Carol Rifka Brunt - Tell the Wolves I'm Home/Sag den Wölfen, ich bin zu Hause

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.366 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Carol Rifka Brunt – Tell the Wolves I’m Home


    June hat ein besonderes Verhältnis zu ihrem Onkel Finn. Er ist nicht nur ihr Onkel, sondern gleichzeitig auch ihr bester und einziger Freund. Regelmäßig besucht sie ihn in New York, zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Greta. Dort, in seiner Wohnung, fertigt Finn, ein Künstler, ein Porträt von seinen beiden Nichten an. Aber Finn ist krank, er hat Aids. Als er stirbt, scheint June alleine zu sein mit ihrer Trauer. Doch dann wird sie von Toby kontaktiert. Wer ist der Mann, der Finns Freund war und den ihre Familie beschuldigt, Schuld an Finns Tod zu sein? Heimlich trifft sich June mit Toby und erfährt mehr über Finns Leben, Dinge, von denen sie nichts wusste, und wie viel Einfluss Toby auf Finn hatte.
    Allerdings belasten die heimlichen Treffen mit Toby auch das bereits angespannte Verhältnis zu ihrer Schwester Greta. Und was passiert mit dem Porträt der beiden, das einen hohen Wert zu haben scheint?
    (Der Titel des Porträts ist übrigens "Tell the Wolves I'm Home, doch das findet June erst nach Finns Tod heraus und noch später erst, warum es so heißt.)


    In recht kurzen Kapiteln erzählt June dem Leser ihre Seite der Geschichte. Wie sie sich nach dem Tod ihres Onkels alleine mit ihrer Trauer fühlt. Wie sie gleichzeitig Angst vor einem heimlichen Treffen mit Toby hat, aber auch neugierig auf den Mann ist, der ihr so viel über Finn erzählen kann. Wie sie mit niemandem darüber reden kann. Wie sie versucht, wieder Zeit mit ihrer Schwester zu verbringen.


    Am Anfang wusste ich nicht so ganz, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln sollte. Doch es dauerte nicht lange, bis ich June bei ihrer Reise (die eigentlich in drei Richtungen ging: mit Toby zu Finns Leben, aber auch zurück zu ihrer Familie und zu sich selbst) folgen musste. Es ist keine spannende Handlung, es gibt keine großen Überraschungen, keine unerwarteten Wendungen – und dennoch nimmt einen diese Geschichte durchaus mit. Sie ist traurig, berührend, schön, angenehm zu lesen und – wenn auch vielleicht stellenweise etwas unrealistisch – nachvollziehbar.


    Ich habe „Tell the Wolves I’m Home“ sehr gerne gelesen und werde mir die Autorin auf jeden Fall merken!


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  • Das Buch hatte ich neulich in einem Prospekt entdeckt und musste es sofort haben. Nach Deiner Rezi freue ich mich jetzt noch mehr aufs Lesen. :winken:

    &quot;Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler&quot; (Philippe Dijan)<br /><br />[url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/11612.0.html]Mein SUB[/url

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    Carol Rifka Brunt - Sag den Wölfen, ich bin zu Hause

    Eisele Verlag, Februar 2018

    448 Seiten; EUR 22,- (Hardcover)

    ISBN 978-3-96161-007-5

    Originalsprache: englisch

    Originaltitel: Tell the wolves I'm home



    June Elbus fühlte sich bislang nur von einem Menschen je richtig verstanden, nämlich von ihrem Onkel Finn Weiss. Die Vierzehnjährige ist seit jeher eine schüchterne Einzelgängerin, mit ihrer älteren Schwester Greta verbindet sie ein distanziertes Verhältnis - so ist der renommiere Künstler Finn Weiss nicht nur ihr Patenonkel, sondern in seiner selbstbewussten Art auch Junes bester Freund, mit dem sie viel Zeit verbringt. Als er unerwartet früh stirbt, zieht es June den Boden unter den Füßen weg…

    Doch schon bald stellt sie fest, dass sie mit ihrer Trauer nicht alleine ist. Kurz nach Finn Weiss’ Beerdigung erhält June ein Paket mit einer Teekanne, die sie aus der Wohnung des Patenonkels kennt. Außerdem eine Notiz von einem ihr fremden Toby, der sie bittet, sich mit ihm zu treffen. Ist das der seltsame Mann, der sich bei der Trauerfeier etwas abseits hielt?


    Die beiden treffen sich und beginnen, fortan Zeit miteinander zu verbringen. Dabei erkennt das Mädchen, dass nicht nur sie Finn Weiss bitterlich vermisst… Doch kann sie der unerwarteten Freundschaft trauen? Kann Toby derjenige sein, dem sie sich nun anvertrauen kann? Kann sie, nachdem sie vor kurzem den für sie wichtigsten Menschen verloren hat, eine neue Freundschaft gewinnen?


    „Sag den Wölfen, ich bin zuhause“ ist das beeindruckende Debüt einer US-amerikanischen Autorin namens Carol Rifka Brunt. Es ist eine zarte, gefühlvolle Geschichte einer verlorenen, immens wichtigen, tiefen Freundschaft und der Tatsache, dass man sie wiederfinden kann - auch wenn man dachte, dass sie für immer verloren sei. Bedingungslose Freundschaft, Liebe und Mitgefühl können Menschen heilen, die sich für immer verloren glaubten.


    Selten habe ich in der letzten Zeit einen solch überzeugenden, eindringlichen Roman gelesen! Die Geschichte um June, ihre Jugend und das Erwachsenwerden in den 80ern, die Unsicherheit, die ihr zu schaffen macht, das Gefühl, nach Finns Tod sämtliches Verständnis verloren zu haben, die Trauer um den allerwichtigsten Menschen - all das war stets greifbar. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie Carol Rifka Brunt das geschafft hat - ich weiß nur, dass sie ein unglaubliches Gespür und Mitgefühl für ihre Figuren haben muss. Hinzu kommt ihre feine, teilweise schon poetische Sprache, die mich richtiggehend in ihren Bann gezogen hat…


    Ein literarisches Debüt, das meiner Meinung nach viel Beachtung verdient hat! Diese Autorin werde ich mir auf jeden Fall merken und ich weiß schon jetzt, dass ich „Sag den Wölfen, ich bin zuhause“ das erste, aber nicht das letzte Mal gelesen habe.


    Kurzum: unbedingt lesen!


    5ratten und ein :tipp:

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Oh, danke für diese Rezi. Der Titel ist mir als erstes aufgefallen. Diese Woche habe ich die erste Kritik gelesen und deine Rezi hat das Buch endgültig in Richtung "lesen wollen" geschubst.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Saltanah

    Hat den Titel des Themas von „Carol Rifka Brunt - Tell the Wolves I'm Home“ zu „Carol Rifka Brunt - Tell the Wolves I'm Home/Sag den Wölfen, ich bin zu Hause“ geändert.
  • June hat eine ganz besondere Beziehung zu ihrem Onkel Finn. Doch ihr Onkel ist krank, aber die Krankheit ist ein Tabuthema in der Familie. Dann stirbt Finn und für June bricht eine Welt zusammen. Nach der Beerdigung erhält June ein Paket von Toby, dem Freund von Finn. Auch über ihn und die Beziehung zwischen Finn und Toby wird in der Familie nicht gesprochen. Mit der Zeit erkennt June, dass sie und Toby viel verbindet, denn sei beide trauern um einen geliebten Menschen. Es entsteht eine tiefe Freundschaft.


    Der Schreibstil der Autorin ist sehr schön zu lesen. Die Geschichte wird aus der Perspektive von June erzählt, so dass sie eindringlich und sehr emotional ist.


    Alle Charaktere sind sehr gut und authentisch dargestellt.


    Finn ist ein wunderbarer Mensch, der seiner Nichte viel mitgibt auf dem Weg ins Leben. Aber er erzählt auch ihr nicht von seiner Beziehung. So trifft es June sehr hart, als sie nach seinem Tod die Wahrheit erfährt. Sie macht zunächst Toby verantwortlich für Finns Tod. Aber sie will auch mehr wissen und trifft sich dann mit Toby, was ihre Familie aber nicht wissen darf. Aber auch Toby ist HIV-positiv und auch er hat nicht mehr lange zu leben.


    June hat auch eine Schwester. Greta und June sind wie Katz und Hund. Ständig geraten sie aneinander und keine hat Verständnis für die andere.


    Heute wissen wir, dass AIDs nicht unbedingt ein Todesurteil sein muss, aber die Geschichte spielt in den achtziger Jahren und die Unsicherheit im Umgang mit diesem Thema wird gut dargestellt.


    Es ist eine eindringliche und sehr emotionale Geschichte über Familie und Trauer, über Liebe und Verlust, aber auch über Familiengeheimnisse.


    Mit hat dieser berührende Roman sehr gut gefallen.


    5ratten

  • Toll, dass das Buch endlich ins Deutsche übersetzt wurde!

    Ich habe es vor ein paar Jahren auf Englisch gelesen und habe mich immer gefragt, warum es keine Übersetzung gibt.

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

  • Meine Meinung

    Ich war mir beim Lesen nie sicher, wie heil Junes Familie ist. Gleich zu Anfang habe ich den Eindruck bekommen, als ob der Vater außen vor sei. Damit meine ich nicht, dass er die Familie vernachlässigt hat, sondern dass er für June keine große Rolle gespielt hat. Er war zwar da, aber er hat sich nicht aktiv ins Familienleben eingebracht.


