William Shakespeare - Der Kaufmann von Venedig/The Merchant of Venice

Es gibt 35 Antworten in diesem Thema, welches 18.310 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Am 1. März geht es hier los mit:


    Der Kaufmann von Venedig/The Merchant of Venice
    Komödie in fünf Akten


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    Inhalt
    Bassanio benötigt Geld, um die Gunst der schönen Portia zu gewinnen. Sein Freund Antonio ist bereit, ihm aus der finanziellen Misere zu helfen und borgt das Geld bei dem reichen Juden Shylock. Als Sicherheit bietet Antonio ein Pfund Fleisch aus seinem Körper. Als es tatsächlich zum Ernstfall kommt, will Shylock sein Recht gerichtlich durchsetzen.



    Teilnehmer:
    Tina
    Kiba
    Mrs. Dalloway?
    Doris
    und alle, die gerne spontan mitlesen möchten


    Viel Spaß allen Teilnehmern!

  • Meine Ausgabe ist von 1940, recht vergilbt, Fraktur.


    Heute habe ich das Vorwort gelesen, und da fiel mir ja gleich zweimal der Unterkiefer runter. Erstens mal waren für meinen Geschmack schon viel zu viele Informationen enthalten, schließlich kenne ich die Handlung noch nicht. Und zweitens war das Vorwort reinste Nazi-Hetze. :entsetzt:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.


  • Erstens mal waren für meinen Geschmack schon viel zu viele Informationen enthalten, schließlich kenne ich die Handlung noch nicht.


    Bei einem Klassiker wird doch schon fast vorausgesetzt, dass man die Handlung kennt. Aber natürlich ist es schade, wenn man ohne Kenntnisse an das Stück gehen möchte und auf diese Weise den Inhalt aufgenötigt bekommt. Mir ist es manchmal lieber, wenn ich weiß, was passiert. So manches ist während des Lesens dann leichter zu verstehen.



    Meine Ausgabe ist von 1940, recht vergilbt, Fraktur. [...] Und zweitens war das Vorwort reinste Nazi-Hetze. :entsetzt:


    Hetze von Nazis oder Hetze über Nazis? Letzteres würde ich bei einer Ausgabe von 1940 wirklich nicht erwarten. Magst du mal ein Beispiel zitieren, Kiba?

  • Nazi-Hetze gegen Juden natürlich. Ich suche gerade vergebens, wer das Vorwort geschrieben hat. Es gibt nur den Vermerk: Diese Ausgabe besorgte Oberstudiendirektor Dr. Heinrich Lemcke. Besorgte?


    Zitat

    Es ist sicherlich kein Zufall, dass Shakespeare einen alten Juden als Vertreter des Bösen, als Verkörperung des guten aber ein junges, schönes Weib gewählt hat. Tatsächlich ist die geballteste Habgier, der grausamste Hass, wie jede Erfahrung lehrt, im alten Juden vereinigt, während ein junges, schönes und kluges Weib am ehesten im Bestiz der höchsten Freiheit vom Bösen, der stärksten Geneigtheit zum Schönen, zum Guten und zur Liebe ist...

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich bin jetzt ausgerüstet mit dem Shakespeare Handbuch von Ina Schäbel und kann deshalb ein bisschen über den Hintergrund des Stückes nachlesen.


    Die Juden hatten schon immer einen schlechten Ruf, allerdings konnte Shakespeare nicht aus eigener Erfahrung reden, denn er dürfte persönlich keine gekannt haben, zumindest keine, die sich öffentlich zum Judentum bekannten. Somit konnte er auch nur nach dem gehen, was allgemein über sie bekannt war. Für Herrn Lemcke war das natürlich ein gefundenes Fressen. Shylock war aber der einzige Jude, der bei Shakespeare einen Bösewicht darstellte.


    Ich habe den 1. Akt gelesen. Die Freundschaft zwischen Bassanio und Antonio muss sehr groß sein, denn es ist doch außergewöhnlich, dass ein Mann für einen anderen eine so große Summe leiht und dann diesem hanebüchenen Vorschlag zustimmt, als Sicherheit ein Pfund seines eigenen Fleisches zu akzeptieren. Zu diesem edlen Bild eines Mannes passt aber nicht, dass Antonio sich so gegenüber Shylock verhält, wie der es gegen Ende des Aktes beschreibt: "Ihr [...] der mir den Auswurf auf den Bart geleert und mich getreten, wie Ihr von der Schwelle den fremden Hund stoßt." Also erst Verachtung und dann in Anspruch nehmen, wenn es nicht anders geht. Auch eine Art von Stolz. Aber ich denke, das spiegelt die allgemeine Einstellung gegenüber den Juden wieder, wie sie nicht nur in England üblich war.


    Bassanios Angebetete ist auch schon aufgetreten. Sie hat Bassanio bereits kennen gelernt und ist ihm offensichtlich nicht abgeneigt, im Gegensatz zu ihren anderen Bewerbern. Die Geschichte mit den Kästchen finde ich interessant, auch wenn sie sich anhört, als stamme sie aus einem Kindermärchen.

  • Kiba:


    Das ist ja grässlich. :entsetzt:


    Ich habe erst bis zur zweiten Szene gelesen, da ich erst heute beginnen konnte. Ich bekomme immer Magenkrämpfe, wenn ich sehe wie sich Menschen, die sowieso schon verschulden sind, noch mehr verschulden. Ich könnte da keine Nacht mehr schlafen. :rollen:
    Das war damals schon ziemlich risikoreich für Kaufleute, deren ganzes Geld in Form von Waren auf dem Meer schwamm. Da ist es natürlich clever, das Risiko zu minimieren und die Ware auf mehrere Schiffe zu verteilen. Damals waren Schiffsfahrten mit sehr viele Gefahren, vor allem von Seiten der Natur, verbunden.


    In dem was Porzia sagte, konnte ich mich übrigens sehr gut wieder finden, peinlicherweise :redface::


    Zitat

    Ich kann leichter zwanzig leeren, was gut zu tun ist, als einer von den zwanzigen sein und meine eigenen Leeren befolgen.


    Meine Ausgabe ist übrigens von 1873 und in Frakturschrift ohne Nazihetze.


    Viele Grüße Tina

  • Ich habe gestern Abend noch den zweiten Akt beendet und ich bin wieder drin, in der schönen Sprache Shakespeares. Momentan verwirren mich noch die ganzen Jungs, und ich muss immer wieder überlegen, wie wer mit wem verwandt oder befreundet ist.
    Portia wählt ihre Männer mit einem merkwürdigen Verfahren, aber da die meisten an Gier und Selbstüberschätzung leiden, erspart ihr das zumindest den ein oder anderen Kotzbrocken. Insgeheim hat sie sich ja auch schon entschieden.


    Shylock gegenüber habe ich sehr ambivalente Gefühle. Einerseits ist er nicht sehr beliebt und ich denke, dass hat zum Teil auch gar nichts mit seinem Glauben zu tun, denn auch seine eigene Tochter ist ihm nicht sehr gewogen, aber andererseits tut er mir unglaublich leid und ich kann sein Bedürfnis nach Rache sehr gut nachvollziehen. Wenn die Menschen ihn nicht brauchen, verachten sie ihn und spucken ihn sogar an, aber wenn sie in Bedrängnis sind, dann erwarten sie, dass er sie anständig behandelt und ihnen hilft. Da geht es mir wie Dir Doris und ich habe meine Zweifel an der Ehrbarkeit von Antonio.
    Ich weiß, dass es damals in Venedig ein jüdisches Ghetto gab und in diesem lebt Shylock. Er hat sich nun entschieden seinen Lebensunterhalt mit dem Verleihen von Geld zu verdienen und das funktioniert natürlich nur, wenn er auch Zinsen nimmt, denn ansonsten wäre das ganze ja ziemlich sinnlos. Klar ist es für ihn Geschäftsschädigend, wenn Antonio Geld zinslos verleiht. Shylock macht nichts anderes, als es heute auch die Banken tun. Sie leben nicht von den Reichen, sondern von den verschuldeten.
    Allerdings ist der Pfand, den Shylock möchte ziemlich heftig und Antonio ist meiner Meinung nach zu sehr von sich überzeugt, dass er so bedenkenlos in diesem teuflischen Pakt einwilligt.
    Wir werde ja sehen, wie es weitergeht. Immerhin ist schon ein Schiff von Antonio gesunken.

  • Ich wollte während meiner Mittagspause starten mit dem 1.Aufzug, 1. Auftritt und habe festgestellt, dass ich das Buch nicht unterwegs lesen kann, weil es viel Konzentration fordert. Ich brauche immer einige Zeit, bis ich mich mit Frakturschrift wieder warmlese. Genau wie früher beim Erlernen der Stenografie heißt es hier immer: Das ergibt sich dann aus dem Zusammenhang. :zwinker:


    Den ersten Auftritt musste ich zweimal lesen, um überhaupt etwas zu verstehen. Da dachte ich schon mit Schrecken, ob ich Shakespeare überhaupt lesen kann?


    Aber der 2. Auftritt mit Porzia und Nerissa hat mir dann total viel Spaß gemacht. Herrlich, wie die lästern können. :breitgrins: Der Abschnitt, aus dem Tinas Zitat stammt, gefällt mir bisher am besten aus dem ganzen Buch, den habe ich mir auch direkt angestrichen. (Ja, ich bekritzle meine Bücher!)


    Tja, und im 3. Auftritt schwappt einem dann sehr viel gegenseitiger Hass entgegen. Nachdem für Juden viele Berufe gar nicht erlaubt waren, konnten sie nur bestimmten Beschäftigungen nachgehen, und dafür wurden sie dann noch heftig abgelehnt und verachtet. Nicht, dass die Menschheit in den letzten 400 Jahren in dieser Hinsicht viel dazugelernt hätte. Der 3. Auftritt lässt viel Schlimmes ahnen!


    2. Aufzug, 2. Auftritt: Lorenzo lässt mich mit einem Haufen Fragezeichen zurück. Was soll diese Szene? Wer würde so mit seinem blinden Vater umgehen? Ich habe es irgendwie nicht verstanden.



    Da ich weiß, dass dieses Buch für mich an den meisten Werktagen zu anstrengend ist, habe ich an diesem Wochenende recht eifrig gelesen. Die vielen verschiedenen Freunde kann ich allerdings immer noch nicht auseinanderhalten.

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    Einmal editiert, zuletzt von Kiba ()


  • Shylock gegenüber habe ich sehr ambivalente Gefühle.


    Für Shylock bringe ich mehr Verständnis auf als für Antonio. Shylock lebt von einer der wenigen Tätigkeiten, die den Juden erlaubt waren. Da es naturgemäß mehr Schuldner als Gläubiger gibt, entsteht auch viel Neid gegenüber denen, die ohne viel Arbeit Geld verdienen. Das Risiko dahinter wird gerne übersehen. Dass sich seine Tochter nicht mit ihm versteht - das gab es schon immer und wird sich nicht ändern, so lange Kinder erwachsen werden und beginnen, eigene Vorstellungen umzusetzen.


    Antonio dagegen mag ein guter Freund sein, aber wahre Menschlichkeit äußert sich auch darin, Unbekannte angemessen zu behandeln, auch wenn sie sozialen Randgruppen angehören. Was ist das für ein Verhalten, jemanden zu schmähen und dann im Notfall genau zu ihm zu gehen und um Hilfe zu bitten? Das zeugt nicht gerade von Charakter.


    Shylock hat für den Broterwerb nicht viele Möglichkeiten und muss Anfeindungen ertragen, für die er persönlich nicht verantwortlich ist. Wäre nicht Antonio sein Schuldner, wäre er wohl nie auf die Idee mit dem Fleisch als Pfand gekommen. Da finde ich es geradezu verständlich, dass er Antonio eins auswischen will.



    2. Aufzug, 2. Auftritt: Lorenzo lässt mich mit einem Haufen Fragezeichen zurück. Was soll diese Szene? Wer würde so mit seinem blinden Vater umgehen? Ich habe es irgendwie nicht verstanden.


    Das ging mir genauso. Vielleicht gibt es diesbezüglich noch Aufklärung.

  • So, jetzt stoße ich auch endlich mal zu euch. Ich habe das Stück bisher noch nie gelesen, aber weiß, was passieren wird, da ich schon 2 Verfilmungen gesehen habe. Mal sehen, wie stark beeinflusst ich durch diese bin.


    Bei Shylock geht es mir wie vielen: So richtig kann ich mir auch nie eine Meinung über ihn bilden. Man kann den ganzen aufgestauten Hass zwar sicher verstehen, aber manchmal rutscht mir die Figur zu sehr ins Klischee. Das geht mir vor allem bei der Szene so, in der Beschrieben wird, wie er feststellt, dass Jessica weg ist. Zunächst trauert er noch um die Tochter, aber sehr schnell wandelt sich das ab und es lässt sich herauslesen, dass es für ihn viel schlimmer ist, dass sie die ganzen Juwelen mitgenommen hat. :rollen: Antonio ist mir allerdings genauso wenig sympathisch.



    Ich habe den 1. Akt gelesen. Die Freundschaft zwischen Bassanio und Antonio muss sehr groß sein, denn es ist doch außergewöhnlich, dass ein Mann für einen anderen eine so große Summe leiht und dann diesem hanebüchenen Vorschlag zustimmt, als Sicherheit ein Pfund seines eigenen Fleisches zu akzeptieren.


    Es wird oft vermutet, dass Antonio mehr oder weniger "verliebt" in Bassanio ist bzw. die beiden sogar eine Beziehung haben und Bassanio aber irgendwann einsieht, dass es natürlich zu nichts führt. Das dient auch oft als Erklärung für den berühmten ersten Satz des Stückes: Antonio weiß eben schon, warum er so traurig ist, aber er kann es natürlich nicht ausdrücken. So richtig weiß ich immer nicht, was ich davon halten soll... Ich finde das generell zu überinterpretiert, aber auf der Bühne oder in modernen Verfilmungen wirkt das Erklärung schon sehr gut.


    Interessant ist übrigens, dass ja sowohl Merchant of Venice als auch Othello in Venedig spielen. Venedig war damals eine der einflussreichsten Hafenstädte und in London hörte man wohl allerlei Geschichten darüber, wie viele verschiedene Kulturen dort aufeinander treffen. Also sehr passend, dass beide Stücke Shakespeares, die Rassismus andeuten, in genau dieser Stadt spielen. Ich finde auch sonst haben die Stücke recht viele Parallelen. Z. B. die Flucht Jessicas bzw. Desdemonas. Wobei genau dieselbe Handlung in Othello als verachtenswert gedeutet wird, gilt sie in Merchant of Venice als Zeichen von Jessicas Tugend. Hier der direkte Vergleich:


    Zitat von Othello

    She has deceived her father and may thee.


    Zitat von Merchant of Venice

    And true she is, as she hath proved herself.


    Sieht man mal wieder, dass alles eine Frage des Blickwinkels ist.


    Zu der merkwürdigen Launcelot-Szene: Die Szene war mir auch neu und hat mich auch etwas verwirrt. Ich gehe davon aus, dass ein elisabethanisches Publikum diese Szene einfach als Entspannung zwischendurch angesehen hätte. Launcelot ist bei mir auch als "Clown" betitelt, was schon darauf hindeutet, dass es sich hier einfach um ein "Comic relief" handelt. Das gibt es in so ziemlich allen Stücken Shakespeares, denn er konnte das Stück ja nicht ausschließlich an "gehobene Geschmäcker" richten und hochgreifende Tragödien schreiben, sondern musste eben auch die Unterschicht im Globe Theatre zufrieden stellen. Das geschah dann eben oft durch diese eingebauten komödiantischen Szenen, die oft einfach hirnlos sind und heutzutage meist gestrichen werden. Bestes Beispiel: Romeo und Julia. Die größte Liebesgeschichte der Welt beginnt nämlich mit zwei Bediensteten, die sich über Sex unterhalten.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ich muss ja sagen, dass ich eher Verständnis für Shylock habe als für Antonio. Er musste bestimmt all die Jahre viele Ungerechtigkeiten wegstecken, und jetzt hat er endlich mal die Gelegenheit, sich zu rächen. Finde ich verständlich.


    Jessica tugendhaft? Sie lässt ziemlich viel mitgehen, als sie geht. Davon müsste eigentlich noch was übrig sein, als Antonio es dringend bräuchte. Komisch, dass ihm niemand hilft. Wenn Antonio so beliebt und angesehen ist, hätten sich doch sicherlich mehrere Personen finden müssen, die für ihn Geld zusammenlegen.


    Aber die Erklärung, dass Antonio in B. verliebt war, würde das Bürgen durchaus plausibler machen.


    Im 3. Aufzug, 5. Auftritt bekommt Lanzelot noch mal ausgiebig Raum für seine "Scherze". Es scheint sich tatsächlich nur um eine komische Art von Humor zu handeln.

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  • Es wird oft vermutet, dass Antonio mehr oder weniger "verliebt" in Bassanio ist bzw. die beiden sogar eine Beziehung haben und Bassanio aber irgendwann einsieht, dass es natürlich zu nichts führt. Das dient auch oft als Erklärung für den berühmten ersten Satz des Stückes: Antonio weiß eben schon, warum er so traurig ist, aber er kann es natürlich nicht ausdrücken. So richtig weiß ich immer nicht, was ich davon halten soll... Ich finde das generell zu überinterpretiert, aber auf der Bühne oder in modernen Verfilmungen wirkt das Erklärung schon sehr gut.


    Den ersten Auftritt Antonios habe ich gerade noch einmal gelesen. Es wäre eine Erklärung, dass sich Antonio aus Liebe für Bassanio verschuldet. Aber würde er es tun, um Bassanio die Ehe mit einer Frau zu ermöglichen? Eher nicht. Wobei ich es grundsätzlich nicht uninteressant fände, wenn Shakespeare Schwulen in seinen Stücken eine Rolle gibt. Ich kann mich auf Anhieb nicht erinnren, dass wir das schon einmal hatten. Dagegen ist mir schon öfter das Gerücht untergekommen, dass Shakespeare selbst schwul war.


    Ich bin heute leider nicht zum Lesen gekommen, stattdessen gab es Kindergeburtstag. Aber morgen mache ich mich an den 3. Akt.


  • Es wäre eine Erklärung, dass sich Antonio aus Liebe für Bassanio verschuldet. Aber würde er es tun, um Bassanio die Ehe mit einer Frau zu ermöglichen?


    Wenn er möchte, dass Bassanio glücklich ist? Wäre denkbar.

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  • Den ersten Auftritt Antonios habe ich gerade noch einmal gelesen. Es wäre eine Erklärung, dass sich Antonio aus Liebe für Bassanio verschuldet. Aber würde er es tun, um Bassanio die Ehe mit einer Frau zu ermöglichen? Eher nicht. Wobei ich es grundsätzlich nicht uninteressant fände, wenn Shakespeare Schwulen in seinen Stücken eine Rolle gibt. Ich kann mich auf Anhieb nicht erinnren, dass wir das schon einmal hatten. Dagegen ist mir schon öfter das Gerücht untergekommen, dass Shakespeare selbst schwul war.


    Wobei man da eben ein wenig aufpassen muss, weil unsere heutige Vorstellung von schwul auch wieder anders ist als die zu Shakespeares Zeit. Es gibt ein interessantes Stück von Shakespeares Zeitgenossen Christopher Marlowe - Edward II - in dem der König eine Affäre mit einem Höfling hat und die hintergangene Königin dann zusammen mit empörten Adligen gegen ihn rebelliert. Interessant ist dabei aber, dass das eigentliche Problem für nicht die Affäre ist, sondern einfach, dass der König im Allgemeinen zu feminin ist und seine Aufgaben aus Verliebtheit einfach vernachlässigt. Außerdem ist der Geliebte des Königs leider ein Neuadliger, der keinen wirklichen Anspruch auf seine Titel hat. Standesprobleme etc. sind also viel gravierender als die eigentliche "Homosexualität". James I. soll ja auch einige Geliebte gehabt haben.


    Ansonsten taucht Homosexualität bei Shakespeare eigentlich eher in Stücken auf, in denen Frauen sich als Männer verkleiden und Männer dann zugeben müssen, wie anziehend sie die vermeintlichen Männer finden, wie z. B. in Twelfth Night.


    Shakespeare spielt in den Sonetten sehr oft mit homoerotischen Elementen und die meisten Sonette sind ja auch an einen jungen Mann gerichtet. Das liefert natürlich sehr viel Anlass zu Spekulationen...

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ach ja, die als Mann verkleidete Frau, da war sie wieder.


    Im echten Leben findet man den umgekehrten Fall viel öfter, zumindest auf RTL. :zwinker:

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  • Wenn er möchte, dass Bassanio glücklich ist? Wäre denkbar.


    Das ist natürlich auch eine Möglichkeit. Wenn er so selbstlos ist und weiß, dass es ohnehin nichts mit Bassanio werden könnte, warum nicht.



    Wobei man da eben ein wenig aufpassen muss, weil unsere heutige Vorstellung von schwul auch wieder anders ist als die zu Shakespeares Zeit. Es gibt ein interessantes Stück von Shakespeares Zeitgenossen Christopher Marlowe - Edward II - in dem der König eine Affäre mit einem Höfling hat und die hintergangene Königin dann zusammen mit empörten Adligen gegen ihn rebelliert. Interessant ist dabei aber, dass das eigentliche Problem für nicht die Affäre ist, sondern einfach, dass der König im Allgemeinen zu feminin ist und seine Aufgaben aus Verliebtheit einfach vernachlässigt. Außerdem ist der Geliebte des Königs leider ein Neuadliger, der keinen wirklichen Anspruch auf seine Titel hat. Standesprobleme etc. sind also viel gravierender als die eigentliche "Homosexualität".


    Interessante Ausführung. Einigermaßen verpönt muss das Thema aber doch gewesen sein, denn Shakespeare hätte sich dessen sonst bestimmt einmal angenommen. Als Urheber hatte er die Möglichkeit, nicht adelige Menschen als Betroffene zu nehmen, was die Standesprobleme umgangen hätte. Immerhin hat er ja einige abenteuerliche Konstellationen in Sachen Liebe gestiftet. Warum also nicht auch schwul? Aber egal, ich finde die vagen Vermutungen spannend, die man in dieser Hinsicht über Antonio anstellen kann.

  • Ich finde die Möglichkeit, dass Antonio in Bassanio verliebt war, ebenfalls sehr interessant und das würde in der Tat einiges erklären, aber ... es wird ja nicht offen ausgesprochen und man kann es sich eigentlich nicht aus dem Kontext ableiten. Somit würde es keinen Sinn machen, denn der "einfach" Mann, für welchen ja die Stücke geschrieben waren hätte dies doch auch nicht verstanden, wie alle übrigen auch - vielleicht aber doch.


    Ich werde mit diesem Gedanken im Hinterkopf noch einmal die erste Szene lesen.


    Ansonsten bin ich soeben durch den 3. Akt geradezu durchgesaust. Das ganze ist ein wahrer Pageturner und genau das, was mir an Shakespeare so gefällt, dass es nämlich völlig irrelevant ist, in welchem Jahrhundert man diese Stücke liest. Sie verlieren nichts von ihrer fesselnden Art und Weise.


    Bassanio hat das richtige Kästchen erwählt und somit steht seinem Glück nichts mehr im Wege - allerdings kann er sich nicht lange freuen, denn schon werden die schlechten Nachrichten überbracht.
    An diesem Punkt hatte ich schon ein wenig Mitleid mit Antonio, denn obwohl er ja immer das Risiko gestreut hatte und viele Schiffe mit verschiedenen Zielen mit seinen Waren bestückt hatte, wurden alle vernichtet. Man könnte jetzt eigentlich den Spieß umdrehen und behaupten, dass dieses unwahrscheinliche Unglück die gerechte Strafe war, für sein Verhalten Shylock gegenüber, aber auf die Idee kam wohl damals niemand.
    Antonio ist Shylock so verhasst, dass dieser sich gerade zu freut, auf sein Geld zu verzichten und endlich seine Rache zu nehmen, die schon lange in ihm gärt.


    Porzia verhält sich sehr großzügig, dass sie direkt dass doppelte des geschuldeten Betrage beisteuert um Antonio (den sie noch nicht einmal persönlich kennt) von seiner Schuld zu befreien, aber es erscheint ja so, dass für Porzia diese 3000 Dukaten eher ein Kleckerbetrag sind. Sie ist anscheinend wirklich eine sehr betuchte Dame.
    Ich bin schon gespannt, was geschieht, wenn aus jener Dame ein Herr wird und welchen Plan sie da geschmiedet hat.


    Ich empfinde es auch sehr verwirrend, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird, wenn man die Reaktionen vergleicht, die zu Tage treten, wenn Desdemona und Jessica ihre Väter verlassen.

  • Ich bin mittlerweile fertig. Ich konnte gestern Abend einfach nicht mehr aufhören zu lesen und schwups, war ich am Ende angelangt. :redface: Was für ein Stück. Es gehört zu denen, welches ich garantiert nicht vergessen werde.


    Ich werde deswegen jetzt erst einmal nichts schreiben, sondern warten, bis ihr soweit seid und dann meinen Kommentar dazu abgeben. Hier ist auch meine Rezi, auch wenn ich mir immer komisch vorkommen einen Meister wie Shakespeare zu bewerten.


    William Shakespeare - Der Kaufmann von Venedig

  • Ich bin übrigens auch fertig.


    Der Schluss mit den Ringen, die die Männer trotz Schwur weggegeben haben, sollte dem Ganzen wohl noch eine komische Note geben. So richtig spaßig fand ich es aber nicht.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.


  • Ich bin übrigens auch fertig.


    Der Schluss mit den Ringen, die die Männer trotz Schwur weggegeben haben, sollte dem Ganzen wohl noch eine komische Note geben. So richtig spaßig fand ich es aber nicht.


    Da ging mir auch so. Mich verwundert es sowieso immer bei solchen Verkleidungsaktionen, dass Männer und Frauen sich nicht gegenseitig erkennen, trotz Verkleidung.