Gotthold Ephraim Lessing - Nathan der Weise

Es gibt 54 Antworten in diesem Thema, welches 16.022 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von schokotimmi.


  • ... Übrigens hab ich jetzt schon zum vierten Mal überlegt seit wann Doris Lessing was mit Nathan am Hut hat :breitgrins:


    :lachen:



    Das Alter des Sultans erschließt sich mir auch nicht.
    Wenn er über seinen verschwundenen Bruder spricht, erscheint er mir um einiges älter als dann, wenn er seiner Schwester Geld aufdrängt nachdem sie ein Schachspiel gewonnen hat (oder eben auch noch nicht gewonnen hatte. :zwinker:)


    Vor allem erinnert sich die Schwester des Sultans kaum an ihren verstorbenen Bruder, während der Sultan einige Erinnerungen an ihn hegt...

    //Grösser ist doof//

  • Vor allem erinnert sich die Schwester des Sultans kaum an ihren verstorbenen Bruder, während der Sultan einige Erinnerungen an ihn hegt...


    Ich habe gedacht, dass der Altersunterschied zwischen den Geschwistern vllt. recht groß ist. Aber ich schätze ihn Anfang oder Mitte 40, somit kann er einen Neffen haben der Anfang 20 wie Recha ist und auch sein Vater kann noch aktiv sein mit um die 60... Wenn Sitah dann so um die 30 ist, erklärt sich auch ihr Verhalten gegenüber Recha, wo sie ja schon älter wirkt.


    Grüße
    schokotimmi

  • Über das Alter des Sultans habe ich mir gar keine Gedanken gemacht. Ich würde ihn ähnlich einschätzen wie Schokotimmi.


    Inzwischen bin ich auch fertig mit dem letzten Akt. Erwartungsgemäß hat sich alles aufgeklärt. Im 6. Aufzug kommt Rechas ambivalentes Verhältnis zu Daja richtig zum Vorschein. In dem Zusammenhang erkennt man, dass auch sie schon geprägt ist von Vorurteilen gegen die christliche Religion:


    "Ach! die arme Frau, - ich sag' dirs ja -
    Ist eine Christin; - muß aus Liebe quälen;
    Ist eine von den Schwärmerinnen, die
    Den allgemeinen, einzig wahren Weg
    Nach Gott, zu wissen wähnen!"


    Da hat also auch Nathans tolerante Einstellung nicht viel ausrichten können. Wer hat sie so beeinflusst?

  • Ich kann mir vorstellen, dass Daja selbst dazu beigetragen hat, Rechas Vorurteile zu nähren. Wenn sie während der Erziehung immer und immer wieder anfängt, vom christlichen Glauben zu erzählen und dabei wer weiß was für Geschichten weiter gibt, würde mich das auch abschrecken und irgendwann sorgt so etwas für Unmut.

  • Diese Manipulation kann aber auch in die andere Richtung wirken, nämlich wenn Recha alles geglaubt hätte, was Daja ihr erzählte. Dann wäre sie sozusagen von ihrem jüdischen Glauben abgefallen und hätte die christlichen Werte höher geschätzt. Aber das ist nun auch egal, war nur so ein Gedanke von mir.

  • Warum egal? Ich finde das sehr spannend. :zwinker:
    Ich glaube, Nathan hat Recha nicht streng jüdisch erzogen, sodass "vom Glauben abfallen" meines Erachtens nach keine Auswirkung hätte sein können. Sie hätte höchstens dem christlichen Glauben zugetan sein können und wenn sie so wie Daja geworden wäre, hätte Nathan wohl etwas dagegen gehabt.

  • Sie hätte höchstens dem christlichen Glauben zugetan sein können und wenn sie so wie Daja geworden wäre, hätte Nathan wohl etwas dagegen gehabt.


    Das ganz bestimmt. Nathan war ja der Einzige, der Daja ganz genau kannte. Schließlich ließ sie sich von ihm für ihr Schweigen bezahlen. Aus diesem Grund ist für mich Daja die Person, die ich am wenigsten mochte. Sie war nur auf ihren Vorteil bedacht.

  • Sehr gut kommt Daja wirklich nicht weg bei Lessing, deshalb frag ich mich ob da nicht eine indirekte Kritik am Christentum drinsteckt?
    Eigennützig ist Daja auf jeden Fall, aber Nathan macht es ja auch mit, er will das alte Band um jeden Preis, warum sonst hätte er sie behalten wollen.


    Gruß
    schokotimmi


  • Sehr gut kommt Daja wirklich nicht weg bei Lessing, deshalb frag ich mich ob da nicht eine indirekte Kritik am Christentum drinsteckt?


    Er wäre nicht der Erste, der sein Werk nutzt, um auf diesem Weg Kritik anzubringen. Ich denke aber, dass er auch aufzeigen will, dass es immer Menschen gibt, die sich zu bereichern versuchen, indem sie mit der Preisgabe von Geheimnissen drohen. Macht in der falschen Hand führt schon mal zu Illoyalität. Dass Lessing es ausgerechnet einer Christin anhängt, ist schon bezeichnend.

  • Als andere negative Christenfigur fällt mir der Kirchenheini ein (Pfarrer oder so?), der meinte, ein Christenkind gehöre in eine christliche Familie auch wenn es dort evtl. nicht glücklich wäre.

    //Grösser ist doof//

  • Nun ja, die Christen haben sich ja auch während der Kreuzzüge nicht wirklich von ihrer christlichen Seite gezeigt. Wenn man bedenkt, was dort gemetzelt und abgeschlachtet wurde, ohne Rücksicht auf sie so weit vorne stehende Nächstenliebe. Die Kirche hatte schon immer einen Hang zur Bigotterie, wie man auch heute immer wieder so schön sehen kann - im großen wie auch im kleinen.

  • Das waren nicht nur die Kreuzzüge, sondern z. B. auch die Inquisition. Und das alles nur, weil es Gelehrte anhand von Schriften aus der Bibel so auslegen. Wie viel wurde damit schon begründet! Das ist aber nicht nur bei den Christen so. Die Schriften anderer Religionen sind ebenfalls Grundlage für das Handeln der religiösen Führer.


  • Das waren nicht nur die Kreuzzüge, sondern z. B. auch die Inquisition. Und das alles nur, weil es Gelehrte anhand von Schriften aus der Bibel so auslegen. Wie viel wurde damit schon begründet! Das ist aber nicht nur bei den Christen so. Die Schriften anderer Religionen sind ebenfalls Grundlage für das Handeln der religiösen Führer.


    Das auch andere religiöse Schriften Grundlage für bestimmte Handlungen sind kennt man ja heutzutage auch vom Islam, aber auch hier ist es ja wieder eine Frage der Auslegung und Interpretation. Bei Lessing kommen Judentum und Islam toleranter weg, aber auch der Klosterbruder und der Tempelritter sind positive Beispiele fürs Christentum. Lessing war a Christ soweit ich das weiß, vllt. ist man seiner eigenen Glaubensgemeindschaft gegenüber kritischer?


    Grüße
    schokotimmi

  • Lessing war a Christ soweit ich das weiß, vllt. ist man seiner eigenen Glaubensgemeindschaft gegenüber kritischer?


    Das dürfte davon abhängen, wie gläubig man ist. Die wirklich extremen Gläubigen sind nicht sehr tolerant gegenüber den Leuten, die es mit dem Glauben nicht so genau nehmen. Da wird immer versucht, die Abweichler auf den rechten Weg zurückzuführen, notfalls mit Gewalt. Ich glaube, Lessing war generell ein kritischer Mensch, nicht nur in religiöser Hinsicht.

  • Das dürfte davon abhängen, wie gläubig man ist. Die wirklich extremen Gläubigen sind nicht sehr tolerant gegenüber den Leuten, die es mit dem Glauben nicht so genau nehmen. Da wird immer versucht, die Abweichler auf den rechten Weg zurückzuführen, notfalls mit Gewalt. Ich glaube, Lessing war generell ein kritischer Mensch, nicht nur in religiöser Hinsicht.


    Nun das ist wohl eher richtig, da ich kein gläubiger Mensch bin kann ich dass wohl auch schwer einschätzen. Und ich glaube Lessing war wohl wie du auch schon sagst insgesamt kritisch und hat vieles hinterfragt. Nur natürlich dass er bei Religionen keine Ausnahme gemacht hat.


    Ich habe in der Schule mal einen Vortrag über ihn gemacht, vllt. finde ich den noch irgendwo, wäre sicher interessant, ob da Infos enthalten waren.


    Grüße
    schokotimmi