    Junes Mutter ist mit der Krankheit ihres Bruders überfordert. Sie kann sie natürlich nicht ignorieren. Aber sie stellt eigene Regeln auf, um mit ihr umzugehen.


    Junes Verhältnis zu Greta ist schwierig. Die beiden sind Schwestern, aber das muss nicht bedeuten dass sie Freundinnen sind. Früher standen sie sich näher, aber als sie älter wurden hat sich das geändert. Das kommt vor und ist auch nicht schlimm, wenn man nicht krampfhaft versucht daran festzuhalten. Greta fällt die Loslösung schwerer als June und so tut sie einige Dinge, die unverzeihlich sind.


    Nur Finn nimmt June so wie sie ist. Das macht das Zusammensein mit ihm so leicht. Aber als June Toby trifft, muss sie erkennen dass sie einige Dinge anders gesehen hat als sie waren.


    Sag den Wölfen, ich bin zu Hause ist ein wunderbares buch übers Erwachsenwerden. Carol Rifka Brunt hat Junes Familie sehr realistisch dargestellt. Ich würde June gerne weiter begleiten denn ich bin mir sicher, dass aus ihr eine wunderbare junge Frau wird.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Als ihr Onkel Finn stirbt, bricht für June eine Welt zusammen. Nicht nur, weil sie sich von Finn immer verstanden und angenommen gefühlt hat, sondern auch, weil sie ein bisschen verliebt in ihn war. Finn war Maler und hatte einen ganz anderen Blick auf die Welt als Junes Eltern mit ihren langweiligen Steuerberaterjobs, bei ihm konnte June einfach sie selbst sein. Doch sie wusste, dass der Tag des Abschieds unweigerlich kommen würde, und Finn selbst wusste es auch. Deshalb hat er angefangen, June und ihre Schwester Greta zu malen, als sein letztes Kunstwerk.


    Die Existenz dieses Bildes wird zur Sensation, als bekannt wird, dass Finn Weiss, der schon sehr lange nichts mehr veröffentlicht hat, vor seinem AIDS-Tod noch ein Werk geschaffen hat. Noch ein Schlag für June, die weder gewollt hat, dass jeder nun über Finn und seine Krankheit tratscht, noch dass um das als millionenschwer eingestufte Bild nun ein Wettstreit entbrennt.


    Doch was June noch viel mehr beschäftigt, ist etwas ganz anderes: Finn hatte jahrelang einen Partner, Toby, den Junes Mutter verabscheut hat und den er deshalb vor June und Greta geheim halten musste. Nach Finns Tod nimmt Toby Kontakt zu June auf, und June lässt sich, zunächst etwas widerwillig, darauf ein. Einerseits ist sie froh, auf diese Art noch eine gewisse Verbindung zu Finn zu haben, andererseits fällt es ihr schwer anzuerkennen, dass Toby ein so viel Anteil an Finns Leben hatte und sie nie etwas davon gewusst hat.


    Dieser Romanerstling hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. June ist eine Protagonistin, mit der ich mich schnell identifizieren konnte, ein introvertiertes, nachdenkliches Mädchen, das sich unter Gleichaltrigen oft nicht wohlfühlt und sich lieber in den Wald zurückzieht, um dort ihren Gedanken nachzuhängen und in der Phantasie ins Mittelalter abzutauchen, eine Zeit, die sie enorm fasziniert. In ihren Gefühlen, insbesondere auf irgendwelchen Partys, konnte ich mich sehr gut wiederfinden.


    Die Erkenntnis, dass es Toby gibt, ist natürlich erst einmal ein Schock für June, zumal ihre Mutter auch noch behauptet, er sei schuld an Finns Erkrankung, doch es ist auch eine Chance für June, Finn weiterhin in gewisser Weise nahe zu sein, Neues über ihn zu erfahren und auch, etwas Eigenes zu haben, wovon weder ihre Eltern noch ihre hübsche, beliebte und musikalisch so begabte Schwester wissen.


    Meine anfängliche grenzenlose Begeisterung hat sich zum Schluss hin ein klein wenig abgeschwächt, weil mir ein paar Entwicklungen doch ein bisschen zu theatralisch wurden, aber trotzdem ein Buch, das ich ausgesprochen gerne gelesen habe und das wunderbar sowohl die Umstände der ersten AIDS-Jahre einfängt als auch, was es heißt, Teenager zu sein, sich in seinem eigenen Leben nicht wohlzufühlen und dann auch noch einen großen Verlust verarbeiten zu müssen. June und ihre Erzählstimme habe ich als sehr authentisch empfunden.


    Carol Rifka Brunt werde ich definitiv weiter im Auge behalten.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen