Matthew und Vanessa sind auf dem Heimweg von einem Ausflug, als sie auf einem Parkplatz anhalten, weil der Hund mal muss. Als Matthew mit dem Hund zum Auto zurückkehrt, ist Vanessa spurlos verschwunden.
Drei Jahre später ist immer noch völlig offen, was damals mit Vanessa geschehen ist. Matthew hat den ungeklärten Verlust kaum verarbeiten können, öffnet sich aber doch, zunächst zögerlich, einer neuen Beziehung, als ihm durch gemeinsame Freunde die Journalistin Jenna über den Weg läuft. Es ist für beide nicht leicht, mit Vanessas stets präsentem Schatten zu leben - Matthew hat trotz aller Vernunftargumente Gewissensbisse, Jenna spürt ständig, dass er innerlich nicht wirklich frei ist.
Ungefähr zur gleichen Zeit wird Ryan Lee aus dem Gefängnis entlassen. Er ist der Mann, der Vanessa entführt und in einer Höhle versteckt hat, der Mann, der kurz danach wegen anderer Straftaten verhaftet wurde und es nicht gewagt hat, jemandem die Wahrheit über Vanessas Verschwinden zu sagen. Ihn quält seitdem die Frage, was aus Vanessa geworden ist. Auch sonst kann er die wiedergewonnene Freiheit nicht genießen. Er hat kein Geld, einen miserablen Job (wobei er froh sein kann, als Ex-Häftling überhaupt eine Arbeitsstelle zu haben, und er hat immer noch eine Menge Schulden bei einem kriminellen und äußerst gewieften Typen, der nicht gewillt ist, auf seine Ansprüche zu verzichten. Immerhin hat er bei seiner Bekannten Nora Franklin Unterschlupf gefunden, doch ihr Übermaß an Fürsorge erdrückt ihn geradezu.
Wenig später geschehen kurz hintereinander mehrere seltsame Überfälle auf Frauen, und nicht nur Ryan und Matthew fallen Parallelen zum Fall Vanessa Willard auf. Klar ist nur, wer es nicht gewesen ist.
Charlotte Links in Großbritannien angesiedelte Psychokrimis sind in aller Regel unterhaltsam und spannend - das trifft auch auf dieses Buch zu. Erfreulicherweise verzichtet sie diesmal auch darauf, das graumäusige Mauerblümchen so stark zu überzeichnen wie in einigen ihrer vorherigen Bücher, auch wenn die arg liebesbedürftige Nora mit ihrem ständigen Drang zum Betütteln trotzdem streckenweise nervt.
Das Buch hat, was ein routinierter Charlotte-Link-Krimi braucht: ein buntes Häuflein verschiedenster Figuren, zwischen deren Perspektive die Erzählung hin- und herspringt, bestens ins Bild passende Schauplätze wie abgelegene Häuser und hohe Klippen, die zudem für einen Hauch walisisches Lokalkolorit sorgen, eine verzwickte und verschlungene Handlung, bei der man von Beginn an weiß, dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt, aber lange Zeit im Dunkeln tappt, wie genau eins zum anderen gehört, und eine langsam anlaufenden Spannungskurve, die sich am Ende zu einem Showdown steigert, bei dem man den Atem anhält.
Was hier nicht so sehr begeistert, sind die teils doch ziemlich klischeehaften Figuren und die oft ein bisschen hölzern oder platt wirkenden Dialoge, die manchmal fast klingen wie aus dem Englischen übersetzt. Manche Gedankengänge oder manches Verhalten der Protagonisten wirken überdies konstruiert oder übertrieben.
Trotzdem insgesamt nette, spannende Popcorn-Lektüre mit hübschem Setting.
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