4 - Sodom und Gomorrha

Es gibt 32 Antworten in diesem Thema, welches 8.892 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Ab 1. Oktober 2012 lesen wir hier den 4. Band der "Recherche". Wir freuen uns über Quereinsteiger und alle, die gerne mitdiskutieren wollen.


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    Viel Spaß allen Teilnehmern!


    Liebe Grüße
    Doris

  • Hallo zusammen,


    ich habe mich schon gefreut, dass es weitergeht mit der Recherche. Hoffen wir, dass es eine unterhaltsame Leserunde wird.


    Der Anfang des Buches ist noch einigermaßen ruhig. Marcel steht am Fenster zum Hof und gibt sich, während er auf auf die Herzogin wartet, der müßigen Betrachtung einer Orchidee hin und macht sich Gedanken über die Bestäubung. Da Proust ja nicht ohne Hintergedanken schreibt, kann man sich in etwa ausrechnen, was er damit sagen möchte. Er erwähnt noch einmal, dass er diesen Moment des Beobachtens des Hofes aus gutem Grund besondere Aufmerksamkeit widmen wollte. Und was er da verkündet, ist wirklich interessant: Monsieur de Charlus ist eigentlich Madame de Charlus. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Das hätte ich nach allem, was wir von "ihm" bisher erfahren haben, nie erwartet. Im der Folge davon spricht er recht ausführlich über Homosexualität, gerade so, als müsse er nun einiges loswerden, das ihm schon lange auf der Seele brennt. Dieser Teil liest sich irgendwie ganz anders als vorher, nicht so, als ließe Proust seinen Erzähler sprechen, sondern sich selbst. Ich weiß nicht, wie ich das richtig erklären kann.


    Inzwischen befindet sich Marcel wieder auf einem Empfang, diesmal bei der Fürstin Guermantes, und sucht nach jemandem, der ihn bei den Gastgebern vorstellt. Er trifft dort einige interessante Leute, unter anderem den Professor, der seine verstorbene Oma behandelt hatte. Vielleicht kommt dadurch dieses Thema nochmals ins Gespräch, das damals ja nur stiefmütterlich behandelt wurde. Ich würde gerne mehr darüber lesen, wie Marcel das verarbeitet hat.

  • Hallo ihr Lieben :winken:


    auch ich habe mich sehr darauf gefreut, dass es mit der "Recherche" weitergeht.


    Das erste Kapitel beginnt ja gleich mit einem Paukenschlag, zumindest hätte ich niemals gedacht, dass Monsieur de Charlus zu den "Bürgern Sodoms" gehört (ich musste tatsächlich erstmal im Lexikon nachschlagen, da ich Sodomie immer mit Tieren in Verbindung gebracht hatte :redface:). Bei den darauffolgenden Ausführungen zur Homosexualität hat auch mich der Verdacht beschlichen, dass Proust sich hier seine eigene, reale Situation von der Seele schreibt.


    Ab dem Empfang bei der Fürstin Guermantes kehrt Proust aber dann in vertraute Gefilde zurück, es geht wieder darum, einen guten Eindruck zu hinterlassen und die richtigen Leute kennenzulernen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und ob Albertine, die flüchtig erwähnt wird, weil Marcel mit ihr nach dem Empfang noch ins Theater gehen will, nun wieder eine größere Rolle spielen wird.

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  • Bei den darauffolgenden Ausführungen zur Homosexualität hat auch mich der Verdacht beschlichen, dass Proust sich hier seine eigene, reale Situation von der Seele schreibt.


    Ganz klar!
    Ich empfand diesen Teil ähnlich wie du, Doris. Es wirkte ein klein wenig aufgesetzt, und Marcels Ton war hier auch anders - eben so, als würde es ihn selbst betreffen. Auf jeden Fall zeigt sich hier wieder seine ausgezeichnete Beobachtungsgabe. Seine Schilderungen von Charlus' Gehabe fand ich sehr amüsant.


    Wir scheinen alle drei an der gleichen Stelle zu sein. Marcel ist wieder im Salon der Guermantes und das alte Spielchen aus Heuchelei und Wichtigtuerei geht wieder los. Bleibt nur zu hoffen, dass er es in diesem Band in der Hinsicht nicht wieder so übertreibt wie beim letzten Teil. Das fand ich streckenweise recht ermüdend.

  • Nicht, dass ich seit gestern viel gelesen hätte, aber eines irritiert mich doch: Ich habe es so verstanden, dass die Erkenntnis über Monsieur de Charlus' wahres Geschlecht bereits vor dem Empfang bei der Fürstin Guermantes einsetzte. Warum ist dann immer noch von de Charlus die Rede, als wüsste Marcel nichts? Irre ich mich doch im Ablauf der Ereignisse?



    Bleibt nur zu hoffen, dass er es in diesem Band in der Hinsicht nicht wieder so übertreibt wie beim letzten Teil. Das fand ich streckenweise recht ermüdend.


    Ich teile diese Hoffnung :zwinker:


  • Nicht, dass ich seit gestern viel gelesen hätte, aber eines irritiert mich doch: Ich habe es so verstanden, dass die Erkenntnis über Monsieur de Charlus' wahres Geschlecht bereits vor dem Empfang bei der Fürstin Guermantes einsetzte. Warum ist dann immer noch von de Charlus die Rede, als wüsste Marcel nichts? Irre ich mich doch im Ablauf der Ereignisse?


    Oh.. ich hab die Sache ganz anders verstanden, nämlich dass Charlus homosexuell ist. Und daher eben eine "Frau". Ich lese zu Hause mal im Proust Lexikon nach.

  • Oh, das wäre natürlich eine Erklärung. Für mich war das


    Zitat

    Zudem begriff ich jetzt, wieso ich vorhin, als ich Monsieur de Charlus von Madame de Villeparisis hatte herauskommen sehen, finden konnte, er sehe aus wie eine Frau: Er war eine!


    eindeutig. Es gibt allerdings einiges im Verhalten Charlus', das einleuchtender wäre, wenn er ein Mann und homosexuell ist. Ich stoße mich schon die ganze Zeit daran.

  • Zitat

    Zudem begriff ich jetzt, wieso ich vorhin, als ich Monsieur de Charlus von Madame de Villeparisis hatte herauskommen sehen, finden konnte, er sehe aus wie eine Frau: Er war eine!


    Das sollte man wohl nicht wörtlich nehmen. :zwinker:

  • Charlus ist ein Mann. Die Frau ist nur metaphorisch gemeint ... :zwinker:


    ein bisschen netter, als wenn er gleich "Tunte" gesagt hätte ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Die Empfänge gehen weiter. Rein subjektiv kommt es mir vor, als nähmen sie die meiste Zeit der Handlung ein. Unser junger Freund bewegt sich zwischenzeitlich schon sehr selbstbewusst auf dem gesellschaftlichen Parkett. Die dortigen Gepflogenheiten beherrscht er schon recht gut, auch das Nonverbale, mit dem man seine Einstellung zum Ausdruck bringen kann, wenn es nicht möglich oder erwünscht ist, mit allen Gästen persönlich zu sprechen.


    Der Herzog (oder war es die Herzogin) Guermantes spricht sehr herablassend über Swann. Was für eine seltsame Einstellung, er sei undankbar, weil er nach wie vor zu Dreyfus steht. Für solche „Freunde“ soll Swann auch noch dankbar sein. Sie nehmen ihn großzügig in ihren Kreis auf und erwarten, dass er sich ihren Vorstellungen anpasst. Und dann brüsten sie sich noch damit, einen Juden in ihren Kreisen zu akzeptieren. Swann, der später auch länger mit Marcel spricht, kommt mir unterdessen schon leicht resigniert vor.


    Bezüglich Dreyfus finde ich es interessant, dass schon damals solche Affären hochstilisiert und Leute wegdiskutiert wurden wie heutzutage auch.


