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Inhalt:
Kaiser Friedrich II. ist tot und seine Nachfolge unklar. Rudolf von Habsburg sieht sich in der Pole Position im Rennen auf den Thron, aber er weiss, dass er kämpfen muss. Gleichzeitig hat er noch eine Rechnung mit den Katharern offen, die er aus tiefster Seele hasst.
Von all dem wenig betroffen, versucht eine Handvoll Nonnen zur selben Zeit, in einem bayrischen Wald ein neues Zisterzienserinnen-Kloster zu gründen. Dazu müssen die Stadtoberen des Standortes Wizinsten von ihren Plänen überzeugen, was nicht ganz einfach ist, da die Stadträte alle nur auf einen Mann hören: den undurchsichtigen Notar des Ortes.
Meine Meinung:
Ein adliger französischer Ketzer; ein mafiöser Notar, der eine ganze Stadt in seinem Würgegriff hat und eine Geliebte an seiner Seite, die sich nichts sehnlicher wünscht, als ihren Liebhaber zu vernichten; eine Nonne, die zwar ein Kloster baut, aber an der Kirchenlehre zu zweifeln beginnt; ein Priester, der sich bei jeder Elitekampftruppe besser machen würde als in einer Kirche; der tote Kaiser Friedrich II. und Rudolf von Habsburg, der den verwaisten Thron gerne übernehmen würde: All diese Gestalten bevölkern Richard Dübells Roman, der nach einer Aufwärmphase von rund 200 Seiten genauso spannend ist wie die Figuren schillernd.
Die oben aufgeführten Charaktere sind nur ein paar der interessanten Figuren, von denen es in diesem Roman wimmelt und die bis auf die Stufe von Neben-Nebencharakteren sauber ausgearbeitet wurden. Dabei war Dübell äusserst kreativ, ohne den Bogen allzu sehr zu überspannen: Die Charaktere wirken insgesamt echt und nachvollziehbar (jeder hat seine Schwächen, die oft auch die Stärken erklären), wenn auch vielleicht ab und zu ein wenig modern. Berechnende Menschen, die weder Gott, Tod noch Teufel fürchteten hat es in allen Jahrhunderten gegeben, aber hier geben sie sich quasi die Klinke in die Hand – vor allem auf Seiten der Bösewichte. Und auch die Frommen und Guten neigen manchmal zu eigenen An- und Einsichten, die sich mit der offiziellen Lehrmeinung von Gott und der Welt im 13. Jahrhundert schlecht vertragen.
Andrerseits braucht es genau diese Art von Charakteren, um die Geschichte, die sich über den Zeitraum von ungefähr zwei Jahren abspielt, erzählen zu können. Da hat der Autor unterschiedlichste Fäden zusammengewoben und was in den ersten Kapiteln verworren und unzusammenhängend erscheint, wird schliesslich ein knallbunter Webteppich mit komplexem Muster. Die Handlungsstränge sind teilweise mehrfach und unabhängig voneinander verknüpft, was natürlich zum ultimativen Showdown führt, da so ziemlich jeder verbissen sein ganz eigenes Ziel verfolgt. Als Leser weiss man zwar, was jeder einzelne vor hat, trotzdem ist die Geschichte und ihr Ausgang äusserst unberechenbar. Natürlich muss Dübell zur Auflösung den Zufall bemühen, damit sich am Ende alle an einem Punkt zum Showdown treffen können und so jeder Handlungsstrang seinen Abschluss findet. Aber er macht das charmant und so, dass der Ort des Zusammentreffens kein Zufall ist – lediglich der Zeitpunkt.
Sprachlich bot mir «Die Pforten der Ewigkeit» eine Überraschung was die Dialoge angeht. Dübell hat sich da gar nicht erst um eine (künstliche) mittelalterliche Sprache bemüht, sondern lässt die Menschen reden, wie sie das heute auch tun. Da fallen schon mal Sätze wie «Ich stand draussen Schmiere, weisst du nicht mehr?» oder «Ich glaube, dass ich dich hier besser beschützen kann, als es die Mauern eines völlig heruntergekommenen Schweinestalls von Kloster in einem unbedeutenden, feindseligen Kaff mitten im Wald vermögen.». Der zweite Satz stammt übrigens von einer Äbtissin. Mir hat das gefallen, ich finde es erfrischend kompromisslos und in dieser Mischung gelungen. Mit «dieser Mischung» meine ich, dass die Sprache zwar modern ist, aber nie in heutigen Slang verfällt oder Ausdrücke verwendet, die erst vor kurzem (also in den letzten Jahrzehnten) entstanden sind. Das fände ich eher unpassend als erfrischend.
Fazit:
Ein wunderbarer Schmöcker, der zwar von der ersten Seite lesenswert ist, aber doch eine Weile braucht, bis alle Figuren aufgestellt sind, damit die Geschichte so richtig an Fahrt aufnehmen kann. Eines der Bücher, bei denen das Tempo am Ende so rasant zunimmt, dass mans ab einem gewissen Zeitpunkt einfach fertig lesen muss, ohne Rücksicht auf Tageszeit und Umgebung.
8 von 10 Punkten
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Da ich den Roman als eBook in der Enhanced-Version gelesen habe, hier noch ein paar Anmerkungen dazu:
Format: ePub (DRM-frei)
Anzahl Seiten: 682
Version: Enhanced
Gekauft im Onlineshop des Lübbe-Verlags
Ausstattung:
Ich weiss leider nicht, inwiefern sich die Enhanced-Version von der normalen eBook-Ausgabe (oder vom gedruckten Buch) unterscheidet, deshalb liste ich auf, was alles drin ist:
• Der Roman
• Personenverzeichnis
• Karte von Wizingsten
• Stammbaum der Trencavels
• Interaktives Glossar, 54 Seiten
• Making-of (Kurze Anmerkungen zur Entstehung des Romans und Fotos von Schauplätzen und anderem), 11 Seiten
• Outtakes (entfallene und geänderte Szenen), 9 Seiten