Christian von Aster - Der letzte Schattenschnitzer

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.038 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

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    Klappentext:
    Fürchte deinen Schatten!


    Als eine alte Magie wieder zum Leben erwacht, beginnen die Schatten sich gegen ihre Herren zu verbünden. Und während ein kleiner Junge die Schatten seiner Stofftiere vertauschen lernt, geschieht ein Wunder, das die Welt in Verzückung setzt: Ein Mädchen ohne Schatten wird geboren, Carmen Maria Dolores Hidalgo.


    Mein Eindruck:
    Die Aufmachung des Buches ist wirklich gelungen, nicht nur, was das hübsche Cover angeht, sondern auch die Strukturierung des Buches durch die unterschiedlichen Schriftarten, die Verwirrung beim Erzählerwechsel verhindern. Auch den regelmäßigen Wechsel an sich, zwischen Schatten, Erzähler und Alchimia Umbrarum, finde ich gelungen, zumal diese verschiedenen Abschnitte inhaltlich und mit den Informationen, die sie liefern, sehr gut aufeinander abgestimmt sind. Man erfährt immer einen Tick mehr und doch bleiben gleichzeitig viele Fragen offen, oder es werden neue aufgeworfen, sodass die Spannung garantiert über das ganze Buch hinweg bestehen bleibt bzw. immer aufs neue geweckt wird.


    Den Stil, vor allem in den Kapiteln, die von Jonas' Schatten etwas gewöhnungsbedürftig, später dann aber ansprechend und angenehm zu lesen. Wobei auch das mit dem Wechsel zwischen den Erzählern zusammenhängen mag, der sich auch im Stil bemerkbar macht. Wäre das ganze Buch aus der Perspektive des Schattens geschrieben, wäre das auf Dauer vermutlich etwas anstrengender geworden.


    Anstrengend allerdings auch, weil der Schatten sehr... eigene Ansichten hat. Seine Sicht auf die Menschen ist extrem negativ und zynisch. Dadurch ist auch die Sicht des Leser auf praktisch alle Personen außer Jonas sehr negativ gefärbt, was auch auch durch den Erzählerwechsel nicht nennenswert geändert wird, denn Einblicke in das Innenleben der anderen Figuren erhält der Leser auch hier nicht, selbst über Jonas' Sicht der Dinge erfährt man kaum etwas.


    Dies führt dazu, dass ich dieses Buch zwar mit Interesse gelesen und die Verwicklungen, die vielen Fragen, die Unmöglichkeit die Handelnden Figuren, ob Mensch oder Schatten, in Kategorien der Marke Gut und Böse einzuordnen, als spannend empfunden habe. Doch gleichzeitig blieb ich sehr distanziert - Mitfühlen? Sorge um Charaktere? Betroffenheit bei Todesfällen (und von denen gab es einige)? Fehlanzeige. So viel Interesse die Geschichte geweckt hat, so wenig Emotionen hat sie hervorgerufen. Das muss nun nicht zwangsläufig schlecht sein, aber man man sollte sich vor dem Lesen überlegen, ob man mit dieser Art, eine Geschichte zu erzählen etwas anfangen kann.


    Auch beachten sollte ein potenzieller Leser, dass es sich hier nicht um ein Jugendbuch handelt. Ich sehe das positiv, aber das Cover und der Klappentext können da eben leicht falsche Erwartungen wecken. Zwar ist gelegentlich ein leicht märchenhafter Hauch zu spüren, aber der wird durch die harsche Realität schnell wieder zunichte gemacht. Zudem ist es kein Buch, dass sich dazu eignet, mal eben hier und da und zwischendurch gelesen zu werden. Wenn man nicht mit genug Konzentration bei der Sache ist, verliert man schnell den Überblick.


    Ich habe das Buch jetzt schon seit einer Weile beendet, aber so richtig entschieden, wie es mir gefällt, habe ich mich noch immer nicht. denn normalerweise spielt dabei mein Bauchgefühl eine große Rolle, aber hier - die beiden Haupteindrücke, die bei mir hängen geblieben sind, sind eben "Interesse" und "Distanz"....

  • Ich habe das Buch bei einer autorenbegleitenden Leserunde gelesen, daher beziehen sich bei dem Fazit ein paar Dinge auf Kommentare/Diskussionen in der Leserunde


    Kurzbeschreibung (Amazon)


    Fürchte deinen Schatten!
    Als eine alte Magie wieder zum Leben erwacht, beginnen die Schatten sich gegen ihre Herren zu verbünden. Und während ein kleiner Junge die Schatten seiner Stofftiere vertauschen lernt, geschieht ein Wunder, das die Welt in Verzückung setzt: Ein Mädchen ohne Schatten wird geboren, Carmen Maria Dolores Hidalgo.



    Inhalt:


    Einst waren die Schatten mehr als unser Abbild, in ihnen steckt das Wissen ihrer Träger seit dem Anbeginn der Zeit, doch nur Wenige hatten die Fähigkeit und die Macht, diese Schatten zu formen, zu schnitzen oder zu versklaven. Aus Rache wurde ein künstlicher Schatten geformt, um die Menschheit zu unterjochen. Der Rat der Schatten versucht mit allen Mitteln dies aufzuhalten, doch ist ihr Bestreben wirklich so ehrenhaft wie sie glauben? Mit aller Macht beschützen sie das Gleichgewicht und ihre Siegel, dabei gibt es selbst unter ihnen große Geheimnisse.
    Am Ende wird es die Entscheidung von Jonas sein, die darüber bestimmt, ob die Welt, wie wir sie kennen untergeht oder nicht.



    Fazit:


    Es gibt einige gute und einige schlechte Punkte an dem Buch.
    Gut gelungen ist einmal das Cover und die Zeichnungen im Buch selber, die einzelnen Erzählstränge, welche sich optisch von einander unterscheiden und die Aufteilung der erzählten Geschichte und den Informationen des Alchimia Umbrarum. Die Idee ist neu und interessant.


    Was ich sehr stark vermisst habe sind einerseits Altersempfehlungen und Genreangaben (auch wenn ich weiß, dass dies heutzutage nicht mehr einfach einzuordnen ist), denn mit diesen Angaben hätte ich das Buch vermutlich nicht in die Hand genommen und hätte mir einiges erspart, denn im Großen und Ganzen gesehen, war das Buch nichts für mich.
    Desweiteren habe ich ein Glossar vermisst. Und hier kommen wir zu einem Punkt, der mich beim Lesen mehr und mehr frustriert hat. Die Erwähnung von historischen oder mythischen Namen und Orten und Gegenständen gibt einer Geschichte Tiefe und Ausdruck. Aber es bewirkt das Gegenteil, wenn diese Erwähnungen nur gering erklärt werden, es muss ja nicht im Text sein, aber ein Glossar hätte mir einige entnervte Gedanken verhindern können. Auch wenn vielleicht für den Autoren oder dem Verlag dies als Allgemeinwissen gilt, so ist dies nicht so einfach auf einen Haufen zu kehren. Jeder Mensch ist anders, jedes Wissen ist anders und bei einem Glossar hätte man den Wissenden und Unwissenden einen Gefallen getan. Dabei denke ich vor allem an die Mehrheit der lesenden Bevölkerung, die dies in öffentlichen Verkehrsmitteln machen, dort hat man keine Möglichkeit ein Lexikon mitzuschleppen und nachzuschauen, geschweige denn Internet und Google/Wikipedia. Ich möchte beim Lesen nicht dauernd zum PC rennen müssen um zu verstehen, was der Autor mir sagen wollte, als er Person 1 und Fabelwesen 2 benannte aber nicht weiter darauf einging.
    Durch diese Wissenslücken meinerseits verlor ich leider ziemlich schnell den Anschluss an die Geschichte und leider auch an die Leserunde, denn ein "sie werden ja nur genannt, spielen aber eigentlich keine Rolle" (frei zitiert) helfen mir da auch nicht weiter. Warum werden sie dann erst erwähnt und hinterlassen Leser wie mich mit dem Gefühl, zu unwissend für das Buch zu sein?


    Dem einhergehend war auch die Sprache im Buch. Bei den Alchimia-Abschnitten war es besonders zu merken, aber auch bei allen anderen: Sie war hochgegriffen, fast schon altertümlich poetisch. An sich etwas, was ich mag, aber in Zusammenhang mit vorherigem negativem Gefühl wurde dadurch das Buch für mich immer unsympathischer.


    Desweiteren empfand ich das letzte Drittel als Marathon, vorher lief alles eher plätschernd, mal gab es ein paar schnelle Stellen, aber die Angriffe auf die Alten des Rates, auf die Siegel, all das kam mir zum Ende hin immer gehetzter und liebloser vor. Es wirkte auf mich, als ob die Abgabefristen drückten, was sich auch in fehlenden Buchstaben ausdrückte (über eine ganze Passage hinweg fehlte das R in Mandelbrodt).


    Bewertung:


    2ratten, weil die Idee interessant und neu war, die Umsetzung allerdings einige Schwachstellen aufwies


    Leen

    Bücherwurm - naher Verwandter der Lindwürmer<br /><br />Wenn es sein muss, trete ich auch Zwerge! - Hildegunst von Mythenmetz<br /><br />:buecherstapel:

  • Die Welt der Schatten ist für uns Menschen gänzlich unbekannt und viele von uns bemerken den eigenen Wegbegleiter nicht einmal. So ist es nicht verwunderlich, dass Christian von Aster mich mit seinem Fantasy-Roman „Der letzte Schattenschnitzer“ überrascht und staunend zurückgelassen hat.


    Der Schatten von Jonas Mandelbrodt hat schon vielen Herren gedient und ist sich sicher, dass Besondere in den Menschen zu sehen. Bei Jonas gab es zwar keine direkten Anzeichen wie bestimmte Planetenkonstellationen o.Ä. doch er spürt, wie dieser Junge dazu geboren wurde, Großes zu schaffen. Deswegen entschließt sich der Schatten, gegen die Regeln der Schattenwelt zu handeln und Jonas in dem geheimen und uralten Wissen der Alchemisten zu lehren.
    Das Kind fällt in seiner Familie schon bald durch merkwürdiges Verhalten auf, denn er interessiert sich nicht für seine Spielkameraden und starrt unentwegt auf den schwarzen Fleck, den sein Körper wirft. Jonas spürt – besonders durch das Verhalten seiner überforderten Mutter und übermotivierten Ärzten -, dass er nicht wie andere Kinder ist und wünscht sich nichts sehnlicher, als normal zu sein.
    Eines Tages wird ein Mädchen ohne Schatten geboren und Jonas weiß, dass die kleine Maria mit ihm das selbe Schicksal teilt, doch er ahnt nicht, wie recht er mit seiner Vermutung hat und wie wichtig die beiden für das Gleichgewicht der Schattenwelt sein werden, welches der Rat der Ältesten unbedingt zu wahren hofft – da sonst das Erbe von dem mächtigen Alchemisten Ripley, was seit nunmehr 500 Jahren beschützt wird, an Stärke gewinnt.


    Die Handlung ist für Fantasy-Fans bestimmt ein wahrer Genuss und für mich persönlich waren die Auszüge aus John Dees „Alchimia Umbrarum“ ein großes Highlight und eine nützliche Hilfe bei der Entschlüsselung vom Tun und Denken der Protagonisten.


    Verschiedene Erzählperspektiven machen neugierig auf die Schicksale der einzelnen Charaktere und sie sind in unterschiedlichen Schriftarten gedruckt, sodass man beim Lesen nicht durcheinander kommt. Zu Beginn war es für mich schon etwas merkwürdig, die Geschehnisse von einem Schatten erklärt zu bekommen, der in seiner Wahrnehmung (meist) neutral ist und uns die schonungslose Wahrheit seiner Beobachtungen berichtet. Indem er andere Schatten berührt, gelingt es ihm zum Beispiel, interne Probleme eines - für Außenstehende intakten - Familienbundes zu durchleuchten, wodurch kaum ein Geheimnis vor ihm sicher bleibt. Die einzige Möglichkeit, das abzuwenden und seine Schatten gegenüber anderen zu verschließen, bedarf einer langen Übungszeit und eines guten Lehrers!
    Wenn man in die ersten Seiten eintaucht, fällt auf, dass man hier keinen „normalen“ Schreibstil liest, sondern ein wahrer Künstler am Werk war. Man spürt die Liebe des Autors aus jeder Zeile und kein Satz gleicht in seiner Art klassischer Unterhaltungslektüre. Für mich war es zu Beginn deswegen schwierig in einen guten Lesefluss zu verfallen, doch nach kurzer Zeit ging das vorüber und die Freude über die Worte siegte! :) Diese spezielle Art des Autors spiegelt sich auch in den vielen Details, wie zum Beispiel Zitaten zu jedem Kapitel oder der Widmung am Anfang wieder, wodurch man als Leser das Gefühl hat, ein gut durchdachtes und nicht lieblos verfasstes Buch in den Händen zu halten.


    Mein Lob ist aber gleichzeitig auch Kritik, denn „Der letzte Schattenschnitzer“ ist kein Buch für zwischendurch und ohne ein bisschen Ruhe wird es schwer sein, der Handlung gut zu folgen. Doch wenn man sich darauf einlässt, wird man für schöne Lesestunden belohnt!

  • Das Buch wird in der Hobbit-Presse bei Klett verlegt - einer renommierten Reihe. Christian von Aster liefert eine Geschichte, die durchaus in diese Reihe passt. Es ist Fantasy, wie sie heute noch selten geschrieben wird. Keine Zwerge, keine Elfen, keine Fantasy-Wesen, wie sei seit dem Erfolg von Tolkiens "Herr der Ringe" nur so in der Bücherwelt wimmeln. Aber bedrohliche Verschwörungen, Beschwörungen und Verzauberungen. Die Schatten sind in dieser Welt Wesen, die eigenständig sein oder wenigstens werden können. Okkulte Vereine versuchen, dies zu fördern oder zu hindern. Christian von Aster greift auf alte Erzählmotive zurück, nicht umsonst will er bei phantastischen Autoren des 18. Jahrhunderts wie Cazotte gelernt haben. Es gelingt ihm folgerichtig, ein Buch in der Atmosphäre jener alten Phantastik abzuliefern, die noch davon ausging, dass der Kampf um die Weltherrschaft nicht nur in mystischen Regionen oder parallelen Welten stattfindet, sondern im Hier und Jetzt - von uns allen unbemerkt.


    Fantasy vom Feinsten - etwas vom Besten dieser Art, das ich von einem zeitgenössischen Autor lesen durfte.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • sandhofer... Du erstaunst mich. Erst Tobias O. Meißner, nun Christian von Aster. Und dann auch noch so positiv :klatschen:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • sandhofer... Du erstaunst mich. Erst Tobias O. Meißner, nun Christian von Aster. Und dann auch noch so positiv :klatschen:


    Ist so was nicht OT und gehört in den Vorstellungsthread? :teufel:
    [hr]
    Ich lese durchaus phantastische Literatur. (Nicht unbedingt allerdings Fantasy!) Da sind in der Literatur bis und mit Tolkien (und dann noch als Ausnahmetalent: Borges) sehr viele interessante Sachen geschrieben worden, v.a. im angelsächsischen Raum. Von Aster greift auf diese Tradition zurück. Was zugegebenermassen bedeutet, dass eine Leseerfahrung in dieser Tradtion den Genuss am Schattenschnitzer erhöht. Und dass von Aster mir als Leser zutraut, dass ich auch ohne Glossar verstehe, wen oder was er meint, ist für mich ein Pluspunkt. (Das heisst nicht, dass ich in jedem Fall jede Anspielung verstanden hätte. Dort, wo ich's nicht verstand, hatte ich aber nicht das Gefühl, dass dieses Nicht-Verständnis ein riesiges Manko wäre.)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hier meine Meinung zum Roman noch ein bisschen ausführlicher. Achtung: Ich kümmere mich hier nicht um sog. Spoiler! :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)