    Inzwischen konnte Marcel noch rechtzeitig von der Gesellschaft entkommen, um sich mit Albertine zu treffen. Dieser Teil ist amüsant, denn es kommt zu einer Art Machtkampf zwischen Marcel und Françoise, die sich wohl auch erst einmal daran gewöhnen muss, dass ihr „Kleiner“ nun selbst bestimmen will und sich ihrer Fürsorge entzieht. Bei Albertine zeigt er auch ganz neue Seiten und testet aus, wie weit er sie manipulieren kann.


    Im Moment ist es sehr spannend zu lesen. Es geschieht einiges, manche Personen, z. B. Charlus und den Herzog Guermantes und seine Frau, sehe ich mit ganz anderen Augen als früher, und die einzelnen Abschnitte ziehen sich nicht so endlos hin wie vorher schon oft, das macht es abwechslungsreich.


  • Der Herzog (oder war es die Herzogin) Guermantes spricht sehr herablassend über Swann. Was für eine seltsame Einstellung, er sei undankbar, weil er nach wie vor zu Dreyfus steht.


    Es war der Herzog. Aber hinsichtlich seiner Meinung kommt noch eine kleine Überraschung, recht bald sogar. Das hat ihn in meinen Augen wieder ein wenig aufgewertet, allerdings halte ich nach wie vor nicht viel von den Guermantes.


    Odette Swann scheint eine recht angesehene Person gerworden zu sein, zumindest verkehrt man gern in ihren künstlerischen Kreisen.


    Ich bin schon etwas weiter und zwar im Abschnitt Arrhythmien des Herzens. Marcel reist wieder nach Balbec (Albertine weilt im benachbarten Badeort). Hier kommen ganz plötzlich Erinnerungen an seine verstorbene Großmutter hoch, und Marcel erschrickt sich vor sich selbst, wie er sie vergessen konnte. Seit ihrem Tod ist ein Jahr vergangen, und Marcel schämt sich sehr, dass er bisher recht wenig an sie gedacht hat. Hier musste ich gestern leider unterbrechen, aber ich bin gespannt, wie es in Balbec weitergeht. Ich bin froh über den Szenenwechsel, die Atmosphäre des Badeortes hat mir in Band 2 schon sehr gefallen, bietet sie doch eine angenehme Abwechslung vom Gemauschel in den Salons der feinen Herrschaften.

  • So weit bin ich heute auch gekommen.



    Es war der Herzog. Aber hinsichtlich seiner Meinung kommt noch eine kleine Überraschung, recht bald sogar. Das hat ihn in meinen Augen wieder ein wenig aufgewertet, allerdings halte ich nach wie vor nicht viel von den Guermantes.


    Ich denke, ich weiß, welches Ereignis du meinst. Ich bin in solchen Fällen immer zwiegespalten. Es ist ja lobenswert, wenn jemand seine Meinung ändern kann, aber beim Herzog habe ich das Gefühl, dass er, von drei Damen beeinflusst, gar nicht anders kann, um sie zu beeindrucken. Wie viel ist ein solches Umdenken wert?




    Ich bin schon etwas weiter und zwar im Abschnitt Arrhythmien des Herzens. Marcel reist wieder nach Balbec (Albertine weilt im benachbarten Badeort). Hier kommen ganz plötzlich Erinnerungen an seine verstorbene Großmutter hoch, und Marcel erschrickt sich vor sich selbst, wie er sie vergessen konnte.


    Das ist die Rückkehr zu seinem früheren Ich, dem er entwachsen ist. Vielleicht setzt nun das Verarbeiten der Trauer ein, von der unmittelbar nach dem Tod der Großmutter nichts zu spüren war. Es ist, als wäre er aus einer ganz anderen Zeit zurückversetzt worden, um da weiterzumachen, wo er damals aufgehört hat.

  • Ich bin nun auch an der Stelle, an der Marcel zum zweiten (und anscheinend letzten?) Mal nach Balbec aufbricht.


    Die Szene mit Albertine fand ich sehr amüsant, ich hätte nicht gedacht dass Marcel zu solchen Spielchen fähig ist, um zu einen Schäferstündchen zu kommen. Vielleicht kann er aber auch nur so locker mit der Situation umgehen, weil ihm Albertine zumindest im Moment nicht allzuviel bedeutet?



    Ich bin in solchen Fällen immer zwiegespalten. Es ist ja lobenswert, wenn jemand seine Meinung ändern kann, aber beim Herzog habe ich das Gefühl, dass er, von drei Damen beeinflusst, gar nicht anders kann, um sie zu beeindrucken. Wie viel ist ein solches Umdenken wert?


    Ich sehe das ähnlich wie Doris. Wenn jemand wie ein Fähnchen im Wind seine Meinung ändert, weil er neue Bekanntschaften beeindrucken will, zeugt das nicht gerade von Charakterstärke. Da fand ich die Prinzessin von Guermantes und ihren Gatten sympathischer, die beide ja heimlich, um den anderen nicht zu verletzen, Dreyfus unterstützt haben.

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  • Marcel ist inzwischen sehr rege in Bezug auf weibliche Bekanntschaften. Überspitzt formuliert könnte man sagen, er lässt keine Gelegenheit aus, und es ist erstaunlich, wie viele junge Damen auf seine Angebote eingehen. Mit Albertine hat er sich gespielt, ohne dass ich den Eindruck hatte, er meinte es wirklich ernst. Ab dem Moment, als ihm klar ist, dass Albertine eine viel innigere Freundschaft mit Andrée verbindet, als sie zugibt, wird sie ihm jedoch sehr wichtig. Gerade wie bei einem Kind, dem man ein nur lustlos benutztes Spielzeug wegnimmt, um es einem anderen Kind zu geben. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er gar noch nicht weiß, was er will. Mit seiner Zeit ergeht es ihm ähnlich. Wenn er sich nicht gerade auf Gesellschaften befindet, arbeitet er nichts, macht noch nicht einmal den Versuch, etwas zu schreiben, und erst, als ihn seine Mutter darauf anspricht, beschließt er, entweder 1001 Nacht zu lesen oder spazieren zu gehen. Er hängt in der Luft und hat seinen Platz noch nicht gefunden.


    Was haltet ihr von dem Liftboy? So ausführlich, wie er besprochen wird, muss doch mehr dahinter stecken?


    Dieser Band der Recherche ist sehr konkret. Die Gedankenwelt Marcels bleibt nahezu verschlossen, es gibt wenige und nur kurze Abschweifungen. Reale Ereignisse reihen sich in kurzer Folge aneinander und werden sehr offen ausgesprochen. Im Vergleich zu den vorherigen Büchern ist das richtig ungewohnt.


    Ich bin jetzt auf Seite 374 der Suhrkamp-Ausgabe, an dem Punkt, wo Marcel andeutet, dass seine Eifersucht in Bezug auf Albertine ein jähes Ende finden wird.


  • Ich bin schon etwas weiter und zwar im Abschnitt Arrhythmien des Herzens. Marcel reist wieder nach Balbec (Albertine weilt im benachbarten Badeort). Hier kommen ganz plötzlich Erinnerungen an seine verstorbene Großmutter hoch, und Marcel erschrickt sich vor sich selbst, wie er sie vergessen konnte. Seit ihrem Tod ist ein Jahr vergangen, und Marcel schämt sich sehr, dass er bisher recht wenig an sie gedacht hat.


    Dieses Kapitel habe ich nun auch gelesen. Die Erinnerung an seine Großmutter und damit die Trauer über ihren Tod überfällt Marcel förmlich und die ersten Tage in Balbec kann er kaum das Hotel verlassen. Er begreift tatsächlich jetzt erst, dass er seine geliebte Großmutter niemals wiedersehen wird. Vielleicht wird ihm auch bewusst, dass er sich ihr gegenüber nicht immer gut verhalten hat, zumindest schämt er sich z.B. jetzt der gemeinen Bemerkung über ihren Hut.


    Allgemein wird er in Balbec wie eine bekannte und hochstehende Persönlichkeit behandelt. Ganz klar ist mit nicht, woher dieses große Aufheben um seine Person kommt. Ist es einfach, weil er bereits das zweite Mal in Balbec ist und in der Zwischenzeit wichtige Bekanntschaften gemacht hat?

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  • Allgemein wird er in Balbec wie eine bekannte und hochstehende Persönlichkeit behandelt. Ganz klar ist mit nicht, woher dieses große Aufheben um seine Person kommt. Ist es einfach, weil er bereits das zweite Mal in Balbec ist und in der Zwischenzeit wichtige Bekanntschaften gemacht hat?


    Sehen und gesehen werden. Er ist viel auf Gesellschaften unterwegs, das bedeutet, das er ein gern gesehener Gast ist, der mit zunehmendem Alter noch wichtig werden könnte. Es wird auch immer mal angedeutet, dass die Gäste des einen Empfangs schon die Gastgeber des nächsten sind und sich Gedanken machen, wen sie von den anwesenden Gästen einladen können. In gewisser Weise ist das ein Kreis von Leuten, die sich in wechselnder Zusammensetzung durch die Salons bewegen. Marcel war ja auch schon bei der Fürstin Guermantes zu Gast, das ist eine Empfehlung. Davon abgesehen hat er sich eigentlich noch nicht durch eigene Verdienste ausgezeichnet.


  • Davon abgesehen hat er sich eigentlich noch nicht durch eigene Verdienste ausgezeichnet.


    Genau deswegen wundert es mich, dass Marcel so hofiert wird. Aber anscheinend reicht es aus, die richtigen Kontakte geknüpft zu haben und mit den richtigen Personen in Verbindung gebracht zu werden.

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  • Ist das heute so viel anders? :zwinker:


    Wahrscheinlich (leider) nicht. Mich beeindrucken Menschen mit Titeln oder Statussymbolen ja nicht oder zumindest nicht deswegen, aber ich kenne schon viele, die auf soetwas abfahren :rollen:

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  • Inzwischen ist wieder Ausdauer gefragt. Eine weitere Gesellschaft bei den Verdurins ist im Gang und zieht sich mittlerweile ganz schön in die Länge. Einige unterhaltsame Themen werden besprochen, so z. B. die Herkunft von Ortsnamen, was ich recht interessant finde.


    Auf dem Weg zu den Verdurins trifft Marcel im Bahnhof Charlus und den jungen Morel, die ebenfalls Gäste auf der Gesellschaft sind. Man muss nicht viel lesen um zu verstehen, dass Charlus an Morel fömlich klebt. Wenn seine Homosexualität nicht schon aufgedeckt wäre, würde spätestens jetzt über seine Orientierung Klarheit herrschen.


    Zwischendurch gibt es auch noch die schöne Landschaftsbeschreibung einer Bucht in der Nähe des Verdurinschen Anwesens. Man kann das Meer richtig riechen. Es erinnert ein wenig an die Schilderung des Parks in Combray, wo die Weißdornhecke blüht.


    Ungefähr seit dem Zeitpunkt, als Marcel unterwegs zum Bahnhof ist, wird der Ton der Erzählung viel amüsanter. Proust macht einige Bemerkungen, die mir ein Schmunzeln ins Gesicht trieben, z. B. die Beschreibung der vulgären Frau, die sich als die Fürstin Scherbatow entpuppt, oder der Moment, als irgendjemandem (ich weiß nicht mehr, wem :redface:) das Stricken empfohlen wurde. Es klingt jedenfalls alles sehr locker. Dieser Ton setzt sich auch im Salon der Verdurins fort, wo es anders zugeht als bei den Guermantes. Leid tun kann einem deshalb auch Brichot, der ein Opfer dieser gelösten Stimmung wird und ein wenig zum Buhmann avanciert. Es gibt keine Hemmungen, ihn direkt despektierlich anzusprechen.


    Aber so lustig es auch ist, langsam könnte ich ein bisschen Abwechslung vertragen.