Herman Melville - Taipi

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  • Damit wäre meine Theorie aber auch schon dahin. Wahrscheinlich spielen Toby und seine Herkunft gar keine Rolle, weil es Melville darum ging, seine Erlebnisse in der Südsee zu schildern. Ein Geheimnis in der Vergangenheit einer Figur ist aber so ein oft und oft ja auch gut angewandter Plot, dass man (oder zumindest ich) fast schon erwartet.


    Es wäre schade, wenn er so sang- und klanglos verschwindet. Ein kleines Geheimnis steckt bestimmt hinter ihm, denn wie yanni oben schreibt, gibt es ja noch eine kurze Geschichte über ihn im Anhang des Buches (was ich zwar gesehen, aber gleich wieder verdrängt habe :redface:).



    Gibt es außer den Gerüchten, die die beiden auf dem Schiff aufgeschnappt haben, eigentlich konkrete Hinweise, dass sie gemästet und verspeist werden sollen?


    Soweit ich mich erinnern kann, gibt es die nicht. Es ist alles Hörensagen, genauso wie die Behauptung, die Happar seien ein friedlicher Stamm. Möglicherweise wurden einfach im Lauf der Jahre Erzählungen aufgepeppt oder entwickelten eine Eigendynamik, wodurch die Taipis zu Kannibalen hochstilisiert wurden. Aber steckt nicht in allen Gerüchten ein Quäntchen Wahrheit?



    Frauen werden ja leider in den allermeisten Religionen als minderwertiger angesehen, dürfen bestimmte Ämter nicht bekleiden, müssen in einem kleinen, abgetrennten Gebetsraum sitzen usw. Deshalb hat es mich auch gar nicht verwundert, dass die Frauen der Taipi das Heiligtum nicht betreten dürfen. Interessant finde ich eher, dass es eben solche ähnlichen Regeln und Gebräuche beim aufgeklärten Europäer genauso gibt wie beim von der Außenwelt abgeschotteten Naturstamm. Gilt einafch allgemein "Frau = kleiner und schwächer = weniger wert" und hat das gar nichts mit Herkunft und Erziehung zu tun?


    Das könnte auf die Ursprünge der Menschheit zurückzuführen sein. Die Männer waren nun mal die Jäger und körperlich stärker und die Frauen brachten Kinder zur Welt und kümmerten sich um sie. Bei den Möglichkeiten, die die Insulaner auf den Marquesas hatten, gab es eigentlich keinen Anlass, daran etwas zu ändern. Außerdem waren Fortschritt und Gleichberechtigung für so archaische Völker in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch Fremdwörter.



    knödelchen
    Bauchspiegelung hört sich nicht gut an. Ich wünsche dir alles Gute für morgen!

  • Kapitel 20
    Ein marquesianischer Tag verspricht herrliche Entspannung, die man über einige Tage sicher genießen mag. Aber mein Leben stets so zu verbringen könnte ich mir nicht vorstellen.


    Kapitel 21 hat mich enorm neugierig gemacht. Was hat es mit diesen Steinterrassen auf sich, von denen Kory-Kory glaubt, sie wären von den Göttern erbaut worden. Eigentlich hätte ich mir schon viel früher Gedanken über die pei-peis machen müssen, denn die Bewohner scheinen nicht überaus eifrig zu sein und diese Fundamente brauchen Zeit um gebaut zu werden. Welches Volk mag sie erbaut haben? Spontan fielen mir dazu die Steinfiguren der Osterinsel ein. Auch diese Steine wurden über weitere Strecken transportiert und bearbeitet.


  • Kapitel 20
    Ein marquesianischer Tag verspricht herrliche Entspannung, die man über einige Tage sicher genießen mag. Aber mein Leben stets so zu verbringen könnte ich mir nicht vorstellen.


    Für mich wäre das auch nichts, da müsste schon noch etwas Abwechslung nach meinen Vorstellungen dabei sein. So paradiesisch die Südsee auch sein mag, wenn man Europa gewöhnt ist, hat man andere Ansprüche.



    Kapitel 21 hat mich enorm neugierig gemacht. Was hat es mit diesen Steinterrassen auf sich, von denen Kory-Kory glaubt, sie wären von den Göttern erbaut worden. Eigentlich hätte ich mir schon viel früher Gedanken über die pei-peis machen müssen, denn die Bewohner scheinen nicht überaus eifrig zu sein und diese Fundamente brauchen Zeit um gebaut zu werden. Welches Volk mag sie erbaut haben? Spontan fielen mir dazu die Steinfiguren der Osterinsel ein. Auch diese Steine wurden über weitere Strecken transportiert und bearbeitet.


    Tja, ich habe auch kaum darüber nachgedacht. So ganz ohne Hintergedanken wurden sie sicher nicht errichtet, und die Erbauer können eigentlich nur Vorfahren der Taipi oder eines der anderen Stämme sein, die auf der Insel leben.



    Auf das Kalebassenfest in den Kapiteln 22 und 23 gehe ich nicht weiter ein. Es zeigt in erster Linie, dass die Eingeborenen zu feiern verstehen und einen Sinn für Schönes haben. So unähnlich sind sie anderen Menschen also gar nicht.


