Tana French - Schattenstill

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    Tana French - Schattenstill


    Inhaltsangabe:
    Broken Harbour, eine windgepeitschte Geisterstadt voller Bauruinen nördlich von Dublin: In einem der wenigen bewohnten Häuser wird eine junge Familie aufgefunden – die Eltern brutal niedergestochen, die beiden kleinen Kinder erstickt. In den Wänden ihres hübsch eingerichteten Häuschens klaffen rätselhafte Löcher. Detective Mike Kennedy ist überzeugt, dass er den Fall lösen wird, schließlich arbeitet niemand in der Mordkommission so effektiv wie er. Doch Broken Harbour entpuppt sich als erbarmungsloser Abgrund, der auch ihn zu verschlingen droht …



    Also, die 729 Seiten waren von der ersten Seite an total spannend! Ich habe das Buch in vier Tagen verschlungen und bin wieder mal begeistert von dem Schreibstil von Tana French!


    Interessant ist ja auch immer, dass sie Nebenfiguren aus dem letzten Krimi als Hauptprotagonisten einsetzt. In diesem Fall Detective Mike Kennedy (an den ich mich aber nur noch nebulös erinnern konnte). Er muss ein sehr seltsames Verbrechen in einer schnell hochgezogenen Neubausiedlung am Meer auflösen. Die seltsamen Vorgänge im Haus sowie in den Köpfen der Menschen macht die Hauptfaszination des Buches aus! Man will unbedingt wissen und verstehen, was da vor sich gegangen ist.


    Außerdem ist es ein gesellschaftskritischer Roman, der sich u. a. mit dem Thema der Rezession in Irland und den Folgen für die Gesellschaft und den Einzelnen beschäftigt.


    Und zwischendrin wird Mike Kennedy immer wieder mit seiner eigenen Geschichte, die ihn eng mit Broken Harbour verbindet, konfrontiert.


    Wie fast alle Tana French Krimis bekommt auch dieser von mir
    5ratten

    Gruß suray

    Einmal editiert, zuletzt von suray ()

  • Der deutsche Verlag arbeitet wohl ganz stark daran, sämtliche Bücher von Tana French mit möglichst ähnlich strukturierten und dabei ziemlich nichtssagenden Namen auszustatten, auf dass man Inhalt und Titel der Romane möglichst leicht untereinander verwechseln kann. Einen Zusammenhang zwischen dem deutschen Titel und dem Inhalt von „Schattenstill“ kann ich jedenfalls nicht erkennen.


    Detective Mike Kennedy – wenn man ein besseres Gedächtnis als ich hat, erinnert man sich an ihn aus vorherigen Büchern - hat ein ungutes Gefühl, als er zu einem Tatort in einer Neubausiedlung gerufen wird. Die liegt nämlich ausgerechnet an einem Stück Küste, das früher einmal Broken Harbour hieß und ein verdrängtes Stück seiner eigenen Vergangenheit darstellt. Am Tatort liegen Vater und Mutter in einer Blutlache in der Küche, die Kinder im Obergeschoß in ihren Betten. Zeugen gibt es keine, die Neubausiedlung ist dank der Wirtschaftskrise bereits zu einer Geisterstadt verfallen. Und was haben die Löcher zu bedeuten, die in alle möglichen Wände geschlagen wurden?


    Das ist kein Fall, an dem man als Polizist Freude hat und dazu kommen bei Mike Kennedy noch ein paar gerade wieder akut werdende chronische Familienprobleme. Gut, dass der neue Kollege, den er anlernen soll, sich als ganz nett entpuppt, Einzelgänger Mike ist fast bereit, ihn als festen Partner zu akzeptieren. Über Mike möchte man so manches Mal den Kopf schütteln, auf dass er ein wenig von dem Ballast ablegt, den er mit sich herumträgt und der eine Barriere zwischen ihm und seiner Umgebung ist.


    Als geübter Thrillerleser vermutet man gerne den üblichen Verrückten, den die Mordlust packte, aber bei Schattenstill ist nicht die eigentliche Tat das interessante, sondern die Zeit davor. Die stille Verzweiflung, die eine Auswirkung von Rezession und Arbeitslosigkeit ist und das Leben so einiger zerstört hat, die in den Jahren des Aufschwungs in die gutsituierte Mittelschicht aufstiegen, mit neuen Autos und einem Haus in einer Neubausiedlung. Der Mord ist dabei zwar keine logische, unausweichliche Konsequenz, entpuppt sich aber doch als eine Folgeerscheinung.



    Diesen psychologischen Effekt fand ich erschreckend gut dargestellt, das war in einigen Aspekten unheimlicher als ein eiskalter Killer es hätte sein können.



    Mit „Schattenstill“ hat Tana French erneut einen ungewöhnlichen Kriminalroman mit interessanter gesellschaftlicher Komponente vorgelegt, den ich trotz wenig vordergründiger Spannung im Handumdrehen verschlungen habe.

    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Tana French


    Schattenstill


    Broken Harbour


    Rocky Kennedy ist ein berühmt-berüchtigter Ermittler bei der Dubliner Kripo. Er gilt als kaltschnäuzig, arrogant und erfolgreich. Dafür arbeitet er auch hart; sein Dienst hat immer oberste Priorität. Kennedy hält sich an die Regeln, gibt alles und erwartet das auch von anderen. Mit seinem neuen Partner Richie, einem Anfänger, lässt sich die Zusammenarbeit unerwartet gut an, so dass Kennedy sogar schon Hoffnung auf lange vermisste Kameradschaft oder gar Freundschaft schöpft.


    Die beiden bekommen einen dreifachen Mordfall zugewiesen, der sich ausgerechnet in Brianstown zugetragen hat. Mit diesem Ort verbindet Kennedy zahlreiche Kindheitserinnerungen, die in einer Katastrophe endeten. Daher stellt seine Rückkehr dorthin eine deutliche Belastung für ihn da. Ungünstigerweise hat seine Schwester Dina auch gerade wieder dringend Unterstützung nötig, aber Kennedy hat neben den Ermittlungen keine Zeit für familiäre Probleme…


    Bei den Mordopfern handelt es sich um einen Familienvater mit zwei kleinen Kindern. Die Mutter hat schwerverletzt überlebt. Ziemlich schnell gibt es eindeutige Hinweise auf einen Stalker sowie auf brisante Internetaktivitäten.


    Den größten Teil des Buches stellen die Zeugenvernehmungen dar. Die Gespräche werden detailgenau wiedergegeben und umfassen sicher mehrere hundert Seiten. Dadurch wird die Geschichte recht trocken und kann mit den vorherigen Bänden leider nicht ganz mithalten.


    Dina wird als ziemlich schillernde Persönlichkeit beschrieben. Der Umgang mit ihr muss sehr anstrengend, deprimierend und entkräftend sein. Ich finde es verständlich, dass Kennedy ihre Spielchen irgendwann nicht mehr mitmacht.


    Das Mordmotiv bleibt etwas verwaschen und kaum nachvollziehbar.


    Und noch Kritik am Verlag: Sie/sie-Fehler nerven!



    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich bin gerade am Lesen (so ca. S. 300) und das Buch hat mich von Anfang an, wie auch andere Bücher von Tana French, wieder fasziniert. Obwohl ich am Anfang zögerte, weil ich so Fälle mit Kindern schlimm finde, lese ich jetzt doch sehr gespannt weiter.
    Ansonsten lese ich nicht viele Krimis, aber momentan gehen die Seiten nur so dahin.


    Der Ermittler und sein Kumpane sind ein gutes Gespann finde ich, sie sind mir sympathisch und ich lese dann auch gern über ihr Umfeld. Die eigentliche Tat ist zwar erschreckend, aber es ist doch sehr spannend was so alles zum Vorschein kommt bzw. das ganze Psychologische dahinter. Ich finde auch, dass gerade zu Beginn die Polizeiarbeit sehr plausibel und interessant dargestellt wird. In den letzten Büchern hatte man noch Undercover-Ermittler, jetzt ist die Mordabteilung dran und wie sie vorgeht. Ich mag es auch, wenn quasi die Kollegen der Abteilung vorgestellt werden bzw. auch die Menschen dahinter.
    Gelungen finde ich auch die Beschreibung von Broken Harbour, es entsteht eine beklemmende Atmosphäre beim Lesen!


    Momentan schwanke ich noch etwas wen ich verdächtige, aber es ist wahrscheinlich jemand anderes, als man zur Mitte des Buches glaubt denke ich mal ! ;)

    :schmetterling:


    Gott hat dem Menschen die Phantasie gegeben, damit er darüber hinwegsehen kann was er nicht ist und den Humor, damit er ertragen kann, was er ist.

    (Horace Walpole)

    Einmal editiert, zuletzt von Impulsee ()

  • Ich habe das Buch gestern beendet. Ich fands bis zum Schluss doch sehr spannend die Ermittlung. Dina brachte auch etwas Schwung rein finde ich, die Familiengeschichte fand ich auch sehr traurig. Insgesamt ist hier sehr viel Wert auf die Psyche der dargestellten Personen gelegt, stellenweise passiert ja von der Handlung nicht unbedingt viel, wenn man die psych. Aspekte weglässt.
    Wie die Internet-Blogs dargestellt wurden, hat mir gut gefallen, so könnte es in Echt auch gewesen sein habe ich mir gedacht.



    Der Mord ist dabei zwar keine logische, unausweichliche Konsequenz, entpuppt sich aber doch als eine Folgeerscheinung.


    Diesen psychologischen Effekt fand ich erschreckend gut dargestellt, das war in einigen Aspekten unheimlicher als ein eiskalter Killer es hätte sein können.


    Der psychische Aspekt hat mich zum Schluss doch sehr nachdenklich gemacht.


    Am Schluss fand ich alles etwas zu schnell abgehandelt.

    :schmetterling:


    Gott hat dem Menschen die Phantasie gegeben, damit er darüber hinwegsehen kann was er nicht ist und den Humor, damit er ertragen kann, was er ist.

    (Horace Walpole)

  • Nein, da war nichts

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Danke für die Antwort, Kiba!


    :schmetterling:


    Gott hat dem Menschen die Phantasie gegeben, damit er darüber hinwegsehen kann was er nicht ist und den Humor, damit er ertragen kann, was er ist.

    (Horace Walpole)

  • Zum Glück habe ich das Buch endlich gelesen. :klatschen:


    Tana French schafft es einfach immer wieder, mich nach wenigen Seiten so in die Geschichte zu ziehen, dass die Seiten wie von selbst gelesen werden - einfach toll!


    Mike und sein neuer Partner Richie haben mir sowohl einzeln, als auch als Team sehr gut gefallen. Die Dialoge zwischen den beiden waren immer wieder schön zu lesen, auch wenn es um ernste Themen ging und nicht beispielsweise um Kleidung.


    Was mir ebenfalls sehr gut gefallen hat, sind die vielen kleinen Details, die Tana French in ihre Geschichte einbaut und die private Seite von Mike, die immer wieder zum Vorschein kommt. Das ist mir sehr wichtig bei Charakteren, da ich ansonsten das Gefühl habe, nur die Hälfte mitzubekommen.


    Zitat

    Den größten Teil des Buches stellen die Zeugenvernehmungen dar. Die Gespräche werden detailgenau wiedergegeben und umfassen sicher mehrere hundert Seiten. Dadurch wird die Geschichte recht trocken und kann mit den vorherigen Bänden leider nicht ganz mithalten.


    Das finde ich ganz und gar nicht. Gerade die Befragungen der Zeugen haben für mich viel Wert gehabt, weil man dadurch besser erkennen konnte, wie Richie und Mike ticken, wie sie sich verändern in der Zeit.


    Zitat

    Das Mordmotiv bleibt etwas verwaschen und kaum nachvollziehbar.


    Zugegeben, hier hätte man ein wenig mehr draus machen können.
    Insgesamt fand ich den Fall allerdings sehr fesselnd und die Lösung gut, da


    5ratten

  • Von Tana French habe ich vorher noch nie etwas gelesen, geschweige denn gehört. :redface:
    Und erst viel später habe ich erfahren, dass es das vierte Buch in einer Reihe ist – die scheinbar nicht zwingend die chronologische Reihenfolge vorsieht?!


    Zunächst war ich etwas skeptisch was die Seitenzahl anging: Wie bitte soll man die Spannung so lange aufrechterhalten? Im Nachhinein aber finde ich, dass die 700 Seiten in Ordnung waren. Es hätte mich aber auch nicht gestört, wenn es 200 Seiten weniger gewesen wäre. Die Vernehmungen schifften immer an der Grenze zur Langatmigkeit herum. Zu Beginn habe ich erwartet, dass nach dem ersten Verdächtigen der nächste und dann vielleicht noch einer kommt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass das auf Dauer mit einer Person in Gewahrsam klappen könnte.


    Das Buch fesselt, weil man als Leser wissen möchte was in diesem Haus vor sich ging. Was sollen die Löcher in der Wand? Wozu die vielen Kameras? Was ist mit der grausigen Falle auf dem Dachboden? Wer hat warum die Familie auslöschen wollen?


    Außerdem ist es ein gesellschaftskritischer Roman, der sich u. a. mit dem Thema der Rezession in Irland und den Folgen für die Gesellschaft und den Einzelnen beschäftigt.


    Den Rahmen finde ich großartig! Was das Buch ganz besonders schön einfängt und ausmacht ist eben die trostlose und zermürbende Atmosphäre, die scheinbar jeden ergreift. Man stellt sich die heruntergekommene Siedlung nahe dem Meer bildhaft vor – ein Ort, der für so viele Träume stand und nun für manche die Trümmer der Existenz bedeutet. Ein wenig erinnerte es mich an Ein plötzlicher Todesfall von J. k. Rowling – besonders die nette Nachbarin… :zwinker:


    Über Mike möchte man so manches Mal den Kopf schütteln [...]


    Das hat mir nicht gereicht! :breitgrins: Möglicherweise war ich gleich zu Beginn voreingenommen habe den festen Eindruck gehabt, dass ich den Detective nicht mag (wobei ich selbst im Nachhinein keine Person aufzählen könnte, die ich tatsächlich als sympathisch bezeichnen könnte). Ab und zu schimmerte ein angenehmer Zug durch, aber mit diesem Mann könnte ich es kaum eine Stunde lang aushalten. Der Mann hat nicht Beweise gesucht und danach die Erklärung gesucht, sondern sich seine Geschichten zusammengebastelt und dann mit fast schon brutaler Entschlossenheit erzwingen wollen dass die Dinge seine Thesen untermauern.


    Dina wird als ziemlich schillernde Persönlichkeit beschrieben. Der Umgang mit ihr muss sehr anstrengend, deprimierend und entkräftend sein. Ich finde es verständlich, dass Kennedy ihre Spielchen irgendwann nicht mehr mitmacht.


    Mir kam der Gedanke, dass es durchaus ein Fehler sein kann, dass sie so häufig mit Fingerspitzen angefasst wird. Teils wird ihre Instabilität für ihr Verhalten verantwortlich sein, aber manchmal hatte ich den Eindruck, dass sie ... "verwöhnt" ist und wie ein kleines Kind mit dem Fuß aufstampft, wenn es nicht nach ihrer Nase läuft. Aber das liegt scheinbar ein wenig in der Familie. :breitgrins:


    Was die Auflösung angeht:


    Es wird nicht allen gefallen, vor allem nicht denen, die einen rasanten (und blutigen) Thriller erwarten. Hier geht es stiller und langsamer zu, aber nicht weniger spannend! Auch wenn der Fall am Ende gelöst ist, lässt man keine heile und bessere Welt zurück. Das Buch ist authentisch und zeigt die negativen Seiten des Lebens.
    Fazit: Tana French merke ich mir!


    4ratten

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • So, ich oute mich mal als "Nicht-Krimi-Fan" aber hin und wieder muss man ja mal den Horizont erweitern und dann schaue ich mal nach Büchern, die ich normalerweise nicht lese.


    Bei diesem Buch habe ich mich von den Amazon-Rezis beeindrucken lassen, ich gebe es zu. Aber wider Erwarten wurde ich mal nicht enttäuscht. Da ich weniger der Fan von pathologischen und kriminalistischen Details bin, lag ich mit diesem Buch goldrichtig!
    Ich denke das Buch zeichnet aus, dass die Figuren der Ermittler, bzw. des Hauptermittlers psychologisch ausgelotet werden und eben nicht nur angedeutet werden, wie in anderen Büchern. Man hat das Gefühl dabei zu sein, die Ermittler wirklich kennenzulernen mit allem was dazu gehört. Nicht immer sind und bleiben sie sympathisch, aber das finde ich gerade gut.
    Es ist spannend und auch der Mordfall ist nicht übel (recherchiert), wobei ich zugeben muss, dass das für mich eher nebensächlich war. Ich bin ein wenig in der Seele von Detective Mike Kennedy versunken und da ist es nicht ganz so wichtig wie nachvollziehbar das Motiv, bzw. die Logik des gesamten Falls war.


    Ich schreibe deshalb so eine klitzekleine Rezi, weil ich inzwischen schon wieder eine ganze Menge Bücher gelesen habe, aber mir DIESES immer noch im Gedächtnis ist. Was heißt, es war gut, wirklich gut!


    So gut, dass ich gerade die ersten Seiten von "Sterbenskalt" (dem Vorgänger von Schattenstill) gelesen habe.


    Ich weiß nicht, was ein typischer Krimifan für Kriterien und Ansprüche hat aber mir als Querleser hat das Buch wirklich zugesagt, weil es eben nicht allein auf Tatortdetails aufbaut, sondern die Psyche beleuchtet und zwar eben NICHT NUR die des Täters und des Opfers, sondern auch die des Ermittlers.


    Große Klasse und 4 von 5 Ratten!


    4ratten

  • Meine Meinung
    Zuerst war ich mir nicht sicher, ob Schattenstill wirklich in die Kategorie Krimis gehört. Für mich war die Geschichte eine schreckliche Familientragödie und damit kein "echter" Krimi. Das kam erst im Lauf der Geschichte. Ist wirklich ein Tier auf dem Dachboden, oder will jemand den Vater in den Wahnsinn jagen? Wird die Familie wirklich beobachtet oder bildet sich das die Mutter nur ein?


    Auch die Atmosphäre in Broken Harbour wird immer bedrückender. Von einem Wohnungsbauprojekt, das schief gelaufen ist verwandelt sich die Siedlung in einen Ort, in der sich bedrohliche Gestalten aufhalten und in der man sich abends besser nicht aus dem Haus wagt.


    Aber ich war mir nie sicher, wieviel bei dem Erlebten Realität und wieviel Einbildung war. Hört man eine Geschichte, kommt sie einem plausibel vor. Hört man dieselbe Geschichte aus einer anderen Perspektive, beginnt man zu hinterfragen. Irgendwann fand ich jeden verdächtig.


    Dazu kamen die Ermittler, von denen jeder für sich ungewöhnlich ist. Ich finde, sie sind ein tolles Team


    Der Umfang des Buchs hat mich zu Anfang ein wenig abgeschreckt, weil ich schon oft erlebt habe dass die Spannung bei einem Krimi mit der Anzahl der Seiten abnimmt. Hier ist das genaue Gegenteil passiert, es wurde immer spannender.
    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ein Familiendrama beherrscht sämtliche Nachrichtensendungen und Schlagzeilen: in einer am Reißbrett entstandenen Neubausiedlung am Meer wurden zwei Kinder erstickt und die Eltern mit Messerstichen attackiert. Die Indizien sprechen keine eindeutige Sprache, und die Ermittler sind äußerst verwundert, als sie in dem an sich penibel sauberen und liebevoll eingerichteten Häuschen Spuren der Verwüstung vorfinden, die nicht direkt in Zusammenhang mit den Morden zu stehen scheinen.


    Eine echte Kopfnuss für Mick "Scorcher" Kennedy, den Leiter der Ermittlungen. Dass die Medien die Polizei permanent im Blick haben, ist nicht gerade hilfreich, ebensowenig wie die Ungereimtheiten, die nach und nach ans Tageslicht kommen. Waren die Spains am Ende nicht die glückliche kleine Musterfamilie, für die sie jeder hielt? Liegt der Grund für die Verbrechen irgendwo in ihrer Vergangenheit, oder hat der Täter sie willkürlich ausgewählt?


    Kennedy, der als kühler, abgeklärter Kopf gilt, der sich stets an die Regeln hält und äußerst selten Persönliches durchsickern lässt, geht dieser Fall mehr an die Nieren, als er gerne zugeben möchte, nicht zuletzt, weil er das heutige Brianstown noch aus der Zeit vor den billigen Neubauten als Familienurlaubsort kennt. Ob er seinem neuen Partner Richie Curran traut, weiß er nicht so recht, schließlich ist der gerade erst zur Mordkommission gewechselt und noch völlig grün hinter den Ohren, und auch privat kommt er nicht zur Ruhe, weil er Sorgen um seine psychisch labile Schwester Dina hat.


    "Scorcher" Kennedy ist nicht gerade der Beliebteste unter den Beamten der Dubliner Mordkommission und kam auch in Tana Frenchs bisherigen Büchern nicht sonderlich gut weg (vor allem Frank Mackey, der in "Faithful Place" die Hauptrolle spielt, konnte ihn nicht ausstehen). In diesem Buch darf er nun selbst das Wort ergreifen, und man erkennt hinter der unnahbaren Fassade, die manchmal schon fast überheblich wirkt, einen ganz normalen und gar nicht mal so unsympathischen Menschen. Im Laufe des Buches wird sogar ein wenig klar, warum er möglicherweise so ist, wie er ist.


    Der Fall Spain wühlt Mick nicht zuletzt wegen seiner eigenen Geschichte enorm auf, er gibt sich aber dennoch größte Mühe, stets professionell zu bleiben. Interessant fand ich auch zu beobachten, wie er seinem neuen Partner gegenüber auftaut, dem er zuvor gar nichts zugetraut hätte, und fast so etwas wie ein Mentor für ihn wird.


    Was wirklich hinter den Taten steckt, kristallisiert sich ganz langsam und für mich oft überraschend heraus. Von selbst wäre ich im Leben nicht draufgekommen, aber am Ende wirkt alles doch auf traurige Weise plausibel.


    Sehr gut gefallen hat mir, dass Tana French aus den Ermittlern keine Superhelden macht, es sind einfach Menschen mit Sorgen, Ängsten, Fehlern, Stärken und Schwächen, die ihre genialen und ihre dämlichen Momente haben. Und erneut hat sie keinen im herkömmlichen Sinne atemberaubenden Thriller mit Splattereffekten und schnellen Schnitten geschrieben, sondern ein großartiges Psychodrama, das sich mit Familiendynamiken in diversen Ausprägungen und der Wirtschaftskrise und ihren Folgen für Irland beschäftigt.


    Am Ende ging es mir vielleicht ein klein wenig zu schnell bzw. war mir der Schluss etwas zu abrupt, ansonsten aber wieder ein richtig gutes Buch.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe mir gerade Eure Rezis durchgelesen. Haben die Mick im deutschen Buch tatsächlich in Mike umgetauft? Das ist doch dämlich. Und "Rocky" ... naja ... :breitgrins:


    Die Welt der Internetforen war wirklich klasse wiedergegeben, Trolle, Tippfehler und eskalierende Diskussionen eingeschlossen. Frau French scheint sich da ganz gut auszukennen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Sehr detailliert!


    Ein Notruf erreicht Detective Michael „ Mike „ Kennedy und er fährt mit seinem neuen Partner Detective Richard Curran nach Brainstown. In der Siedlung Broken Harbour wurde eine vierköpfige Familie in ihrem Haus überfallen und getötet. Die Untersuchungen des Tatortes ergeben seltsame Dinge. So sind in fast allen Räumen Löcher in die Wände geschlagen und etliche Räume wurden per Kamera überwacht. Was ist vor dem Tod der Familie dort geschehen?



    Bei Büchern über 400 Seiten habe ich immer Angst, dass es langatmig wird und so habe ich „Schattenstill“ mit seinen 730 Seiten lange Zeit vor mich hergeschoben. Einmal begonnen, konnte ich es fast nicht aus der Hand legen und habe es trotz der Dicke in 3 Tagen verschlungen.

    Tana French schreibt detailliert, sehr detailliert. Ich hatte jedoch nie das Gefühl, es hätte gekürzt werden müssen. Im Gegenteil! Durch die akribische Beschreibung des Tatortes spürt man regelrecht das Grauen, das die Ermittler erfasst.

    Zudem liegt der Fokus der ganzen Geschichte ganz klar auf der Tat und den Ermittlungen, sodass man voll und ganz der Geschichte ohne Abschweifungen folgen kann. Privates der Ermittler wird sehr zurückhaltend eingesetzt. Erst nach 170 Seiten wird das Privatleben von Mike Kennedy erwähnt, das sich zudem nur mit der Beziehung zu seiner jüngeren Schwester Dina beschäftigt. Dina, die ihr eigenes Päckchen zu tragen hat und dabei auf die Fürsorge der ganzen Familie angewiesen ist.

    Von seinem jungen Partner Ricky Curran, der seine Ausbildung bei Kennedy macht, erfährt man gar nichts Privates und trotzdem sind die Figuren facettenreich und man kann sich in sie hineinversetzen.


    So wie die Räumlichkeiten, örtlichen Details und Figuren detailliert beschrieben sind, werden auch die Autopsien haarklein beschrieben. Das muss man als Leser aushalten können und ist wohl eher nichts für sensible Gemüter.


    Zeugenbefragungen, Tatortsbegehung und Ermittlungen, die das Leben vor dem Tod der ermordeten Familie betreffen, nimmt den grössten Teil des Buches ein. Ein paar Mal musste ich schmunzeln, wie zum Beispiel als thematisiert wird, wie Passwörter für Foren eingesetzt und verwaltet werden.


    Ich empfand die Geschichte als sehr spannend und ich habe oft gerätselt, wer denn genau die

    Taten verübt hat und warum. Dann auch die Sache mit den ganzen Löchern in den Wänden…. Irgendwie kam immer wieder ein neues Element dazu, wenn ich mir die Lösung gerade so schön zurechtgerückt hatte. Ich muss gestehen, dass mich die Autorin am Schluss kalt erwischt hat und mich mehr als überraschen konnte mit ihrer „Lösung“, die ich, im Nachhinein gesehen, hätte kommen sehen sollen. Der Grund für die Taten jedoch hat mich regelrecht umgehauen!


    5ratten

  • Bei Büchern über 400 Seiten habe ich immer Angst, dass es langatmig wird und so habe ich „Schattenstill“ mit seinen 730 Seiten lange Zeit vor mich hergeschoben.

    Das kann ich verstehen, mir geht es ähnlich. Aber gerade in letzter Zeit habe ich gute Erfahrungen mit dicken Dingern gemacht und bin deshalb ein bisschen mutiger geworden, was den Umfang meiner Lektüre angeht.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ihr macht mir total Lust auf das Buch 8) . Da muss ich mal schnell meine "Glückskinder" beenden und dort weiter machen...

    Früherer Nutzername "Alexa" :)

  • Minou76 : ich kann Dir nur zuraten! Kennst Du schon andere Bücher aus der Serie? (Interessiert mich jetzt aber nur generell, zum Verständnis des Buches ist es nicht notwendig.)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Oje, ist das eine Serie? Das habe ich wohl überlesen...

    Ich habe auch nur dieses Buch gelesen und die Vorgänger nicht. Es ist absolut kein Problem, da praktisch nix Privates der Ermittler vorkommt und der Fall in sich abgeschlossen ist. Nirgendwo so einfach mittendrin einzusteigen wie hier!