Joseph Sheridan Le Fanu - Carmilla

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 7.436 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von stefanie_j_h.

  • [size=11pt]Carmilla[/size]
    Eine Novelle von 1872 über eine Vampirin


    Kaufen* bei

    Amazon
    * Werbe/Affiliate-Link

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt:
    Die hübsche Laura bewohnt mit ihrem Vater und wenigen Bediensteten das prunkvolle, aber abgelegene Schloss in der idyllischen Steiermark. Das Leben ist beschaulich bis eines Nachts eine wundersame junge Frau ins Leben der Schlossbewohner tritt. Niemand weiß, wer die schöne Carmilla ist; sie selbst muss sich auf Geheiß ihrer Mutter in Schweigen hüllen. Schnell wächst zwischen den jungen Frauen eine tiefe Freundschaft, deren wahre Natur jedoch vorerst im Verborgenen bleibt. Erst als Laura von einer mysteriösen Mattigkeit heimgesucht und von Tag zu Tag schwächer wird, sucht ihr Vater verzweifelt nach den Gründen und kommt ungewollt der dunklen Vergangenheit Carmillas auf die Spur. Ein wahrer Leckerbissen: voll Spannung, böser Träume und süßer Hingabe und echter Vampire! (Quelle: Amazon)


    Morgen beginnt unsere Leserunde. Einige von uns lesen auf Englisch, die Diskussion wird aber auf Deutsch geführt. Auf Spoiler können wir verzichten, wenn ihr immer angebt, zu welchem Kapitel ihr schreibt. Das eBook ist in Kapitel unterteilt; ich gehe davon aus, dass das bei den Büchern auch so ist. Falls es noch Fragen gibt, dann fragt, ansonsten wünsche ich uns allen viel Spaß und angenehmes Gruseln!


    Teilnehmer:
    halloween_smilie_132.gif
    stefanie_j_h
    Isadora
    Pandora
    bibliomonster
    Doris

  • Ok, dann mach ich mal den Anfang. Ich habe die ersten drei Kapitel gelesen.


    Mir fällt es gerade ein bisschen schwer, meine Eindrücke in Worte zu fassen. Einerseits finde ich die Geschichte bisher recht vorhersehbar und noch nicht wirklich packend, aber andererseits weiß ich auch, dass es vermutlich daran liegt, dass die Novelle eben doch schon so alt ist. Man ist heutzutage ja mit Vampirklischées so überladen, dass ich gerade ein paar Schwierigkeiten damit habe, die Geschichte zu bewerten. :rollen:


    Ich bin aber dennoch gespannt, wie es weitergeht, denn scheinbar wurde die Protagonistin (ich habe gerade den Namen vergessen) ja als Kind gebissen, oder? Gespannt bin ich auch noch auf die lesbischen Aktivitäten, die ja noch angekündigt werden. Bisher mutet es mir eher an wie eine sehr enge Frauenfreundschaft, obwohl die beiden sich ja noch gar nicht lange kennen.


    Hervorzuheben ist aber natürlich das Shakespearezitat. :breitgrins: Das hat mich gefreut.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ich bin zu spät dran, ich fange erst heute an... :redface: Hab sogar schon reingelesen, aber mich ärgert ein bisschen, dass die Formatierung auf meinem Kindle so schlecht ist (keine Absätze und so). :rollen: Ich mein, ich hab das ja eh von amazon direkt in der richtigen Datei, kein Konvertierung oder so und es schaut bei mir nicht so aus wie bei der amazon-Vorschau. :sauer:


    Ist das bei euch auch so? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Bisher hat die Formatierung bei den amazon-Klassikern bei mir immer halbwegs gepasst...

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631

  • Hallo zusammen,


    ich habe auch die ersten drei Kapitel gelesen.



    Mir fällt es gerade ein bisschen schwer, meine Eindrücke in Worte zu fassen. Einerseits finde ich die Geschichte bisher recht vorhersehbar und noch nicht wirklich packend, aber andererseits weiß ich auch, dass es vermutlich daran liegt, dass die Novelle eben doch schon so alt ist. Man ist heutzutage ja mit Vampirklischées so überladen, dass ich gerade ein paar Schwierigkeiten damit habe, die Geschichte zu bewerten. :rollen:


    Ich bin zum Glück nicht überladen mit Vampierklischees, stehe aber immer noch unter dem Einfluss von Dracula, das ich im Februar dieses Jahres gelesen habe und wirklich gut fand. Wirklich packend ist Carmilla noch nicht, da gebe ich dir recht, aber es ist ja auch noch nicht so viel passiert. Außer vielleicht das plötzliche Auftauchen der Kutschen mit den Frauen darin. Bei Dracula habe ich übrigens festgestellt, dass ich mich besser gruseln kann, wenn ich abends lese.



    Ich bin aber dennoch gespannt, wie es weitergeht, denn scheinbar wurde die Protagonistin (ich habe gerade den Namen vergessen) ja als Kind gebissen, oder?


    Wurde der Name überhaupt schon genannt? Ich glaube auch, dass die Erzählerin schon gebissen wurde, denn der Traum, von dem sie erzählt, war wohl ein reales Erlebnis. Schließlich berichtet sie, dass der Platz neben ihr im Bett warm war, als sie gedacht hatte, sie würde nur träumen. Da muss also wirklich jemand bei ihr gewesen sein.


    Mich beschäftigt im Moment vor allem die Frage, aus welchem Grund die Mutter ihr Kind so ohne weiteres bei Fremden zurücklässt, auch wenn es nur für einen begrenzten Zeitraum ist. Steckt da wirklich eine Gefahr von anderer Seite dahinter oder ist es vielmehr so, dass sie vor ihrer Tochter flüchtet?



    Ist das bei euch auch so? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Bisher hat die Formatierung bei den amazon-Klassikern bei mir immer halbwegs gepasst...


    Ich bin ganz zufrieden mit der Formatierung, die war bei anderen Amazon-Klassikern teilweise auch schon schlechter. Eigentlich müssten wir dieselbe Ausgabe haben, daher denke ich, deine Ansprüche sind einfach höher. Wenn es das eBook schon umsonst gibt, bin ich auch mit minderer Qualität zufrieden.

  • Ja, hast recht, ich bin sicher von anderen (gratis) Klassikern verwöhnt... :zwinker: Wenn man mal drinnen ist, dann fällt es auch nicht mehr so auf, aber ich finde es kann leicht passieren, dass man das neue Kapitel übersieht, weil es eben keine Absätze gibt. Außerdem hat mich wohl am meisten gestört, dass es in der Vorschau völlig anders aussieht, damit hab ich was anderes erwartet. :zwinker:


    Ich bin jetzt mit dem ersten Kapitel erst fertig *hüstel*, aber die Erinnerung an die Geschichte kommt zurück. Die Ich-Erzählerin erwähnt irgendwo, dass sie ein verwöhntes junges Mädchen ist, da kann ich ihr nur beipflichten. *g*


    Meiner Meinung nach wurde die Protagonistin schon real gebissen, denn sogar die Erwachsenen scheinen ihr zu glauben und haben deshalb den Geistlichen geholt, der mit ihr dieses Gebet durchführt. Naja, mal sehen wie es weitergeht... :zwinker:

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631

  • Ich glaube, ich mache erst einmal ein bisschen langsamer mit dem Lesen und kommentieren. Über das 4. Kapitel schreibe ich noch kurz, auch wenn ich meine Notizen gerade nicht finden kann. Ich muss vorausschicken, dass mir das Englisch etwas schwer fällt. Es gibt viele Ausdrücke, die ich nicht kenne und immer übersetzen muss, weil ich gerade bei so kurzen Büchern immer den Eindruck habe, etwas zu verpassen, wenn ich nicht alles lese. Da zählt dann jedes Wort im Gegensatz zu richtig dicken Büchern, wo vieles auch mal wiederholt wird. Das ständige Übersetzen ist für den Lesefluss natürlich nicht ideal.


    Carmilla startet schon einige behutsame Annäherungsversuche. Sie ist sehr anhänglich und sucht den Körperkontakt, was der Erzählerin nicht immer gefällt, obwohl sie selbst auch eine starke Anziehungskraft gegenüber ihrer Besucherin empfindet. Wenn ich alles richtig verstanden habe, ist Carmilla sehr empfindlich und etwas eigen. Sie scheint sich nicht gerne etwas sagen zu lassen.


    Wir erfahren von einigen mysteriösen Todesfällen in der näheren Umgebung, die nur junge Frauen betreffen. Noch macht sich aber niemand Gedanken über einen Zusammenhang. Aber Spannung baut sich langsam doch auf.


  • Ich glaube, ich mache erst einmal ein bisschen langsamer mit dem Lesen und kommentieren. Über das 4. Kapitel schreibe ich noch kurz, auch wenn ich meine Notizen gerade nicht finden kann. Ich muss vorausschicken, dass mir das Englisch etwas schwer fällt. Es gibt viele Ausdrücke, die ich nicht kenne und immer übersetzen muss, weil ich gerade bei so kurzen Büchern immer den Eindruck habe, etwas zu verpassen, wenn ich nicht alles lese. Da zählt dann jedes Wort im Gegensatz zu richtig dicken Büchern, wo vieles auch mal wiederholt wird. Das ständige Übersetzen ist für den Lesefluss natürlich nicht ideal.


    Ja, stimmt, ich finde das Englisch auch nicht so leicht, dass man da schnell und simpel mal drüberliest. Ich bin eigentlich sehr froh das am Kindle zu lesen, da ist es extrem einfach, wenn man mal ein Wort nicht kennt (einfach mit dem Cursor davor und schon springt automatisch das Englisch-Englisch-Wörterbuch an, was mir genügt) und das stört dann den Lesefluss nicht so. Trotzdem hab ich sicherheitshalber jetzt mal meine deutsche Version hervorgekramt, falls ich was nachschauen will (zB das Shakespeare-Zitat nochmal genauer - offenbar aus dem Kaufmann von Venedig, sagt meine deutsche Version). Wo ich mich wirklich nicht auskannte, war als die Ich-Erzählerin bei der Beschreibung des Kutschenunglücks von einem "lime tree" sprach - ich dachte "Hä? Ein Limonenbaum?? In der Steiermark???" - dabei ist das eine Linde :breitgrins: Wieder was gelernt...


    Ich bin jetzt im 3. Kapitel (aber du musst nicht extra wegen mir langsamer lesen, Doris!) und ja, finde das alles ganz nett. Nicht mehr und nicht weniger. Seltsam finde ich die Einschätzungen der Schlossbewohner bezüglich fremder Leute: die Reiter bei der Kutsche müssen ganz furchtbar schlechte Menschen sein, weil sie hässlich sind, aber der Gast ist sicher nett, weil so hübsch. :rollen: Und das von den Gouvernanten, die eigentlich mit ihrer guten Urteilskraft jungen Menschen ein Vorbild sein sollen. :breitgrins: Aber gut, im realen Leben läuft das wohl oft genug auch so ab, nicht ganz so überspitzt, aber trotzdem...


    Und machst du dir echt Notizen beim Lesen? Wow, das finde ich vorbildlich! :smile:

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631


  • die Reiter bei der Kutsche müssen ganz furchtbar schlechte Menschen sein, weil sie hässlich sind, aber der Gast ist sicher nett, weil so hübsch. :rollen:


    Wobei das auch ein bisschen zeitbedingt sein könnte. In der englischen Renaissance (16./17. Jh.) z. B. gab es tatsächliche viele Mediziner, die glaubten, dass das innere Wesen sich in der äußeren Gestalt wiederspiegelt. Im Viktorianismus ist dieser Glaube zwar nicht mehr ganz so stark vorhanden (siehe z. B. Jane Eyre, die im Buch als "plain" und eher hässlich beschrieben wird), aber so komische Ansichten gab es trotzdem noch, wie z. B. die Überzeugung, dass Hang zum Verbrechen vererbbar ist etc.

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Tut mir sehr leid, dass ich jetzt erst einsteige, bei mir in der Arbeit ist aktuell alles recht stressig und abends hatte ich auch jeden Tag was geplant. Zum Glück liest sich die Geschichte aber recht schnell, so dass ich jetzt ein bisschen aufholen kann.


