Lilach Mer - Winterkind

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    Titel: Winterkind
    Autor: Lilach Mer


    Allgemein:
    279 S.; Dryas; 2012



    Inhalt:
    Es war einmal im Winter... so scheinen Märchen zu beginnen... doch was ist wenn die Realität einen einholt und der "Prinz" geheiratet ist? Winterkind beginnt dort wo Märchen enden... Jahre nach dem Blanka von Rapp geheiratet hat, kehrt ihr Mann eines Tages von der Beerdigung ihrer Mutter zurück. Ein großer Spiegel ist alles was ihr geblieben ist... von der Mutter vor der sie schon als Kind Angst hatte. Und vor dem Spiegel... dem Spiegel der sogar ihrer kleinen Tochter Johanna das fürchten lehrt. Und während die Arbeiter ihres Mannes auf ihren Lohn hoffen und der Schnee immer Dichter wird muss sich Blanka fragen ob sie ihrem Mann jemals wieder vertrauen kann und ob ihre Angst vor dem Spiegel und dem Geist der Mutter jemals enden wird...


    Notiz:
    Ich bin Grade nicht ganz schlüssig wo ich den neuen Roman von Lilach Mer hin packen soll. Bei Phantastisch passt er nicht hinein (im Gegensatz zu ihrem Roman Der siebte Schwan) und bei Historischen Romanen finde ich ihn auch nicht so ganz passend, weil die Zeit in der der Roman spielt zwar irgendwie eine Rolle spielt, aber meiner Meinung nach eher Beiwerk ist, der Fokus liegt auf den Figuren. Mal sehen, ich lass ihn erstmal hier, wenn es mehr Meinung gibt kann man das Ganze ja Verschieben. :)


    Nun aber meine Meinung:
    Der siebte Schwan war schon eines meiner ganz besonderen Lesehighlights in diesem Jahr und mir klar das ein neuer Roman der Autorin automatisch in mein Regal wandern würde. Ich habe es keine Seite lang bereut.
    Die ganz besondere Atmosphäre die die Autorin in Winterkind heraufbeschwört ist wirklich einfach phantastisch. Der Winter ist greifbar nahe und ich hatte fast gedacht es schneit - bis ich aufgeblickt habe *g* Es war so schön geschrieben, das ich fast nicht weiter lesen wollte, damit es nicht so schnell zu Ende ist damit. Märchenhaft einerseits und doch wieder kein Märchen andererseits.


    Wieder gelingt es Lilach Mer Motive eines Märchens - hier Schneewittchen- in etwas völlig eigenständiges zu Verwandeln. So erkennt man zwar einige Bilder wieder, aber es ist nie einfach nur abgeschrieben, sondern eher eine kleine Hommage, aber eben trotzdem so völlig neu und anders. Das war einfach wunderbar, ich hätte noch Tage darin schwelgen können. Zudem ist Manches auch so bildhaft geschrieben, dass ich die Kleidung der Figuren und das Haus in dem sie agieren direkt vor Augen hatte. Auch die Gefühle zwischen Blanka und ihrem Mann, diese merkwürdige Spannung zwischen all dem Ungesagten. Dazu lernt man neben Blanka der Dame des Hauses, auch ihre kleine Tochter kennen, sowie deren Gouvernante Sophie die eine Art Gegengewicht zu Blanka darstellt, die durch ihre Erziehung erstarrt ist in ihren Ängsten und den Konventionen der Zeit. Die Autorin hat die Handlung in das 19. Jahrhundert gelegt, obwohl diese daher eine Rolle spielt und der Roman anders hätte geschrieben werden müssen wenn die Zeit eine andere wäre, spielen für mich trotzdem diese beiden Frauen die tragende Rolle.


