub ich, er hatte einen slawischen Namen und mit denen tue ich mich immer schwer, ich vergess sie so schnell. Er wurde aber irgendwo von euch schon erwähnt. Dessen Ansichten fand ich immer klasse - auf den Punkt gebracht, was Monarchie und Gesellschaft angeht.


    Du meinst bestimmt Chojnicki? Ja, der beweist gesunden Menschenverstand und Urteilsvermögen, er könnte Carl Joseph eine gehörige Portion abgeben und hätte immer noch genug.

  • Du meinst bestimmt Chojnicki? Ja, der beweist gesunden Menschenverstand und Urteilsvermögen, er könnte Carl Joseph eine gehörige Portion abgeben und hätte immer noch genug.


    Ja, der ist es - ich fand ihn recht sympathisch.


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Wir erfahren aber praktisch nichts aus ihrer Sicht über die Ehe, nur durch Max und durch ihren Vater. Sicher gehört einiges dazu, dem eigenen Mann so platt ins Gesicht zu sagen, daß man ihn nicht liebt, aber wer weiß, wie lange und aus welchen Gründen sie sich damit getragen und auf diese Gelegenheit gewartet hat?


    Ich gebe zu, dass ich mir über eine mögliche Vorgeschichte gar keine Gedanken gemacht habe... Sie war mir gleich ziemlich unsympathisch und ich denke, das liegt sicherlich auch am Gespräch, das ihr Vater und ihr Mann über sie führen, als auch an der Art und Weise, wie sie dann in der Unterhaltung mit Max auf S. 104/105 dargestellt wird. Wäre wirklich interessant, mal mehr über ihre Sicht der Dinge zu erfahren.


    Ist es das nicht? Ich weiß nicht recht. Natürlich hat Max das Duell nicht gerade selbst heraufbeschworen, und ich will auch nicht behaupten, daß er sich freudig hineingestürzt hat. Aber er hat seine Angelegenheiten geordnet und ich denke schon, daß er zumindest mit sich selbst im Reinen war und daher auch dem Tod klar ins Auge sehen konnte.


    Ich bin mir nicht so sicher. Ich dachte eigentlich auch, dass er mit allem abgeschlossen hat, aber im Gespräch mit Carl Joseph kamen ihm dann ja Zweifel und mir ist nicht so ganz klar, wie beständig die waren. Gewundert hat mich an dieser Augensache nur, dass es dann eben anders verläuft, als er vorher gesagt hat.

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  • Gewundert hat mich an dieser Augensache nur, dass es dann eben anders verläuft, als er vorher gesagt hat.


    Ja, das stimmt allerdings. Ich war da auch ein wenig irritiert und habe mich gefragt, ob man das jetzt wirklich so wörtlich nehmen kann, das dann aber für mich verneint. Ich denke schon, daß es eher symbolisch zu lesen ist, und dann kann man sicher verschiedene Erklärungsansätze finden.

  • Ich habe jetzt auch bis Kapitel 11 gelesen.


    Das Verhalten des Bezirkshauptmanns beim Tod des alten Jacques hat mich, wie euch, verwundert und mir ihn als Figur etwas sympathischer gemacht. Ganz schön fand ich, dass Jacques den Tod als etwas Positives begrüßt und annehmen kann, am Ende seines langen Lebens. Was für ein Unterschied zum Tod von Max, der für mich als Leserin so einen sinnlosen Beigeschmack hatte.
    Schade und sehr traurig, dass das Treffen zwischen Vater und Sohn dann so wenig ergiebig war. Über Carl Joseph bin ich schon etwas erschrocken. Der Griff zum Alkohol hat sich ja zwar abgezeichnet nach den beiden Kondolenzbesuchen, dass es allerdings so schnell geht... Und nun noch der Spielsalon. Das lässt schlimmes vermuten.

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  • Bis Kapitel 16



    Bis Ende Kapitel 14


    Wie erwartet gerät Trotta in die Fänge von Spiel und Alkohol. Ersteres zwar eher indirekt, aber doch genügend, um sich in Schulden zu stürzen. Und anstatt das bei seiner Reise gewonnene Geld sinnvoll zu deren Tilgung einzusetzen, schmeißt er dieser alternden Tussi eine Perlenkette hinterher :rollen:


    An dieser Stelle habe ich im Geiste auch die Augen verdreht, aber ich gehöre sowieso zu den Menschen, die keinerlei Verständnis für Glückspiel aufbringen können. Vielleicht, weil ich mir mein Geld viel zu hart erarbeiten muss.



    Auch beim Einsatz gegen die Demonstranten zeigt sich seine Veranlagung sehr gut, diese Darstellung gelingt Roth wirklich vorzüglich, so vorzüglich, daß ich kurz davor bin, Carl Joseph eigenhändig zu erwürgen. Er ist antriebslos, meinungsfrei, selbstmitleidig und charakterschwach und solche Leute treiben mich zum Wahnsinn! :grmpf: Wie kann man so jemanden zum Offizier machen? Das muß doch auch Vorgesetzten auffallen. Sind die alle derartig abgestumpft? Spielt(e) Qualifikation wirklich eine so untergeordnete Rolle?


    Am besten würde er Hauptmann Wagner gleich in den Wald folgen und ihn sich zum Vorbild nehmen, das würde bestimmt einer Menge Leute eine Menge Unannehmlichkeiten ersparen, aber dafür würde ja wieder ein Mindestmaß an Charakter oder Ehrgefühl gebraucht werden. Wahrscheinlich würde es also nur funktionieren, wenn ihm ein Vorgesetzter einen entsprechenden Befehl erteilte, dann funktioniert er ja wie eine Marionette. Zugegeben seine ganze Erziehung einerseits und die Strukturen beim Militär andererseits sind sicher auch nicht dazu angetan gewesen, die besseren Seiten seines Charakters hervorzuholen, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er sich unter anderen Bedingungen als um Klassen lebenstüchtiger erwiesen hätte.


    Ich verstehe was Du meinst, aber ich kann nicht so ein hartes Urteil über ihn fällen. Er tut mir einfach nur Leid. Er ist das Opfer seiner Zeit, welches uns hier an seinem Beispiel sehr genau beschrieben wird, aber ich bin fest davon überzeugt dass er einer unter sehr vielen ist. Ich würde es sehr wahrscheinlich auch anders sehen, wenn er selbst den Beruf des Soldaten gewählt hätte, aber er wurde quasi in die Institution der Armee hineingepresst. Es wurde immer von immer erwartet zu gehorchen und es war üblich zu dieser Zeit. Er übt einen Beruf aus, zu dem er letztendlich keinerlei Beziehung hat und wir dürfen nicht vergessen, dass er ein noch sehr junger Mann ist. Natürlich entbindet das nicht von moralischer Verantwortung, aber was ist denn Moral. Ist ihre Wertigkeit nicht auch ein Spiegel ihrer Zeit? Insofern empfand ich es eher als mutig von ihm sich dann im 16. Kapitel durch zuringen so konsequent zu sein und den Dienst in der Armee zu quittieren und sich das erste Mal in seinem Leben dem Wunsch der Vaters zu widersetzten. Dr. Skowronnek hat es dem Bezirkshauptmann sehr gut erklärt und mir erschien es, als hätte nun auch der Vater endlich gewisse Zweifel an der Berufswahl seines Sohnes, auch wenn es ihm nach wie vor nicht gefällt, aber wir sehen es ja auch heute noch, dass es immer wieder ein großer Fehler ist die eigenen verpassten Chancen den Kindern aufdrängen zu wollen. Es hätte dem Bezirkshauptmann, Carl Joseph und überhaupt der ganzen Vater-Sohn-Beziehung gut getan, hätte sich der Vater schon viel früher mit einem dritten ausgetauscht um endlich mal einen anderen Standpunkt kennen zulernen und die Chance zu haben diesen zu überdenken.


    Ich bin auf jeden Fall gespannt wie dieses Geschichte endet.


    Viele Grüße Tina


  • Bis Kapitel 16
    Insofern empfand ich es eher als mutig von ihm sich dann im 16. Kapitel durch zuringen so konsequent zu sein und den Dienst in der Armee zu quittieren und sich das erste Mal in seinem Leben dem Wunsch der Vaters zu widersetzten.


    Oh, das muss ich revidieren, denn da habe ich wohl etwas missverstanden, wie es sich im nächsten Kapitel zeigte.


  • Ich verstehe was Du meinst, aber ich kann nicht so ein hartes Urteil über ihn fällen. Er tut mir einfach nur Leid. (...)


    Ja, sicher, der Vater hat ihn in die Armee gezwungen und es wäre besser gewesen, das nicht zu tun. Und natürlich ist er noch recht jung. Aber entbindet das von jeder Verantwortung für das eigene Leben, das eigene Handeln? Carl Joseph übernimmt diese für sich selbst nicht, und das mache ich ihm im wesentlichen zum Vorwurf. Und wie Du auch sagt: Gehorsam und eine entsprechende Erwartungshaltung waren andere als heutzutage, aber auch unter diesen Bedingungen haben sich viele Menschen anders verhalten und entwickelt, das allein kann keine Entschuldigung für Carl Josephs charakterliche Schwächen sein.



    Ich habe jetzt auch bis Ende Kapitel 16 gelesen.


    Besonders erschreckend fand ich eigentlich die Darstellung der Gedanken und Gefühle des alten Kaisers. Was muß das für eine Belastung sein, auch wenn er es anscheinend mit Humor und einer gewissen Gelassenheit zu nehmen versucht. Aber das Bewußtsein, das Ende einer Ära zu verkörpern und den Untergang der eigenen Welt noch zu erleben, muß eigentlich etwas Beklemmendes haben. Wahrscheinlich kann er das wirklich nur wegen seines Alters ertragen. Und bemerkenswert ist natürlich auch die Gutsherrenart, in der der Kaiser hier vorgeht: Mal eben jemanden befördern, genauso wie er schon die Untersuchung gegen Carl Joseph wegen der Schüsse auf die Demonstranten zur „günstigen Erledigung“ angewiesen hat. So kann eine Institution wie die Armee ja auch nicht vernünftig funktionieren.


    Die aufkeimende Freundschaft zwischen Trotta und Skowronnek tut zumindest ersterem wirklich gut. Ohne diesen Anstoß hätte er Carl Joseph seine weitere Entscheidung wohl nicht freigestellt, das sehe ich genauso wie Du, tina. Ich fürchte nur, daß es nichts nutzen wird, denn Carl Joseph wird genauso wenig wie sein Vater wissen, was er stattdessen würde tun können oder wollen. Also wird es sicher darauf hinauslaufen, daß er doch beim Militär bleibt, mit allen Gefahren, die das für ihn hinsichtlich Alkohol und Glücksspiel birgt – und noch ganz unabhängig von einem drohenden Krieg.


    Etwas überrascht war ich, als Moser in Trottas Kanzlei auftauchte und recht unverhohlen seine Unterstützung einforderte. Da würde mich jetzt wirklich interessieren, warum Trotta ihm eine monatliche „Apanage“ zahlt. Was für eine Verpflichtung steckt dahinter, die nach so vielen Jahren noch nicht abgegolten wäre? Es macht ja fast den Eindruck von „Schweigegeld“, so wie Trotta reagiert, denn er legt schließlich Wert darauf, daß Moser auch tatsächlich wieder mit dem Zug abfährt und keine Gelegenheit bekommt, sich im Ort umzutun. Sehr mysteriös das ganze.

  • Inzwischen bin ich zum Ende von Kapitel 18 vorgedrungen.


    Immerhin bleibt Roth in der Gestaltung von Carl Josephs Charakter konsequent. Der Junge weiß, daß er eigentlich nicht bei der Armee bleiben sollte, aber seinen Abschied nehmen kann er auch nicht. Da ist es natürlich viel einfacher, ohne nachzudenken Schulden aufzuhäufen. Ich bin nun auch nicht gerade ein Genie in Gelddingen und ohne meinen Finanzberater völlig aufgeschmissen – außer beim Geldausgeben :breitgrins: Aber ein paar Grundrechenarten, die auch für Prozentrechnung reichen, dürfte Carl Joseph doch wohl auch gelernt haben. Und daß unterschriebene Schuldscheine auch irgendwann mal eingefordert werden, sollte auch nicht so überraschend sein. Immerhin hat er aber Kapturak nicht umgebracht, den habe ich ja schon tot am Boden liegen sehen :entsetzt: Und das hätte sich vermutlich nicht so still und leise beseitigen lassen wie die Schulden. Naja, vielleicht doch, das Militär macht da ja eh, was es will.


    Und diese Beziehung zu Frau von Taußig? Ist das jetzt von Carl Josephs Seite auch wieder Mutterersatz? Und für sie ein Jungbrunnen? Du meine Güte, das müßte beiden doch eigentlich hochgradig peinlich sein, wenn man sich das Umfeld vorstellt. Ein einziger ausgefallener Besuch wirft Carl Joseph schon in eine Depression, das verrät doch einiges über seinen Charakter. Die einzige Szene, in der er mir hier richtig gefallen hat, das war bei der Zurückweisung von Onufrijs Geld. Mag sein, daß das Reglement das wirklich verbietet, aber es hätte ja keiner mitbekommen, hätte Carl Joseph es doch angenommen. Allerdings hätte er damit seinen Burschen unter Umständen in ziemliche Probleme gestürzt, so ist es zumindest für diesen auf jeden Fall besser. Und sollte es eine entsprechende Regelung gar nicht geben und Carl Joseph hätte sie quasi aus dem Stehgreif erfunden, so wäre es noch besser, aber das kann ich mir nicht vorstellen, so schnell hätte er sich das sicher nicht ausdenken können.


    Der alte Bezirkshauptmann. Es ist schon irgendwie bezeichnend, daß er zwar durchaus Mitleid mit seinem Sohn empfindet, aber die ganze Aktivität vor allem entfaltet, um den Namen der Familie nicht zu entehren. Ich habe überhaupt nichts gegen gesunde Ehrbegriffe, bin im Gegenteil, wie ich schon mal sagte, der Überzeugung, daß uns mehr von dieser Geisteshaltung auch heute noch gut tun würde, aber es wurde in jener Zeit und vor allem in bestimmten Kreisen doch arg übertrieben :rollen:

  • Ich habe jetzt bis S. 330 gelesen, also irgendwo in Kap. 18.



    Besonders erschreckend fand ich eigentlich die Darstellung der Gedanken und Gefühle des alten Kaisers. Was muß das für eine Belastung sein, auch wenn er es anscheinend mit Humor und einer gewissen Gelassenheit zu nehmen versucht. Aber das Bewußtsein, das Ende einer Ära zu verkörpern und den Untergang der eigenen Welt noch zu erleben, muß eigentlich etwas Beklemmendes haben. Wahrscheinlich kann er das wirklich nur wegen seines Alters ertragen. Und bemerkenswert ist natürlich auch die Gutsherrenart, in der der Kaiser hier vorgeht: Mal eben jemanden befördern, genauso wie er schon die Untersuchung gegen Carl Joseph wegen der Schüsse auf die Demonstranten zur „günstigen Erledigung“ angewiesen hat. So kann eine Institution wie die Armee ja auch nicht vernünftig funktionieren.


    Das Kapitel gehört zu meinen Highlights bisher (mit dem Kapitel um Jacques' Tod), wobei ich es auch erschreckend fand. Er schien mir fast wie in Watte eingepackt und vom Rest der Welt abgetrennt zu sein. Drei Stellen sind mir da besonders in Gedächtnis geblieben: Erstens diejenige, dass er häufig vor seiner Umwelt den Unwissenden spielt, das passt schlicht nicht zum Bild, das ich vom Verhalten eines Kaisers habe. Dann diejenige, auf die du anspielst, die Beförderung des Friseurs, vor allem auch wegen der Diskrepanz zwischen der Freude des Kaisers, jemandem etwas Gutes getan zu haben, und dem tatsächlichen Effekt, den es auf den Friseur hat. Und schließlich seine Begegnung mit Carl Joseph.



    Und diese Beziehung zu Frau von Taußig? Ist das jetzt von Carl Josephs Seite auch wieder Mutterersatz? Und für sie ein Jungbrunnen? Du meine Güte, das müßte beiden doch eigentlich hochgradig peinlich sein, wenn man sich das Umfeld vorstellt. Ein einziger ausgefallener Besuch wirft Carl Joseph schon in eine Depression, das verrät doch einiges über seinen Charakter.


    Das mit dem Mutterersatz habe ich mir auch gedacht. Er sucht sich da wohl immer ähnliche Typen aus einem ähnlichen Grund (wobei ich die Frauen zumindest bei Zustandekommen der "Beziehung" als den aktiveren Part ansehe).
    Interessant fand ich das Urteil von Frau von Taußig über Carl Joseph (ich finde leider gerade die Stelle nicht): Dass er schon viel Unglück erlebt, aber nicht daraus gelernt habe.



    Die einzige Szene, in der er mir hier richtig gefallen hat, das war bei der Zurückweisung von Onufrijs Geld. Mag sein, daß das Reglement das wirklich verbietet, aber es hätte ja keiner mitbekommen, hätte Carl Joseph es doch angenommen. Allerdings hätte er damit seinen Burschen unter Umständen in ziemliche Probleme gestürzt, so ist es zumindest für diesen auf jeden Fall besser. Und sollte es eine entsprechende Regelung gar nicht geben und Carl Joseph hätte sie quasi aus dem Stehgreif erfunden, so wäre es noch besser, aber das kann ich mir nicht vorstellen, so schnell hätte er sich das sicher nicht ausdenken können.


    Onufrij fand ich rührend in der Szene. Aber ich war auch froh, dass Carl Joseph das Geld nicht angenommen hat.


    Die Welt des alten Bezirkshauptmanns ist nach dem Tod Jacques' ins Wanken geraten. Er scheint viele Dinge nicht mehr zu verstehen, auch die Meinung von Nechwals Sohn zum Beispiel nicht. Sein Verhalten gegenüber der Haushälterin sorgt bei mir immer für ein leichtes Grinsen, aber es zeigt ja irgendwie auch, dass er bei sich selbst nicht mehr zuhause ist.
    Kaum vorstellbar, wie viele Überlegungen hinter den wenigen Zeilen stehen, die er an Carl Joseph schreibt. Seine Gespräche mit Skowronnek und überhaupt die Figur Skowronnek empfinde ich auch als Gewinn, nicht nur für den Bezirkshauptmann, sondern auch für den Leser, weil da einfach mal wichtige Dinge ausgesprochen werden.

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  • bis zum Ende des Buches


    Hallo,


    Ich kann mich dem, was ihr geschrieben habt nur anschließen und kann auch nichts weiter hinzufügen.
    Ich habe gestern das Buch beendet und ich muss gestehen, dass ich den Schluss etwas verwirrend fand, was die Person von Leutnant Trotta angeht, so dass ich relativ unsicher war was ich dazu schreiben sollte. Das Ende fand ich sehr heftig, die fast bewusste Opferung von Trotta für seine Kameraden. War es eine bewusste kameradschaftliche Entscheidung, war es einfach Ausdruck dass Carl Joseph lebensmüde war, sollte dieses Szenen dennoch seinen Charakter rehabilitieren?
    Mir tat es in der Seele weh, wie der Bezirkshauptmann um seinen Sohn trauert und vor allem wenn man bedenkt, wieviel wertvolle Lebenszeit er vergeudetet, als er sich so distanziert zu seinem Sohn verhielt, als dieser ein Kind/Jugendlicher war.
    Der Tod von Bezirkshauptmann und Kaiser zur fast gleichen Zeit, war sehr eindrucksvoll geschildert und ich denke es war ein perfekter Abschuss des Buches. Ich bin auf alle Fälle froh, dass der Bezirkshauptmann, wenn auch zu Ende seiner Lebenszeit noch einen so wertvollen und treuen Freund gefunden hat.


    Alles in allem fand ich das Buch sehr gut und es hat mit wieder einmal ein Bild von einer Zeit vor Augen geführt, welche mir bisher ziemlich fremd war. Auch die Beschreibung von Umbrüchen, privater wie auch politischer Art, war sehr treffend und regte mich zum nachdenken an.
    Vor allem aber, fand ich es unglaublich interessant, dieses Buch mit Euch zu lesen, da ich wieder einmal gesehen habe, wie unterschiedlich Informationen aus einem Buch aufgenommen werden können und die Ansichten Anderer immer wieder einen neuen Wind und neue Gedanken in eine Lektüre bringen. Da soll mal einer sagen, lesen macht einsam. :zwinker:


    Ich bin sehr gespannt auf die Eindrücke von Euch, bezüglich des Endes des Buches.


    Liebe Grüße Tina

  • Ich bin auch fertig.



    Ich habe gestern das Buch beendet und ich muss gestehen, dass ich den Schluss etwas verwirrend fand, was die Person von Leutnant Trotta angeht, so dass ich relativ unsicher war was ich dazu schreiben sollte. Das Ende fand ich sehr heftig, die fast bewusste Opferung von Trotta für seine Kameraden. War es eine bewusste kameradschaftliche Entscheidung, war es einfach Ausdruck dass Carl Joseph lebensmüde war, sollte dieses Szenen dennoch seinen Charakter rehabilitieren?


    Das ist in der Tat eine gute Frage, gerade weil er ja zuvor eigentlich seinen Frieden mit sich selbst gemacht hatte. Ich denke, er hat während dieser Wochen und bei seinen Spaziergängen einfach eine andere Sicht auf die Bauern gewonnen und aus denen besteht sein Zug ja vornehmlich. Offensichtlich haben sich seine Wertigkeiten verschoben, das zeigte sich auch an seiner einsamen nächtlichen Aktion, bei der er die drei Gehenkten abnimmt und begräbt. Daher denke ich nicht, daß er sich unbedingt opfern wollte, er hätte den Gang zum Brunnen vermutlich schon lieber überlebt. Aber er fand es wohl sinnvoller, sich selbst in Gefahr zu bringen als seine Leute, vielleicht weil er ihr Leben (oder eher ihre Lebensart?) für wertvoller als sein eigenes hält. Jedenfalls war das eine Aktion, die ihm endlich meine Sympathie eingetragen und mich mit seinem Charakter versöhnt hat, auch wenn man sie für unsinnig halten könnte. Aber ich sehe dahinter wie gesagt nicht unbedingt eine selbstmörderische Tendenz.



    Mir tat es in der Seele weh, wie der Bezirkshauptmann um seinen Sohn trauert und vor allem wenn man bedenkt, wieviel wertvolle Lebenszeit er vergeudetet, als er sich so distanziert zu seinem Sohn verhielt, als dieser ein Kind/Jugendlicher war.


    Stimmt. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist überhaupt sehr interessant. Ich bin bei dem Besuch, den Carl Joseph seinem Vater vor seinem Austritt aus der Armee noch einmal abstattet über einen Satz gestolpert, der das Problem zwischen den beiden – glaube ich – sehr gut einfängt, eine plötzliche Erleuchtung Carl Josephs: „Ich bin alt geworden, er ist nur bejahrt.“ Das ist im Grunde die Fortsetzung von Frau von Taußigs Feststellung, die GeezLouise oben angeführt hatte. Carl Joseph hat, zumindest subjektiv, objektiv könnte man über manches streiten, tatsächlich eine Menge Unglück erlebt, das ihn hat altern lassen, während an seinem Vater einfach nur die Jahre vorbeigezogen sind. Auf dieser Basis ist eine einfache Verständigung auch nicht mehr möglich, die Welten berühren sich nicht mehr.


    Die Parallelität der Tode des Kaisers und des Bezirkshauptmanns war wirklich ein geschickter Schachzug, und ich denke, Roth hat seine eigene Einschätzung, sein Fazit dem Doktor Skowronnek in den Mund gelegt: „(...) ich glaube, sie konnten beide Österreich nicht überleben.“

  • Ich bin auch fertig, wir haben es gut getimed. :)


    Ich schreibe morgen nochmal mehr dazu, wollte aber schon mal kurz schreiben, dass mich das Ende dann doch berührt hat. Am Anfang dachte ich, die Figuren würden mich ziemlich kalt lassen, aber so war es dann doch nicht.

    :lesen: Cathy Ytak: Rendez-vous sur le lac<br /><br />Deine Freunde sind die, die neben dir stehen, wenn die Welt Death Metal spielt.<br />(Aleksander Melli: Das Inselexperiment)<br /><br />SLW 2011<br />Seychella-List


  • Ich habe jetzt bis S. 330 gelesen, also irgendwo in Kap. 18.



    Das Kapitel gehört zu meinen Highlights bisher (mit dem Kapitel um Jacques' Tod), wobei ich es auch erschreckend fand. Er schien mir fast wie in Watte eingepackt und vom Rest der Welt abgetrennt zu sein.


    Die Stelle mit dem Kaiser war auch meine Lieblingsstelle - es war auch die, welche ich in meinen Andeutungen gemeint habe - wie der Kaiser nicht mehr zuordnen konnte, wer nun die Bitte vorgetragen hat, der Held von Solferino oder dessen Nachfahre?!
    Ich frage mich immer wie so mächtige Leute wie ein Kaiser (oder Alexander der Große oder ein Kaiser im Röm. Reich) wohl wirklich ticken, wie sie den Überblick behielten - hier fand ich das so toll und glaubwürdig geschrieben, dass mich die Szene lange beschäftigte.


    Schön geschrieben fand ich auch die Szene, wo an der Grenze das Fest als Probe fürs nächste Jahr gefeiert wird und dann "unterbrochen" wird...


    Carl Josephs Tod war wirklich passend, ich hatte auch nicht das Gefühl, dass er sich umbringen wollte - er wollte wirklich "helfen". Er hat einen Wandel durchgemacht, und trotzdem gab es nach dem Krieg nicht wirklich eine Alternative.


    Schön, dass ihr mir die Lektüre in Erinnerung gerufen habt - wirklich ein tolles Buch.


    Grüße
    schokotimmi
    Ich fand das Ende übrigens auch