Ilija Trojanow - EisTau

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.416 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Zeno Hintermeier, „Mr. Iceberg“ ist Gletscherforscher, Glaziologe, und eine Koryphäe auf diesem Gebiet. Zeit seines Lebens verbrachte er mit dem Beobachten und Studieren von Gletschern. Als sich aber seine Arbeit immer mehr darauf konzentriert, das Schmelzen des ewigen Eises zu beobachten und er erkennt, dass er bestenfalls protokollieren, aber nichts ändern oder gar aufhalten kann, sieht er seine Grenzen als Wissenschaftler erreicht, seine Trauer wird zur Wut, er gibt seinen Beruf auf und heuert auf einem Kreuzfahrtschiff in der Antarktis als Expeditionsleiter an, um den Passagieren die unberührte Natur der Antarktis näher zu bringen und v.a. sein großes Anliegen, die Umweltproblematik zu thematisieren. Doch dieser Job ist so unbefriedigend wie zermürbend, Zeno scheitert an der Ignoranz der Passagiere, der Gleichgültigkeit der Spaßgesellschaft, der jegliche Respekt vor der Natur abhanden gekommen ist, die sich an Walfang-Praktiken ergötzt, Pinguine „zum Angreifen“ sucht, Souvenirshops am Ende der Welt stürmt und das feudale Leben an Bord genießt. Als dann auch noch ein Aktionskünstler in der Antarktis (und mit der Antarktis) Kunst inszenieren will, platzt ihm der Kragen ….


    „Der einzelne Mensch ist ein Rätsel, einige Milliarden Menschen, organisiert in einem parasitären System, sind eine Katastrophe“ ( S.167). Ilija Trojanow thematisiert in seinem Buch - auch mit viel Zynismus und Ironie - die Umweltthematik, die sukzessive Zerstörung der Umwelt durch den Menschen und gleichzeitig die Ignoranz, die Gleichgültigkeit, mit der wir diese Zerstörung zulassen. Das Buch ist unangenehm, sehr unangenehm sogar, denn die Ausrede, man fahre ja nicht mit einem Luxusdampfer in die Antarktis, gilt nicht. Ein Leben ohne oder gegen die Natur ist nicht möglich, Umweltzerstörung geschieht jeden Tag zu jeder Zeit auf jedem Flecken der Erde. Trojanow prangert v.a. die Ignoranz der Gesellschaft an, zweifelt aber gleichzeitig auch an seinen Möglichkeiten als Schriftsteller, hier eine Lösung anbieten zu können: "


    Zitat


    „Lebende Autoren hingegen, das erfuhr ich, wann immer ich die Zeitung aufschlug, sollen sich bescheiden, ein wenig anregen, ein wenig erregen, ein wenig aufregen, aber auf gar keinen Fall die Welt verändern wollen. Wie soll man noch zu Lebzeiten aufrütteln? Beschämung funktioniert nicht, da sich jeder selbst öffentlich bloßstellt, Pathos funktioniert nicht, da alles kleingeredet wird. Und Gewalt? Gewalt ist die einzige Sprache, die noch nicht von den Etiketten der Sponsoren überklebt ist.“ (S. 146)


    Das Buch ist mit seinen knapp 170 Seiten, eingeteilt in 12 Kapitel, verhältnismäßig dünn. Jedem Kapitel ist eine Art „Logbuch“ angehängt, ein Sammelsurium aus wirren Schlagzeilen, Seemannsfloskeln und Funksprüchen, das eklatante Stilbrüche darstellt und den Erzählfluss stark hemmt, doch das Buch soll ja nicht nur inhaltlich, sondern auch lesetechnisch unangenehm sein.
    Eine Leseempfehlung an jedermann!


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  • ...Jedem Kapitel ist eine Art „Logbuch“ angehängt, ein Sammelsurium aus wirren Schlagzeilen, Seemannsfloskeln und Funksprüchen, das eklatante Stilbrüche darstellt und den Erzählfluss stark hemmt, doch das Buch soll ja nicht nur inhaltlich, sondern auch lesetechnisch unangenehm sein....

    Eine Leseempfehlung an jedermann!

    Ist das klug?

    Mir war das Buch tatsächlich unangenehm, als Papierbuch hätte ich vermutlich abgebrochen. Will ein Autor den Leser nerven?


    Ich zitiere die einzig gute Stelle:

    Zitat


    Welch glückliche Fügung, dass manch ein Nervtöter schnell beleidigt ist.

    Von mir nur

    1ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Dieses Buch lässt mich ehrlich gesagt ratlos zurück. Sprachlich geschickt gemacht ist es schon und es hat eine mit Umweltzerstörung und der Augen-zu-Mentalität der Menschen eine interessante Thematik, aber ...


    Gelingt es ihm, seine Botschaft an den Mann oder die Frau zu bringen? Bei mir eher nicht. Zu unsympathisch war mir der unglaublich miesepetrige Protagonist, der an nichts, aber auch gar nichts ein gutes Haar lassen kann und dessen Handeln, wenn er denn endlich handelt, nicht gerade moralisch hochwertig ist. Dieser unangenehme Zeitgenosse steht der Botschaft des Buches im Wege oder habe ich diese vielleicht falsch aufgefasst? Lautet sie vielleicht, dass eh' alles sinnlos ist, dass es ein naturschonendes Handeln nicht gibt?


    Alles geht sowieso den - langsam eintrocknenden - Bach runter, also ist alles egal, und wir können tun, was wir wollen. Auch das ist eine Schlussfolgerung, die dieses Buch zulässt.


    Wieveile Ratten ich für das Buch vergeben soll, ist mir ein Rätsel, also lasse ich es.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich habe gerade bei Deinem Fazit einen schönen Verleser gehabt, nämlich "also hasse ich es" :lachen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen