Hermann Hesse - Siddhartha. Eine indische Dichtung

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    Klappentext


    Siddhartha, die weltberühmte Legende von der Selbstbefreiung eines jungen Menschen aus familiärer und gesellschaftlicher Fremdbestimmung zu einem selbständigen Leben, zeigt, daß Erkenntnis nicht aus Lehren zu vermitteln ist, sondern nur durch eigene Erfahrung erworben werden kann. Hermann Hesse erzählt die fiktive Lebensgeschichte Buddhas - Siddhartha ist sein Vorname - und ergründet, "was allen Konfessionen und menschlichen Formen der Frömmigkeit gemeinsam ist, was über allen nationalen Verschiedenheiten steht, was von jeder Rasse und von jedem einzelnen geglaubt werden kann". Wie authentisch diese indische Dichtung buddhistisches und taoistisches Gedankengut assimiliert hat, zeigt sich nicht nur stilistisch in der rhythmischen Diktion der Reden Buddhas, sondern auch wirkungsgeschichtlich durch die millionenfache Verbreitung, die das Buch in den asiatischen Ländern gefunden hat.


    Zitat von "Leseprobe"

    Siddhartha lauschte. Er war nun ganz Lauscher, ganz ins Zuhören vertieft, ganz leer, ganz einsaugend, er fühlte, dass er nun das Lauschen zu Ende gelernt habe. Oft schon hatte er all dies gehört, diese vielen Stimmen im Fluß, heute klang es neu. Schon konnte er die vielen Stimmen nicht mehr unterscheiden, nicht frohe von weinenden, nicht kindliche von männlichen, sie gehörten alle zusammen, Klage der Sehnsucht und Lachen des Wissenden, Schrei des Zorns und Stöhnen der Sterbenden, alles war eins, alles war ineinander verwoben und verknüpft, tausendfach verschlungen. Und alles zusammen, alle Stimmen, alle Ziele, alles Sehnen, alle Leiden, alle Lust, alles Gute und Böse, alles zusammen war die Welt. Alles zusammen war der Fluß des Geschehens, war die Musik des Lebens. Und wenn Siddhartha aufmerksam diesem Fluß diesem tausendstimmigen Liede lauschte, wenn er nicht auf das Leid noch auf das Lachen hörte, wenn er seine Seele nicht an irgendeine Stimme band und mit seinem Ich in sie einging, sondern alle hörte, das GAnze, die Einheit vernahm, dann bestand das große Lied der tausend Stimmen aus einem einzigen Worte, das hieß Om: Die Vollendung.


    Meine Meinung


    Ein Mann auf der Suche nach sich selbst, auf der Suche nach dem Sinn der Welt, dem Sinn des Lebens. Siddharta ist ein Charakter, der seinem Weg folgt und so schließlich das Ziel erreicht. Doch was ist das Ziel? Auf seiner Reise merkt Siddharta, dass der Weg das eigentliche Ziel ist, die Liebe zu sich selbst, ohne Selbstverliebt zu sein, die Liebe zu allen Lebewesen und Dingen, die Liebe zum Leben.


    Eine Rezension über dieses Buch zu schreiben ist wahrlich nicht einfach - alles wurde schon darüber gesagt, darüber geschrieben. Dennoch möchte ich meine Begeisterung gerne teilen. Siddharta hat mir etwas gegeben, von dem ich hoffe, dass ich es noch eine Weile in meinem Herzen behalten kann: Die Gewissheit, dass in jedem Menschen, in jedem Tier, in jeder Blume und in jedem Stein etwas wahrhaft göttliches wohnt. Dies öffnet die Augen für die Schönheit der Welt und hilft, sie zu verstehen. Es ist nicht wichtig, wohin wir am Ende unseres Weges gelangen. Wichtig ist nur, was wir auf unserem Lebensweg tun, ob wir uns treu bleiben, ob wir leben und dabei die Schönheit und die Liebe nicht aus den Augen verlieren.


    5ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo!


    Hmmm... mit diesem Buch liebäugle ich schon lange. Was mich bis jetzt abgeschreckt hat war eine grottenschlechte Meinung von einem Freund über dieses Buch aber dank Deiner Rezi ist die so gut wie vergessen :zwinker:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Oh, Siddharta! :klatschen:


    Ich bin richtig erstaunt, Kirsten, dass dein Freund so eine schlechte Meinung von diesem Buch hat. Bisher hab ich - sowohl von Männlein als auch Weiblein aller Altersstufen - nur Gutes über Siddharta gehört und war auch selbst wirklich beeindruckt von der Ruhe und der Kraft dieses Werks.


    Hesse schafft es irgendwie, genauso zu sein wie Siddharta selbst. Es passiert eigentlich viel, aber man hat trotzdem das Gefühl, ein sehr leises und langsames Buch zu lesen. Aber langweilig wird es trotzdem nie. Das Ende ist eine einzige Offenbarung und regt auf jeden Fall (wenn der Rest des Buches tatsächlich nicht gefallen sollte) zum Nachdenken an. :smile:

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  • Von Hesse wird ja häufig gesagt, dass er der perfekte Autor für alle Heranwachsenden sei. Zumindest für Siddharta trifft das bei mir zu; ich hab das Buch das erste Mal mit 17 gelesen und war wochenlang wie paralysiert von den Einsichten und Weisheiten, die darin vermittelt werden. Beim Re-Read vor ein paar Monaten, inzwischen fast doppelt so alt :zwinker: , hatte ich zwar immer wieder so "Déja vu"-Erlebnisse bei bestimmten Sätzen, die ich noch fast wortwörtlich im Gedächtnis hatte - aber diese Ehrfurcht vor der Lebensweisheit der Hauptperson hat sich nicht wieder eingestellt, und auch ansonsten hatte ich teilweise das Gefühl, dass sich einiges inzwischen überholt hat. Das ist aber auf jeden Fall ein Buch, das man mal gelesen haben sollte!

    Viele Grüße aus dem Zwielicht<br />[size=9px]Rihla.info | blooks - Rezensionen und mehr<br />[b][url=http://www.librarythi

  • Ich finde der Gedanke von "Wenn jemand etwas alleine gelernt hat, kann er es niemandem lehren, sondern muss andere dazu motvieren, es selbst zu lernen" kommt hierbei schön heraus. ,)


    4/5 Punkten, weil es zwischendurch schon mal etwas träge war.

    &quot;3717514512!&quot;

  • Zitat von "Twilight"

    Von Hesse wird ja häufig gesagt, dass er der perfekte Autor für alle Heranwachsenden sei.


    Seh ich genauso und ich finde das gilt für alle (die ich kenne) Hesse Romane. Und jedesmal war ich erstaunt, wie er diese Selstfindungsthematik anders verkleidet. Allerdings kann man in diesbezüglich auch kritisieren. Als Autor ein einziges Thema zu behandeln ist doch etwas einseitig...


    Ich find aber trotzdem genial, mein Favoriten sind eben dieses: "Siddhartha" und "Der Steppenwolf".


    Grüße


    ragle

  • Zitat von "Wendy"

    Oh, Siddharta! :klatschen:
    Hesse schafft es irgendwie, genauso zu sein wie Siddharta selbst. Es passiert eigentlich viel, aber man hat trotzdem das Gefühl, ein sehr leises und langsames Buch zu lesen. Aber langweilig wird es trotzdem nie. Das Ende ist eine einzige Offenbarung und regt auf jeden Fall (wenn der Rest des Buches tatsächlich nicht gefallen sollte) zum Nachdenken an. :smile:


    Seh ich ganz genauso. Ich hab einige Bücher von Hesse gelesen und Siddhartha war eins der wenigen, das mich nicht wirklich umgehauen hat. Aber gefallen hat es mir trotzdem - ein Buch in dem man sich einfach wohlfühlen kann und das viel zu sagen hat.


    Ich finde die Meinung, dass Hesse nur was für Heranwachsende ist, etwas merkwürdig. Hab ich auch schon oft gehört und kanns nicht wirklich verstehen. Mir haben seine Bücher auch im Erwachsenenalter viel gegeben. :smile:

    Das Wertvollste, das ein Mensch dir schenken kann, ist seine Zeit, denn sie ist unwiederbringlich verloren.

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Inan"

    Ich finde die Meinung, dass Hesse nur was für Heranwachsende ist, etwas merkwürdig.


    Nun ja: Hesse markiert meiner Meinung nach ein bisschen zu sehr den Guru und spirituellen Lehrer seiner LeserInnen. Dazu eine gewisse Auflehnung gegen die westliche Gesellschaft - fertig ist eine Mischung, die v.a. bei Pubertierenden gut ankommt. Ich persönlich hatte dann allerdings irgendwann genug davon, in allzu engen Bahnen bewegt sich Hesses Denken für mich.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Zitat von "sandhofer"


    Nun ja: Hesse markiert meiner Meinung nach ein bisschen zu sehr den Guru und spirituellen Lehrer seiner LeserInnen.


    Ja, ich kann verstehen, dass das so rüberkommen kann. Ich persönlich habe von Hesse allerdings immer nur gute Denkanstöße bekommen - nicht mehr und nicht weniger.


    Zitat

    Dazu eine gewisse Auflehnung gegen die westliche Gesellschaft - fertig ist eine Mischung, die v.a. bei Pubertierenden gut ankommt.


    Stimmt! Er schlägt schon auch in eine Kerbe, die mir gut in den Kram passt. :breitgrins: Nicht unbedingt die westliche Gesellschaft, sondern die Gesellschaft allgemein. Es gefällt mir gut, dass er die Menschen darin stärken möchte ein Individuum zu sein und ich denke, so lange man von sich selbst nicht sagen kann, dass man nichts tut nur weil es andere tun, ist man nicht zu alt für Hesse! :smile:


    Zitat

    Ich persönlich hatte dann allerdings irgendwann genug davon, in allzu engen Bahnen bewegt sich Hesses Denken für mich.


    Na, wer weiß?! Vielleicht denke ich in ein paar Jahren auch so! :zwinker: Aber im Moment klappt das noch hervorragend mit dem Hermann und mir. :breitgrins:


    Grüße zurück
    Inan

    Das Wertvollste, das ein Mensch dir schenken kann, ist seine Zeit, denn sie ist unwiederbringlich verloren.

  • Ich habe in der letzten Zeit nochmals "Siddhartha" und den "Steppenwolf" gelesen, beide Bücher sind etwas für kleine Rebellen :zwinker: , wozu ich mich aber mit meinen 39 Jahren noch gerne einsortieren möchte :breitgrins:
    Für nächstes Jahr habe ich mir noch weitere Werke von Hesse vorgenommen, alle Bücher habe ich vor 20 Jahren schon einmal gelesen, das möchte ich gerne wiederholen.


    Hesse finde ich einfach zu lesen, er macht Spaß, und lässt mich ein wenig den Alltag vergessen :smile:

  • Ich kann mich da Inan anschließen - ich kann verstehen, wenn jemand Hesse nicht mag, aber mir persönlich gefallen seine Bücher gut.


    In "Siddhartha" kam ich anfangs nicht so richtig rein, aber dann habe ich diese leisen Töne sehr genossen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo zusammen!


    Mit Hesse ist es wohl so ähnlich wie mit dem Kommunismus. Ihr kennt sicher den alten Spruch:


    Wer in der Jugend kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer im Alter noch immer Kommunist ist, keinen Verstand.


    Ja.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo ihr Lieben,


    Zitat von "sandhofer"

    Wer in der Jugend kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer im Alter noch immer Kommunist ist, keinen Verstand.


    dazu muss ich jetzt nochmal was sagen.


    Zitat von "booki (in der Steppenwolf-Leserunde)"

    Liegt wohl echt an dem "Hesse- Alter" :breitgrins:


    Was ich zu der Frage bringt: Verliert man beim Erwachsenwerden wirklich grundsätzlich so viele Ideale? Mir kommt es so vor.


    Ich bin wohl ein bißchen in der Zeit verloren gegangen, denn meine Ideale, die ich mit 15 hatte, habe ich mir erhalten. Vielleicht nicht in dieser radikalen Form, aber grundsätzlich schon.


    Manche Menschen bewundere ich immer noch und ich bedauere es sogar, dass es heutzutage nicht mehr diese Enthusiasmus der Jugend gibt. Wo sind unsere Revolutionäre denn? Sehr schade das. Dafür würde ich doch gerne meinen Verstand hergeben ;)


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo zusammen!


    Es ist wohl weniger, dass man Ideale verliert, als dass sie sich ändern. Das radikale Schwarz-Weiss der Jugend erhält Grautöne und Farben. Und man wird wohl zurückhaltender darin, andern seine eigenen Ideale als die einzig wirklichen und gültigen vorzuhalten.


    Weshalb auch bei Hesse Das Glasperlenspiel m.M. das einzige lesenswerte Werk ist.


    Auch glaube ich, dass Hesse selber durchaus damit einverstanden wäre, dass man ihn bzw. seine Werke bzw. sein Denken als Stufen der eigenen Entwicklung benützt. Stufen, die man allenfalls auch überschreiten und hinter sich lassen kann.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Du hast recht, sandhofer. Das Radikale verliert sich (hatte ich oben ja geschrieben).


    Zitat von "sandhofer"

    Auch glaube ich, dass Hesse selber durchaus damit einverstanden wäre, dass man ihn bzw. seine Werke bzw. sein Denken als Stufen der eigenen Entwicklung benützt. Stufen, die man allenfalls auch überschreiten und hinter sich lassen kann.


    Was mich zu der Frage bringt: Muss ich mit dem Gedanken eines Buches immer einverstanden sein? Muss ich die Beweggründe der Protagonisten immer nachvollziehen können?

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "sandhofer"

    Es ist wohl weniger, dass man Ideale verliert, als dass sie sich ändern. Das radikale Schwarz-Weiss der Jugend erhält Grautöne und Farben. Und man wird wohl zurückhaltender darin, andern seine eigenen Ideale als die einzig wirklichen und gültigen vorzuhalten.


    Nein, dem muss ich ein wenig widersprechen.
    Du hast Recht, wenn du sagst, dass man im Alter seine eigenen Ideale keinen anderen mehr aufdrängen möchte. Die Toleranz lässt viele Farben durchgehen. Allerdings hasse ich Grautöne! Ein Mensch der aalglatt ist, oder keine eigene Meinung vertritt, dem höre ich nicht gerne zu, dazu ist mir meine Zeit zu kostbar.
    Aber ich freue mich immer, wenn ich (besonders junge Mensche) begegne, die noch Visionen haben. Manchmal ist das so ansteckend, dass ich selber wieder zum Rebell werde.
    Auch bin ich nach wie vor in Gruppen und Vereinen, die noch etwas verändern möchten, z.B. bei Green Peace. Es ist doch klasse, wenn Green Peace die Namen öffentlich herausschreit, wer und wo man vergiftet wird.


    Desweiteren kann ich dir versichern, dass mein Verstand messerscharf ist, auch wenn mein Blut mit 39 manchmal noch kocht :zwinker:

  • Zitat

    Auch glaube ich, dass Hesse selber durchaus damit einverstanden wäre, dass man ihn bzw. seine Werke bzw. sein Denken als Stufen der eigenen Entwicklung benützt. Stufen, die man allenfalls auch überschreiten und hinter sich lassen kann.


    Das beste Beispiel hier, ist doch "Siddhartha" :bussi:

  • Zitat von "Heidi Hof"

    Du hast Recht, wenn du sagst, dass man im Alter seine eigenen Ideale keinen anderen mehr aufdrängen möchte. Die Toleranz lässt viele Farben durchgehen. Allerdings hasse ich Grautöne! Ein Mensch der aalglatt ist, oder keine eigene Meinung vertritt, dem höre ich nicht gerne zu, dazu ist mir meine Zeit zu kostbar.


    Fragt sich natürlich, wie man Grautöne definiert. Ich verstehe darunter nicht eine Fähnchen-im-Wind-Mentalität, sondern eher, dass man ein stückweit auch die Argumentation oder die Beweggründe des anderen verstehen kann, dass man nicht simpel Gut und Böse unterscheidet, sondern auch die Abstufungen dazwischen erkennt.


    [size=9px]Edit: Da die folgende Diskussion nichts mehr mit Siddharta zu tun hatte, habe ich sie abgetrennt. LG nimue[/size]

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo zusammen!


    Zitat von "nimue"

    Was mich zu der Frage bringt: Muss ich mit dem Gedanken eines Buches immer einverstanden sein? Muss ich die Beweggründe der Protagonisten immer nachvollziehen können?


    Beide Male sicherlich: Nein. Es kommt aber immer noch darauf an, wie ein Autor seine Gedanken "verpackt". Ich kann einen Jünger oder einen Benn lesen, auch wenn mir deren Weltanschauung zuwider ist, Hesse (der mir eigentlich näher stehen sollte) ist mir zu plump, als dass ich ihn wirklich noch anders als in homöopathischen Dosen zu mir nehmen könnte. (Vom "Hesse für Arme", i.e. Coelho, ganz zu schweigen ... )


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)