    24. Kapitel Tom stellt fest, dass er bislang keine kannibalischen Riten bemerkt hat. Die Quelle, die den Taipis Kannibalismus nachsagt, ist ziemlich unzuverlässig und darf angezweifelt werden. Man sollte sich eben selbst einen Eindruck verschaffen, anstatt Behauptungen und Vorurteile ungeprüft zu übernehmen. Möglicherweise hätte er sich dann viele Sorgen erspart.
    Auf den seltsamen Umgang mit der religiösen Figur kann ich mir keinen Reim machen, ebenso wenig wie Tom. Das liegt sicher daran, dass wir es mit unseren Erfahrungen von Religion erklären wollen. Die Insulaner haben dagegen eine ganz andere Auffassung vom Umgang mit ihren Heiligen, die auch mal kritisiert werden dürfen. Hierzulande wird ja schon den Kindern die Allmacht Gottes eingetrichtert, die respektiert werden muss.

  • Hallo ihr beiden, ich hab die kleine OP gut überstanden und sitze jetzt mit drei Löchern im Bauch vor dem Laptop :winken:.


    Ich bin bei Kapitel 28 angelangt, aber der Reihe nach:



    Kapitel 20
    Ein marquesianischer Tag verspricht herrliche Entspannung, die man über einige Tage sicher genießen mag. Aber mein Leben stets so zu verbringen könnte ich mir nicht vorstellen.


    Das habe ich mir auch gedacht. Für ein paar Tage im Urlaub könnte das ganz angenehm sein (wenn ich noch was zu lesen dabei hätte :zwinker:), aber mein ganzes Leben in so eintönig zu verbringen, das wäre nichts für mich. Tom beschreibt die Taipi ja häufig als faul und träge, aber bei dem Satz musste ich schon schmunzeln: Für viele von ihnen ist das Leben wirklich kaum etwas anderes als ein häufig unterbrochener köstlicher Schlummer :smile:. Interessant finde ich, dass wir alle drei diese Lebensart ablehnen, obwohl sie doch wenig Mühen und absolute Entspannung verspricht, nach der ja doch viele gestresste Nordeuropäer und -amerikaner suchen. Hier hätten wir ohne Yoga und Autogenes Training ein entspanntes Leben und möchten es doch gar nicht haben.




    Tja, ich habe auch kaum darüber nachgedacht. So ganz ohne Hintergedanken wurden sie sicher nicht errichtet, und die Erbauer können eigentlich nur Vorfahren der Taipi oder eines der anderen Stämme sein, die auf der Insel leben.


    Wenn die Erbauer der Steinterassen tatsächlich die Vorfahren der Taipi waren, ist dem Stamm aber einiges an Wissen und Geschick verloren gegangen. Wahrscheinlich war es doch eher ein ganz anderes Volk, das durch eine Naturkatastrophe oder sowas ausgelöscht wurde und die Taipi haben nur das Tal besiedelt, weil es schon Gebäude gab.


    Dem Sinn des Kalebassenfestes, das in Kapitel 22 und 23 beschrieben wird, kommt Tom nicht auf die Spur. Es ist wohl religiöser Natur, aber in Kapitel 24 sinniert Tom darüber, dass die Taipi gar keinen fest beschriebenen Glauben haben und insgesamt sehr lasch mit dem Thema umgehen. Lustig fand ich die Szene, in der Kory-Kory das Götzenbild beschimpft und verprügelt, ebenso wie der Gott Moa Atua durch Drohungen dazu gebracht werden soll, göttliche Geheimnisse zu verraten. Anscheinend nehmen die Götter nicht auf einem sonderlich hohen Stellenwert bei den Taipi ein.

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  • Für viele von ihnen ist das Leben wirklich kaum etwas anderes als ein häufig unterbrochener köstlicher Schlummer :smile:. Interessant finde ich, dass wir alle drei diese Lebensart ablehnen, obwohl sie doch wenig Mühen und absolute Entspannung verspricht, nach der ja doch viele gestresste Nordeuropäer und -amerikaner suchen. Hier hätten wir ohne Yoga und Autogenes Training ein entspanntes Leben und möchten es doch gar nicht haben.


    Wir sind eben von klein auf die fortschrittliche, technik- und erfolgsorientierte Lebensweise gewöhnt. Wenn man die ganzen Vorzüge zu schätzen gelernt und in seinen Alltag integriert hat, ist es völlig normal, so zu leben. Im Gegensatz dazu würden die Insulaner Probleme mit unserer Lebensweise haben, wo jede Minute des Tages verplant und jeder für sich selbst verantwortlich ist. Ein Mittelding aus beiden Lebensphilosophien wäre optimal.



    OT: Schön, dass alles gut verlaufen ist bei dir. :smile:

  • In Kapitel 25 beschreibt Tom die Schönheit der Bewohner der Marquesas, die wohl die anderer Südseebewohner übertrifft. Außerdem macht er sich Gedanken über die Machtverhältnisse bei den Taipi. So ganz scheint er nicht zu durchschauen, wer genau warum das Sagen hat, aber es ist wohl sein Freund Mehevi der der oberste Häuptling des Stammes, also der "König" ist.


    In Kapitel 26 geht es um das Thema Ehe und Zusammenleben, das bei den Taipi völlig anders gelebt wird als wir uns das vorstellen können. Eine Frau hat mehrere Männer und insgesamt leben alle als große Familie zusammen, keiner scheint zu einem bestimmten Menschen eine engere Verbindung zu haben als zu einem anderen. Sonderlich fortpflanzungswütig sind die Taipi auch nicht, so dass sich Geburten und Tode die Waage halten. Alles läuft auch bei diesen Thema entspannt ab, große Emotionen wie Liebe, Eifersucht, Wut, Neid usw. scheint es nicht zu geben. Wieder muss ich sagen, dass das nichts für mich wäre. Ich brauche Hochs und wenn es sein muss auch Tiefs, aber dieses emotionslose in den Tag hinein leben wäre mir zu fade.
    Tom macht sich aber auch Gedanken darüber, wie die "Zivilisation", also die Europäer, das Leben auf den Südseeinseln zum Schlechteren verändert haben.Er steht hier eindeutig auf der Seite der Inselbewohner, die im Namen der richtigen Religion zu billigen Sklaven gemacht werden, die in ihrem eigenen Land nichts mehr zu sagen haben. Das Beispiel der Missionarsfrau lässt einem die Haare zu Berge stehen, aber ich fürchte, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handelte :sauer:.


    Auch das Kapitel 27 zeigt die Taipi von einer sehr friedlichen, schicksalsergebenen, ehrgeizlosen Seite. Es gibt keine Polizei und keine Gerichtbarkeit, keine Auseinandersetzungen und keine Konflikte. Besitzt der Nachbar mehr, so ist das kein Grund, neidisch zu sein, den die Brotfruchtbäume haben genug Früchte für alle. Das wäre mal eine Einstellung, die ich gerne teilen würde, da ich mit unserer "Mehr, Schneller, Teurer"-Mentalität nicht immer einverstanden bin.


    Ganz kurz schneidet Tom auch das Thema Kannibalismus an, das ja seit Beginn der Erzählung immer wieder aufflammt. Die Taipi essen also tatsächlich Menschenfleisch, aber "nur" das der Feinde. Da er anscheinend keine Angst mehr hat, selbst im Kochtopf zu landen, verteidigt Tom diesen Brauch, da die Taipi ansonsten so friedlich und tugendhaft sind. Für uns erscheint es ungeheuerlich, Menschenfleisch zu essen, aber das ist sicher auch wieder nur eine Gewohnheits- und ERziehungssache, genauso wie wir keine Hunde- oder Katzenfleisch essen wollen was anderswo Delikatessen sind.

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  • Ein Mittelding aus beiden Lebensphilosophien wäre optimal.


    Das ist ein wahres Wort :smile:!

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  • Gut, dass du es unbeschadet, wenn man davon bei drei Löchern im Bauch sprechen kann, überstanden hast.


    Ein Satz im 22. Kapitel blieb mir besonders im Gedächtins haften.
    Sie strengen sich selten an, aber wenn sie einmal arbeiten, liegt ihnen auch daran, dass eine so verdienstvolle Tätigkeit nicht von den Umstehenden übersehen wird


    Das zwei Kapitel umfassende Kalebassenfest war ja recht ausschweifend.
    Beachtenswert ist sein Kommentar über sein Unwissen bezüglich des Glaubens und der Gebräuche dabei. Wie er schreibt, sind viele der damaligen und vielleicht sogar noch heutigen Vorstellungen über die Glaubensdinge völlig aus der Luft gegriffen oder völlig falsch interpretiert worden. Ich kann mir gut vorstellen, dass man es teilweise so handhabte wie Melville es berichtet. Man kann die Inhalte einer Religion nicht in einem Crashkurs innerhalt von ein bis zwei Tagen, noch dazu mit Verständigungsproblemen, erfassen. Wenn man bedenkt, wie wenig manche Menschen über den Islam wissen und der wird in Deutschland inzwischen paralell zum Christentum praktiziert.


    Was mir auffiel, ist, dass Melville sehr oft Vergleiche mit den Bewohnern der Sandwich- oder Gesellschaftsinseln anstellt. Ob es sich nun um das Aussehen, die Bräuche oder Verhalten der Bewohner geht.
    Neben der Kritik der Kolonialisierung wagt er sich jetzt sogar so weit vor die Kirche zu kritisieren. In Kapitel 26 schreibt er

    Zitat

    Zivilisiert die Wilden, aber bringt ihnen die Segnungen und nicht die Übel der Zivilisation! Vernichtet das Heidentum, aber nicht dadurch, dass ihr die Heiden vernichtet!


    dann spielt er auf falsch verwendete Spendengelder an.
    Geschickt finde ich seine Art, wie er am Ende des Kapitels sich als Überbringer von schlechten Nachrichten bezeichnet, davon ausgeht deshalb in Ungnade zu fallen, aber doch einen Segen für die Zukunft der Mission darin sieht. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet, ist dies richtig, denn nur wer die Fehler kennt, kann sie ausmerzen. Aber da um die verletzten Eitelkeiten weiß, lobt er schon jetzt die Weitsicht der Verantwortlichen. Sehr klug!


    Herzlich lachen musste ich in Kapitel 28, als er sich über Fayaway und die rohen Fische ausließ. Nichts scheint die anmutige, schönste, lieblichste und wer weiß was noch alles Fayaway jemals tun können, das ihr sein Wohlwollen entziehen würde.



