Chuck Palahniuk - Verflucht/Damned

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.633 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nimue.

  • Huhu ihr Lieben!


    Es ist soweit. Der neueste Palahniuk ist zwar schon zu Weihnachten bei mir gelandet, aber dank Zugfahrten habe ich das Buch vorgestern beendet. Obwohl ich inzwischen wohl wie eine kaputte Platte klinge - Chuck ist einfach großartig. :breitgrins:


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    Inhalt:
    "Bist du da, Satan? Ich bin's, Madison." So beginnt die 13-jährige Erzählering mit der flinken Zunge ihre Geschichte. Als Tochter von selbstverliebten Filmstars wird sie von ihren Eltern oft alleine gelassen, dafür aber mit allen möglichen Drogen versorgt. So stirbt sie an einer Überdosis Marihuana und "erwacht" in der Hölle. Neben ihrer Zelle findet sie Freunde in einer Cheerleaderin, einem Football-Helden, einem Punk und einem Streber, ein Klischee, das sie selbst kaum glauben kann.
    Madison und ihre Crew wandern durch die Hölle über den Berg geschnittener Zehennägel, durch die Schuppenwüste, um Satan in seinem Palast zu stellen...


    Meine Meinung:
    Chuck läuft wieder zu Höchstform auf. Madison Spencer ist als Erzählerin eher untypisch für Chuck Palahniuk. Der Satz, mit dem sie jedes Kapitel einleitet, ist ein netter Seitenhieb auf Judy Blume (Are You There, God? It's me, Margaret.), wobei Madison eben nicht zu Gott, sondern zu Satan "betet".
    Einerseits erzählt sie, was im Jetzt und Hier passiert - also in der wahrhaftigen Hölle - andererseits erfahren wir von Maddys Leben auf der Erde, von ihren reichen Eltern, die in jeder Stadt eine Villa haben und süchtig danach zu sein scheinen, arme, verhungernden Kinder aus gottverlassenen Ländern zu adoptieren (sehr Brangelina :teufel:) und die Madison gerne mit Drogen experimentieren lassen.
    So bösartig und Palahniuk-esque sich das liest, so amüsant fand ich es. Wieder einmal hält Chuck der Gesellschaft einen Spiegel vors Gesicht und wir müssen uns ebenso eingestehen wie Maddy, dass die Oscars auch nur die Beweihräucherung von narzisstischen Reichen ist.


    In der Hölle selbst erwarten uns aber auch viele Überraschung. Dass die gängige Währung der Hölle Süßigkeiten sind, war mir z.B. unbekannt. :breitgrins: Die Landschaft besteht aus Zigarettenstummeln, abgetriebenen Babys, Zehennägeln, Schuppen und "ungenütztem" Sperma. Neben den Sündern der Erde finden sich in der Hölle auch sämtliche Gottheiten oder Versionen des Teufels aus alten Kulturen. Maddy und ihr "Breakfast Club" von Freunden haben also alle Hände voll zu tun, wenn sie Satan erreichen wollen. Wenn nur nicht das Call Center der Hölle im Weg wäre...


    Das ist ein Palahniuk Roman wie ich sie liebe. Geschickt wird Chucks Satire mit den Gefühlen eines heranwachsenden Mädchens vermischt. Die Kommentare zu unserer wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft sind leider allzu wahr und obwohl ich oft herzhaft gelacht habe, hinterlässt das Buch (wieder einmal) einen bitteren Nachgeschmack. Der Stil liest sich sehr flüssig, Madison ist eine tolle Protagonistin und die Hölle ein erschreckend realistischer Ort. Einzig das Ende hat mich etwas unzufrieden zurückgelassen, aber der Gesamteindruck ist immer noch große Klasse. Weiter so, Chuck!


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße,
    Wendy


    Englischen Titel ergänzt. LG, Valentine

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Das klingt aber sehr interessant und witzig :breitgrins: Muss ich mal vormerken..

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Hallo!


    Damned klingt wirklich gut. Bis jetzt hat mich der Autor noch nicht angesprochen aber das hat sich jetzt geändert :breitgrins:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Chuck Palahniuk - Verflucht


    Verlag: Manhattan
    Erstausgabe (D): 2013
    Seiten: 304
    Ausgabe: Gebundene Ausgabe
    Originaltitel: Damned
    Originalausgabe: 2011


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    Klappentext:


    »Hallo, Mr. Satan, hier spricht Madison.« Das sind Madisons erste Worte in ihrem neuen Zuhause – der Hölle. Wie sie dahin gekommen ist? Ihre Eltern sind nicht ganz unschuldig daran. Ihre Mutter, eine selbstverliebte Schauspielerin, und ihr Vater, ein geldverliebter Millionär, lassen ihre Tochter über Weihnachten in einem Schweizer Internat zurück, während sie selbst weitere Waisen adoptieren. Madison katapultiert sich derweil mittels einer Überdosis Marihuana ins Jenseits. Dort trifft sie unter anderem auf einen Cheerleader, eine Sportskanone, einen Außenseiter und einen Punk. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, Satan zur Rede zu stellen, aber so leicht können sie der Hölle nicht entkommen …


    [hr]


    Mein erstes Buch von Palahniuk. Schon ewig will ich etwas von ihm lesen. Natürlich kenne und liebe ich "Fight Club". Allerdings nur in der Filmversion. "Verflucht" hatte mich schon von der ersten Seite an. Großartig, wie der Autor humorvoll den Finger manchmal genau auf die Stelle der Gesellschaft drückt, wo es ein bisschen weh tut:


    Zitat

    Nein, fair ist das nicht, aber selbst wenn ich euch leidtun sollte, bildet ihr euch wahrscheinlich verdammt viel darauf ein, dass ihr am Leben seid und grade auf einem Stück von einem armen Tier herumkaut, das das Pech hatte, auf der Nahrungskette unter euch zu stehen. Ich erzähle euch das alles nicht, um euer Mitgefühl zu wecken. Ich bin dreizehn Jahre alt, ich bin ein Mädchen, und ich bin tot.


    Oder vielleicht nicht unbedingt weh tut, sondern "nur" messerscharf beobachtete Analogien schafft:


    Zitat

    Glaubt mir, das Totsein ist viel einfacher als das mit dem Sterben. Wenn man viel fernsehen kann, ist Totsein ein Klacks. Tatsache: Fernsehen und im Internet surfen sind hervorragende Übungen fürs Totsein.


    Ich bin noch nicht weit, aber ich habe schon viel Spaß :popcorn:


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo Nimue,


    Ich hab die Threads mal zusammengefügt. Ich schätze, weil ich den Titel damals nur auf Englisch angeführt habe, ist er untergegangen. :redface:


    Aber es freut mich, dass dir der Palahniuk gefällt. Genau was du beschreibst - diese messerschafen Bemerkungen über den Stand der Gesellschaft - findest du durch die Bank in allen seinen Romanen. Ansonsten ist Palahniuks Stil sehr breit (also je nachdem worauf du Lust hast: Fight Club, Pornos, Zeitreisen, Sekten, usw.).
    Ich bin gespannt, wie dir das Buch weiter gefällt.


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

    Einmal editiert, zuletzt von Wendy ()


  • Ich hab die Threads mal zusammengefügt. Ich schätze, weil ich den Titel damals nur auf Englisch angeführt habe, ist er untergegangen. :redface:


    Damals war das Buch vermutlich noch nicht auf deutsch erhältlich, aber ja: Deshalb habe ich es nicht gefunden. Danke fürs Zusammenfügen :bussi:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ohweh, meine Begeisterung sinkt leider schon. Die ersten 50 Seiten fand ich eher langweilig, nach der interessanten Einführung von Madison. Aber der Sprachstil mit den ganzen Wiederholungen im Sinne von "Ja, ich kenne dieses und jenes Wort. Ich töte meiner Leserin zwar den letzten Nerv, bin aber nicht blöd". So ein Satz kommt fast auf jeder Seite vor :ohnmacht:


    Schön sind allerdings die wiederkehrenden Anspielungen auf "Breakfast Club" und "Der englische Patient" :breitgrins:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Inzwischen lese ich das Buch nur noch quer, damit ich es endlich hinter mich bringe. Müsste ich es nicht rezensieren, hätte ich es schon längst abgebrochen. Ich will nie wieder das Wort "Mumu" lesen! :rollen:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Oje. :trost:
    Die Wiederholungen sind ein Chuck-Ding. Solche Sätze gibt es in allen seinen Büchern und auch da kommen sie immer wieder vor. In "Invisible Monsters" war es das "Flash", das einen Fotoapparat simulieren soll, in "Fight Club" sind es die "Ich bin Jacks Organ-des-Tages" Sätze.
    Ich hoffe, es wird noch besser für dich, Nimue.

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Meine Meinung:

    Madison ist das typische Kind reicher, erfolgreicher, selbstverliebter US-amerikanischer Eltern. Vor allem durch materielle Dinge zeigen sie die Liebe zu ihrem einzigen blutsverwandten Kind inmitten einer ganzen Schar Adoptivkinder. Kameraüberwachte Häuser in allen denkbaren Erdteilen, Unmengen an hübscher Kleidung für das nicht ganz so hübsch geratene Kind und schließlich die eher nachgiebig zu nennenden Erziehungsmethoden (Marihuanakonsum ist auch für Teenager in Ordnung) prägen Madisons Kindheit und Pubertät. Ein bisschen Rebellion ergibt sich hier natürlich zwangsweise. Dumm nur, dass Madison dabei mehr oder weniger aus Versehen stirbt und in der Hölle landet.


    Glaubt man nun jedoch, dass ihr ewiges Fegefeuer, Verdammnis und Höllenqualen bevorstehen, hat man nur die halbe Wahrheit. Die Hölle ist "Der englische Patient" in Dauerschleife. Die Hölle ist eine Fingernagelwüste und ein Ozean Vergeudeten Spermas. Die Hölle ist ein Call-Center, in dem Madison schließlich mit ein paar weiteren bedauernswerten Verstorbenen und in die Hölle gefahrenen arbeitet.


    "Verdammt" ist mein erstes Buch von Chuck Palahniuk, den ich schon seit der Verfilmung von "Fight Club" lesen wollte. Bereits auf der erste Seite hatte mich der Autor eingefangen, denn Mitverfolgen, wie er den Finger manchmal genau auf die Stelle der Gesellschaft drückt, wo es ein bisschen weh tut, ist ganz großes Kino:


    Zitat

    "Nein, fair ist das nicht, aber selbst wenn ich euch leidtun sollte, bildet ihr euch wahrscheinlich verdammt viel darauf ein, dass ihr am Leben seid und grade auf einem Stück von einem armen Tier herum kaut, das das Pech hatte, auf der Nahrungskette unter euch zu stehen. Ich erzähle euch das alles nicht, um euer Mitgefühl zu wecken. Ich bin dreizehn Jahre alt, ich bin ein Mädchen, und ich bin tot. "


    Manchmal beobachtet er aber auch nur und erzeugt messerscharfe Analogien:


    Zitat

    "Glaubt mir, das Totsein ist viel einfacher als das mit dem Sterben. Wenn man viel fernsehen kann, ist Totsein ein Klacks. Tatsache: Fernsehen und im Internet surfen sind hervorragende Übungen fürs Totsein."


    Doch leider sank meine Begeisterung bereits nach den ersten 50 Seiten. Nach einer kurzen Einführung Madisons und dem Kennenlernen ihrer zukünftigen Höllengefährten - eine Cheerleader, eine Sportskanone, ein Außenseiter und ein Punk und somit Madisons Version des von mir sehr geschätzten "Breakfast Club" - zieht sich die Handlung in die Länge. Palahniuk hat die Marotte, sehr viele Wortwiederholungen in seinem Text zu verbauen. Fast auf jeder Seite trifft man am Anfang auf eine Stellungnahme von Madison im Sinne von: "Ja, ich kenne dieses und jenes Wort. Ich töte meiner Leserin zwar den letzten Nerv, bin aber nicht blöd". Und muss ich jemals wieder das Wort "Mumu" in einem Buch lesen, bin ich sicher, dass ich Amok laufe wie seinerzeit Michael Douglas in Falling Down.


    Nach der Hälfte der Buches stand fest: Ich lese den Rest quer, weil nichts neues geboten wurde und die Handlung sich in etwa so zäh entwickelte wie der Inhalt des Ozeans aus Vergeudetem Sperma.


    Ich hoffe, das kannst du besser, Chuck.


    2ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.