Inhalt:
Der Schweizer Fabrikerbe Preising reist nach Tunesien, wo er in einem luxuriösen Hotel auf eine englische Hochzeitsgesellschaft trifft. Der ältere und auch bedachtere Preising passt nicht zur lauten und angeberischen Gesellschaft, genausowenig wie die Eltern des Brautpaares, die sich ihrerseits zurückziehen. Preising freundet sich mit Pippa an, der Mutter des Bräutigams, doch bevor sie ihre Beziehung intensivieren können, erklärt England den Staatsbankrott...
Meine Meinung:
Als ich "Frühling der Barbaren" von Jonas Lüscher zu lesen begann, dachte ich erst einmal bloss: "Oh nein, schon wieder so ein gelehrter Professor, der zeigen will, wie viele seltsame Wörter er doch kennt." Lange Zeit war ich also ziemlich skeptisch.
Es ist tatsächlich kein einfaches Buch, es ist sehr literarisch und man muss beim Lesen hellwach sein. Rasch unterschätzt man dieses Büchlein mit seinen 125 Seiten.
Doch die Novelle von Lüscher hat es in sich! Ich weiss nicht, ob ich mich an den Sprachstil des Autoren gewöhnt habe oder ob er wieder Boden unter den Füssen gewonnen hat, jedenfalls störte mich seine Sprache irgendwann gar nicht mehr. Zu dieser Zeit war ich schon voll und ganz im Bann dieses Buches!
"Frühling der Barbaren" ist ein hochintelligentes Buch und weist einen Aufbau auf, der seinesgleichen sucht. Eigentlich gehen wir mit zwei Insassen einer Irrenanstalt spazieren und Preising erzählt dort seine Geschichte. Der erste Erzähler ist jedoch Preisings Gefährte, der immer wieder seine Meinung zu Preising zum Besten gibt.
Dann erzählt uns Preising natürlich aus seiner Sicht die Geschehnisse in Tunesien. Hier fällt auf: Preising tut nichts. Die einzige Entscheidung, die er selbst trifft, ist jene, mit Pippas Mann eine Ausfahrt zu machen. Ansonsten beobachtet er nur und lässt sich treiben. Er agiert nicht, sondern lässt die Vorfälle einfach auf sich einwirken.
Er ist eine Insel im allgemeinen Chaos. Eine Insel, wie die Schweiz eine ist.
Lüscher baut seine Geschichte sorgfältig und mit wahrer Meisterhand auf. Es ist ein leiser, kaum merkbarer Spannungsaufbau. Die Explosion ist dafür umso lauter.
Als England pleite geht, ist von der johlenden und prahlerischen Hochzeitsgellschaft nichts mehr übrig. Hier zeigt Lüscher auf, wie rasch unser materieller Wohlstand verschwinden kann und uns mit nichts zurück lässt. Er zeigt auf, wie die Menschen in solchen Extremsituationen reagieren.
Aber vor allem rechnet er mit dem Kapitalismus ab. Ohne diesen zu kritisieren. Lüscher zeigt nur Folgen. Ein "Was wäre, wenn?". Was wäre, wenn es nicht die Griechen trifft? Nicht die Iren? Die Italiener? Sondern uns. Uns, die wir uns unseres Wohlstandes so sicher sind. Uns kann das nicht passieren.
Nein, wir sind sicher. Absolut sicher.
Fazit:
Ein grandioses Werk mit riesiger Sprengkraft. Hochaktuell, hochintelektuell und hochbrisant. Kein einfaches Buch, aber das muss es nicht sein. Es lohnt sich! Wahnsinn, was dieser junge Mann da fabriziert hat.
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