Jeffrey Eugenides - Die Selbstmordschwestern

Es gibt 45 Antworten in diesem Thema, welches 13.875 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Habe das Buch letzte Woche zu Ende gelesen und merke nun, dass ich doch ein wenig Zeit brauchte um es für mich zu arbeiten.
    "Die Selbstmordschwestern" ist für mich ein Buch, was man nicht mal eben nebenbei liest und vergisst, sondern ein Buch, das einen beschäftigt.
    Durch die düstere Atmosphäre die der Autor während des ganzen Verlaufs der Geschichte geschaffen hat, erscheint einem alles viel authentischer und der Leser beginnt Stück für Stück darüber nachzudenken aus welchem Grund die Mädchen den Freitod wählen. Sehr interessant war für mich in diesem Zusammenhang ab welchem Zeitpunkt sie sich entschieden haben, denselben Weg zu gehen wie ihre Schwester Cecilia.
    Das Buch ist sehr bedrückend, sicherlich nicht ideal, wenn man nicht gerade in bester Laune ist, aber trotzdem eins der interessantesten Bücher, die ich bisher gelesen habe im Jahr 2010.
    Den dazugehörigen Film habe ich mir ebenfalls besorgt, allerdings möchte ich noch ein wenig mit dem Angucken warten.
    4ratten für dieses Buch, da es mir sehr gut gefallen hat, einziger Kritikpunkt ist für mich ebenfalls der Abschluss der Geschichte.

  • Ich habe "Die Selbstmord-Schwestern" nun beendet und es ist ein sehr beeindruckendes und tief gehendes Buch, das wohl noch einige Zeit in mir nachwirken wird.
    Ungewöhnlich und rätselhaft fand ich die "Wir"-Perspektive, aus der das Buch verfasst ist. Anscheinend berichten die Jungen aus der näheren Umgebung der Familie Lisbon mit vielen Jahren Abstand von den damaligen Ereignissen. Offensichtlich haben die Selbstmorde dieser jungen Mädchen sämtliche Menschen, die sie kannten, derart beschäftigt und bestürzt, dass sie diese Ereignisse auch nach Jahren noch nicht vergessen können. So versuchen sie mit Hilfe von gesammelten Erinnerungsstücken an die Lisbon-Töchter und von anderen Anwohnern und Verwandten erfragte Anekdoten aus dem letzten Lebensjahr der Mädchen, ein Bild vom Motiv zu bekommen, das die Mädchen zu dieser Verzweiflungstat getrieben hat. Dies jedoch gelingt ihnen erwartungsgemäß nur bruchstückhaft.


    Mit seiner reichen Symbolik und seiner ernsten Thematik bietet das Buch viel Stoff zum Nachdenken. Bis zum Schluss hofft man, mehr über die Beweggründe der Mädchen zu erfahren, doch bleiben diese bis zum Schluss unklar - wie es bei einem Suizid ja auch in der Realität so oft der Fall ist.
    Das Buch ist in einer eleganten und metaphorischen Sprache verfasst, so dass die Lektüre ein Genuss ist. Obwohl das Erzähltempo eher langsam ist, hat mich die Geschichte schnell in ihren Bann gezogen, so dass ich das Buch oftmals gar nicht mehr aus der Hand legen mochte.


    Einzig die Tatsache, dass Mary, Therese und Bonnie etwas blass blieben und der Leser nicht so viel über sie erfährt, wie ich es mir gewünscht hätte, hat mich ein wenig enttäuscht. Diese Charaktere wurden sehr interessant eingeführt und es wäre schön gewesen, noch mehr über sie zu lesen.
    Dennoch hat mich dieses eindrucksvolle Buch sehr überzeugt und es gibt von mir
    4ratten

    :lesen: Joe Navarro - Menschen lesen

  • Da ich den Film Virgin Suicides von Sofia Coppola liebe, habe ich mir vor einigen Jahren das Buch besorgt. Seitdem hat es rumgesubbt, bis ich es vor wenigen Tagen in die Hand nahm und anfing zu lesen.


    Erst einmal hat mir Jeffrey Eugenides' Sprache sehr gut gefallen: Die langen Beschreibungen beschwören eine ganz eigentümliche, sogar etwas surrealistische Atmosphäre herauf.


    Die Geschichte handelt vom Selbstmord von fünf Schwestern. Eine Gruppe Jungs, die von den Schwestern fasziniert sind, rekonstruieren die ganze Geschichte aus ihrer Erinnerung und suchen nach den Gründen für die Entscheidung der Mädchen, sich das Leben zu nehmen.
    In der Familie scheinen es deutliche Probleme zu geben, die Mädchen werden sozusagen im eigenen Haus eingesperrt und besitzen so gut wie kein soziales Leben. Doch was die realen Gründe für die Selbstmorde sind bleibt dem Leser bis zum Schluss verborgen, obwohl es einige Punkte im Buch gibt, die verschiedene Theorien ermöglichen. Dass Mr. und Mrs. Lisbon mit ihrer übertriebenen Strengheit ihre Töchter jedoch teilweise unbewusst zu ihrer Tat getrieben haben, scheint dennoch klar.


    Die Geschichte wird von den Jungs in der "Wir"-Form erzählt, dadurch bleibt dem Leser die innere Gedankenwelt der Mädchen verborgen. Die fünf bleiben einem bis zum Schluss ein Rätsel, was vielleicht gerade eben den Reiz dieser Geschichte ausmacht, zumindest für mich.
    Der Leser erlebt das Ganze auf distanzierte Art und Weise: durch Aussagen von Menschen im Umfeld der Mädchen, durch "Beweisstücke" die die Jungs gesammelt haben, usw.


    Der Roman bringt einen zum Nachdenken und hinterlässt, zumindest auf mich, einen bleibenden Eindruck.
    Meiner Meinung nach ist es ein sehr guter Roman, hinter dem mehr steckt als man anfangs erwarten möchte und auch die Sprache des Autors hat mir sehr sehr gut gefallen.
    Deshalb vergebe ich 5ratten

    "Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde." - Walter Moers - Die Stadt der Träumenden Bücher

  • Meine Meinung
    Ich habe leider ziemlich lange gebraucht, um wirklich in das Buch reinzukommen. Zunächst hat mich die Erzählperspektive verwirrt. Die Geschichte wird von einer Gruppe von Jungs erzählt, die wohl in der Nähe der Mädchen wohnen, um die es geht. Für mich kamen dadurch keine richtigen Emotionen auf, da man als Leser alles aus der Distanz beobachtet. Um ehrlich zu sein habe ich deshalb lange Zeit gar nicht mit den Personen mitgefühlt und bis zum Schluss blieben mir drei der fünf Mädchen sehr fremd.


    Allerdings hat diese Art des Erzählens auch seine Reiz. Nachdem ich mich erstmal darauf eingelassen hatte, konnte ich dem Ganzen doch einiges abgewinnen. Für mich ging es dann weniger um die Lisbon-Mädchen, sondern vielmehr um die ganze Stimmung in diesem Vorort und die Verzweiflung, die man als Teenager manchmal empfindet.


    Und der Autor hat es wirklich super hinbekommen, diese deprimierende Atmosphäre darzustellen. Der Verfall der Familie geht äußerlich mit dem Verfall des Hauses einher, in das die Mädchen eingesperrt werden. Allein diese Vorstellung fand ich schrecklich und hier offenbart sich ein weiterer Vorteil der Erzählweise: man weiß nicht, was hinter diesen Mauern passiert, aber man malt es sich in den dunkelsten Farben aus. Damit schreibt man sich als Leser die Geschichte quasi selbst, denn der Autor lässt alles offen.


    So richtig in den Bann ziehen konnte mich das Buch aber nicht. Es war gut zu lesen, aber irgendwie habe ich bis zum Schluss auf den Höhepunkt gewartet, der für mich irgendwie nie kam. Deswegen gibt es von mir
    3ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

    2 Mal editiert, zuletzt von mondy ()

  • Und der Autor hat es wirklich super hinbekommen, diese deprimierende Atmosphäre darzustellen.


    Das stimmt. Es ist zwar schon einige Zeit her, dass ich das Buch gelesen habe, aber an die dunkle Stimmung kann ich mich noch gut erinnern.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine zweite Meinung

    Puh, auch beim zweiten Lesen habe ich die Lektüre von Die Selbstmordschwestern als sehr bedrückend empfunden. Dass etwas im Haus der Schwestern vor sich ging, war klar gewesen, denn ihr Verhalten war durchaus auffällig. Warum hat dann niemand etwas unternommen?


    Was genau zwischen Schwestern und Eltern vor sich gegangen ist, habe ich auch dieses Mal nicht erkennen können. Aber mir ist aufgefallen, dass die Schwestern nicht nur die Unterdrückten waren, sondern sich durchaus wehren konnten, wenn auch nur in einem sehr eingeschränkten Maß.


    Mich würde auch interessieren, was der Auslöser für das Verhalten der gesamten Familie war. Gab es einen konkreten Anlass, oder sind hier nur Menschen aufeinander getroffen, die sich in ihrem seltsamen Verhalten bestärkt haben, bis es aus dem Ruder gelaufen ist?

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.