Guy Delisle - Aufzeichnungen aus Birma

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    Kurzbeschreibung
    Mehr als ein Jahr weilte Guy Delisle mit seiner Familie im südostasiatischen Birma, das offiziell eigentlich Myanmar heißt. Dieses Mal ist er nicht im Auftrag der Trickfilmindustrie unterwegs, sondern als Vater auf Erziehungsurlaub: Guy Delisle begleitet seine Frau Nadège, die in Birma für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen arbeitet, kümmert sich derweil um Sohn Louis und zeichnet an einem neuen Album. Guy Delisle erfährt die politische und soziale Realität des von einer geächteten Militärjunta beherrschten Landes. Als er die Gelegenheit erhält, birmesischen Künstlern Unterricht in Trickfilmanimation zu geben, erschließt sich ihm ein ganz persönlicher Einblick in das Leben und Leiden der einfachen Bevölkerung.


    Meine Eindrücke
    Nachdem ich Guy Delisle bereits auf seiner Dienstreise nach Nordkorea begleitet hatte, unternahm ich auch meinen Abstecher nach Birma mit ihm. Dorthin reiste er allerdings nicht wegen seines Berufs als Comic- und Trickfilmzeichner, sondern er begleitete seine Frau Nadège, die dort im Einsatz war für Ärzte ohne Grenzen (MSF). In Rangun kümmert er sich um ihren gemeinsamen Sohn Louis und arbeitet zwischenzeitlich auch an weiteren Geschichten für neue Comicalben. Auf dieser Reise sind seine Voraussetzungen also völlig andere und Delisle erlebt viele ganz andere Aspekte des Alltagslebens.


    Das Buch erzählt viele kleine Episoden - eine Art Kurzgeschichtensammlung in Comicfassung sozusagen. Delisle erzählt von der Anreise mit Kind, die der kleine Louis im Gegensatz zu den Eltern putzmunter wegsteckt. Er berichtet vom unberechenbaren Supermarktangebot, das mal H-Milch anbietet, mal nicht, und der ebenso unberechenbaren Stromversorgung. Meist gibt es die nur wenige Stunden pro Tag und die eine oder andere Trickfilmschulung, die Delisle einigen einheimischen Kollegen gibt, fällt dem Stromausfall zum Opfer.


    Im Gegensatz zu seinem Aufenthalt in Nordkorea erfährt man in diesem Buch sehr viel mehr über die Lebensbedingungen der Menschen. Sie gehen offener mit ihren Problemen um und dass sie dabei auch recht kreativ werden, zeigt ihr Umgang mit der Zensur von Zeitungen: Man kann kritische Artikel in Zeitungen wahlweise übermalen oder ausschneiden - im letzten Fall müssen sämtliche Ausschnitte der Auflage abgeliefert werden. Sollte es vorkommen, dass aus Versehen Teile der Auflage bereits verteilt wurden, drucken einige die fehlenden Seiten kurzerhand nach, damit sie die erforderliche Zahl an Ausschnitten erzielen. Einfach und effizient.


    Natürlich erfährt man auch einiges über die Arbeit der Ärzte ohne Grenzen und anderer NGOs (Non Government Organization), die in Birma arbeiten. Die Militärjunta gibt ihr Bestes, um deren Arbeiten zu behindern. Einige kooperieren, damit sie überhaupt im Land bleiben können, anderen - wie zum Beispiel MSF - fehlen vielfach über längere Zeit die nötigen Genehmigungen. Wie in anderen Einsatzgebieten auch informieren sich die NGO-Mitarbeiter gegenseitig und bei gemeinsamen Abenden fließen zahlreiche Informationen und Gerüchte.


    Der Ausflug nach Birma hat mir sehr gut gefallen. Zum einen gefiel mir die Art, wie Delisle seine Episoden aufbaut. Zum anderen nahm ich freilich einige Informationen über Land und Leute mit - was etwas einfacher war als in Nordkorea, wo Delisle sehr abgeschirmt von der Bevölkerung war, während er hier mittendrin war. Wer mit Comics etwas anfangen kann, dem empfehle ich die Aufzeichnungen aus Birma gerne.


    4ratten

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • Sehr schöne Rezi Bettina :winken:
    Ich habe den Band vor wenigen Monaten in der Bib gelesen und war auch sehr gefesselt und angetan. Tolle Story, trotz des häufig ernsten Themas lustig und absolut kurzweilig.

  • Leseprobe auf der Verlagsseite



    Ich hatte irgendwo eine Empfehlung für diesen Comic gelesen, weswegen er auf meiner Ausleihliste landete. Der erste Blick hinein sagte mir vom Zeichenstil her aber nicht zu, so dass ich den Comic erst einmal wieder nach hinten schob. Nun wo ich ihn endlich doch gelesen habe, gefällt er mir allerdings sehr gut und ich schließe mich der Empfehlung an.


    Der Comic ist in Grautönen gehalten, die Figuren sind eher kantig, dabei gelingt es Delisle aber trotzdem die Figuren unterschiedlich zu gestalten und ihnen eine gewisse Persönlichkeit zu verleihen. Der Stil wirkt für mich eher für kleine (schnell gezeichnete) Strips in Zeitschriften oder tatsächlich als bildhafte Erläuterung einer Vorgehensweise als für eine lange, durchgängige Gaphic Novel geeignet. Dazu passt dann auch, dass der gesamte Comic in kurze ein- bis vielleicht zehn Seiten lange Episoden mit jeweils eigener Überschrift unterteilt ist


    Delisle ist als Begleitung seiner für Ärzte ohne Grenzen arbeitenden Frau nach Birma bzw. Myanmar gereist. Während sie arbeitet, kümmert er sich um den kleinen Sohn und überarbeitet seine letzten Arbeiten für die Veröffentlichung. Als er einige junge Birmesen kennenlernt, erteilt er ihnen Unterricht im Trickfilmzeichnen und bekommt zugleich Einblick in das Privatleben der Bevölkerung. In diesen vielen kleinen Episoden gelingt es Delisle den Alltag in Birma umfassend zu schildern und dabei, etwas landunabhängiger, die Probleme, denen die „Ärzte ohne Grenzen“ (und andere Hilfsorganisationen) ausgesetzt sind. Das ist sehr interessant und man hat das Gefühl sehr viel über das Land und die Umstände dort zu lernen, ohne dass der Comic dabei belehrend wirkt. Ich werde nun mit ziemlicher Sicherheit auch noch seine anderen Aufzeichnungen (Pjöngjang, Jerusalem) lesen, um mir einen ähnlichen Überblick über die dort beschriebenen Städte zu verschaffen.


    4ratten

  • Ah .. danke für die Erinnerung. Ich habe die "Aufzeichnungen aus Birma" auch sehr gern gelesen und wollte auch unbedingt die weiteren Bände des Autors lesen, hab sie aber aus den Augen verloren. Ich mochte die Mischung aus den kleinen, familiären Erlebnisse, der persönlichen Berichterstattung über die Verhältnisse in dem Land, das Aufeinanderprallen der Kulturen und den leisen, lakonischen Humor der doch oft mitschwingt. Der Comic ist wirklich unterhaltsam und informativ gleichermaßen.

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")