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Zitat:
"Jahrtausendelang herrschten die Seraphim über die Menschen, von denen sie als Götter verehrt wurden, doch mit der Zeit veränderten sie sich und wurden den Menschen immer ähnlicher, bis nur noch ihre magischen Kräfte und ihre Unsterblichkeit sie von denen unterschieden, die sie einst als Götter angebetet hatten. Sie teilten die Welt der Menschen unter sich auf und wurden zu Königen, Heerführern, Gelehrten. Jahrtausende vergingen, und die Menschen vergaßen, wer die Seraphim waren; von nun an wirkten die Unsterblichen im Verborgenen. Nur wenn die Menschheit in Gefahr war, traten sie offen in Erscheinung und bewirkten das, was man als Wunder bezeichnet."
(S. 67)
Inhalt:
An ihrem 15. Geburtstag passiert es: Julie Lagarde gerät in einen Tumult auf dem Kirchplatz und sieht sich schon tot. Doch ihr Wunsch nach Ruhe wird anders erfüllt als gedacht: Ein blaues Licht fließt aus ihr und der Mob löst sich auf.
Kurz darauf erfährt Julie, dass sie nicht die leibliche Tochter des Uhrmachermeisters und seiner Frau ist. Sie ist ein Seraph und hat eine Bestimmung: Gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder muss sie die Welt vor der Schreckensherrschaft ihres wahren Vaters schützen.
Doch dazu muss sie ihren Bruder finden... Was, wenn er nicht auf ihrer Seite steht?
Gemeinsam mit ihrem treuen Freund Fédéric, dem undurchsichtigen Nicolas und Ruben geht Julie auf diese gefährliche Reise mit vielleicht tödlichem Ausgang.
Meinung:
Zu allererst muss ich loswerden, dass dieser im 18. Jahrhundert spielende Roman allemal historisch angehaucht ist. Würde nicht ab und an erwähnt werden, dass das Volk die Bastille gestürmt hat oder König Louis zu sehr auf seine Berater hört, hätte ich es glatt vergessen. Daher eine große Entwarnung an alle, die "Angst" vor der Zeitangabe im Klappentext haben.
Lediglich in der Einleitung und der Veranschaulichung der äußeren Umstände der Protagonisten dominiert die Zeit vor der französischen Revolution. Die teils katastrophalen Zustände sind sehr gut beschrieben, ebenso das "bessere" Leben der Hauptprotagonistin Julie.
Sie zog mich sofort in ihr Leben in einer der angeseheneren Familien in Paris. Julie unterhält sich in Gedanken mit ihrer Katze Songe und sieht die Farben der Menschen um sie herum, deren Aureolen, was ihr Spott der anderen Kinder einbrachte, als sie davon erzählte. Seitdem behält sie ihre Gabe für sich.
Neben Songe ist Fédéric ihr treuester Freund. Die zu Beginn sehr oberflächlichen Gefühle ihm gegenüber werden tiefer und verwirren Julie. Denn die Autorin hat in ihrem Roman auf die klassische Dreiecksgeschichte nicht verzichtet. Julie versucht während ihrer Reise unentwegt zu ergründen, ob sie sich mehr zu Fédéric oder zu Nicolas hingezogen fühlt, die beide unterschiedlicher nicht sein können.
Julie ist die treibende Kraft der Mission und zieht die anderen quasi mit sich. Sie hat das Sagen und bestimmt über die anderen. Sehr zum Missfallen ihres Bruders. Auch Neid ist Julie nicht fremd und wie hart es ist, sich zurückgesetzt zu fühlen, muss sie am eigenen Leib erfahren.
Ruben ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, hatte eine schreckliche Kindheit. In seiner schlimmsten Zeit entdeckt er seine Gabe. Sie verleiht ihm Macht und Selbstvertrauen. Als dann noch die Comtesse persönlich an ihm interessiert ist, gibt es für ihn kein Halten mehr. Nur in ihrer Nähe fühlt er sich gut. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich an der Seite seines Vaters zu sein.
Mit Argwohn lässt er sich von seiner Schwester und Nicolas "retten" und zur Teilnahme an der Mission überreden. Die Zweifel und der Hass auf seine Schwester und ihre "Verehrer" wächst stetig, seine Loyalität gilt immer noch der Comtesse und seinem Vater. Wird er die richtige Entscheidung treffen?
Auch die Nebencharaktere sind tiefgründig und gut beschrieben. Mein Liebling darunter war definitiv Julies treuer Freund Fédéric, der der Geschichte mit seinen Sprüchen und seinem Humor eine wundervolle Note verleiht. Auch die Kabbeleien mit Nicolas waren sehr amüsant.
Nicolas Charakter hat mich ein ums andere Mal überrascht. Zu Beginn war er so undurchsichtig. Als sich das Bild von ihm zu klären scheint, treten immer wieder Charakterzüge ans Licht, die die Einschätzung weiterhin erschweren.
Die Protagonisten waren allesamt tiefgründig und gut durchdacht. Die Handlungen sind größtenteils schlüssig und nachvollziehbar.
Die Idee von Frau Vassena hat mir sehr gut gefallen. Die Verknüpfung der "alten Götter" mit dem, was die Menschen als Engel bezeichnen. Auch die ansteigende Bedrohung parallel zur Zeit vor der französischen Revolution ist gut definiert.
Der Einstieg in die Geschichte war interessant und machte Lust auf mehr. Im personalen Erzählstil wechselt die Perspektive zwischen Julie und Ruben, wodurch anfänglich viel Spannung aufgebaut wurde, die sich dann leider kaum steigern konnte. Die Bedrohung durch die Seraphim und die Cherubs war für mich die meiste Zeit einfach nicht greifbar genug und "Probleme" lösten sich meist wie von selbst. Nichtsdestotrotz flog ich über die Seiten und wurde mitgerissen. Frau Vassenas Schreibstil ist flüssig und leicht, abgesehen von ein paar Details nicht allzu "historisch" und ließ sich daher sehr angenehm lesen.
Der Showdown war neben den interessanten Protagonisten das Highlight des Buches und hat mir sehr gut gefallen. "Die Prophezeiung der Seraphim" ist in sich geschlossen, bietet aber durchaus die Möglichkeit einer interessanten Fortsetzung.
Urteil:
In "Die Prophezeiung der Seraphim" hat Frau Vassena "Engeln" eine neue Vergangenheit verpasst. Interessante Gaben und tiefgründige Protagonisten machen die nicht allzu dominante Spannung wieder wett. Meinen Lesegenuss belohne ich mit 4 Ratten.
Ich empfehle das Buch allen Fantasy-Fans, die Lust auf tolle Charaktere und eine mitreißende Geschichte haben. Auf das "historisch" muss ich nicht hinweisen, da es kaum spürbar ist.