Ian McEwan - Honig

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  • Ian McEwan - Honig


    Verlag: Diogenes
    Jahr: 2013
    Seiten: 448
    Ausgabe: Gebundene Ausgabe
    Originaltitel: Sweet Tooth
    Originaljahr: 2012


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    Klappentext:


    Sex, Spionage, Fiktion und die Siebziger: Serena arbeitet beim britischen Geheimdienst MI5. Weil sie auch eine passionierte Leserin ist, wird die junge Frau auf eine literarische Mission geschickt. Ian McEwan lockt uns mit gewohnter Brillanz in eine Intrige um Verrat, Liebe und die Erfindung der eigenen Identität.


    Meine Meinung:


    Serena Fromes Leidenschaft ist das Lesen und nur zu gerne würde sie Literatur studieren doch ihre Mutter bringt sie dazu, etwas aus ihrer natürlichen Begabung für Zahlen zu machen und so studiert sie Mathematik an der Cambridge Universität. Mehr schlecht als recht beendet sie das Studium und Serena, deren Nachname sich auf "Ruhm" reimt, bekleckert sich in den folgenden Jahren nicht unbedingt mit diesem. Der Affäre mit dem verheirateten, deutlich älteren Tony Cummings, verdankt sie schließlich die Anstellung beim britischen Geheimdienst MI5. Erst arbeitet sie nur als kleine Büroangestellte, später wird sie mit dem Projekt "Honig" betraut. Ganz im Zeichen des Kalten Krieges und dem überall vorhandenen Schatten der IRA, hat die britische Regierung vor, die intellektuelle Welt zu infiltrieren und Kommunismus frühzeitig zu bekämpfen. Insbesondere Schriftsteller mit einer nicht ganz regierungskonformen Gesinnung werden unter dem Vorwand einer Stiftung finanziell gefördert - so kann man sie besser im Auge behalten. Eine Honigfalle für Menschen und es kommt, wie es kommen muss: Die bildschöne Serena und der talentierte Autor Tom Haley verlieben sich ineinander, doch die Lüge steht zwischen den beiden.


    Ian McEwan fängt die Atmosphäre der frühen 70er Jahre meisterhaft ein: Die sozialen Unruhen, der kalte Krieg, Energiekrise, streikenden Bergarbeitern, dem Nordirlandkonflikt & der IRA. Zwar ist der Roman fiktiv, aber McEwan bediente sich einer realen Vorlage. Hier in Form der Zeitschrift "Encounter", deren Erscheinen 1990 eingestellt wurde. Zu sehr lag der Schatten des Skandals über ihren Artikel, denn 1966 wurde die bislang geheime CIA-Finanzierung über die Association for Cultural Freedom (Kongress für kulturelle Freiheit) aufgedeckt. Dem Herausgeber selbst war diese Tatsache nicht bewusst.


    Wie stark beeinflusst der Staat die Kunst und die künstlerische oder intellektuelle Freiheit? Auch jetzt, 40 Jahre nach dieser bewegenden Zeit, hat der Roman nichts von seiner Aktualität verloren. Die Beeinflussung Außenstehender auf Kunst und Künstler ist real. Denken wir doch nur einmal daran, wie ein Buch schon vor dem Verkauf des ersten Exemplares zum Bestseller definiert wird. Wie in vielen Ländern auch heute noch die Presse, Autoren und Journalisten von Regierungen unter Druck gesetzt oder verboten werden. Natürlich ist dies kein direkter Vergleich mit der Vorgehensweise des CIA oder des MI5, und dennoch: Kunst darf nicht von Politik oder Wirtschaft beeinflusst werden. Sie muss frei bleiben (oder jedenfalls so frei, dass sie anderen Lebewesen damit nicht schadet).


    Die Atmosphäre könnte man gebeutelt nennen. Die ständige Angst vor terroristischen Anschlägen schwebt über den Menschen. Und mitten drin sind da zwei Liebende, die auf einem filigranen Lügengeflecht ruhen und unweigerlich auf den Zusammenbruch hinsteuern. Sehr lange plätschert der Roman wie ein ruhiger Fluß dahin. Serena studiert, liest, hat Affären mit verschiedenen Männern, die sie mal mehr, mal weniger liebt. Als sie Tom kennen lernt, ändert sich das Lesetempo etwas. Immer wieder werden Toms Kurzgeschichten eingestreut, so dass auch wir uns ein Bild von dessen Talent machen können.


    Eine gewöhnliche Spionagegeschichte also? Ian McEwan wäre nicht Ian McEwan, wenn er sich nicht noch einen interessanten Dreh am Ende von "Honig" ausgedacht hätte. Diese Pointe erschwischt den Leser so eiskalt, dass er bei der letzten Seite nicht aufhört, sondern die erste Seite erneut aufschlägt und nochmals von vorne beginnt. Ein intelligentes Buch und das Ende tröstet über die einstweilige Längen hinweg.


    4ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Danke für Deine Meinung! Ich liebäugle mit dem Roman schon seit er auf englisch erschienen ist, konnte ihn aber nicht so ganz einschätzen. Auch wenn ich McEwan mag, so gefällt mir lange nicht jedes Buch von ihm gleich gut, daher ist er für mich kein Autoby Autor geworden.

  • Inhalt
    England, 70er Jahre: Serena studiert mit mäßigem Erfolg Mathematik in Cambridge. Nebenbei beschäftigt sie sich mit Literatur (ihre eigentliche Passion) und einigen Affären, bis sie Tony kennenlernt, ihre erste große, vielleicht auch die wahre, Liebe. Tony führt sie ein in die hohe Kunst der Politik, Gesprächsführung und Literatur, bei ihm kann sie sich fallen lassen. Doch eigentlich bereitet er sie auf einen Job beim MI5 vor, denn Serena soll eines Tages Teil eines literarischen Projekts des Geheimdienstes werden: Projekt "Honig".


    Meine Meinung
    Ich hatte etwas Schwierigkeiten mit diesem Buch, dabei hatte ich mich wirklich sehr darauf gefreut. Ich möchte dem Buch gar nicht absprechen, dass es die Stimmung der damalige Zeit, die politischen Ereignisse und die Beweggründe der Charaktere sehr gut darstellt, aber zwischenzeitlich haben sich einige Längen aufgetan, die sich für mich ziemlich zäh gelesen haben. Wahrscheinlich habe ich auf Grund des Klappentextes ("Sex, Spionage, Fiktion und die Siebziger") etwas mehr Action erwartet. Aber eigentlich hätte ich mir denken können, dass Ian McEwan eher auf das genau Beobachten und ruhige Voranschreiten der Handlung setzt, um dann zum Schluss mit einem Knall zu enden. So war es dann auch, aber das Ende konnte mich nicht ganz für die vorangegangene Langeweile entschädigen.


    Die Charaktere sind überaus überzeugend gezeichnet. Jeder hat seine Ecken und Kanten, seine Vorzüge und seine Nachteile. Serena war mir nicht wirklich sympathisch, aber gerade das fand ich gut, denn ihre Handlungen konnte ich immer nachvollziehen, was sie für mich zu einem glaubwürdigen Charakter macht. Auch alle anderen Personen sind sehr individuell, aber in ihren Handlungen stets glaubhaft.


    Die 70er in Großbritannien sind nicht mein Spezialgebiet. :zwinker: Ian McEwan streut immer wieder historische Ereignisse ein ... manche konnte ich zuordnen, andere nicht. Ich denke aber, dass man dieses Buch ganz gut lesen kann, ohne die Ereignisse wirklich zu kennen. Die Angst vor einem Krieg, vor Beeinflussung von Außen und die Versuche, all dem vorzubeugen, kann man auch so nachvollziehen. Und für den Notfall gibt es ja das Internet.


    Wie bereits erwähnt, plätschert die Handlung meist vor sich hin. Man hat das Gefühl, auf eine Katastrophe zuzusteuern, aber lange passiert nichts. Das Ende wartet dann zwar mit einem Knall auf, allerdings war ich davon etwas enttäuscht.

    Ich hätte mir etwas mehr Kreativität gewünscht.


    Insgesamt ist das Buch bestimmt nicht schlecht, mich hat es aber leider nicht ganz überzeugen können (gerade im Vergleich zu anderen Werken, die ich schon von Ian McEwan gelesen habe). Faszinierende Charaktere, ansprechende Handlung, aber leider auch weite Teile gepflegte Langeweile lassen mich 3ratten vergeben.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

    Einmal editiert, zuletzt von mondy ()

  • Serena Frome ist behütet als Tochter eines anglikanischen Bischofs aufgewachsen und hat, ihrer Leidenschaft für Literatur zum Trotz, auf den Wunsch ihrer Mutter hin in Cambridge Mathematik studiert. Einen Sommer lang hat sie eine Affäre mit einem viel älteren Mann, die den Weg für eine ganz unerwartete Karriererichtung ebnet - Serena steigt beim britischen Geheimdienst MI5 ein.


    Zunächst krebst sie auf der untersten Stufe der Karriereleiter herum - wir befinden uns in den frühen 70er Jahren, als es Frauen in Männerdomänen noch viel schwerer hatten als heute -, bis sie schließlich ihren ersten echten Auftrag im Rahmen des Projektes "Honig" (im Original "Sweet Tooth") erhält. Als vorgebliche Vertreterin einer Stiftung zur Förderung junger Schriftsteller nimmt sie Kontakt zu dem talentierten Tom Haley auf, der aufgrund seiner politischen Ausrichtung im Fokus des Geheimdienstes steht und den sie "führen" soll.


    Dumm nur, dass es schnell zwischen Serena und Tom zu knistern beginnt und sich gleichzeitig Toms Karriere in ungeahnter Richtung entwickelt, so dass Serena bald zwischen der Loyalität zu Tom und der zu ihrem Arbeitgeber hin- und hergerissen ist.


    McEwan versteht einfach wunderbar zu schreiben und zu schildern, ich mag seine wohlgesetzten Worte und seine Charakterzeichnungen sehr, die mit wenigen Pinselstrichen die Dynamik innerhalb einer Familie, einer Beziehung oder unter Kollegen einfangen. Auch die Zeit, in der das Buch spielt, wird rasch lebendig, eine Gesellschaft mitten im kalten Krieg, gebeutelt von sozialen Missständen und irgendwo zwischen dem Aufbruch der 68er-Bewegung und konservativen Idealen gefangen. Serena und ihre Kolleginnen haben es in der Männerwelt des Geheimdienstes alles andere als leicht, auch das zeigt McEwan sehr schön exemplarisch.


    Ein Problem, das ich mit diesem Buch hatte, war allerdings, dass er mich hinsichtlich Serenas Mission "Sweet Tooth" ziemlich schnell verloren hatte. Mir war über weite Strecken nicht ganz klar, was es genau damit auf sich hat und was der MI5 genau von Schriftstellern wie Tom erwartet bzw. ob das tatsächlich funktionieren kann (wobei es reale Vorbilder gibt). Wahrscheinlich bin ich einfach zu doof :redface:


    Gut gefallen hingegen haben mir die Passagen über den Literaturbetrieb jener Zeit und die relativ detailliert beschriebenen Plots der pointierten Kurzgeschichten, die Tom verfasst, und eine überraschende Wendung, die die ganze Konstellation, die man zu kennen glaubte, noch einmal kippen lässt.


    Alles in allem beileibe kein schlechtes Buch, aber irgendwie nicht mein Thema.


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Ich bin schon mittendrin im Buch und bin auch noch etwas unschlüssig, was ich von der Geschichte halten soll. Während mich der Beginn mit den Schilderungen, wie Serena beim britischen Nachrichtendienst MI5 gelandet ist sehr gut unterhalten hat, habe ich mittlerweile das Gefühl, dass die Handlung auf der Stelle tritt. Die Aktion "Honig" kann mich irgendwie nicht packen, ich weiß auch nicht recht, was damit bezweckt werden soll. Die Kurzgeschichten Haleys lockern das Buch auf, lenken aber auch von der eigentlichen Handlung ab. Zwei davon habe ich mittlerweile gelesen und hoffe, dass es nicht noch mehr werden.


    Trotzdem finde ich die Gespräche rund um Literatur und Serenas Bücherstapel sehr anregend, ich habe mir auch schon eine kleine Liste mit Buchtipps erstellt. Ich hoffe aber, dass die Handlung noch etwas mehr hergibt und sich der ein oder andere Spion blicken lässt.

    Liebe Grüße

    Danglard

  • Die Aktion "Honig" kann mich irgendwie nicht packen, ich weiß auch nicht recht, was damit bezweckt werden soll.

    Das beruhigt mich sehr. Ich hab's einfach nicht verstanden.


    Die Kurzgeschichten fand ich gar nicht so schlecht, auch wenn sie einen natürlich ein bisschen aus dem eigentlichen Lesefluss reißen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen