E. M. Delafield - Tagebuch einer Lady auf dem Lande

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    E. M. Delafield - Tagebuch einer Lady auf dem Lande
    Meine Rezension erschien auf media-mania.de


    Inhalt


    Im Südwesten Englands, in einer Grafschaft Devons, lebt die Lady zusammen mit ihrem Mann Robert und dem Hauspersonal in einem kleinen Ort. Ihre Kinder Vicky und Robin sind meist im Internat und kommen nur in den Ferien nach Hause. Sich der gesellschaftlichen Stellung entsprechend zu benehmen und sich an alle "Regeln" zu halten, ist nicht immer leicht. Und so vertraut sich die Lady mit all ihren Sorgen und oft ironischen Kommentaren ihrem Tagebuch an. Sei es ihr Ärger über die nicht keimenden Hyazinthen, die sich schon wieder ändernde Mode oder auch die Mademoiselle, die in ihrem Haus lebende "Nanny".
    Es ist eben nicht einfach, es immer allen Damen in ihrer Umgebung recht zu machen und dabei mit all deren Schrullen und Macken zurechtzukommen. Und schon wieder winkt eine Einladung zum Tee, eine Freundin kündigt sich für einen Übernachtungsbesuch an oder die Lady selbst ist mal wieder dran, ein Kinderfest zu geben oder zum Ausflug an den Strand einzuladen. So ein Leben auf dem Lande kann schon aufregend sein - nur gut, dass es Tagebücher gibt.


    Bewertung


    E. M. Delafield veröffentlichte die Tagebucheinträge ursprünglich in Form einer Kolumne in einer feministischen Zeitschrift in den zwanziger Jahren. 1930 wurden diese dann in gesammelter Form in einem Buch veröffentlicht. Delafields intelligente und lustige Art über ihr Leben zu berichten erlaubt den Lesern heute einen tiefen Einblick in die Gesellschaft dieser Zeit.


    Ein ganzes Jahr darf der Leser an der Seite der Lady verbringen. Von November bis Oktober gehen die Tagesberichte, die sich alle besonders durch ihre erfrischende Art auszeichnen. In den dreißiger Jahren war "man" noch Mitglied in einem Buchclub, unterhielt sich über die aktuellen Neuerscheinungen oder DAS Buch des Monats. Auch die Lady ist eine eifrige Leserin, nur treffen die beliebten Romane nicht immer auch ihren Geschmack. Wem kann sie dies besser anvertrauen als ihrem Tagebuch. Tagebücher sind so etwas wie eine beste Freundin. Ihnen kann alles gesagt werden, eigentlich sogar mehr, als selbst eine beste Freundin erfahren würde. Und so kann der Leser sich in "Tagebuch einer Lady auf dem Lande" köstlich amüsieren über die spitzen, ironischen, herzlichen und natürlich auch lästernden Kommentare der "Lady".


    Auf den Schreibstil muss sich der Leser einlassen, denn er entspricht nicht dem der üblichen Erzählweise in einem Roman. Er ist episodenhaft und oft von kurzen, prägnanten Sätzen geprägt, die einer Berichterstattung ähneln. Ganz so, wie sich Tagebucheinträge im Allgemeinen darstellen.
    Der Lady bei ihren Beobachtungen so nah zu sein wie ihr Tagebuch, hat etwas von großer Intimität - es fühlt sich ein wenig so an, als könnte man als Mäuschen immer dabei sein und so die Gefühle und Gedanken der Lady erfahren. Kichern und Lächeln kann sich bei dieser Lektüre sicher keiner verkneifen und sehr oft kann man der Lady nur recht geben bei ihren Vermutungen, kleinen ironischen Spitzen und auch Ängsten.


    Ansprechend und an Taschenbücher der fünfziger Jahre erinnernd ist die Covergestaltung. Schade nur, dass ein kreisrunder roter Aufdruck mit einer Empfehlungsaussage von Sophie Kinsella mittig rechts auf dem Cover prangt. Hier wäre ein abziehbarer Aufkleber besser gewesen.
    "Tagebuch einer Lady auf dem Lande" ist von entzückender Leichtigkeit, niemals aber trivial.


    4ratten

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    OT: Diary of a Provincial Lady
    OA: 1947
    209 Seiten
    ISBN:978-3442546916


    Inhalt:
    England in den 1930er-Jahren. In einem Dorf in der Grafschaft Devon vertraut sich eine Lady mit messerscharfem Verstand ihrem einzigen Freund an – dem Tagebuch. Die Welt hat sich gegen sie verschworen, im Haushalt regiert das Chaos, die Köchin droht mit Kündigung, und ihre beiden überaus reizenden Kinder Vicky und Robin neigen dazu, stets am falschen Ort zur falschen Zeit für Unheil zu sorgen. Von ihrem Gatten Robert, der sich am liebsten hinter der Times verschanzt, hat die Lady keine Hilfe zu erwarten. So kämpft sie allein um Haltung bei Teegesellschaften, Dorffesten, Abendeinladungen und vor allem, wenn sie der grässlich perfekten Lady B. begegnet, die ihre Eitelkeiten wie einen Pudel mit sich herumführt. Ein Glück, dass wenigstens ihr Tagebuch die Lady auf dem Lande nicht im Stich lässt …


    Eigene Meinung:
    Dieses Buch hat mir sehr viel Spaß gemacht zu lesen. Man könnte es wohl unter Sparte Frauenliteratur einordnen, denn ich denke nicht, dass ein Mann dieser Geschichte etwas abgewinnen könnte. Es geschehen keine herausragenden Ereignisse, es gibt keine zu Herzen gehende Romanze, aber das Buch ist trotzdem kurzweilig und sehr unterhaltsam. Es wird in Tagebuchform, von dem Leben der Erzählerin, im Verlauf eines Jahres berichtet. Sie kämpft Tag für Tag mit all den kleinen und manchmal auch etwas größeren Nöten. Als Mutter zweier Kinder, einem eher wortkargen Mann und den anstrengenden bis nervtötenden Nachbarn dieses kleinen Ortes mitten in England, vermittelt sie dem Leser einen Einblick in ihr Leben und das auf eine sehr humorvolle und ironische Weise. Ich musste sehr oft lachen, konnte ganz oft ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen und fühlte mich mit diesem Buch und der sympathischen Protagonistin ausgesprochen gut unterhalten.


    4ratten

  • Zumindest ihrem Tagebuch gegenüber kann sie ja ehrlich sein, die Lady auf dem Lande, die immer wieder feststellt, dass sie deutlich weniger perfekt ist als alle anderen. Auf dem Konto herrscht permanent Ebbe, die Köchin droht immer wieder mit Kündigung, die Kamine ziehen nicht, sie hat nie das Richtige anzuziehen, schafft es selten, die "richtigen" Bücher zu lesen, für große Gesellschaften und Reisen reicht das Geld nicht, und beim Versuch, höfliche Konversation zu machen, tritt sie gerne mal ins Fettnäpfchen. Und die verflixten Hyazinthenzwiebeln wollen und wollen einfach nicht gedeihen, trotz wohlmeinender Tips aus dem Umfeld.


    Apropos Umfeld - hier seien vor allem zwei ziemliche Nervfaktoren erwähnt, nämlich die enorm gesprächige Pfarrersfrau und die unerträglich vollkommene Lady Boxe, die unserer Lady des öfteren die Contenance rauben ...


    In diesem entzückenden kleinen Juwel, das 1930 erstmals erschienen ist, nimmt die Autorin mit britisch spitzer Feder die kleine Welt des verarmten Landadels aufs Korn. Mit viel Selbstironie schlüpft sie in die Haut der Lady, die ihrem Tagebuch nicht nur Erlebtes anvertraut, sondern auch so manche ketzerische Überlegung, die sie nie laut auszusprechen wagen würde (diese Fragen an sich selbst waren für mich die Highlights des Buches, wie etwa die, ob es überhaupt einen goldenen Mittelweg zwischen Höflichkeit und Ehrlichkeit in der Konversation gibt).


    Herrlich pointiert formuliert von einer wunderbar unvollkommenen Heldin (der ich nur manchmal ein bisschen mehr Zurückhaltung im Umgang mit Geld gewünscht hätte). Ein Buch, auf das das schöne altmodische Wort "reizend" im besten Sinne zutrifft.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Man könnte es wohl unter Sparte Frauenliteratur einordnen, denn ich denke nicht, dass ein Mann dieser Geschichte etwas abgewinnen könnte.

    Nun, ich für meinen Teil habe es mit grossem Vergnügen gelesen. Es ist ein nostalgischer Blick zurück in jene Zeit, als in England noch alles in Ordnung war. Oder jedenfalls fast. Nostalgisch schon zur Zeit der Veröffentlichung, da diese Form der englischen (oder besser: britischen) Gesellschaft schon in den 1930ern am Aussterben war. Mehr dazu von meiner Seite auf meiner Seite ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)