    Frau Mer konnte mich einfach mit ihrem Gesamtpaket überzeugen. Da war kein Wort zu viel oder zu wenig. Keine noch so kleine Falte eines Kleides zu viel beschrieben. Zu dem war auch die Ganze Entschlüsselung von Blankas Vergangenheit ganz wundervoll in die Geschichte verwoben. Ich bin sehr sehr begeistert und die Autorin konnte mir damit gleich zwei Lesehighlights in diesem Jahr bescheren - Lesen!!!!


    5ratten

  • Oh, das klingt wunderbar. :herz: Von "Der siebte Schwan" war ich auch begeistert, daher wird "Winterkind" auf jeden Fall noch diesen Winter in mein Regal wandern.

  • Was haben Lilach Mer und ich gemeinsam? Nichts, wenn man von dem Umstand absieht, dass wir beide 2009 an dem Heyne-Fantasy-Schreib-Wettbewerb für den Magischen Bestseller teilgenommen haben. Während ich mit meinem Beitrag allerdings bereits in der Vorrunde ausschied, wurde 2011 Lilach Mers Debütroman Der siebte Schwan von Heyne verlegt.


    Den Debütroman der 1974 geborenen promovierten Juristin und Autorin, die in Berlin und meiner Wahlheimat Schleswig-Holstein aufgewachsen ist, habe ich nicht gelesen. Wohl aber ihren zweiten Roman und der hat - gleich vorab - eindeutig Lust auf mehr Mer in mir geweckt. In Winterkind geht es um Blanka von Rapp, die um 1880 in Niedersachsen lebt. Die junge Adlige ist mit dem Besitzer einer Glasfabrik verheiratet und Mutter eines kleinen Mädchens. Der siebte Schwan soll märchenhafte Zügen tragen und auch bezüglich Winterkind las ich im Vorfeld, dass es sich dabei um die Fortsetzung von Schneewittchen handeln soll.


    Obwohl sich in der Geschichte eine böse Mutter (anstelle der Stiefmutter), im Zusammenhang mit dieser ein ominöser Spiegel, und sogar ein Apfel wiederfindet, ist Winterkind jedoch weit mehr als eine schnöde Fortführung besagten Märchens. Mer beschränkt sich nicht darauf, das schillernd-schöne Eheglück der jungen Frau an der Seite ihres Märchenprinzen, schützend umringt von den sieben Zwergen zu beschreiben. Tatsächlich ist Blanka ganz und gar unglücklich, wird von Ängsten geplagt, traut sich keinen Schritt vor die Tür. Beschützende Zwerge gibt es nicht und der vermeintliche Prinz hat durchaus Fehler. Sogar zur Beerdigung ihrer Mutter müssen Mann und Tochter alleine fahren. Nach deren Rückkehr spitzt sich die Lage zu. Während ein dichtes Schneetreiben das Herrenhaus von der Außenwelt abschneidet, muss sich Blanka den Schatten der Vergangenheit stellen. Diese bedrohen neben den gesellschaftlichen Umbrüchen gegen Ende des 19. Jahrhunderts sukzessive zunehmend nicht nur Blankas Zukunft.


    Abwechselnd aus Sicht der jungen Mutter und der des Kindermädchens Sophie nehmen Mers LeserInnen am Geschehen teil. Während Sophie eine bodenständige junge Frau ist, offenbart sich Blanka als sensibles, nahezu gebrochenes Wesen. Um dies zu überspielen, versucht sie krampfhaft Haltung zu bewahren, wirkt dabei stellenweise eiskalt. Ihren Charakter empfand ich sehr zwiespältig. Was auf der einen Seite Mitleid erweckte, stieß auf der anderen Seite ab. Immer mehr stellte sich heraus, dass Blankas Vergangenheit zu schrecklich ist, als dass sie sich daran erinnern will. Dass man dennoch erfährt, wie die junge Frau so geworden ist, liegt an den Kapitelenden, in denen Mers ihre LeserInnen einen anfangs kurzen und zunehmend längeren, teils verstörenden Blick auf Blankas Vergangenheit bzw. das Leben ihrer Mutter werfen lässt.


    Obwohl das das Erzähltempo bei allem, was tatsächlich geschieht, eher langsam ist, entstehen keine Längen. Flüssig und zugegebenermaßen etwas detailverliebt reiht Mer ein Wort ans andere. Letzteres dient jedoch der bedrohlich-dichten Atmosphäre, die den Roman neben den authentisch wirkenden Charakteren trägt.


    Die Autorin beschränkt sich nicht nur darauf, das (vermeintlich) gute und sichere Leben der besseren Gesellschaft zu beschreiben. Neben den sicherlich eindeutig damit verbundenen Vorteilen erfährt man auch von den damit einhergehenden Schattenseiten, von den gesellschaftlichen Konventionen ebenso wie von den Umbrüchen jener Zeit. Auch die ungleiche Chancenverteilung und der daraus resultierende Arbeiteralltag, die Bevormundung der kleinen Leute, die den Launen und dem Gutdünken ihrer Arbeitgeber ausgesetzt waren, wird anschaulich beschrieben. Von den Unbillen der Natur, denen alle ausgesetzt waren, ganz zu schweigen.


    Durch ihre Detailtreue macht die Autorin es ihren LeserInnen leicht, in die damalige Zeit und die düster angehauchte, auf wenige Tage komprimierte Handlung mitten im Winter einzutauchen. Das mystisch-märchenhafte Element, welches der Spiegel in die Geschichte hineinbringt, schimmert immer wieder auf und hat mich lange Zeit auf eine völlig falsche Idee bezüglich des Romanendes gebracht. Dieses gestaltet sich überraschend leicht und logisch, ohne dabei unwirklich-falsch zu wirken.


    Fazit: 4ratten


    Die Autorin lässt die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit gekonnt verschwimmen. Winterkind - ein historisches Märchen? - hat mir (wie bereits erwähnt) Lust auf mehr Mer gemacht und war viel zu schnell ausgelesen. Einen klitzekleinen Punkteabzug gibt es genau hierfür. Obwohl mich der Roman von der ersten bis zur letzten Seite gefangen hielt, wirkt er insgesamt betrachtet unfertig. Fortsetzung ungewiss. Deshalb möchte ich vier von fünf Punkten dafür vergeben.


    2013 Antje Jürgens (AJ)

    Man sagt, dass die Welt ohne Fantasie ein trostloser Ort wäre.<br />Doch was wäre die Fantasie ohne Worte? Sie sind die Flügel, auf denen Fantasien in die ganze Welt gelangen können.

  • Mer, Lilach - Winterkind


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    Niedersachsen, um 1880, im tiefen Winter.
    Die wunderschöne Blanka von Rapp - weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz - ist mit einem Glashändler verheiratet und hat eine Tochter. Doch ein Schatten liegt über ihrem Leben:
    Mit dem Tod ihrer Mutter zieht deren Spiegel als Erbstück bei ihr ein - und mit ihm Erinnerungen...
    Außerdem laufen die Geschäfte ihres Mannes sehr schlecht, Geld ist keines mehr da und am Freitag wollen die Fabrikarbeiter ausbezahlt werden.


    Bei der Geschichte geht es nicht um eine Nacherzählung des Märchens Schneewittchen, sondern eher um eine Fortführung.
    Zudem sind die Bezüge zum Märchen zwar vorhanden, allerdings weitaus weniger deutlich als ich erwartet hatte. Und auch weniger "magisch". Wobei das interessanterweise überhaupt nicht gestört hat.
    Das ganze Buch ist sehr intensiv: Die Handlung spielt sich fast ausschließlich im Haus ab, das Blanka seit Jahren nicht mehr verlassen hat, und als auch noch starker Schneefall einsetzt, sind die Frauen praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. Dazu die Bedrohung durch die finanzielle Lage, die körperliche durch die Arbeiter, die ihren Lohn einfordern, und auch noch die plötliche Krankheit von Johanna, Blankas Tochter.
    Neben diesen Szenen in der Gegenwart kommen in Blanka auch die Erinnerungen an ihre eigene Kindheit hoch, an ihre Mutter und die Erziehung durch deren Hand.


    Auch sprachlich gefällt mir das Buch außerordentlich gut: sehr dicht, leicht altertümlich und märchenhaft. Aber nichts Anderes habe ich auch von Lilach Mer erwartet ;) Gerade der Winter schwingt auch immer wieder durch und erzeugt eine eisige Stimmung voller Spannung. Insofern sollte man auch in der richtigen Stimmung für das Buch sein und es am besten in der kalten Jahreszeit lesen.


    Das Ende ist dann leider etwas kurz geraten, ein bisschen mehr Auflösung bzw. Aufarbeitung hätte hier mit Sicherheit nicht geschadet. Andererseits gefällt mir der Schlusspunkt durchaus.
    Die beiden Hauptcharaktere Blanka und Sophie unterscheiden sich deutlich voneinander, wobei gerade Blanka im Verlauf eine ziemliche Entwicklung durchmacht.


    Eine ganz klare Empfehlung also für alle Märcheninteressierten oder auch solche, die gerne historische Geschichten lesen.


    4ratten

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

  • Was wäre passiert, wenn Schneewittchen eine Tochter gehabt hätte? Blanka von Rapp müsste glücklich sein, denn sie ist schön, wird geliebt und lebt mit ihrer Familie in einem Herrenhaus. Dennoch ist ihr Leben von Ängsten geprägt, die sich noch verstärken, als sie den Spiegel ihrer Mutter erbt. Die eskalierende Unzufriedenheit unter den Arbeitern in der Glashütte und die Abwesenheit ihres Mannes zwingen Blanka dazu, sich nicht nur der Gegenwart, sondern auch ihrer eigenen Vergangenheit zu stellen.


    Dieser Roman ist im Jahr 1880 angesiedelt und spielt in einem Dorf in Niedersachsen, in dem es auch eine Glasfabrik gibt, die Blankas Mann gehört. Die Details dazu haben mich gefesselt, sowohl was die Herstellung als auch die Entwicklung betrifft, die weg vom künstlerischen Anspruch hin zur Massenfertigung führt. In dieses historische Setting wurde eine sehr spannende Geschichte eingebettet, die für mich durch den Bezug zum Schneewittchen-Märchen aber auch etwas phantastisches hatte.


    Das Buch hatte mich von der ersten Seite an am Haken, weil mir die dichte Atmosphäre so gut gefiel und ich auch zu den Figuren einen direkten Draht hatte. Sie waren sehr präsent, nah bei mir und haben sich schnell in mein Leserherz geschlichen. Blanka ist rätselhaft und sensibel, geprägt von ihrer Vergangenheit, voller Andeutungen und Stimmungen, hell und dunkel. Die Gouvernante Sophie, eine weitere Hauptfigur, war mir in einer viel direkteren Art sympathisch. Sie ist intelligent, bodenständig und tatkräftig.


    Die wunderbare poetische Sprache hat auch dafür gesorgt, dass ich mich mit dem Buch so wohl gefühlt habe. Sie hat mir Gefühle, Stimmungen und Bilder sehr intensiv vermittelt, so dass ich mich wie ein Teil der Geschichte fühlte und nicht wie ein außen stehender Beobachter. Diese teilweise unheimliche Geschichte hat mich gefesselt, mitgerissen und auf vielfältige Weise berührt. Sie hat viele Eindrücke hinterlassen, die mich noch länger begleiten. Eine sehr spannende und stimmungsvolle Lektüre, die ich einfach nur genossen habe!


    5ratten

  • Nachdem mir der Roman "Der siebte Schwan" von Lilach Mer so gut gefallen hat, wollte ich es nun auch mit "Winterkind" versuchen. Als ich mitten in der Lektüre steckte, dachte ich, die beiden Bücher sind völlig unterschiedlich, aber jetzt im nachhinein stelle ich doch eine gewisse Verwandtschaft fest.


