Haruki Murakami - Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

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  • Haruki Murakami - Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki


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    Tsukuru Tazaki blickt mit 36 Jahren auf ein Ereignis vor 16 Jahren zurück, welches ihn bis zum heutigen Tag beschäftigt. Seinerzeit haben sich vier Freunde von ihm, die sich in seiner Schulzeit zu einer untrennbaren 5er-Clique (bestehend aus 3 Jungen und 2 Mädchen) zusammengeschlossen haben, von einem Tag auf den anderen von ihm losgesagt. Eine Begründung für diese Trennung hat Tsukuru nie erhalten und er war mit seinen 20 Jahren so sprachlos, dass er nie nachgefragt hat. Der ein oder andere Kontaktversuch zu den vieren ist gescheitert, sie haben sich immer verleugnen lassen. Damals stand Tsukuru, der schon in seiner Schulzeit seinen zukünftigen Werdegang wusste, denn er wollte immer schon Bahnhöfe bauen, kurz vor einem Selbstmord, der dann aber doch noch abgewendet wurde. Seine neue Freundin Sara ermutigt ihn, herauszufinden, was der Grund für die damalige Trennung war und sie sucht ihm die heutigen Adressen aller vier Mitschüler heraus. Die feinfühlige Sara bemerkt, dass Tsukuru die nicht geklärte Situation psychisch belastet und sie stellt ihm die Bedingung, diese Angelegenheit erst mal zu klären, bevor sie erneut mit ihm schläft.


    Tsukuru rätselte in den 16 Jahren zuvor, was denn die Ursache sein könnte ohne darauf eine befriedigende Antwort zu erhalten. So haben die anderen vier Mitschüler eine Farbe in ihrem Namen, während Tsukuru Tazaki "farblos" ist und das nicht nur im wörtlichen Sinne, sondern er fühlt sich auch leer, langweilig und farblos im übertragenen Sinne. Alle seine Mitschüler hatten in seinen Augen etwas Besonderes an sich. So sucht er seine ehemaligen Mitschüler nacheinander auf und kommt dem damaligen Geheimnis immer näher. Das liest sich spannend und stellenweise tiefgründig. Auf der anderen Seite ist das Buch dann doch recht linear heruntergeschrieben, stilistisch wenig überraschend, den kommenden Inhalt kann man zumindest erahnen. Der Roman hat das richtige Tempo nicht ganz getroffen, er ist häufig zu langsam erzählt, während der Leser in Gedanken schon auf die nächste Szene wartet. Lediglich die beiden letzten Kapitel enthalten ein großes Maß an Melancholie und wie Murakami das erzeugt, das hat Weltklasseniveau.


    In ein paar Jahren wird man auf den spannenden Roman aber nicht mehr besonders hinweisen, dazu fehlt ihm doch einiges, um in den Olymp der nachhaltigen Weltliteratur aufzusteigen. Den fünften Stern kann ich daher nicht vergeben. Ordentliche vier Sterne sind es aber. Den doch überschwänglichen Jubel in der Presse (FAZ, SZ, Deutschlandradio) kann ich somit nicht ganz nachvollziehen.


    4ratten


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Das Cover ist wunderschön und nur schon der Name "Murakami" ist für mich ein Grund, es zu kaufen :smile:
    Danke fürs Rezensieren :winken:

    //Grösser ist doof//


  • Das Cover ist wunderschön und nur schon der Name "Murakami" ist für mich ein Grund, es zu kaufen :smile:
    Danke fürs Rezensieren :winken:


    So geht es mir auch...
    Ich hab da noch einen amazon Gutschein von Weihnachten...... :zwinker:


  • Das war mein erstes Buch von Murakami und mir scheint, ich habe bisher viel verpasst.


    Den Gedanken hatte ich beim Lesen auch ständig.



    Das liest sich spannend und stellenweise tiefgründig. Auf der anderen Seite ist das Buch dann doch recht linear heruntergeschrieben, stilistisch wenig überraschend, den kommenden Inhalt kann man zumindest erahnen. Der Roman hat das richtige Tempo nicht ganz getroffen, er ist häufig zu langsam erzählt, während der Leser in Gedanken schon auf die nächste Szene wartet. Lediglich die beiden letzten Kapitel enthalten ein großes Maß an Melancholie und wie Murakami das erzeugt, das hat Weltklasseniveau.


    Spannend und stellenweise tiefgründig, da kann ich zustimmen.
    Recht linear - findest du das negativ? Ein paar wenige Zeitsprünge / Rückblicke gab es ja doch. Die Verknüpfung Vergangenheit / Gegenwart fand ich in Ordnung.
    Hättest du dir die Verknüpfung anders gewünscht?


    Stilistisch wenig überraschend - bisher hatte ich kein Buch von Haruki Murakami gelesen, aber ich habe schon öfter gehört, er hätte einen einfachen, abwechslungslosen und zuweilen kalten Schreibstil. Einfach mag sein, obwohl es zahlreiche Autoren gibt, denen ich einen deutlich simpler gestrickten Duktus zuschreiben würde. Die stellenweise empfundene Kälte oder Distanz mag der extremen japanischen Höflichkeit geschuldet sein, so habe ich es zumindest manchmal empfunden.
    Trotzdem fand ich die Geschichte sehr angenehm zu lesen und mir sind viele schöne Formulierungen aufgefallen. Seine Art zu schreiben gefällt mir.


    Stellenweise empfand ich den Verlauf der Geschichte auch vorhersehbar, aber ich wurde auch von der Handlung überrascht. Zum Beispiel


    Zu langsam erzählt - es stimmt schon, daß es neben der Suche Tsukurus nach der Wahrheit viele Abschweifungen gibt, die den Leser in dem Moment von der eigentlichen Geschichte entfernen. Die Erzählung über den Mann am Klavier, Tsukurus Träume, und natürlich die Ausführungen über Bahnhöfe.
    Wobei ich letzteres in Ordnung fand, schließlich sind Bahnhöfe Tsukurus Leidenschaft, die Beschäftigung damit und der Aufenthalt in solchen gibt ihm Sicherheit und Kraft.
    An anderen Stellen wurde ich aber auch leicht ungeduldig.


    Wie Thomas fand ich die letzten beiden Kapitel unheimlich schön und handwerklich sehr sehr gut geschrieben. Kaum zu glauben, welche starke Stimmung der Autor hier beim Leser erzeugt.


    Der offene Schluß stört mich übrigens überhaupt nicht. Er wird des öfteren als Kritikpunkt genannt, aber mir reicht es erfahren zu haben,


    Nachhaltige Weltliteratur, wie Thomas schon schrieb, sicher nicht.
    Aber für mich ein kleines Highlight zum Jahresbeginn.

  • Zu langsam erzählt - es stimmt schon, daß es neben der Suche Tsukurus nach der Wahrheit viele Abschweifungen gibt, die den Leser in dem Moment von der eigentlichen Geschichte entfernen. Die Erzählung über den Mann am Klavier, Tsukurus Träume, und natürlich die Ausführungen über Bahnhöfe.
    Wobei ich letzteres in Ordnung fand, schließlich sind Bahnhöfe Tsukurus Leidenschaft, die Beschäftigung damit und der Aufenthalt in solchen gibt ihm Sicherheit und Kraft.
    An anderen Stellen wurde ich aber auch leicht ungeduldig.


    Es waren nicht die Abschweifungen, die mich störten, sondern die doch herkömmlich abgehandelten Szenen, in denen Tsukuru seine ehemaligen Freunde wiedertrifft, um mit ihnen über die Vergangenheit zu sprechen.


    Gruß, Thomas

  • Ich fand das Buch sehr schön, tiefgründig und flüssig zu lesen!


    Allerdings kann ich den großen Hype und die hohe Auflage nicht ganz nachvollziehen!



    Hat hier jem mehrere seiner Bücher gelesen und kann mir viell eins besonders empfehlen?


    Grüße

  • Ich empfehle "Südlich der Grenze, westlich der Sonne". Eine bezaubernde Liebesgeschichte.


    Gruß, Thomas

  • Mich hat dieses Buch leider enttäuscht. :sauer: Ich fand es im Vergleich zu anderen Büchern Murakamis, zum Beispiel "Kafka am Strand", überraschend konventionell und oberflächlich. Mir waren die Handlung und die Hauptfigur zu einfach gestrickt... Ein schlechtes Buch ist es sicher nicht, aber meiner Ansicht nach kein besonders guter (und repräsentativer) Murakami. :zwinker:

  • Inhalt:


    "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" erzählt die Geschichte von Tsukuru Tazaki. Er ist 36 und wohnt und arbeitet in Tokio als Ingenieur. Er baut Bahnhöfe, eins der wenigen Dinge, für die er ein gewisses Interesse aufbringen kann. Er trifft sich hin und wieder mit Frauen, aber seine Beziehungen sind nie von langer Dauer. Freunde hat er nicht.


    Sein Leben ist ruhig, berechenbar, aber auch sehr leer. Er hat keine Ziele, keine Sehnsüchte und zeigt generell wenig Emotionen und Interesse für andere.


    Nach und nach erfährt der Leser, warum das so ist. Nachdem ihn seine Schulfreunde vor Jahren ohne Erklärung von einem Tag auf den anderen aus ihrer Gemeinschaft ausgestoßen haben, bleibt Tsukuru allein und zutiefst verunsichert zurück.


    Erst seiner neuen Partnerin gelingt es schließlich, ihn dazu zu bewegen, sich der Vergangenheit zu stellen. So sucht er nach und nach seine vier Freunde auf und sucht nach Antworten.



    Meine Meinung:


    Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Die Frage, wie sehr die Ereignisse und Verletzungen der Vergangenheit die Gegenwart beeinflussen können, finde ich persönlich sehr interessant. Ich denke jeder hat sich hin und wieder schon gefragt, wie das eigene Leben wohl verlaufen wäre, wenn man anders gehandelt hätte oder wenn Dinge anders gelaufen wären. Haruki Murakami schreibt hier sehr eindringlich über Freundschaft, Verrat, Schuld und das Erwachsenwerden.


    Von mir gibt es dafür eine ganze klare Leseempfehlung.


    5ratten


  • Mich hat dieses Buch leider enttäuscht. :sauer: Ich fand es im Vergleich zu anderen Büchern Murakamis, zum Beispiel "Kafka am Strand", überraschend konventionell und oberflächlich. Mir waren die Handlung und die Hauptfigur zu einfach gestrickt...


    Ich fand es ok (aber nicht überragend).
    Kafka am Strand habe ich schon lange gekauft, aber noch immer nicht gelesen.
    Fürchte, es ist mir zu abgedreht. Aber irgendwann muss ich ran...

  • Es waren nicht die Abschweifungen, die mich störten, sondern die doch herkömmlich abgehandelten Szenen, in denen Tsukuru seine ehemaligen Freunde wiedertrifft, um mit ihnen über die Vergangenheit zu sprechen.


    Gruß, Thomas


    Ich habe das Buch letztes Jahr gelesen und mich haben eher die hölzernen Dialoge gestört. Die Freunde nehmen Abstand vom Protagonisten und er nimmt es sang und klanglos hin. Ich habe mich während des Lesens gefragt, ob dies der japanischen Mentalität geschuldet ist.

  • Für mich, die perfekte Entspannung der Seele, ich konnte es nur langsam lesen..
    :smile:
    http://www.literaturschock.de/…iscussions/review?id=7968


    Fünf Freunde waren es einmal, vier davon wenden sich eines Tages ohne weitere Erklärung von dem Fünften ab, er soll sich nicht mehr blicken lassen, seine Anwesenheit wäre nicht mehr erwünscht, bei Versuchen der Wahrheit auf den Grund zu kommen, schlägt man ihm buchstäblich die Tür vor der Nase zu, Tsukuru hat nicht die geringste Ahnung, warum ihn seine jahrelangen Freunde zur "Persona non Grata" machen.
    Längst ist er ein erwachsener Mann und lebt und arbeitet in Tokio, sein Traum Bahnhöfe zu bauen, ist in Erfüllung gegangen, in seine Heimatstadt will er nicht mehr zurück, seine Freunde von heute auf morgen verloren zu haben, hat ihn stark traumatisiert, er hatte zwar versucht die Freunde darauf anzusprechen, doch ihre Reaktionen schockierten ihn zutiefst.
    Tsukuru verliebt sich, die junge Frau bemerkt Tsukuros Melancholie und ermuntert ihn, sich ihr mitzuteilen. Alle Verdrängungen kommen wieder ans Licht, er erzählt ihr von seinem Kummer und sie macht ihm Mut, die Antwort auf seine immerwährende Frage, was damals passiert ist, zu bekommen. Sie wäre gerne mit ihm zusammen, doch sie will nicht mit den "Dämonen" seiner Vergangenheit konkurrieren, wie könnten sie jemals glücklich werden, wenn ihn diese Ungeklärtheit von innen auffrisst.
    Er muß seine Freunde wiedersehen und das schon bald, Sara hilft ihm dabei und hat schnell alle Adressen und Fakten, dank des Computerzeitalters bereit.
    Die Hoffnung auf eine Antwort, eine Erklärung gibt ihm Trost.
    Tsukuro begibt sich auf die Reise..
    Dieses Buch war ein wahrer Quell an Meditation für mich, es strömte in mich hinein, wie ein Fluss, ich bin wirklich begeistert, was dieses Buch für eine Wirkung auf mich hatte.
    Haruki Murakami ist ein Meister der scheinbaren Emotionslosigkeit, die sich von Seite zu Seite immer mehr in zarten Berührungen und kleinen Empfindungen verliert. Er hat einen einmaligen Instinkt, den Leser nicht mit Schuld oder einem schlechten Gewissen zu beladen.
    Von vorne bis hinten eine schöne Geschichte, was bleibt ist ein warmer Sinneseindruck, ein entspanntes Gemüt.
    Domo Arigato - SABO


    5ratten


    EDIT: Rezi von der Hauptseite rüberkopiert. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Im Gegensatz zu seinen vier Jugendfreund:innen trägt Tsukuru Tazaki keine Farbe in seinem Namen und er glaubt, dass die Farblosigkeit sich auch in seinem Charakter widerspiegelt, er hält sich für ganz langweilig-alltäglich, wo die anderen doch ganz bestimmte hervorstechende Eigenschaften hatten. Das war auch der Grund warum er nie hinterfragt hat, warum ihn die Gruppe damals plötzlich und ohne Erklärung ausgestoßen hat und sich weigerte mit ihm zu reden.


    Das ist aber viele Jahre her, nun arbeitet er zufrieden in einem Ingenieurbüro, das sich auf Bahnhöfe spezialisiert hat, für die er sich schon immer interessierte. Doch die Frau, die er kürzlich kennengelernt hat und mit der er sich eine Zukunft vorstellen kann, fordert ihn auf, zunächst seine Vergangenheit in Ordnung zu bringen und so macht er sich auf, seine alten Freunde wiederzutreffen.


    Eine Zeitlang habe ich Murakamis Bücher verschlungen, mein letztes ist aber schon viele Jahre her. Ich mochte immer die leicht magisch-fantastischen seiner Bücher lieber, dies hier ist eher normal und enthält kaum Seltsamkeiten, über die man beim Lesen grübelt. Dazu kommt manchmal eine gewisse Langatmigkeit, ich habe verstanden, wie der Protagonist hier empfindet, noch eine Beschreibung brauche nicht. Es war zwar schon recht angenehm zu lesen, aber es hätte mich nicht vom Autor überzeugt, dazu war es insgesamt einfach zu konventionell.


    4ratten