Thomas Mann - Der Tod in Venedig

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  • Ich habe eben meiner Buchhändlerin erzählt dass ich gerade dieses Buch lese, da ist sie mit einem Stöhnen auf ihrer Theke zusammengebrochen. :breitgrins:


    Ich vermute mal, weil das bei ihr schaurig-schön-ätzende Schullektüre war?


  • Hallo,


    was sind denn YA-Autorinnen? Dank für die Aufklärung vorab. Ich bin neu und von Haus aus begriffsstutzig. ;)


    YA steht für Young Adult, also die Bücher für junge Erwachsene. Meist ziemlich romantisch mit Einschlag ins Fantastische.

    //Grösser ist doof//

  • Hallo Jari,


    vielen Dank. Das sind, nehme ich an, die Autoren mit den mystisch-quietschbunten Paperback-Bücherreihen, wo es sich wahlweise um einen Vampir oder irgendwelche Parallelwelten handelt? Inklusive Liebesgeschichte und so weiter, also das, was am Eingang der großen Buchhandlungen ausliegt? (Oder eigentlich überall in der Buchhandlung).


    :)


  • Ich habe erst das erste Kapitel beendet und mir erscheint es, dass Gustav entweder an einer Depression leidet oder eine Art Midlife-Crisis durchlebt.


    Midlife-Crisis ist genau das Wort, das auch mir dazu einfiel.


    Im Moment muss ich mich entschuldigen, ich bin gestern nicht zu Mann gekommen und auch heute wird es wohl nichts mehr. Aber ich bemühe mich, wieder zu euch aufzuschließen.

  • Ich habe jetzt das dritte Kapitel beendet und mache mir schon so meine Gedanken, wo diese Geschichte noch hinführen wird. Zum einen bin ich begeistert von Manns Beschreibungen von Venedig und den Menschen, welche Gustav über den Weg laufen, zum anderen aber finde ich es ein wenig befremdlich, wie viel Aufmerksamkeit und vor allem in welcher Art und Weise, Gustav dem polnischen Jungen zugesteht. Er kennt ihn nicht und beurteil ihn nur nach dem aussehen, aber ich muss mir auch immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es sich hier um Kind handelt. ich habe die Befürchtung, dass Gustav in der ein oder anderen Weise pädophile Neigungen hat und bei so etwas kommt mir ja wirklich die Galle hoch. Das ist etwas, für was ich keinerlei Verständnis aufbringen kann und Gustav wird mir immer unsympathischer. Ich traue mich fast gar nicht weiter zu lesen.

  • Der Regen hat auch sein Gutes, wir sind nämlich heute Zuhause geblieben, wo ich das zweite und dritte Kapitel lesen konnte.


    ... zum anderen aber finde ich es ein wenig befremdlich, wie viel Aufmerksamkeit und vor allem in welcher Art und Weise, Gustav dem polnischen Jungen zugesteht. Er kennt ihn nicht und beurteil ihn nur nach dem aussehen, aber ich muss mir auch immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es sich hier um Kind handelt. ich habe die Befürchtung, dass Gustav in der ein oder anderen Weise pädophile Neigungen hat und bei so etwas kommt mir ja wirklich die Galle hoch.


    Für seine Neigungen kann ein Mensch nichts. Verwerflich wird das erst, wenn er ihnen erliegt und andere darunter leiden. Bei Gustav habe ich das Gefühl, als wäre er zwar pädophil, aber es ist ihm bisher nicht bewusst. Noch bewundert er ja nur das Aussehen des Jungen, aber weiter führen seine Gedanken nicht.


    Mir gefällt, wie Mann Venedig beschreibt. Ich war noch nie da, kenne aber Bilder aus der jetzigen Zeit und kann mir das Szenario dort deshalb einigermaßen gut vorstellen. Als Gustav merkt, dass ihn Venedig trotz aller Schönheit krank macht, und beschließt, seinen Aufenthaltsort zu wechseln, nur um den Entschluss dann in letzter Minute und mit Unterstützung eines fehlenden Koffers wieder rückgängig zu machen, steckt meines Erachtens der noch unbewusste Gedanke dahinter, dass er Tadzio dann nicht mehr sehen wird.


    Aufgefallen ist mir die Passage, wo Tadzio mit einem anderen Jungen "umschlungen den Strand entlang geht" und von ihm geküsst wird. War das damals üblich und in der Öffentlichkeit geduldet? So, wie Tadzio beschrieben wird, steht er gerade an der Schwelle zum Erwachsenen, da kann man also von kindlichem Knuddeln nicht mehr sprechen.

  • Aufgefallen ist mir die Passage, wo Tadzio mit einem anderen Jungen "umschlungen den Strand entlang geht" und von ihm geküsst wird. War das damals üblich und in der Öffentlichkeit geduldet? So, wie Tadzio beschrieben wird, steht er gerade an der Schwelle zum Erwachsenen, da kann man also von kindlichem Knuddeln nicht mehr sprechen.


    Das hat mich auch gewundert, aber er ist doch erst 14. Das ist meinen Augen immer noch ein Kind und ich würde mir jetzt dabei nicht viel denken. Ich habe auch in diesem Alter immer noch mit meiner Mama und auch mit Freundinnen geknuddelt und ich denke nicht, dass sich da irgendjemand Gedanken darum gemacht hat.


    Mich wunderte übrigens, woher der Hass auf die russische Familie kam.

  • Aschenbach sieht vielleicht auch schon was, was er sehen möchte (die Jungen, die sich umschlungen halten). Ob das erlaubt/ geduldet war: sicher nicht, aber es ist ja auch eine Interpretationsfrage "wie" sie sich umschlungen halten...
    Der Hass auf die Russen: wenn Tadzio ein Pole ist (das ist bei mir schon so lange her), dann ist das 1+1 und klar.
    Der ganze Komplex dieser "Knabenliebe" ist sicher für den Leser schwer zu ertragen.

  • Ich habe nun auch Kapitel 4 beendet und Gustav fällt es immer schwerer sich zu beherrschen. Am Ende des Kapitel sagt er, dass er Tadzio liebe. Da kann ich jedoch nur den Kopf schütteln. Mit Liebe hat das nicht viel zu tun, denn er kennt ihn ja überhaupt nicht. Was er liebt oder vielleicht besser gesagt begehrt, ist der Körper des Kindes und das auf einer rein körperlichen Art. Da gruselt es mich wirklich.


  • Mich wunderte übrigens, woher der Hass auf die russische Familie kam.


    Das wunderte mich auch. Vielleicht liegt es an der Beziehung zwischen Russland und Polen?

    //Grösser ist doof//

  • Ich habe das Buch gerade zu Ende gelesen und kann nur sagen,dass ich den Buch gar nicht mag!


    Im Kapitel 4 bekommt der Schriftsteller sein Gepäck wieder zurück und denk nicht mehr wieder zu verreisen,denn er möchte so oft wie möglich Tadzio beobachten und in seine Nähe sein.Als einige Tage später die beiden sich begegnen lächelt der Junge Aschenbach nur an der interpretiert das Lächen nur ganz anders....Der ist nun überzeug,dass es echte Liebe ist.


    In der 5. Kapitel geht es um den Tod. Es gibt seltsame Düfte etc und wird wohl am Anfang verschwiegen,dass es sich um die Seuche handelt und dann verlassen immer mehr Touristen ab,weil sie wissen wegen der Seuche,er blieb dort.
    Dann färb er sich noch die Haare etc um den Jungen besser zu gefallen.... Wie alt ist Ashenbach 52 ? Und der Junge 14 ? Ich bin für alles offen,aber bei pädophilische Neigung hört alles für mich auf und kann mich dann für das Buch so gar nicht begeistern!Und dann das Ende. Ich bin gespannt was ihr über das Buch denkt...


  • Das hat mich auch gewundert, aber er ist doch erst 14. Das ist meinen Augen immer noch ein Kind und ich würde mir jetzt dabei nicht viel denken. Ich habe auch in diesem Alter immer noch mit meiner Mama und auch mit Freundinnen geknuddelt und ich denke nicht, dass sich da irgendjemand Gedanken darum gemacht hat.


    Bei Mädchen mag das sein, das kenne ich auch. Aber für Jungs ist das ziemlich unüblich. Es ist natürlich möglich, dass der andere Junge ein Verwandter ist, dann kann es schon sein, dass ein Kuss nichts Außergewöhnliches ist.

  • Meine Deutschlehrerin hat sich ja immer darüber aufgeregt das Der Tod in Venedig oft in die Homoerotische und Pädophile Ecke gedrängt wird. Es geht hier eher darum das Tadzio die Jugend darstellt die Aschbach nicht verlieren möchte. Tadzio ist das Symbol dafür. Aschbach ist ja kränklich und hat im Grunde eine Midlifecrisis (würde man wohl heute sagen *gg*). Der Tod und die Vergänglichkeit, die Krankheit die in Venedig übertüncht werden sollen, seine peinliche Schminkerei sind alles Symbole für seine Entwicklung.

  • Bei Mädchen mag das sein, das kenne ich auch. Aber für Jungs ist das ziemlich unüblich. Es ist natürlich möglich, dass der andere Junge ein Verwandter ist, dann kann es schon sein, dass ein Kuss nichts Außergewöhnliches ist.


    Heutzutage würde kein Junge sich von einem anderen Jungen küssen lassen. Ich weiss nicht, wie es damals war, aber Freundschaftsbekundungen bleiben bei Männern/Jungs üblicherweise auf der Hand- oder Schulterschlagebene. Deswegen bin ich immer noch etwas erstaunt über diese Szene.



    Meine Deutschlehrerin hat sich ja immer darüber aufgeregt das Der Tod in Venedig oft in die Homoerotische und Pädophile Ecke gedrängt wird. Es geht hier eher darum das Tadzio die Jugend darstellt die Aschbach nicht verlieren möchte. Tadzio ist das Symbol dafür. Aschbach ist ja kränklich und hat im Grunde eine Midlifecrisis (würde man wohl heute sagen *gg*). Der Tod und die Vergänglichkeit, die Krankheit die in Venedig übertüncht werden sollen, seine peinliche Schminkerei sind alles Symbole für seine Entwicklung.


    Vielleicht bin ich noch nicht weit genug, aber für mich hat Aschbachs Faszination an Tadzio nichts Sexuelles. Ich denke dann daran, wie oft ich schon meinen Blick nicht von einem süssen Kind wenden konnte. Bin ich deswegen pädophil? Zu den Versinnbildlichungen kann ich noch nichts sagen, aber das Bild der Jugend und des Alters klingt für mich logisch und stimmungsvoll.

    //Grösser ist doof//


  • Heutzutage würde kein Junge sich von einem anderen Jungen küssen lassen. Ich weiss nicht, wie es damals war, aber Freundschaftsbekundungen bleiben bei Männern/Jungs üblicherweise auf der Hand- oder Schulterschlagebene.


    Heutzutage wird das sicher nicht passieren, und schon gar nicht in Deutschland. Aber ist es in den ehemaligen Ostblockländern nicht auch heute noch üblich? Ich kann mich an ein Bild erinnern, wo Breschnew und ? sich den Bruderkuss gaben. Tadzio ist Pole, somit dürfte das für ihn nichts Neues sein. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mir vorstellen, dass es so ist.



    Vielleicht bin ich noch nicht weit genug, aber für mich hat Aschbachs Faszination an Tadzio nichts Sexuelles.


    Bis zum Ende des 3. Kapitels habe ich noch keine verdächtigen Hinweise entdeckt. Für mich ist das einfach Bewunderung der Schönheit des Jungen.

  • Heutzutage wird das sicher nicht passieren, und schon gar nicht in Deutschland. Aber ist es in den ehemaligen Ostblockländern nicht auch heute noch üblich? Ich kann mich an ein Bild erinnern, wo Breschnew und ? sich den Bruderkuss gaben. Tadzio ist Pole, somit dürfte das für ihn nichts Neues sein. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mir vorstellen, dass es so ist.


    Das könnte es natürlich sein. Danke für den Hinweis. An den Bruderkuss habe ich gar nicht gedacht :winken:

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