[Wales] Richard Llewellyn - So grün war mein Tal

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    Inhalt
    Huw Morgan verlässt sein Heimatdorf. Der Bergbau, der den Menschen Arbeit gegeben hat vertreibt sie jetzt aus dem Tal. Die Schlacke, die zu Tage gefördert wird brauchte über die Jahre immer mehr Platz und hat jetzt Huws Haus erreicht. Bald wird es zerdrückt werden. Während er seine Sachen in das Tuch seiner Mutter packt kommen die Erinnerungen. Das Haus hat vieles gesehen: die Hochzeit der Eltern, die Geburten der Kinder, schöne und schlechte Zeiten. Auch Huw hat vieles gesehen und so ist sein Abschied traurig und auch ein wenig verbittert.


    Meine Meinung
    Die Geschichte beginnt als Huw sechs Jahre alt ist. Die Erinnerungen des Kinds sind durchaus positiv: wie die Mutter Samstags mittags auf den Vater und die Brüder wartet, die den Lohn nach Hause bringen. Die Hochzeit des ältesten Bruders oder ein Sieg beim Wettrennen.


    Je älter Huw wird, desto größer wird auch seine Welt und er sieht weiter als die Dinge, die innerhalb seiner Familie passieren. Es kommt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Bergarbeitern und der Grubenleitung. Seine Brüder lehnen sich gegen den Vater auf, der an den alten Idealen festhält. Huw selbst muss erkennen, dass nicht alles schwarz und weiß ist. Sein Temperament kommt ihm immer öfter in die Quere und nimmt ihm mehr als eine Chance.


    Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Menschen. Viele Menschen im Tal wehren sich gegen den Fortschritt. Diese Engstirnigkeit kostet Huw und seine Familie einen guten Freund, auch viele der Brüder verlassen die Heimat weil sie sich eingesperrt fühlen. Nur Huw bleibt und beobachtet, was der Wandel seinem Tal antut.


    Das war meine dritte Lektüre von So grün war mein Tal. Jedes Mal lagen mehrere Jahre dazwischen und jedes Mal sind mehr mehr und mehr Dinge aufgefallen. Vieles steht zwischen den Zeilen oder ergibt sich aus kleinen Bemerkungen. Man muss dem Buch viel Aufmerksamkeit schenken, aber es lohnt sich. Ich jedenfalls freue mich schon auf das vierte Mal, wenn ich das Buch lesen werde.
    5ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten


    Buchstabendreher im Titel korrigiert. LG, Valentine

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Das klingt traurig, aber auch irgendwie schön. Werde ich mir mal merken.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine: da hast du recht, die Geschichte viele traurige Momente. Aber auch schöne und lustige. Du solltest dir das Buch nicht nur merken :zwinker:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich glaube, das Buch stand auch im Regal meiner Eltern. Wann wurde es denn geschrieben?


    Grüße von Annabas :winken:

  • OK. Dann eben zum-Kauf-vor-merken :breitgrins:


    Hast Du das immer auf Deutsch gelesen? Ich überlege, ob sich das nicht vielleicht auch im Original lohnen könnte.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo!


    @Annabas: mir geistert die Jahreszahl 1939 durch den Kopf... aber sicher bin ich mir nicht.


    Valentine: immer nur auf deutsch- ich bin mir nicht sicher, ob ich mit der Walisischen Umgangssprache zurecht kommen würde :redface:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hm, wenn das eher umgangssprachlich geschrieben ist, hätte ich auch Bedenken.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich glaube, das Buch war mein allererster literarischer Kontakt mit Wales und ich habe es mit großer Begeisterung gelesen. Es kam mir eher bittersüß als wirklich traurig vor, weil die Kindheit, die da geschildert wird, eigentlich eine sehr glückliche ist, eingebettet in eine Familie voller Liebe. Die Personen kamen mir so echt vor, dass ich kaum glauben konnte, dass das ein Roman ist.
    Hingerissen war ich hier auch von den Namen, weil ich die walisischen Namen wunderbar finde - auch wenn mir heute keiner mehr glauben wird, dass ich den Namen Ianto (einer von den Brüdern?) schon kannte und mochte lange vor Ianto Jones (Torchwood).


    In meinem "Lonely planet" über Wales wird bekrittelt, dass es ein bisschen gar sehr all die Klischess über walisische Bergarbeitergemeinden bedient, aber das ist mir beim Lesen nicht aufgefallen und konnte mich somit nicht stören. Ich habe das Buch immer noch in liebevoller Erinnerung.

  • Dieses Buch war eines meiner schönsten Leseerlebnisse, als ich jung war. Und hat ganz nachhaltig mein Interesse an Wales geweckt. Ich war von der Lektüre so begeistert, dass ich das Buch sofort noch einmal gelesen habe, nachdem die letzte Seite beendet war. Und nachdem ich jetzt hier Kirstens Rezension gesehen habe, habe ich wieder Lust darauf bekommen, das Buch noch mal zu lesen. Ich werde mich sofort auf die Suche danach machen.

  • Es soll ja auch mindestens eine Fortsetzung geben, wenn nicht mehrere, habe ich mir sagen lassen. Hat die jemand gelesen?


  • In meinem "Lonely planet" über Wales wird bekrittelt, dass es ein bisschen gar sehr all die Klischess über walisische Bergarbeitergemeinden bedient, aber das ist mir beim Lesen nicht aufgefallen und konnte mich somit nicht stören.


    Die Grenze zwischen Klischee und Realität ist sowieso häufig fließend. Auf meiner Wunschliste bleibt das Buch jedenfalls drauf.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Die Grenze zwischen Klischee und Realität ist sowieso häufig fließend. Auf meiner Wunschliste bleibt das Buch jedenfalls drauf.


    Ich habe es nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Aber es gibt offenbar ein paar Kontroversen darüber, wie walisisch er eigentlich wirklich war, da er offenbar darüber gelogen hat, wo er geboren wurde und ob er das geschriebene selber erlebt hat oder nicht. (siehe ein paar Links auf der englischen Wiki-Seite.)
    Wobei ich finde, dass er mit einem Namen wie Richard David Vivian Llewellyn Lloyd zumindest schon mal herrlich walisisch klingt.


    Soll alles sein, wie es ist, es ist ein wunderschönes Buch. Von daher ist es auf der Wunschliste sicher gut aufgehoben.

  • Huw wächst Ende des 19ten Jahrhunderts in einem kleinen walisischen Dorf auf, das maßgeblich vom Kohleabbau geprägt ist. Das Buch ist ein Rückblick auf diese Zeit, aus der Perspektive des erwachsenen Mannes geschrieben, der sein Elternhaus und das Tal endgültig verlässt. Von den grünen Hügeln seiner Kindheit ist nichts mehr übrig, sie sind unter Schlackebergen begraben, die nun auch die Häuser des Dorfes erreicht haben.


    Zu Beginn mochte ich das Buch oft nicht weiterlesen, weil mir das Tal, d.h. Huws Familie als zu friedlich erschien und ich die ganze Zeit auf „das große Unglück“ wartete, welches eine vollständige Wendung bringen würde. Doch irgendwann merkte ich, dass die gelassene Stimmung das ganze Buch hindurch beibehalten werden würde, selbst Todesfälle oder streikbedingte Hungersnot würden nichts daran ändern. Das ganze Buch wirkt, als wäre es mit zu viel Abstand erzählt, um den Leser / die Leserin zu berühren.


    Es gab einige interessante Aspekte, wie die beginnende gewerkschaftliche Organisation, die nicht nur zu Konflikten zwischen Arbeitern und Grubenleitung führt, sondern vor allem auch eine Riss durch die Familie zieht, zwischen dem Vater, der als Vorarbeiter noch eine Vermittlerrolle einnehmen will, als die Fronten schon zu verhärtet sind und Huws radikaleren Brüdern. Auch die Darstellung der Scheinheiligkeit im Dorf und die Mauern, gegen die der örtliche Pastor anrennt, waren schön dargestellt. Als relativ schwach dargestellt fand ich tatsächlich das Bergarbeitertum, das auf mich weniger allzeit präsent wirkte als ich es erwartet habe.


    Huw selbst gefiel mir tatsächlich noch am wenigsten von den ganzen Figuren, ich empfand ihn als eine Mischung aus naiv und besserwisserisch und dazu noch so manches Mal zu unbeherrscht. Sein Schicksal blieb mir gleichgültig.


    Insgesamt kann ich die Begeisterung, die dieses Buch bei meinen Vorrezensentinnen ausgelöst hat, nicht so ganz nachvollziehen, für mich war es nichts Besonderes und angesichts meiner ziemlich hohen Erwartungen eher enttäuschend.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

  • Insgesamt kann ich die Begeisterung, die dieses Buch bei meinen Vorrezensentinnen ausgelöst hat, nicht so ganz nachvollziehen, für mich war es nichts Besonderes und angesichts meiner ziemlich hohen Erwartungen eher enttäuschend.

    Es kommt selten vor, dass wir bei einem Buch nicht einer Meinung sind. So grün war mein Tal begleitet mich seit meiner Jugend und wird deshalb immer die volle Rattenzahl bekommen ;) Aber ich kann deine Kritikpunkte durchaus nachvollziehen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine Meinung

    Ich vermute mal, das ist der Erinnerungsbonus - da kommt man nicht drüber hinweg.

    Nicht ganz, aber trotzdem setze ich mir keine rosarote Brille auf. Bei dieser Lektüre habe ich ein bisschen kritischer hingesehen. So fand ich das Verhalten des Vaters nicht immer konsequent. Auf der einen Seite ist er sehr streng. Solange man die Füße unter seinen Tisch setzt, muss man seine Autorität uneingeshränkt akzeptieren. Auf der anderen Seite hat er dann in Situationen nachgegeben, in denen ich es nie erwartet hätte. Er war fast schon gefangen in den alten Traditionen und konnte mit den modernen Vorstellungen seiner Söhne nicht umgehen.


    Die Rolle der Frauen hat mir auch nicht immer gut gefallen. Huw erinnert sich zwar an seine Mutter als an eine starke Frau, aber sie hat sich trotzdem meistens dem Vater untergeordnet. Sie und ihre Töchter waren für den Haushalt zuständig und hatten bei den Gesprächen der Männer nichts zu suchen.


    Ganz schlimm fand ich die öffentliche Schande des "gefallenen Mädchens" in der Kirche. Noch schlimmer fand ich, dass ihr viel mehr Schuld zugesprochen wurde als dem beteiligten Mann. Nicht nur in der Kirche, sondern in Huws Familie. Genauso schlimm fand ich den Umgang mit dem ersten Verehrer der großen Schwester. Während die Brüder für ihre Eroberungen beglückwünscht werden, wird der arme Kerl niedergeschlagen.


    Die Sprache fand ich teilweise sehr gewöhnungsbedürftig. Dieses Mal habe ich das Buch auf englisch gelesen und das ständige "there is" hat mich teilweise schon genervt. Es hat so schwefällig geklungen. Kein Wunder, dass die Leute in der Stadt einen schlechten Eindruck von den Leuten im Tal hatten.


    Und trotzdem kommt jetzt der Erinnerungsbonus wieder zum Tragen

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Huw Morgan nimmt Abschied von dem Tal, in dem er aufgewachsen ist. Ein Abschied, der wehtut, aber unumgänglich ist, weil das Bergarbeiterdorf von einst fast vollständig von der riesigen, stets wachsenden Schlackehalde des Bergwerks aufgefressen wurde und auch das Häuschen seiner Eltern innerhalb kürzester Zeit nicht mehr bewohnbar sein wird.


    Ein letztes Mal sieht er sich um und erinnert sich zurück an die ersten Jahrzehnte seines Lebens - an seine vielen Geschwister und ihre so unterschiedlichen Lebenswege, an seine Eltern, die sich zeitlebens in unsentimentaler, aber doch sehr zärtlicher Liebe zugetan waren, an ausgelassene Feste mit viel Gesang, an die verhasste Schule, an einen Prediger von ruhiger Lebensweisheit, an Unterricht im Boxen, an viele schlichte, aber köstliche Mahlzeiten, die er genossen hat und an den Zusammenhalt, der trotz aller möglichen Konflikte in der Familie herrschte.


    Und natürlich an die Kohlebergwerke, in denen fast alle Männer aus den umliegenden Tälern arbeiteten, an die schweren Arbeitsbedingungen unter Tage, die immer wieder Opfer forderten, und an die sich allmählich formierende Arbeiterbewegung, die gegen Ausbeutung und Lohndumping zu protestieren versuchte.


    Richard Llewellyn zeichnet in diesem wunderschönen Buch das Porträt einer Gegend, die es so schon lange nicht mehr gibt, von der leisen Melancholie der Erinnerung an vergangene Zeiten überhaucht, aber nie verklärend. Ohne große Umschweife schildert er die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bergleute, das Zusammenleben in der Großfamilie und im Dorf mit all seinen schönen und schwierigen Seiten und Huws eigenen Werdegang, direkt und sehr bildhaft.


    Es ist eine überschaubare Welt, geprägt von einfachsten Wohnverhältnissen und schwerer Arbeit, aber auch von Lebenslust, temperamentvollen Auseinandersetzungen und dem einen oder anderen rauschenden Fest. Es gelten klare Regeln, deren Einhaltung allerdings manchmal an Scheinheiligkeit grenzt.


    Das Wohlergehen aller hängt von den Bergwerken ab, doch die Bergwerksbesitzer zeigen sich teils recht hartleibig gegen die Forderungen der Arbeiter, die für bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne streiken - und damit ihre Familien an den Rand des Abgrunds bringen, als die Arbeitgeber nicht einlenken. Der Kampf um mehr Lohngerechtigkeit, menschliche Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt auch die Umweltbelastung durch Abraum und Luftverschmutzung spielen eine tragende Rolle im Buch.


    Manchmal lösten sich Konflikte für meinen Geschmack ein bisschen zu schnell in allgemeiner Einsicht und Wohlgefallen auf, und beim einen oder anderen Kommentar zum Wesen der Frau schüttelt man aus heutiger Sicht schon mal den Kopf, doch bei einem 80 Jahre alten Buch drücke ich da eher ein Auge zu als bei einem modernen Roman. Die weiblichen Figuren selbst lassen jedenfalls kaum zu wünschen übrig, sie sind tough, zupackend und klug und wissen, was sie wollen.


    Die Übersetzung von Albert Gysin klingt für heutige Leser manchmal vielleicht etwas altmodisch, passt aber perfekt zu dem Buch, das um die Jahrhundertwende spielt und macht durchaus mit den Charme des Buches aus. Einige Sätze hätte ich mir am liebsten herausgeschrieben. Das Ende hat mich dann tatsächlich zu Tränen gerührt, und ich habe das einst so grüne Tal nur ungern mit Huw verlassen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hingerissen war ich hier auch von den Namen, weil ich die walisischen Namen wunderbar finde - auch wenn mir heute keiner mehr glauben wird, dass ich den Namen Ianto (einer von den Brüdern?) schon kannte und mochte lange vor Ianto Jones (Torchwood).

    Die Namen fand ich auch äußerst faszinierend.

    Ganz schlimm fand ich die öffentliche Schande des "gefallenen Mädchens" in der Kirche. Noch schlimmer fand ich, dass ihr viel mehr Schuld zugesprochen wurde als dem beteiligten Mann. Nicht nur in der Kirche, sondern in Huws Familie.

    Das war wirklich übel. Aber ich fürchte, dass das genau so oft genug vorgekommen ist (und ja, ich fand es auch schade, dass Huw mit seinem Mitgefühl da ziemlich allein auf weiter Flur stand).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das Ende hat mich dann tatsächlich zu Tränen gerührt, und ich habe das einst so grüne Tal nur ungern mit Huw verlassen.

    Ob das Tal noch so grün war? Auf jeden Fall ist es eines meiner Lieblingsbücher und ich freue mich, dass es die auch gut gefällt.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.