    Für mich ist es ja ein Re-Read, deshalb kann ich nicht beureilen, ob wirklich alles ziemlich vorhersehbar ist, oder ob ich das nur so empfinde, weil ich noch ein paar Sachen vom ersten Mal lesen weiß (aber nur sehr dunkel, ist schon Jahre her).


    Ich bin jedenfalls jetzt auch bis zum 3. Kapitel gekommen und bin wie ihr überzeugt davon, dass die Erzählerin schon in ihrer Kindheit gebissen wurde. Die Erwachsenen haben sich ja sehr besorgt verhalten und dem Ereignis mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als man einem normalen Traum eines Kindes sonst würde.


    Die junge Frau, die da mit der Kutsche auftaucht, ist ja offensichtlich die geheimnisvolle Besucherin, die unsere Erzählerin als Kind schon heimgesucht hat. Aber wieso sie jetzt plötzlich auftaucht und warum ihre Mutter sie einfach zurücklässt, weiß ich auch nicht mehr und finde ich sehr rätselhaft.


    Sehr spannend und verwirrend fand ich auch den Brief von diesem Grafen im zweiten Kapitel. Seine Tochter ist gestorben und er macht sich auf den Weg, das Monster zu töten? Meint er damit einen Vampir?

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Wobei das auch ein bisschen zeitbedingt sein könnte. In der englischen Renaissance (16./17. Jh.) z. B. gab es tatsächliche viele Mediziner, die glaubten, dass das innere Wesen sich in der äußeren Gestalt wiederspiegelt. Im Viktorianismus ist dieser Glaube zwar nicht mehr ganz so stark vorhanden (siehe z. B. Jane Eyre, die im Buch als "plain" und eher hässlich beschrieben wird), aber so komische Ansichten gab es trotzdem noch, wie z. B. die Überzeugung, dass Hang zum Verbrechen vererbbar ist etc.


    Stimmt schon, auch in der mittelalterlichen Literatur ist das so. Und vor allem widerlegt die Geschichte von Carmilla das ja auch irgendwie selbst, wenn man bedenkt was sich da noch über den Gast enthüllt. *g* Deshalb denke ich eher, dass das ein Problem der Figuren in der Geschichte ist und nicht ein Problem von Le Fanus Einstellung (also er lässt die Figuren in diesen Schön-Hässlich-Kategorien denken und das macht sich ja nicht gerade für sie bezahlt).


    stefanie_j_h:
    Wir sind ca. in der selben Ausgangsposition, auch für mich ist die Erinnerung nur mehr sehr dunkel, so dass ich wenigstens noch von den Details überrascht werden kann. Allerdings nimmt der Titel der deutschen Ausgabe für ahnungslose Erstleser sicherlich schon einiges vorweg - denn wenn da steht "Carmilla, die Vampirin", dann kann man sich schon ausrechnen, dass Carmilla nicht gerade das tolle, gute Geschöpf ist.


    Ich bin derzeit übrigens der Meinung, dass die Frau von der Kutsche gar nicht wirklich die Mutter von Carmilla war, sondern dass das zum Plan gehörte - vielleicht ist sie auch ein Vampir gewesen? Aber das werde ich auch erst lesen müssen, da kann ich micht daran erinnern.


    Zum Brief des Grafen: Ja, ich denke er macht sich auf den Vampir zu suchen und zu töten, der seine Nichte auf dem Gewissen hat. Also.. wenn Vampire ein Gewissen haben höhö...


    Interessant für mich ist die Darstellung des Vampirs damals, zB hat mich überrascht, dass Carmilla einen Puls hat. Das ist ja in späteren Vampirgeschichten nicht unbedingt so. Sie wirkt auch sonst nicht sonderlich untot, nur diese langsamen, grazilen Bewegungen und die große Schönheit sind hervorstechend. Trotzdem glitzert sie wenigstens nicht in der Sonne.. :rollen: :breitgrins:

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631


  • Ich bin jetzt im 3. Kapitel (aber du musst nicht extra wegen mir langsamer lesen, Doris!)


    Ich konnte es auch nicht lassen, weil es doch zunehmend spannender wird, und habe heute das 5. Kapitel gelesen. Darüber schreibe ich aber erst morgen etwas.



    Seltsam finde ich die Einschätzungen der Schlossbewohner bezüglich fremder Leute: die Reiter bei der Kutsche müssen ganz furchtbar schlechte Menschen sein, weil sie hässlich sind, aber der Gast ist sicher nett, weil so hübsch. :rollen: Und das von den Gouvernanten, die eigentlich mit ihrer guten Urteilskraft jungen Menschen ein Vorbild sein sollen. :breitgrins: Aber gut, im realen Leben läuft das wohl oft genug auch so ab, nicht ganz so überspitzt, aber trotzdem...


    Auch bei der Literatur hat sich diesbezüglich nichts geändert. Erst kürzlich ist mir bei einem halbwegs aktuellen Buch aufgefallen, dass die Guten auch gut aussehen und die Intelligenz schier ausstrahlen, während die Schlechten schon äußerlich schlecht abschneiden und den negativen Eindruck dann auch bestätigen, sobald sie den Mund aufmachen. Das sind uralte Klischees, die immer wieder gerne angewendet werden.



    Und machst du dir echt Notizen beim Lesen? Wow, das finde ich vorbildlich! :smile:


    Na ja. Das hängt mit zunehmender Vergesslichkeit zusammen. Ich bin ja fast doppelt so alt wie du :zwinker:

  • Glaub mir, Doris, meine Vergesslichkeit ist ein running gag in meiner Familie... :rollen: Bei Büchern geht es noch, aber sonst im Leben.. huihui...


    Ich bin gerade mit dem 4. Kapitel fertig geworden und die Lage spitzt sich zu. :zwinker: Hab mir vorhin gedacht, ob man die Erzählung auch als Metapher für die "Gefahren" der gleichgeschlechtlichen Liebe lesen kann. Gerade die Beschreibungen, wie sie Carmillas körperliche Annäherungen einerseits positiv aufgeregt haben, aber andererseits abgestoßen, klingt wie so eine Verwirrung bezügl. sexueller Orientierung. Oder anders gefragt: Wieso ist Carmilla kein junger Mann?

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631

  • Hab mir vorhin gedacht, ob man die Erzählung auch als Metapher für die "Gefahren" der gleichgeschlechtlichen Liebe lesen kann. Gerade die Beschreibungen, wie sie Carmillas körperliche Annäherungen einerseits positiv aufgeregt haben, aber andererseits abgestoßen, klingt wie so eine Verwirrung bezügl. sexueller Orientierung. Oder anders gefragt: Wieso ist Carmilla kein junger Mann?


    Letzteres konnten sich bestimmt auch Vampire nicht aussuchen. Ich denke schon, dass die Erzählerin sehr verwirrt wegen ihrer Gefühle ist. Sexualität wurde damals in diesen Kreisen nicht so offen thematisiert und eine behütete Achtzehnjährige dürfte wenig Ahnung davon gehabt haben. Sie fühlt sich ganz offensichtlich angezogen von Carmilla, aber sie weiß nicht damit umzugehen. Ich glaube aber nicht, zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt, dass es eine Metapher sein soll. Mal sehen, wie die Geschichte ausgeht, dann können wir den Gedanken ja nochmals aufgreifen. Vampirgeschichten waren zum Zeitpunkt des Erscheinens von Carmilla ja schon nichts Neues mehr. Vielleicht wollte Le Fanu mit der gleichgeschlechtlichen Liebe mal frisches Blut :breitgrins: reinbringen. Eine spannende Mischung ist es allemal.


    Im 5. Kapitel werden restaurierte Gemälde zurückgebracht und dabei wird ein Porträt von Carmilla entdeckt. Das ist schon seltsam, es würde bedeuten, dass sie früher ein Familienmitglied gewesen sein muss, das total in Vergessenheit geraten ist, was ich mit meinen Vorstellungen nicht ganz in Einklang kriege.
    In einem Gespräch bemerkt die Erzählerin (wie heißt sie denn nun eigentlich?), dass sie glaube, Carmilla sei verliebt, worauf diese eine eindeutige Erklärung macht. So weit wären die Fronten eigentlich geklärt, fraglich nur, ob das unsere Erzählerin und ihr Vater auch so verstehen. In dem Zusammenhang stand der Satz "I started from her." Leider verstehe ich ihn nicht ganz. Kann jemand ihn übersetzen?


    Im 6. Kapitel macht es Carmilla spannend, als sie ankündigt, bald ihre Geschichte preiszugeben. Als Leser weiß man ja schon mehr, aber ich bin trotzdem sehr neugierig, was sie berichten wird. Ist sie selbst ein Opfer, das sich seinem Schicksal ergeben muss oder genießt sie ihre Macht?
    Die Erzählerin hat einen weiteren Traum, der sehr real erscheint. Ich vermute, sie wurde in den Club der Vampire aufgenommen. Warum macht sich eigentlich niemand wirklich Gedanken über die Todesfälle in der Umgebung? In der informationsarmen Zeit damals müssen doch schnell Gerüchte entstanden sein und die Runde gemacht haben. In Kombination mit dem scheinbar unerklärlichen Porträt sollte doch irgendjemand misstrauisch werden? Es kann mir keiner erzählen, dass wirklich niemand über das Leben der früheren Burgbewohner Bescheid weiß.

  • Ich hab jetzt auch das 5. Kapitel durch. "I started from her" würde ich mit "Ich schreckte vor ihr zurück." übersetzen. Die Erzählerin hat ihren Namen noch nicht genannt bzw. wurde sie auch noch nie per Namen von wem gerufen, ich glaube aber, dass sie Laura heißt. Das Namensanagramm von Carmilla (der Name am Gemälde) ist irgendwie unglaubwürdig, finde ich. :breitgrins: Aber stimmt, es wird immer schlimmer, zuerst ist sie nur lesbisch, aber jetzt wird es ja fast inzenstuös. Skandal. :zwinker: (Und ja, ich übertreibe, die Verwandtschaft scheint ja sehr weit entfernt zu sein). Warum fällt die Ähnlichkeit des Gemäldes aber nur Laura auf? Warum nicht dem Vater? Sehr seltsam..


    Übrigens: Ich hab mir heute beim Lesen gedacht "Siehst du, das kannst du die Leserunde fragen" und jetzt auch vergessen - Notizen machen also durchaus Sinn. :zwinker:


    Edit:
    In meiner deutschen Ausgabe heißt es "Ich zuckte zurück." (übersetzt von Gertrud Baruch, dh. andere Übersetzung als beim diogenes-Verlag)

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631

    Einmal editiert, zuletzt von Isadora ()

  • Ich habe auch bis Kapitel 6 gelesen.


    Interessant finde ich, wie unsere Erzählerin sich zwar einerseits hingezogen fühlt zu Carmilla, aber andererseits zurückschreckt vor ihren Annäherungsversuchen. Ich denke aber auch, dass die Erzählerin einfach nicht mit Sexualität umzugehen weiß und sicher erst recht nicht mit gleichgeschlechtlicher Liebe.


    Das Gemälde ist ja wohl wirklich von Carmilla und ist ihr nicht nur ähnlich. Aber heißt das wirklich, dass sie ein Familienmitglied war? Ich dachte, die abgebildete Dame wäre von dieser Familie gewesen, die in einem nahen Dorf/Schloss gewohnt hat, aber inzwischen ausgestorben ist. Wurden nicht am Anfang des Buches irgendwelche unbewohnte Ruinen erwähnt? So genau erinnere ich mich jetzt aber nicht mehr :gruebel:


    Ich muss jetzt erst mal eine kleine Pause einlegen, aber ihr lest zum Glück auch nicht so schnell. Morgen Abend nehm ich den Kindle wieder zur Hand und melde mich dann auch hoffentlich bald wieder :winken:

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Ich bin jetzt schon ein bisschen vorgeprescht (Kapitel 11), aber werde erst später was dazu schreiben.. :zwinker: Bis dahin wurde jedenfalls der Name schon genannt (vom Vater), unsere Protagonistin heißt tatsächlich Laura.


    @stefanie: Ja, es gibt diese Ruinen nebenan (das ganze nahegelegene Dorf, das ursprünglich zu der Ruine gehörte, heißt glaub ich Karnstein, nach der Adelsfamilie), aber die Karnsteins sind trotzdem mit Laura verwandt, weil ihre Mutter eine Karnstein war.


    Ich frage mich gerade wieso Joseph Sheridan Le Fanu (ich mag seinen Namen *g*) die Geschichte ausgerechnet nach Österreich bzw. in die Steiermark verlegt hat. Klar, selbst die Gegend hat einen gewissen Exotismus für den englischen Leser gehabt, aber die meisten Vampirmythen stammen doch aus dem slawischen Raum oder? Nicht falsch verstehen, ich finde das als Österreicherin natürlich ganz lustig, aber wieso hat er das nicht noch weiter östlich angesetzt? Oder bin ich hier zu sehr von Bram Stoker geschädigt? :breitgrins: Bram Stoker war jedenfalls kreativer mit der Einflechtung deutscher/slawischer Sprache & Namen, finde ich. Es kommt bei Carmilla später noch ein Arzt vor, der "Spielsfeld" heißt, der General mit der Nichte heißt "Spielsdorf". Ahja.

    ... this is nat language at any sinse of the world.<br />:lesen: Gustave Flaubert: Madame Bovary&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; :buecherstapel: [url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/16631


  • Ich frage mich gerade wieso Joseph Sheridan Le Fanu (ich mag seinen Namen *g*) die Geschichte ausgerechnet nach Österreich bzw. in die Steiermark verlegt hat. Klar, selbst die Gegend hat einen gewissen Exotismus für den englischen Leser gehabt, aber die meisten Vampirmythen stammen doch aus dem slawischen Raum oder? Nicht falsch verstehen, ich finde das als Österreicherin natürlich ganz lustig, aber wieso hat er das nicht noch weiter östlich angesetzt? Oder bin ich hier zu sehr von Bram Stoker geschädigt? :breitgrins:


    Genau denselben Gedanken hatte ich auch. Ich war auch verwundert, als Carmilla gefragt wurde, wo sie herkommt und darauf "Aus dem Westen" antwortet.
    Ich hab das gerade aber ein bisschen recherchiert und Wikipedia meint z. B. dass im ersten Entwurf von Bram Stokers Dracula das Schloss des Grafen auch in der Steiermark ist und Stoker es erst später nach Transilvanien verlegt hat. Ich musste auch sofort an Frankenstein denken, wo ein Großteil der Handlung ja in Genf stattfindet. Manchmal habe ich das Gefühl, als würden die Briten alles, was abseits von ihren Inseln liegt als "monströs" und exotisch empfinden. :breitgrins:

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • Ich frage mich gerade wieso Joseph Sheridan Le Fanu (ich mag seinen Namen *g*) die Geschichte ausgerechnet nach Österreich bzw. in die Steiermark verlegt hat. Klar, selbst die Gegend hat einen gewissen Exotismus für den englischen Leser gehabt, aber die meisten Vampirmythen stammen doch aus dem slawischen Raum oder? Nicht falsch verstehen, ich finde das als Österreicherin natürlich ganz lustig, aber wieso hat er das nicht noch weiter östlich angesetzt? Oder bin ich hier zu sehr von Bram Stoker geschädigt? :breitgrins: Bram Stoker war jedenfalls kreativer mit der Einflechtung deutscher/slawischer Sprache & Namen, finde ich. Es kommt bei Carmilla später noch ein Arzt vor, der "Spielsfeld" heißt, der General mit der Nichte heißt "Spielsdorf". Ahja.


    Über die Herkunft von Lauras Familie habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Die Geschichte in der Steiermark anzusiedeln fand ich nicht seltsam, aber ich überlege ständig, welcher Nationalität sie angehören. Ich höre nämlich Carmilla ständig in schönstem Österreichisch reden :breitgrins:. Die Familie bekommt ja Besuch von eben jenem Arzt mit dem Namen "Spielsfeld" und unterhält sich mit ihm, also müssen sie Deutsch bzw. österreichischen Dialekt sprechen. Nichts gegen diesen Dialekt - ich mag ihn sehr - aber es passt einfach nicht zu meiner Vorstellung von einer jungen Vampirin.


    Ich habe heute bis einschließlich Kapitel 9 gelesen. Die Anzeichen für Vampirismus vermehren sich derart, dass eigentlich kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass ein Untoter unter ihnen weilt. Einer hat ja schon seine Visitenkarte auf Lauras Dekollete hinterlassen, damit sämtliche Zweifel ausgeräumt sind. Der konsultierte Arzt weiß, wonach er suchen muss und auch Lauras Vater hat wohl zumindest eine Ahnung, lässt sich aber von Carmilla mit lauen Ausreden besänftigen, die er glaubt, weil er das Schreckliche nicht wahrhaben will. Carmilla, die sich sehr verdächtig verhält, bekommt es aber auch leicht gemacht, indem ihr der Vater die Ausrede Schlafwandeln gleich in den Mund legt.


    Langsam baut sich immer mehr Spannung auf. Carmilla wird als die ganz Böse dargestellt, die mit ihrer sexuellen und blutrünstigen Vorliebe gleich doppelt gefährlich ist. Nachdem Isadora ja schon darauf hingewiesen hatte, beschleicht mich nun doch zunehmend die Frage, ob Le Fanu die gleichgeschlechtliche Liebe als so gefährlich wie Vampire darstellen wollte. Ich weiß nicht, ob man zu Zeiten der Entstehung des Romans noch an Vampire glaubte, aber Homosexualität wurde damals bestimmt schon verteufelt.


  • Ich weiß nicht, ob man zu Zeiten der Entstehung des Romans noch an Vampire glaubte, aber Homosexualität wurde damals bestimmt schon verteufelt.


    Allerdings. Der Romantiker Samuel Taylor Coleridge hat es als "very worst of all possible vices" genannt. Das Zitat ist zwar von 1802, aber wenn man bedenkt, dass Oscar Wilde Ende des 19. Jahrhunderts wegen Sodomie ins Gefängnis musste. (Auch bei Shakespeares Sonetten, die an den jungen Mann gerichtet sind, wurden im Viktorianismus übrigens alle "he"s zu "she"s gemacht, damit die Norm aufrecht erhalten wird). :rollen:


    Ich glaube genau deshalb ehrlich gesagt nicht, dass der Autor gleichgeschlechtliche Liebe mit den Gefahren des Vampirismus gleichstellt, weil mir der Text extrem effekthascherisch vorkommt. Auf Wikipedia steht, dass er zunächst in einer Zeitschrift erschienen ist (was normal im Viktorianismus war), aber ich gehe stark davon aus, dass die Zeitschrift ein Äquivalent zu einem heutigen Pornoheftchen darstellt. Bei den strengen Regeln und der Zensur im 19. Jahrhundert kann ich mir nicht vorstellen, dass der Text Leser erreicht hat, die etwas daraus lernen könnten. Ich glaube, der Text wurde schlicht geschrieben, um Geld zu machen und baut deshalb auf Tabus und Horror.
    (Ich habe auch schon versucht mehr über die Zeitschrift herauszufinden, aber da gibt Wikipedia leider nichts mehr her. Vielleicht schlag ich es morgen am Uni-PC mal nach.)

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • Ich glaube genau deshalb ehrlich gesagt nicht, dass der Autor gleichgeschlechtliche Liebe mit den Gefahren des Vampirismus gleichstellt, weil mir der Text extrem effekthascherisch vorkommt.


    Davon bin ich momentan auch wieder abgekommen, die Beziehung zwischen Carmilla und Laura rückt nämlich etwas in den Hintergrund. Ich bin heute bis Kapitel 13 gekommen. Im Augenblick tut sich nicht viel. Man versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, indem man den General seine Erlebnisse erzählen lässt. Seine Nichte hat dasselbe erlebt wie Laura, wenn ich es richtig verstanden habe, ist sie allerdings gestorben. Lauras Vater scheint tatsächlich keine Ahnung von der Bedrohung durch Vampire gehabt zu haben.


    Nun ist die Frage, wie sie gegen Carmilla vorgehen und ob Laura noch zu retten ist.