Martin Suter - Die Zeit, die Zeit

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  • Inhalt:


    Seit dem Tod seiner Frau ist Peter Taler nur noch ein halber Mensch. Auf der verzweifelten Suche nach dem Mörder, der nie gefasst wurde, spielt er jeden Abend dieselbe Musik, kocht dasselbe Essen und riecht dieselben Düfte. Auf diese Weise versucht er, seine Frau am Leben zu erhalten.


    Talers Nachbar Knupp gilt als verschroben und kann den Verlust seiner Frau ebensowenig verarbeiten wie Taler. Knupp jedoch hat einen Plan und Taler soll ihm dabei helfen, diesen irrsinnigen Plan durchzuführen. Das Ziel ist, die Umgebung in genau jenen Zustand zu versetzen, wie sie vor zwanzig Jahren war...


    Meine Meinung:


    "Die Zeit, die Zeit" ist, obwohl "Lila, Lila" auf meinem SUB schläft, mein erster Roman von Martin Suter. Wie schon in anderen Rezensionen angedeutet, ist der einzige Schweizer Schriftsteller, den ich akzeptiere, eigentlich Dürrenmatt. Von Suter habe ich bisher nicht viel gehalten. Bisher.


    Wie der Titel schon sagt, beschäftigt sich Suters neuer Roman mit dem Thema Zeit. Ein Thema, das schwer zu greifen, schwer zu beschreiben und schwer zu verstehen ist. Knupps Idee scheint wahnsinnig zu sein, doch seine Argumente sind stark und Taler lässt sich auf das Projekt ein. Was der Leser davon halten soll? Das soll jeder selbst entscheiden. Suter bietet diesbezüglich keine definitive Antwort.


    Anfangs steckte ich Suters Sprache in die Schublade "Bünzlisprache", der sich so viele Schweizer bedienen, weswegen ich meist einen Bogen um sie mache. Doch nach den ersten paar Seiten verflog dieser Eindruck und die Geschichte hatte mich gepackt.


    Suter schildert eindrücklich, wie Taler unter dem Mord an seiner Frau leidet und als letzten Strohhalm die Enttarnung des Mörders sieht. Als dann noch der alte Knupp ins Spiel kommt, klebte ich sozusagen an diesem Buch und ich wollte mehr als alles andere wissen, wie diese verrückte Sache endet.


    Sollte Knupp am Ende Recht behalten? Gibt es die Zeit? Oder ist sie bloss eine Illusion, wie die "Kerbeler" behaupten? Ab und zu lief mir tatsächlich ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Dieses Buch bietet viel Stoff und Diskussionsmaterial. Mehr als einmal dachte ich anerkennend "harter Tobak!".


    Fazit:


    Ein Buch, das mit einem faszinierenden Thema aufwartet und das jenseits von Zeitreisen. Wer sich auf ein spannendes Gedankenkarussel wagen möchte, sollte "Die Zeit, die Zeit" lesen. Ebenfalls ist es ein eindrückliches Paradigma, zu was Menschen in der Lage sind, wenn sie den Boden unter den Füssen verlieren.


    "Die Zeit, die Zeit" hat mich wirklich begeistert und ich bin gesapannt auf "Lila, Lila", das ich hoffentlich bald zu lesen komme. Sollte es auch so gut sein, wie dieser Roman hier, werde ich vielleicht sogar noch ein regelmässiger Leser von Suter?


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    4ratten & :marypipeshalbeprivatmaus:

    //Grösser ist doof//

  • Danke für Deine Einddrücke. Ich habe den Verfasser von Business Class eigentlich noch sehr witzig gefunden, seit er auch anderes schreibt, aber nicht mehr gelesen. Und auch nicht im Sinn, das zu ändern, trotz Deiner Rezension. :breitgrins: Klar konnte er Business Class nicht unendlich fortführen, schon die Nummer II war bedeutend schwächer ... Trotzdem: In Business Class hat er über ein Milieu geschrieben, das er aus dem ff kannte. Und irgendwie passte da auch sein mediokrer Stil zu den mediokren Gestalten.


    Aber eben. Alles, was ich seither in Auszügen gesehen habe, hat mir vor allem auch eines gezeigt: Dass Suter absolut kein Meister der deutschen Sprache ist. Nun würde ich das nicht an seiner Nationalität festmachen; es gibt jede Menge deutscher oder österreichischer Gegenwartsautoren, die auch nicht besser schreiben. Eher noch schlechter. Aber die lese ich ja auch nicht ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wie gesagt, das hier war mein erster Suter und ich bin auch nicht der Meinung, dass man Suter unbedingt lesen muss. Das machen schon alle anderen :zwinker:


    Was seine Sprache betrifft, befürchtete ich erst, dass er in den Schweizerischen "Bünzli-Stil" verfällt, den ich so sehr verabscheue (glaub mir, Suter ist nicht der schlimmste Schweizer, ich kenne Beispiele, die noch viel schlimmer sind). Doch schlussendlich fand ich seinen Stil doch ganz passabel.


    Die Buisness Class macht mich jedoch gar nicht an. Diese kurzen Texte - nun ja. Wie gesagt, ich finde nicht, dass er ein Must-Read ist.

    //Grösser ist doof//

  • Au ja, das Buch hab ich auch sehr gerne gelesen und ich finde, dass es eins von Suters besten ist!
    Die letzten Romane von ihm hab ich alle gelesen (außer Lila, Lila) und fand jeden auf seine Art gut - ganz oben steht für mich nach "Die Zeit, die Zeit" übrigens "Der Koch". Der erste Allmen-Roman war auch sehr nett. Das schöne bei Suter ist, dass er sehr vielseitig schreibt und immer mit einem neuen Thema am Start ist. Es lohnt sich wirklich sehr, seine Bücher mal genauer anzusehen. Business Class würde ich jetzt allerdings nicht nehmen, um das Werk kennenzulernen, da gibt es wirklich besseres.

  • "Der Koch" war ja auch ziemlich diskutiert. Die einen mochten es, die anderen nicht. Da drehten sich die Diskussionen im Kreis, deshalb hatte ich nie sonderlich Lust, dieses Buch von ihm zu lesen. Bei der Zeit dagegen war mir von Anfang an klar, dass ich es lesen wollte. Ein wirklich interessantes Thema.
    Aber wenn man sich so die Titel anschaut, die Suter geschrieben hat, dann merkt man schon, dass er eigentlich sehr vielseitig ist.

    //Grösser ist doof//

  • "Die Zeit, die Zeit" habe ich ausgewählt, weil ich bisher so gut wie alle Bücher von Martin Suter gelesen habe und sie mir auch immer gut gefallen haben. Zwar nicht alle gleich gut, aber insgesamt hat es mir immer Spaß gemacht, etwas von Suter zu lesen.


    In "Die Zeit, die Zeit" geht es um den Mittvierziger Peter Taler, dessen Frau Laura vor einem Jahr erschossen wurde. Taler kommt mit diesem brutalen Verlust nicht klar, verändert nichts in der Wohnung, kocht jeden Abend das gleiche Essen und versucht, sich den Tag von Lauras Tod in Erinnerung zu rufen, um so vielleicht Hinweise auf den Mörder zu finden. Denn das ist sein einziges verbliebenes Ziel: den Mörder finden und töten.
    Ihm fällt der Nachbar gegenüber auf, ein alter Mann, der ständig im Garten werkelt und bestehende Pflanzen durch jüngere ersetzt. Die beiden kommen ins Gespräch und Krupp, dessen Frau vor über 20 Jahren verstarb, teilt ihm seine verrückte Theorie mit: Da die Zeit gar nicht existiert, sondern nur Veränderungen das Vergehen von Zeit vortäuschen, will er das Haus und den Garten in den Zustand von vor 20 Jahren versetzen, um so seine Frau quasi wieder lebendig zu machen.
    Taler soll ihm dabei behilflich sein, dafür bekommt er Informationen über den Mörder, den Krupp zufällig fotografiert hat.


    Bisher bin ich von dem Buch und den Gedankenexperimenten zum Thema Zeit sehr angetan. Den Plan von Krupp, sein Grundstück wieder ins Jahr 1991 zu versetzen, halte ich zwar für undurchführbar, aber ich bin gespannt, ob Peter Taler so vielleicht aus seiner Lethargie gerissen werden kann.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • Ich habe das Buch relativ schnell beendet, konnte mich aber nicht mehr dazu aufraffen auch etwas dazu zu schreiben. Deshalb gleich meine abschließende Meinung.


    Ich fand das Buch immer spannender, je näher es auf den Schluss, im Buch der 11. Oktober, zuläuft.
    Um an weitere Informationen über einen Mann auf einem Moped, den Taler für den Mörder seiner Frau hält, zu kommen, spielt Taler Krupps Gehilfen, pflanzt Bäume um, sichtet unzählige Bilder und lässt sogar die Rechnungen der Gärtnerei über die Firma laufen, in der er arbeitet, um alles bezahlen zu können. Taler ist eindeutig ein Mann, der mit seinem Leben abgeschlossen hat, was nach dem 11. Oktober bzw. nach der Rache am Mörder seiner Frau passiert, interessiert ihn nicht mehr. An Krupps Experiment glaubt er nur noch halbherzig, will diese letzte Hoffnung aber auch nicht ganz ausgeben.


    Kurz vor dem magischen Datum macht er eine Entdeckung, die ihm die Augen öffnet. Ich habe ehrlich gesagt geahnt, wer Talers Frau umgebracht hat, der Spannung hat das aber keinen Abbruch getan.


    Mich hat Martin Suter wieder einmal nicht enttäuscht. Die Gedanken zum Thema Zeit fand ich sehr interessant und die Geschichte hat mich von Anfang bis Ende gefesselt. Da die Umsetzung von Krupps Lebenstraum manchmal etwas arg unrealistisch war, ziehe ich ein Mäuschen ab und vergebe
    4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

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  • Keine Frage, wer Suter Fan ist wie ich, wird auch diesen Roman, in dem vom Autor bekannten skurrilen Schreibstil, lieben. Diesmal hat sich der bekannte Schweizer Autor – wie schon der Titel verrät – die Zeit vorgenommen und sich mit der Frage beschäftigt, ob diese überhaupt existiert oder schlicht eine Einbildung ist. Vergeht sie wirklich, oder bewegen sich lediglich die Zeiger der Uhr vorwärts? Der 82jährige Albert Knupp will nicht an ihre Existenz glauben. Er will sich den Glauben behalten, dass er nur sein Umfeld wieder so gestalten muss wie am Todestag seiner Frau und die Zeit bleibt einfach stehen. Das kann er jedoch nicht allein schaffen. Er sucht sich einen Komplizen oder sucht der Komplize ihn? In akribischer Feinarbeit scheint es ihnen zu gelingen, das Unmögliche möglich zu machen …

    Kein Zweifel, bei diesem Buch braucht man einen langen Atem. In minutiöser Detailverliebtheit schildert Suter jedes noch so kleine Detail, das zu dieser Rekreation notwendig ist. Ab und zu lässt er seinen Protagonisten Peter Taler auch über kleine Ungereimtheiten stutzen. Wie war das zum Beispiel mit dem Buch, das nach dem Tot seiner Frau bestellt wurde? Aber die Geduld des Hörers wird belohnt. Immer tiefer lässt sich Taler in den Wahnsinn seines Nachbars ziehen, bis er eine unglaubliche Entdeckung macht …

    Ich ziehe ein Sternchen für zwischenzeitliche Längen ab, aber die ungewöhnliche Story und besonders die wunderbare Stimme des Sprechers hat mich wieder versöhnt. Gerd Heidenreich ist das hörbuchtechnische Sprachrohr für Martin Suter. Ich freue mich auf hoffentlich noch viele gemeinsame Hörstunden.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen ...

  • Meine Meinung

    Kann man den Lauf der Zeit umdrehen, um Ereignisse im Nachhinein noch zu verändern? Der Nachbar von Peter Taler glaubt das zumindest. Mehr noch: für den alten Knupp hat die Zeit keine Bedeutung. Er setzt alles daran, zu dem Tag im Oktober vor zwanzig Jahren zurück zu kehren, an dem seine Frau gestorben ist. Für diesen Zweck zieht er Peter Taler in sein Spiel hinein.


    Zuerst merkt der nicht, worauf Knupp hinaus will. Er empfindet Aktionen seines Nachbarn zunächst als befremdlich, bis er den Grund genannt bekommt. Auch wenn er mitmacht, glaubt er anfangs nicht daran. Bis er ein Buch bekommt, das seine Frau bestellt haben soll, als sie schon tot war.


    Das war der Punkt, an dem es für mich spannend wurde. Hatte der alte Mann vielleicht doch recht? Werden er und Peter Erfolg haben? Wie wird die neue Zeit aussehen oder kehren sie in die alte Zeit zurück?


    Aber auch wenn diese Fragen spannend waren, haben sie nicht über die Längen und die Umständlichkeiten hinweg täuschen können die das Buch teilweise hatte.

    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Taschenbuch: 304 Seiten

    Verlag: Diogenes (17. Oktober 2013)

    ISBN-13: 978-3257242614

    Preis: 13,00 €

    auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


    Was wäre, wenn …


    Inhalt:

    Peter Taler leidet noch immer unter dem Tod seiner Frau, die vor einem Jahr ermordet wurde. Der Täter wurde bisher nicht gefasst, ja, es gibt nicht einmal eine Spur. Doch der alte Knupp von gegenüber wirkt seltsam, warum beobachtet er Talers Haus? Die Männer kommen miteinander ins Gespräch und daraus ergibt sich eine verrückte Teamarbeit: Die beiden wollen der Zeit ein Schnippchen schlagen …


    Meine Meinung:

    Ganz dicht an der Seite des Protagonisten Peter Taler führt uns Martin Suter durch diese zum Teil surreal anmutende Geschichte. Wir lernen einen Mann kennen, der auch ein Jahr nach dem Tod seiner Frau noch in tiefer Trauer steckt und noch nicht wirklich ins Leben zurückgefunden hat, aber auch einen Mann, der auf Rache sinnt, koste es, was es wolle.


    Daraus spinnt Suter eine fesselnde Story, bei der mir lediglich die ständigen Wiederholungen vor allem gärtnerischer Details zu viel waren.


    Ich empfand diesen Roman als ein interessantes Gedankenexperiment und als spannend, obwohl die Entwicklung gar nicht so überraschend war. Nur der Schluss, der hat mich wirklich überrascht und mir supergut gefallen.


    ★★★★☆