    [...] in Kapitel 24 sinniert Tom darüber, dass die Taipi gar keinen fest beschriebenen Glauben haben und insgesamt sehr lasch mit dem Thema umgehen. Lustig fand ich die Szene, in der Kory-Kory das Götzenbild beschimpft und verprügelt, ebenso wie der Gott Moa Atua durch Drohungen dazu gebracht werden soll, göttliche Geheimnisse zu verraten. Anscheinend nehmen die Götter nicht auf einem sonderlich hohen Stellenwert bei den Taipi ein.


    Die Behandlung ihrer Götter fand ich auch etwas seltsam. So respeklos, dass ich schon dachte, vielleicht ist das gar nicht ein Abbild ihres Gottes sondern nur ein Mittler, der die göttlichen Botschaften überbringt. Aber Kory-Kory geht ja ebenfalls so roh mit einer Statue um. Sehr befremdend.



    Ganz kurz schneidet Tom auch das Thema Kannibalismus an, das ja seit Beginn der Erzählung immer wieder aufflammt. Die Taipi essen also tatsächlich Menschenfleisch, aber "nur" das der Feinde. Da er anscheinend keine Angst mehr hat, selbst im Kochtopf zu landen, verteidigt Tom diesen Brauch, da die Taipi ansonsten so friedlich und tugendhaft sind. Für uns erscheint es ungeheuerlich, Menschenfleisch zu essen, aber das ist sicher auch wieder nur eine Gewohnheits- und ERziehungssache, genauso wie wir keine Hunde- oder Katzenfleisch essen wollen was anderswo Delikatessen sind.


    Diesen Umschwung hätte ich eigentlich nicht erwartet. Aber daran sieht man, wie sehr man sich doch anpassen kann, wenn man selbst nicht dazu gezwungen ist mitzumachen. Mich hätte nur interessiert, wie er die Sache gesehen hätte, wenn seine hochverehrte Fayaway an diesem hätte teilnehmen müssen/dürfen. Die winzig kleinen süssen Fische fand er dann auch nicht mehr so entsetzlich.


  • In Kapitel 25 beschreibt Tom die Schönheit der Bewohner der Marquesas, die wohl die anderer Südseebewohner übertrifft. Außerdem macht er sich Gedanken über die Machtverhältnisse bei den Taipi. So ganz scheint er nicht zu durchschauen, wer genau warum das Sagen hat, aber es ist wohl sein Freund Mehevi der der oberste Häuptling des Stammes, also der "König" ist.


    Das ist ähnlich wie der Umgang mit den religiösen Vorbildern, die geschimpft werden. Mehevi ist zwar eine Respektsperson, aber sein Rang ist nicht sofort erkennbar, weil er sich kaum in etwas einmischt oder den Chef herauskehrt. Eine sehr flache Hierarchie.


    In diesem Kapitel erwähnt Tom die schönen Zähne der Eingeborenen. Es war aber doch schon von Schweinefleisch die Rede?


    Sonderlich fortpflanzungswütig sind die Taipi auch nicht, so dass sich Geburten und Tode die Waage halten.


    Da hätte ich eher das Gegenteil erwartet. Wenn da schon Fünfzehnjährige (?) ihre festen Freundinnen haben, werden sie sicher nicht gemeinsam das Mondlicht bestaunen.



    Alles läuft auch bei diesen Thema entspannt ab, große Emotionen wie Liebe, Eifersucht, Wut, Neid usw. scheint es nicht zu geben. Wieder muss ich sagen, dass das nichts für mich wäre. Ich brauche Hochs und wenn es sein muss auch Tiefs, aber dieses emotionslose in den Tag hinein leben wäre mir zu fade.


    Die Harmonie steht dort an erster Stelle. Eigentlich sehr vernünftig, aber du hast recht, aus unserer Sicht ist das schwer verständlich.



    Tom macht sich aber auch Gedanken darüber, wie die "Zivilisation", also die Europäer, das Leben auf den Südseeinseln zum Schlechteren verändert haben.Er steht hier eindeutig auf der Seite der Inselbewohner, die im Namen der richtigen Religion zu billigen Sklaven gemacht werden, die in ihrem eigenen Land nichts mehr zu sagen haben.


    Möglichst viele Untertanen sind ein Ausdruck der Macht. Europäische Mächte sind auch aus diesem Grund aufgebrochen, um neues Land mitsamt seiner Bevölkerung zu erobern. Es ist schwer zu verstehen, warum Gesellschaften, die sich über Jahrhunderte hinweg bewährt haben, bekehrt werden müssen. Warum ihnen ohne Not fremde Ideale aufzwingen? Erst werden sie an eine fremde Kultur angepasst, dann lässt man sie zugrunde gehen an Krankheiten, Geld und Gütern, ohne die sie vorher gut ausgekommen sind. Es ist ziemlich arrogant, einfach herzugehen und sich als Oberhaupt aufzuschwingen, nur weil man die Mittel dazu hat.


    Die in Kapitel 27 beschriebenen Zustände sind wirklich paradiesisch. Davon könnten wir uns alle mal eine Scheibe abschneiden.



    Die Taipi essen also tatsächlich Menschenfleisch, aber "nur" das der Feinde. Da er anscheinend keine Angst mehr hat, selbst im Kochtopf zu landen, verteidigt Tom diesen Brauch, da die Taipi ansonsten so friedlich und tugendhaft sind. Für uns erscheint es ungeheuerlich, Menschenfleisch zu essen, aber das ist sicher auch wieder nur eine Gewohnheits- und ERziehungssache, genauso wie wir keine Hunde- oder Katzenfleisch essen wollen was anderswo Delikatessen sind.


    Na ja, es ist schon ein Unterschied, ob man Tiere oder Menschen isst. Es macht auch einen Unterschied dahingehend aus, dass Tiere aus Ernährungszwecken gegessen werden, während beim Kannibalismus nur bestimmte Teile des Menschen gegessen werden, weil man sich dadurch erhofft, dass die Stärke Opfers auf die Sieger übergeht (habe ich mal gelesen). Wenn man es positiv sehen möchte, könnte man sagen, es ist eine Ehre, verspeist zu werden. Immerhin.

  • Da hätte ich eher das Gegenteil erwartet. Wenn da schon Fünfzehnjährige (?) ihre festen Freundinnen haben, werden sie sicher nicht gemeinsam das Mondlicht bestaunen.


    Darüber wunderte ich mich auch. Sind sie selbst dazu zu träge, oder haben sie eine Art Geburtenkontrolle? Beispielsweise Kräuter, die eine Empfängnis verhüten. Vernünftig ist es allemal, da sie kaum die Möglichkeit haben sie territorial auszudehnen.



    Na ja, es ist schon ein Unterschied, ob man Tiere oder Menschen isst. Es macht auch einen Unterschied dahingehend aus, dass Tiere aus Ernährungszwecken gegessen werden, während beim Kannibalismus nur bestimmte Teile des Menschen gegessen werden, weil man sich dadurch erhofft, dass die Stärke Opfers auf die Sieger übergeht (habe ich mal gelesen). Wenn man es positiv sehen möchte, könnte man sagen, es ist eine Ehre, verspeist zu werden. Immerhin.


    Wenn man es so betrachtet, ist es sicher eine Ehre, der sich jedoch kaum einer angedeihen lassen will, da dadurch die Kraft des Feindes zunimmt.

  • Ich habe heute die Kapitel 29 - 31 weitergelesen. Hier geht es weiter um das Leben der Insulaner. Das ist wenig spektakulär, aber trotzdem spannend zu lesen, vor allem, wenn man weiß, dass Melville eigene Erfahrungen beschreibt. Zumindest hoffe ich, dass es eigene Erfahrung ohne große Ausschmückungen oder Hinzugedichtetes ist.


    Im 30. Kapitel lässt Tom sich über das Tätowieren aus und erzählt von seinen Anstrengungen, der Zwangstätowierung zu entgehen. Wir erfahren auch, dass die Tatoos religiöse Hintergründe haben: "Das ganze System der Tätowierung hing mit ihrer Religion zusammen, und es war daher klar, dass sie beschlossen hatten, mich zu bekehren." Nun sieht Tom, wie es sich anfühlt, wenn man sich gegen seinen Willen und Überzeugung einer Gewalt beugen muss. Leider trifft dieses Lehrstück mit ihm die falsche Person. Diese Erfahrung hätte man den frühen Eroberern angedeihen lassen sollen, die sich ferne Völker unterworfen haben. Immerhin kommt Tom ja ohne Tatoo davon.



    Passend zur Lektüre waren wir heute im Botanischen Garten in München und haben uns besonders die Gewächshäuser genau angesehen. Ich weiß zwar nicht, welche Bäume auf den Marquesas wachsen, aber ich konnte mir in den heißen und gleichzeitig trockenen oder feuchten Abteilungen lebhaft das Insel-Urwald-Feeling im Tal der Taipis vorstellen. Grün, wohin das Auge blickt, wunderschöne Palmen und andere Baum- und Buscharten. Einfach toll!

  • Ich habe das Buch gestern beendet, inklusive Nachbemerkung, Tobys Geschichte und Nachwort.



    Darüber wunderte ich mich auch. Sind sie selbst dazu zu träge, oder haben sie eine Art Geburtenkontrolle? Beispielsweise Kräuter, die eine Empfängnis verhüten. Vernünftig ist es allemal, da sie kaum die Möglichkeit haben sie territorial auszudehnen.


    Es muss wohl eine Art Geburtenkontrolle geben, denn wie Doris schon angemerkt hat, sie werden ja kaum nur Händchen halten. Wobei, da sie zu fast allen anderen Aktivitäten zu träge sind, würde es mich nicht wundern, wenn ihnen der Fortpflanzungsakt auch zu anstrengend wäre :zwinker:.




    Na ja, es ist schon ein Unterschied, ob man Tiere oder Menschen isst. Es macht auch einen Unterschied dahingehend aus, dass Tiere aus Ernährungszwecken gegessen werden, während beim Kannibalismus nur bestimmte Teile des Menschen gegessen werden, weil man sich dadurch erhofft, dass die Stärke Opfers auf die Sieger übergeht (habe ich mal gelesen). Wenn man es positiv sehen möchte, könnte man sagen, es ist eine Ehre, verspeist zu werden. Immerhin.


    Da hst du natürlich recht, ein Tier zu essen ist natürlich trotzdem immer etwas anderes als einen Menschen, also Artgenossen. Die Taipi sind ja auch nicht gezwungen, Menschen zu essen, weil sie sonst verhungern würden, sondern es geht tatsächlich darum, nach einer gewonnenen Schlacht den Sieg über die Feinde zu feiern, wie es in Kapitel 32 beschrieben wird. Damit ist nun klar, dass die Taipi tatsächlich Kannibalen sind, dass dieses grausame Ritual aber "nur" selten begangen wird und auch "nur" die Häuptlinge und Kämpfer daran teilnehmen.
    Auch wenn Tom das Kannibalentum in den vorhergehenden Kapiteln fast schon entschuldigt hat, weil die Taipi ja ansonsten sehr friedliche Menschen sind, ist diese Siegesfeier der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, zusammen mit dem Gefühl, in Ungnade zu fallen wenn er sich nicht tätowieren lässt. Tom wäre ja sogar bereit, sich am Körper tätowieren zu lassen, aber das ist den Taipi nicht genug, das Gesicht muss es sein. Vielleicht haben gerade die Gesichtstatoos bestimmte religiöse Bedeutungen und heben den Träger in einen bestimmten Stand? Die Frauen sind ja im Gesicht nicht tätowiert.


    Auf jeden Fall will Tom fliehen. Ein erneuter Besuch von Marnu in Kapitel 33 scheint eine Flucht endlich möglich zu machen, aber die Taipi bewachen Tom zu gut, als dass er sich auf dem Pfad, den Marnu ihm gezeigt hat, aus dem Staub machen könnte. Ganz so träge und friedfertig sind sie dann anscheinend auch wieder nicht, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben (Tom als Gefangener, die Tätowierungen) lassen sie sich so leicht nicht davon abbringen.


    Erst in Kapitel 34 gelingt es Tom, mit einem Boot das Tal zu verlassen und das auch nur, weil sein Hausherr Maheyo sich auf seine Seite schlägt und ihn gehen lässt. Hier kommt es zum ersten Mal zu einem Konflikt unter den Taipi, da nicht alle Maheyos Meinung teilen und einige Männer doch noch versuchen, Tom aufzuhalten, was ihnen aber nicht mehr gelingt. Tom gelangt nach Nukuhiwa auf einen Walfänger, mit dem er die Marquesas verlassen kann.


    In der Nachbemerkung verteidigt Melville den Ruf eines englischen Lords Paulet, der die Herrschaft auf den Sandwich-Inseln von einem schwachen und schlecht beratenen Eingeborenenkönig übernahm, was wogl zu einem großen Aufschrei un Amerika geführt hat. Ich habe diesen Anhang ehrlich gesagt ziemlich halbherzig überflogen, weil er mit der eigentlichen Geschichte nichts mehr zu tun hatte und ich irgendwie die Zusammenhänge nicht auf die Reihe bekam :redface:. Vielleicht hatte von euch beiden ja jemand noch mehr Muße dazu?


    Von Toby erfährt man erstmal nichts mehr und kann sich immer noch nicht sicher sein, ob die Taipi ihn nicht doch getötet haben. Ein angehängtes Kapitel, "Tobys Geschichte" macht aber der Ungewissheit ein Ende. Toby wurde mit der Versprechung, dass Tom ebenfalls gerettet werden würde, nach Nukuhiwa auf ein Schiff gelockt, das den Hafen verlies ohne sich weiter um Tom zu kümmern. Er ist also auch nicht die treulose Tomate, die seinen Kameraden im Stich lässt, sondern hatte keine andere Wahl als dem Schlitzohr Jimmy zu vertrauen.


    Im Nachwort geht es um die Bedeutung von "Taipi" in der Welt- und vor allem Südseeliteratur und der Frage, ob es sich nun um einen Roman oder eine Reisebeschreibung handelt. Melville scheint beide Formen zu vermischen und so eine gut erzählte, autobiographische und nicht wenig spannende Erzählung geschaffen zu haben, die Einblicke in das paradiesisch anmutende Leben der Bewohner der Marquesas-Inseln vor der Begegnung mit der weißen Zivilisation bietet. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich würde soweit gehen, 4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus: dafür zu vergeben.
    Das einzige kleine Manko für mich ist, dass nicht alle Fragen, die sich mir gestellt haben (zur Religion der Taipi, warum sie Tom unbedingt in Gefangenschaft halten wollen, was es genau mit dem Tabu auf sich hat) beantwortet werden, wobei das wahrscheinlich auch nicht möglich ist, da Tom ja nur aus seiner Sicht, also der Sicht des Gastes oder Beobachters erzählen kann.

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  • Gestern habe ich den Rest des Buches gelesen.


    Im 29. Kapitel setzt sich Melvilles Beschreibung der Lebensart und des Lebensraumes der Taipis fort. Dass sich andere Tiere über den Schiffsverkehr absichtlich, wie auch unabsichtlich, verbreitet haben, ist ja bekannt. Allerdings war ich mir nicht im Klaren darüber, dass auch Stechfliegen dazu gehörten. Mich treiben Stechmücken jeder Art zum Wahnsinn, wahrscheinlich empfinde ich daher für das nunmehr geplagte Inselparadies noch mehr Mitleid.


    Über Tom ständige Flucht vor Karky in Kapitel 30 musste ich schmunzeln. Nun ist klar, dass die Tattoos religiöser Art sind. Wenn auch vielleicht nicht alle, wie etwa die Tattoos der Frauen, die einen "Ehe" eingegangen sind.
    Die Beschreibung des Tätowiervorgangs hätte mich allerdings völlig auf Toms Seite gezogen.


    Im 32. Kapitel entfremdet sich Tom wieder von den Taipis. Er muss nun aus nächster Nähe die Anzeichen von Kannibalismus erleben und ist entsetzt. Zwar hat er diesen Aspekt bereits gekannt, ja sogar bis zu einem gewissen Grad tolerieren können, aber nun, da er es direkt vor Augen hat, wendet er sich ab. Zumal sein eigenmächtiges Handeln Mehevi wieder gegen ihn aufgebracht hat. Erneut von seiner Krankheit befallen, ohne einen gleichwertigen Gesprächspartner und die Angst vor einen Übergriff der Taipis vor Augen, denn er weigert sich beharrlich sich im Gesicht tätowieren zu lassen, sucht er fieberhaft nach einem Ausweg.


    Diesen Ausweg sieht er im 33. Kapitel in dem zweiten Besuch von Marnu. Zu meinem Erstaunen hat dieser sich sogar bereit erklärt Tom zu helfen. Leider ist die Überwachung so lückenlos, dass Tom keine Möglichkeit findet den ihm gewiesenen Weg einzuschlagen. Etwas Trost verschafft ihm Marheyos Mitgefühl. Der Alte weiß, wie es um seinen Hausgast bestellt ist.


    Endlich ist es soweit. Im 34. Kapitel gelingt es Tom die Taipis soweit zu bringen ihn ans Meer zu lassen, wo er Toby vermutet. Beinahe hätte er es nicht geschafft. Doch eine Meinungsverschiedenheit verhilft ihm hier zum Weiterkommen. Erstaunlich! Das ist eigentlich das erste Mal, dass sie die Taipis "streiten". Marheyo ermuntert ihn geradezu und lässt ihn gehen, als er seine Chance sieht. Karakoi bringt ihn nach Nukuhiva zurück und Tom verlässt mit einem Walfangschiff die Insel.


    In der Nachbemerkung geht es um die Übernahme Tahitis durch die Franzosen. Melville verteidigt das Vorgehen Lord George Paulets. Nach 2 Seiten habe ich diesen Teil nur überflogen. Mir sagten all die Namen nichts und es langeweilte mich.


    Dann endlich kam der Teil, auf den ich schon gewartet hatte. Tobys Geschichte. Im Grunde hatte ich so etwas schon vermutet und kann nun aufatmen. Er wurde weder als Festmahl verspeist, noch hat er Tom im Stich gelassen.


    Das Nachwort hatte ich bereits gelesen. Die Hintergründe finde ich stets spannend, besonders wenn es sich um Bücher mit realen Ereignissen handelt. Und hier wurde noch etwas mehr auf die Insel und ihre Bewohner eingegangen.


    Leider hat sich die Frage, warum die Taipis so erpicht darauf waren Tom in ihrer Gemeinschaft zu behalten nicht geklärt worden. Ich hatte bis zuletzt darauf gehofft.


  • Vielleicht haben gerade die Gesichtstatoos bestimmte religiöse Bedeutungen und heben den Träger in einen bestimmten Stand? Die Frauen sind ja im Gesicht nicht tätowiert.


    Diesen Eindruck hat man jedenfalls bekommen. Mich wunderte nur, dass die Frauen einerseits ein tolles Leben hatten, sie mussten kaum arbeiten und wurden von den Männern umworben, andererseits von religiösen Dingen meist ausgeschlossen waren. Ist die Religion reine Männersache? Weil man seine Götter anpöbeln und verdreschen muss und die Schmutzarbeit dem Mann überlassen ist? :zwinker:
    Ich werde da nicht ganz schlau daraus.



    Hier kommt es zum ersten Mal zu einem Konflikt unter den Taipi, da nicht alle Maheyos Meinung teilen und einige Männer doch noch versuchen, Tom aufzuhalten, was ihnen aber nicht mehr gelingt.


    Kaum hat in Gestalt von Tom die Zivilisation Einzug gehalten, schon geht alles den Bach runter, könnte man denken.



    In der Nachbemerkung verteidigt Melville den Ruf eines englischen Lords Paulet, der die Herrschaft auf den Sandwich-Inseln von einem schwachen und schlecht beratenen Eingeborenenkönig übernahm, was wogl zu einem großen Aufschrei un Amerika geführt hat. Ich habe diesen Anhang ehrlich gesagt ziemlich halbherzig überflogen, weil er mit der eigentlichen Geschichte nichts mehr zu tun hatte und ich irgendwie die Zusammenhänge nicht auf die Reihe bekam :redface:. Vielleicht hatte von euch beiden ja jemand noch mehr Muße dazu?


    Huch, du hast den Teil auf jeden Fall gründlicher gelesen als ich. Gut, dass nicht nur ich diesen Teil nicht so interessant fand. Melville hat zwar innerhalb der Geschichte oft Vergleiche gezogen mit den Sandwich- und Gesellschaftsinseln, warum er diese Nachbemerkung aber unbedingt noch anhängen musste, entzieht sich meinem Verständnis. Vielleicht musste dies einfach mal loswerden.



    Das einzige kleine Manko für mich ist, dass nicht alle Fragen, die sich mir gestellt haben (zur Religion der Taipi, warum sie Tom unbedingt in Gefangenschaft halten wollen, was es genau mit dem Tabu auf sich hat) beantwortet werden, wobei das wahrscheinlich auch nicht möglich ist, da Tom ja nur aus seiner Sicht, also der Sicht des Gastes oder Beobachters erzählen kann.


    Dass religiöse Fragen nach gelöst werden konnten, fand ich nicht so schlimm. Wie du ja schon schreibst, es wird aus Sicht Toms geschildert. Im Nachwort steht zwar noch einiges dazu, aber auch dort kann nicht alles geklärt werden. Warum Tom aber nun ein Dauergefangener der Taipis blieb hätte ich gerne erklärt bekommen.

  • Ich habe diesen Anhang ehrlich gesagt ziemlich halbherzig überflogen, weil er mit der eigentlichen Geschichte nichts mehr zu tun hatte und ich irgendwie die Zusammenhänge nicht auf die Reihe bekam :redface:. Vielleicht hatte von euch beiden ja jemand noch mehr Muße dazu?


    Hätte ich sicher gemacht, aber das fehlt in meinem Buch. Das Nachwort habe ich noch nicht gelesen, mache ich wahrscheinlich morgen. Tobys Geschichte dagegen habe ich gelesen und als etwas wirr empfunden. Das kann einerseits daran gelegen haben, dass ich in dem Moment nicht gerade die besten Leseverhältnisse hatte und andererseits auch wenig Interesse an seinem Schicksal.



    Das einzige kleine Manko für mich ist, dass nicht alle Fragen, die sich mir gestellt haben (zur Religion der Taipi, warum sie Tom unbedingt in Gefangenschaft halten wollen, was es genau mit dem Tabu auf sich hat) beantwortet werden, wobei das wahrscheinlich auch nicht möglich ist, da Tom ja nur aus seiner Sicht, also der Sicht des Gastes oder Beobachters erzählen kann.


    Es könnte auch daran liegen, dass diese Fragen zu Melvilles Zeit noch nicht so spannend waren, weshalb er den Focus auf seine Erlebnisse und den normalen Tagesablauf legte. Dass sie Tom als Gefangenen behalten wollten, könnte Prestigegründe haben. Wer kann schon von sich behaupten, einen dieser streitbaren Weißen in seinem Dorf zu festgesetzt zu haben? Außerdem ist ihnen ein zweiter Gefangener entwischt, was bei den feindlichen Stämmen bestimmt für Häme gesorgt hat.


    Die fremde Religion war Melville und seinen Zeitgenossen sicherlich egal, sonst hätten sie nicht versucht, alle "Wilden" zum Christentum zu bekehren. Es hat sich bestimmt kaum ein Europäer oder Amerikaner jemals die Mühe gemacht, die Religion richtig kennen zu lernen. Was das Tabu betrifft, wussten die Menschen damals wohl auch weniger darüber als wir heutzutage, deshalb bleibt in dieser Hinsicht vieles im Dunkeln. Genau genommen ist ein Tabu nichts anderes als ein Gesetz, auch wenn es manchmal noch so abstrus erscheint. In den USA gibt es Städte, in denen es gesetzlich verboten ist, auf den Boden zu spucken oder die Wäsche im Garten auf der Leine zu trocknen. Das ist genauso seltsam wie das Tabu, sich nicht in den Schatten eines Denkmals zu setzen.


    Beim Resümieren fiel mir auf, dass Tom (Melville) mit der Zeit ein positiveres Verhältnis zu den Taipi entwickelte - wenn man mal von der kannibalistischen Bedrohung absieht. Er interessierte sich für ihre Traditionen, versuchte die Sprache zu lernen, war dem Essen gegenüber aufgeschlossen und verliebte sich sogar in eine der jungen Frauen. Gut vorstellbar, dass er, hätte sich keine Fluchtmöglichkeit geboten, mit der Zeit sogar resigniert und sich in sein Schicksal ergeben hätte. Übrigens war Melville nur vier Wochen in der Gewalt der Taipi, hat also seinen Aufenthalt literarisch ordentlich ausgedehnt.


  • Übrigens war Melville nur vier Wochen in der Gewalt der Taipi, hat also seinen Aufenthalt literarisch ordentlich ausgedehnt.


    Da sieht man mal wieder, dass die Zeit für die Menschen unterschiedlich schnell abläuft. Hat man eine gute Zeit - schwups, ist sie vorbei. Läuft es nicht so gut, dehnt sie sich schier ins Unendliche. Somit hat Melville die gefühlte Zeit, die er dort verbrachte, verarbeitet. :breitgrins: Ob vier Wochen oder vier Monate, wichtig ist doch, was man daraus macht. Und er scheint seine Zeit dort gut genutzt zu haben.

  • Das Nachwort habe ich inzwischen gelesen bzw. überflogen, fand aber nichts mehr bemerkenswert und habe es geistig auch schon abgehakt.


    Bleibt noch festzuhalten, dass ich positiv überrascht wenn nicht gar erleichtert bin, dass "Taipi" einfacher zu lesen ist als "Moby Dick". Dort gab es mitunter einige Abschweifungen, die nicht ganz so einfach zu lesen waren. Nun muss ich nur noch eine Rezi schreiben, damit ich das Buch auf meiner Nautischen Liste auch ordnungsgemäß abhaken kann. Es war eine schöne Leserunde mit euch!


    Liebe Grüße
    Doris


  • Es war eine schöne Leserunde mit euch!


    Liebe Grüße
    Doris


    Finde ich auch! Vielleicht ergibt sich ja mal wieder eine kleine feine Lesrunde mit euch :knuddel:!

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen