Nuala O'Faolain - Nur nicht unsichtbar werden

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    Umschlagtext
    Nuala O'Faolain hat einen schonungslosen Bericht über ihr Leben geschrieben, das von Armut und Alkohol, Sexualität und Unterdrückung, Schmerz und Schuld gezeichnet ist. Ein Buch voller Entblößungen - «man möchte, dass es nie aufhört. Und man ahnt, dass hier der wahre Wein des Lebens gereicht wird.»


    Meine Meinung
    Ich frage mich, welches Buch Frank McCourt gelesen hat. Er hat zwar recht wenn er schreibt, dass die Autorin über "Alkohol, Sexualität usw. " geschrieben hat. Aber ihr "schonungsloser Bericht" ist eine platte Aneinanderreihung von Dingen, die sie erlebt und Autoren, die sie getroffen hat. Nichts davon hat mich erreicht oder mir auch nur im entferntesten den Eindruck vermittelt, Nuala O'Faolain will ihre Leser berühren.


    Am interessantesten war für mich ihre Mutter, die sich im Lauf ihrer Ehe von einer selbstbewussten, energischen Frau in eine frustrierte Trinkerin verwandelt hat, die "lesend in ihrem Sessel saß" und Rezensionen über die gelesenen Bücher geschrieben hat. Aber auch dieser kleine Lichtblick kann nicht Verhindern, dass das Buch für mich ein :flop: ist.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • So ging es mir auch mit dem Buch (bzw. der Hörbuchfassung). Ich konnte überhaupt keinen Bezug zur Erzählerin finden und habe sehr schnell abgebrochen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Verwandt mit Seán O’Faoláin? Ah, ich sehe gerade, Wikipedia sagt, dass nein.
    [hr]

    [...]ihre Mutter, die sich im Lauf ihrer Ehe von einer selbstbewussten, energischen Frau in eine frustrierte Trinkerin verwandelt hat, die "lesend in ihrem Sessel saß" und Rezensionen über die gelesenen Bücher geschrieben hat. Aber auch dieser kleine Lichtblick [...]


    Ich nehme an, das ist jetzt nicht so gemeint, wie's klingt ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo!


    sandhofer: ups- natürlich nicht :zwinker: Aber dass eine Alkoholikerin, die eigentlich nur am Anfang richtig erwähnt wurde das Positivste im ganzen Buch war sagt schon einiges.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo!


    Ich mochte schon das erste Buch nicht, das ich von der Autorin gelesen habe. Deshalb bin ich eigentlich ohne große Erwartungen an Nur nicht unsichtbar werden herangegangen, aber auch das hat nicht geholfen.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Klappentext

    Nuala O'Faolain rebelliert gegen ein Leben, wie es im erzkatholischen Irland für Frauen vorgesehen ist: Heirat, Kinder und männliche Gewalt. Sie sucht immer wieder Zuflucht in Affären und im Alkohol. Doch dann trifft sie Nell und entdeckt mit ihr zusammen eine neue Welt.


    Elke Heidenreich hat gefragt: "Warum habe ich mich nie getraut, etwas Ähnliches zu schreiben?"


    Und Frank McCourt (ebenfalls ein irischer Schriftsteller) meint: "Man möchte, dass das Buch nie aufhört. Und man ahnt, dass hier der wahre Wein des Lebens gereicht wird."



    Meine Meinung

    Das Buch ist mir zu Herzen gegangen. Ich konnte das Leben dieser Frau sehr gut nachvollziehen, weil es solche Familiengeschichten nicht nur "im erzkatholischen Irland" gab, sondern auch bei uns. Alkoholprobleme und Gewalt in der Familie ist auch für mich kein Fremdwort.

    Deshalb umso bewunderungswürdiger, dass sie es schafft, ihren eigenen Weg auf der Suche nach dem Glück zu gehen.


    Noch aufwühlender fand ich aber fast das Nachwort, in denen die Schriftstellerin einige Sätze aus Reaktionen von überwiegend Frauen auf ihr Buch preisgibt.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 91


    Gesamt seit März 2007: 1012

  • Nach über zehn Jahren habe ich die Tage Nuala O'Faolains Erstlingswerk noch einmal gelesen.


    Nuala O'Faolain hat von jung auf gegen ihr Leben, wie man es im erzkatholischen Irland für Frauen vorgesehen hat, rebelliert: Heirat, Kinder und männliche Gewalt. Immer wieder hat sie Affären und sie sucht Trost im Alkohol. Erst in der Beziehung mit Nell (die Journalistin Nell McCafferty) entdeckt sie mit ihr zusammen eine neue Welt.


    Elke Heidenreich hat gefragt: "Warum habe ich mich nie getraut, etwas Ähnliches zu schreiben?"


    Und Frank McCourt (ebenfalls ein irischer Schriftsteller) meint: "Man möchte, dass das Buch nie aufhört. Und man ahnt, dass hier der wahre Wein des Lebens gereicht wird."


    Beim ersten Lesen des Buches hat es mir, trotz des ernsten Themas, einfach wunderbar gefallen. Gewalt in der Familie ist nicht gerade etwas, was man gerne liest und noch viel schwieriger ist es - wie ich weiß - aus eigener Erfahrung darüber zu schreiben. Dieses Thema - auch wenn es hier im Buch aus einer früheren Zeit erzählt wird - muss unbedingt viel öffentlicher gemacht werden.


    Als Kind ist man in so einem Elternhaus völlig hin- und hergerissen. Man liebt doch die Eltern. Gleichzeitig hat man wahnsinnige Angst, wie Nuala O'Faolains jüngster Bruder in einem Brief schrieb:


    "'Ich liebte meine Mutter und verehrte meinen Vater, als ich ein Junge war', schrieb er mir in einem Brief, der unsere ganze Verwirrung zusammenfasste. 'Sie waren Mutter und Vater für uns, ein Kind kann das gar nicht anders sehen. Auch wenn ich mir vor Angst in die Hose gemacht habe, wenn er besoffen nach Hause kam und auf Mutter einprügelte. Ihre Hilfeschreie waren herzzerreißend, und ich verkroch mich in eine Kommodenschublade...'"


    Dabei hat sich der Vater einfach geweigert, Vater zu sein. Die Söhne waren mit all den Problemen auf dem Weg zum Erwachsenwerden, auf sich gestellt. Der eine ging in die British Army, um ihn zu beeindrucken. Einer machte gar keinen Ärger, vergeudete mit Jobs, die ihm nichts abverlangten, Jahre seines Lebens. Den Jüngsten schickten die Eltern zu Nuala O'Faolain nach London. Als die Mutter ihn aufs Schiff brachte, war sie betrunken, der Vater war noch nicht mal da.


    In den Internaten mussten die Mädchen alles, was sie über Körper gelernt haben, vergessen. Doch ihr Schicksal war "von einer Ehe und nicht etwa von Bildung bestimmt". Davon, was für einen Mann sie bekamen. Um aber einen zu kriegen, mussten sie mit einem gehen. "Deshalb waren die wichtigen Dinge des Lebens - das Karrierehandwerkszeug - Manieren, Figur, Kleider und sorgfältig dosierte kleine Freiheiten, die man diesem oder jenem Mann erlaubte."


    In der Öffentlichkeit wurden die Gefühle, die Schulmädchen haben, immer lächerlich gemacht. Doch alle emotionalen Erfahrungen bauten auf ihnen auf, "die für das ganze Leben so entscheidend sind. Sie waren nicht bloß ein Ersatz für all das, was wir mit Jungen getan hätten, wenn wir nicht auf dem Internat gewesen wären - das vermuteten nämlich die Männer immer."


    In den 1970er Jahren (Nuala O'Faolain ist in den 30er Jahren) nahm sie an Frauendemonstrationen teil. Doch man hätte sie nicht fragen dürfen, warum. Die Antwort wäre: Für die anderen Frauen. Sie hatte einen tollen Job. Es kam ihr nicht in den Sinn, sich selbst infrage zu stellen. Wenn es dann mal klickte, konnte sie überall in der Gesellschaft Sexismus sehen. "Aber mir war überhaupt nicht bewusst, mit welchem Nachdruck ich die Verantwortung für mein persönliches Glück regelmäßig den Männern zuschob."


    In einer Rezension schrieb eine Leserin, dass sie das Buch beim jahrelang späteren Lesen nicht mehr so toll fand. Weil die Autorin sich selbst für ihren Beruf hochgeschlafen haben soll. Schade. Aus heutiger Sicht lässt sich natürlich gut urteilen, wie Menschen sich früher verhalten haben. Zudem hat Nuala O'Faolain ihre eigenen Irrtümer oder Fehler nicht verheimlicht. Als aufmerksame Leserin kann ich da sehr gut zwischen den Zeilen lesen.


    Nach der Trennung von Nell (die Beziehung dauerte gut fünfzehn Jahre) füllte das Erscheinen dieses Buches die Leere in Nuala O'Faolains Leben, die garantiert gekommen wäre. Auf Anhieb landete es auf der Bestsellerliste. Fremde Menschen umarmten sie auf der Straße, liefen in den nächsten Buchladen, um sich ihr Buch signieren zu lassen. Sie erhielt Leserbriefe aus aller Welt: von Männern, doch vor allem von Frauen. Frauen, die aus ihrem Leben erzählten. Vom Mann, der fremdging, sie aber bliebe, weil sie kein Geld hatte und wegen der Kinder, die beide Elternteile haben sollten. Eine siebzigjährige Großmutter schrieb: "Sie haben die Aufgabe, das auszusprechen, was wir, die wir uns nicht artikulieren oder von zu Hause aus zögerlich sind, fühlen und denken."


    Eine junge Frau schrieb: "...eine obskure Scham darüber, weiblich zu sein - was ich noch nicht mal wusste, dass ich es so empfinde -, löst sich langsam...". Die meisten Frauen schrieben darüber, dass sie schon längst keine brennende Leidenschaft mehr erwarten, sie aber schon mal zufrieden wären, wenn man ihnen ehrliches Interesse entgegenbringen würde. Stattdessen müssen sie nur funktionieren. Eine Frau Schrieb: "Ich habe Angst, in den Spiegel zu schauen, in dem ich meinen Vater, den Wahnsinn oder die Leere erblicke."


    Was war das für ein Leben für die Frauen. Und es waren keine Einzelfälle, so funktionierte die Gesellschaft. Als kleine Mädchen wurden sie geschlagen, ebenso als Frauen. Niemand brachte ihnen echtes Interesse entgegen. Oft zieht es sich durch die Generationen. Glücklich die Frau, die es schafft, aus der Spirale auszubrechen. Aber was für ein Kampf ist das zumeist.


    An der Übersetzung scheint es manches Mal zu hapern, da liest sich einiges nicht rund. Das ändert aber nichts an dem Inhalt des Buches, der es in sich hat und der heute noch so aktuell ist wie damals.


    5ratten

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

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