    "Winterkind" ist vor allem eine düstere, melancholische Geschichte. Der phantastische Anteil hält sich in Grenzen und kommt eher in einer psychologischen Variante vor, die aber durchaus ihren Reiz hat. Die winterliche Stimmung hat Lilach Mer perfekt eingefangen und transportiert, untertützt durch ihren poetischen, märchenhaften Sprachstil.


    Zunächst brauchte ich ein wenig Zeit, um mich in die Geschichte einzulesen, denn die Adaption des Märchens Schneewittchen in das 19. Jahrhundert bringt einiges an Verfremdung mit sich. Trotzdem ist der Wiedererkennungswert vorhanden und hat mir manches Aha-Erlebnis beschert. Die Motive des Märchens kommen größtenteils auch hier vor und erhalten eine neue Rolle. Glas, Gift, Schönheitswahn... wenn man sich erst einmal vor Augen hält, was das Märchen Schneewittchen eigentlich ausmacht, erkennt man umso mehr die Raffinesse, mit der Autorin verschiedene Aspekte in ihrer Geschichte untergebracht hat.


    Die Figuren sind sehr geschickt und tiefgründig aufgebaut; ich mochte vor allem Sophie, die Gouvernante, die als eine für ihre Zeit sehr moderne Frau gezeichnet ist und bereit ist, zu handeln und Verantwortung zu tragen. Aber auch die Hauptfigur Blanka von Rapp ist sehr interessant gezeichnet, als Schlafende im gläsernen Sarg, die im Laufe der Geschichte aus ihrem vergifteten Schlaf erwacht.


    Ich würde "Winterkind" als Buchperle für ein kurzes, aber intensives Leseerlebnis empfehlen; für Leser, die auch ohne Action auskommen und gerne in düster-melancholischen Märchenwelten verweilen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Das Buch:
    "Happy End" heißt bei den Gebrüdern Grimm, dass Schneewittchen ihren Prinzen heiratet und dass die böse Stiefmutter stirbt. Aber genügt das für ein glückliches Leben?
    Bei Lilach Mer heißt Schneewittchen Blanka von Rapp, ist wunderschön, mit dem Besitzer der Glasfabrik verheiratet und lebt in Niedersachsen um 1880 ein behütetes Leben hinter den Mauern des Herrenhauses. Doch die Fassade bröckelt:
    Blanka hat schon seit Jahren keinen Fuß mehr vor die Tür gesetzt; zu groß ist ihre Angststörung. Selbst zur Beerdigung ihrer Mutter müssen ihr Mann Johann und Tochter Johanna ohne sie fahren. Zurück bringen sie nur einen riesigen, unmodernen Quecksilberspiegel, den Blanka in ihrem Zimmer haben möchte. Doch mit dem Spiegel ist auch ein unheilvoller Einfluss im Herrenhaus eingezogen.
    Zunehmend wird Blanka von Erinnerungen an ihre unglückliche Kindheit und die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter heimgesucht. Erschwerend kommt hinzu, dass die Geschäfte der Glasfabrik schlecht laufen. Johann von Rapp muss seine Frau öfter alleine lassen, und die Unzufriedenheit der Arbeiter wächst ebenso wie die dichte Schneedecke um das Herrenhaus herum.
    Bald sind Blanka, ihre Tochter und das Kindermädchen Sophie von der Außenwelt abgeschnitten, während Johann verreist ist und die Arbeiter ihr Geld wollen....


    Meine Meinung:
    Aufmerksam geworden auf die Autorin bin ich durch ihren Debütroman "Der siebte Schwan", in dem sie wie auch in "Winterkind" gelungen Fantasy-Elemente und Historisches miteinander verwebt. "Winterkind" ist deutlich kürzer ausgefallen als der Vorgänger, aber dafür auch geradliniger und besser strukturiert. Langsam baut sich die Spannung auf, sowohl durch die Ereignisse in der Gegenwart (Schwierigkeiten mit der Glasfabrik und den Arbeitern) als auch durch die Rückblicke in die Vergangenheit und das Wissen, das man allmählich über Blankas Kindheit gewinnt.
    Sympathiefiguren waren für mich eindeutig das besonnene, tatkräftige Kindermädchen Sophie und Johanna, die aufgeweckte Tochter der Familie von Rapp. An ihnen wird gut deutlich, wie sich der gesellschaftliche Blick auf die Rolle der Frau oder der Kinder mittlerweile verändert hat - gottseidank! Dass so ein Sonnenschein wie Johanna als vorlaut und ungezogen galt, kann man sich heute kaum noch vorstellen; von den gesellschaftlichen Erwartungen an die Frauen fange ich jetzt gar nicht erst an.
    Wie auch in der "Schneewittchen"-Vorlage der Gebrüder Grimm ist der Prinz eigentlich nur schmückendes Beiwerk; die Spannung entsteht durch die Mutter-Tochter-Beziehung. Hier sogar in doppeltem Sinne, denn zunehmend muss Blanka dagegen ankämpfen, bei ihrer Tochter nicht in dieselben schädigenden Verhaltensmuster zu verfallen wie ihre eigene Mutter.
    Aber auch die Mutter wird nicht eindimensional dargestellt und ist einfach "von Grund auf böse". Einerseits hat sie mir leid getan, denn erst als ihr Mann seine Aufmerksamkeit zunehmend auf andere Frauen verteilt, zwingt sie sich und ihrer Tochter ein immer rigider werdendes Programm auf, was Aussehen, Haltung und Benehmen angeht. Andererseits hat sie mit ihrer Tochter eindeutig emotionalen Missbrauch betrieben; selbst wenn man diese Szenen nur liest, läuft einem dabei ein Schauer über den Rücken.
    Nun ist Blanka selbst Mutter und hat ihren "Prinz" gefunden, doch selbst nach deren Tod kann sie sich nicht von ihrer übermächtigen Mutter befreien. Im Gegenteil; deren Einfluss scheint immer stärker zu werden, seit der unselige Spiegel ins Herrenhaus gekommen ist. Kindermädchen Sophie erkennt die sonst so sanftmütige und verzagte Blanka von Rapp nicht wieder...
    Gerade Blanka von Rapp ist nicht unbedingt ein durchweg sympathischer, aber sehr vielschichtiger Charakter, der im Lauf der Erzählung eine große innere Wandlung mitmacht, die spannend zu verfolgen ist.
    Auf der einen Seite bedauere ich sehr, dass "Winterkind" nicht mindestens doppelt so viele Seiten hat und dass man nicht erfährt, wie es mit der Familie von Rapp und Sophie weitergeht. Andererseits kann sich jeder Leser seine eigenen Gedanken machen, wie es den liebgewonnenen Personen wohl weiter ergangen ist.
    Wie Miramis schon erwähnt hat, spielen auch die bekannten Motive des Märchens eine Schlüsselrolle in der Geschichte, wenn auch nicht immer so, wie man sie kennt. Dies macht für mich gerade den Reiz von "Winterkind" aus, ebenso wie die ruhige und eindringliche Beschreibung der winterlichen Landschaft, die für die Menschen damals nichts Romantisches an sich hatte: Was, wenn das Kind krank wird, während man eingeschneit ist? Oder der Mann ist außer Haus, um Geld für die Arbeiter zu besorgen, und seine Ankunft ist aufgrund der Wetterlage ungewiss?
    Lilach Mer hat mich mit ihrer besonderen Art zu erzählen wieder einmal vollkommen mit in die Geschichte hineingezogen und ich hoffe sehr, dass es nicht ihr letztes Buch bleiben wird.
    Auch nach dem zweiten Lesen vergebe ich begeisterte
    4ratten