Donna Tartt - Der Distelfink/The Goldfinch

Es gibt 26 Antworten in diesem Thema, welches 6.281 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

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    Originaltitel: The Goldfinch


    Das Buch beginnt in Amsterdam, ein junger Amerikaner, Theo Decker ist offensichtlich auf der Flucht. Bevor man genau erfährt, weswegen gibt es einen (langen) Rückblick: Der 13jährige Theo lebt mit seiner Mutter in NewYork als während eines Museumsbesuchs eine Bombe hochgeht und die Mutter tötet. Theo verlässt das Gebäude mit dem Ring eines alten Mannes (letzte Worte: Gib ihn da und da ab) dessen Enkelin ihn in ihren Bann gezogen hatte und einem Gemälde, dem "Distelfink".
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    Theo kommt bei einem Schulkameraden unter und beginnt irgendwann sein Trauma zu überwinden, nachdem er das Mädchen wieder trifft und in ihrem "Onkel", einem Restaurator einen Gesprächspartner findet.


    Soweit das Geschehen nach rund 200 der 840 Seiten meiner ebook-Ausgabe (in Papierform sind es rund 1000). Bislang gefällt es mir ganz gut, ich mag Theo zwar nicht so besonders, aber er ist halt auch nicht gerade in sympathischster Verfassung, also ist das schon okay.

  • So, Teil 2 habe ich auch beendet. Dass es etwas länger gedauert hat, lag an den Leih-Büchern, die ich dazwischenschieben musste, nicht am Fink selber.


    Irgendwann ist dann (leider) Theos Vater wieder aus der Versenkung aufgetaucht, zusammen mit seiner neuen Freundin und Theo blieb nichts anderes übrig, als sie nach Vegas zu begleiten. Das nächste Jahr oder so sehen wir Theo beim Verwahrlosen und Abrutschen zu: Essen und "elterliche Fürsorge" gibt es nur unregelmäßig, wie auch sonst, wenn der Vater den Alkoholismus gegen Tabletten eingetauscht hat und glaubt sein Geld im Casino und beim Wetten verdienen zu können, Theos neuer bester Freund ist noch entwurzelter als er und seine neuen Freizeitbeschäftigungen sind Klauen, Alkohol und die ersten Drogen. In gewisser Weise ist dieser Teil zu lang, illustriert dadurch aber die alltägliche Langeweile Theos.


    Als der Vater auch noch stirbt, kehrt Theo auf eigene Faust nach New York zurück, zu dem einzigen Erwachsenen, dem er vertraut, Restaurator Hobie und da bin ich gerade mit ihm angekommen.

  • Kurz darauf gab es einen Zeitsprung, wir landen in den Monaten vor den Geschehnissen vom Buchbeginn. Theo ist erwachsen, schluckt zuviele Tabletten und handelt mit (Hobies) Antiquitäten. Dabei allerdings nicht immer ganz korrekt und das wird zu einem Problem, als ein geprellter Kunde seine eigenen Ideen von Wiedergutmachung hat.


    Jetzt will ich nicht mehr verraten, einiges aus der Vergangenheit kommt hoch und auch der Distelfink nimmt wieder mehr Raum ein, aber ich will ja niemanden spoilern. :zwinker:


    Es fehlen noch rund 150 Seiten und im Moment warte ich auf eine längere störungsfreie Lesezeit, das würde ich nämlich gerne am Stück lesen, ich glaube, es wechselt langsam von interessant zu spannend.

  • Ich habe das Buch heute in einem Buchgeschäft gesehen und sofort an die Monatsrunde gedacht. Nach deiner Rezension entscheide ich dann endgültig, ob es auf meine Wunschliste wandert. Momentan bin ich sehr interessiert. :smile:

  • Dieses Buch wurde in meinem lieblingsbuchlanden,von meiner lieblingshändlerin vorgeschlagen und auszugsweise vorgelesen, es Klang ganz toll. Ich schleiche auch schon länger drum rum und warte auch sehnsüchtig auf deine rezi.

  • Ich bin auch auf deine Meinung gespannt.
    Ich habe das Buch kürzlich auch gelesen, über etwa einen Monat verteilt, weil ich es nicht am Stück lesen wollte / konnte. Theos Leben ist schon heftig, aber irgendwie auch faszinierend, obwohl wenn er mir durchaus nicht sympathisch war.

  • So viele Neugierige und ich bin mir nicht schlüssig, wie ich das Buch fand. :rollen:


    Aber, ich beginne erst einmal mit einem kurzen Gemotze über eine schlampig recherchiert habende Autorin und ein Lektorat, das wohl auch selten in Europa war:


    Theo sitzt in Amsterdam und will nach Hause, aber unglücklicherweise hat er seinen Pass nicht mehr. Am liebsten würde er aber auch nicht in Amsterdam, sondern schön weit weg, nämlich in Paris zum Konsulat gehen. Also ab zum Bahnhof und eine Fahrkarte kaufen, wo der Quatsch losgeht: Am Schalter verlangt man seinen Pass, da es ja grenzüberschreitender Bahnverkehr wäre. :grmpf: Was für ein Quatsch, wir sind in Schengen-Europa und selbst vorher brauchte man (soweit ich mich erinnere) den Pass erst bei der Zollkontrolle im Zug. Einen Ausweis für einen Fahrschein braucht man ja wohl höchstens um zu beweisen, dass man alt oder jung genug für gewisse Ermäßigungen ist oder vielleicht (ganz vielleicht!) noch bei Bezahlung mit Kreditkarte um zu beweisen, dass diese nicht geklaut ist. :belehrerin: *aufreg* Der Quatsch geht weiter, als er dann in Amsterdam im Konsulat anruft und ihm die Frau am Telefon erzählt, dass ein vorläufiger neuer Pass 10 Werktage dauern würde - sehr wahrscheinlich dass die US-Behörden so langsam sind, wenn man vom deutschen Zoll zur Not sogar einen am Flughafen beim warten aufs Flugzeug bekommen kann.


    Aber - an diesen behördlichen Verzögerungen hängt an dieser Stelle die gesamte Geschichte, die Autorin muss dafür sorgen, dass Theo von der Unmöglichkeit einer schnellen Flucht überzeugt ins Hotel zurückkehrt. Sie hätte da statt Behördenwahnsinn nur lieber einen Schneesturm, einen Streik oder etwas anderes realistisches nutzen sollen... :rollen:


    Und wo ich gerade dabei bin: während mehrerer Tage sitzt Theo mit einer fetten Grippe o.ä. inkl. Schüttelfrost und Fieber in seinem Hotel und kommt nicht einmal auf die Idee, einen Arzt aufzusuchen oder kommen zu lassen?!?

    Einmal editiert, zuletzt von illy ()

  • Gar nicht so einfach, zu einem abschließenden Gesamturteil zu kommen. Grundsätzlich fällt es mir schwer, Bücher zu mögen, wenn ich die Hauptfigur nicht mag und Theo ist nun einmal nicht liebenswert. Dass der 13jährige Theo traumatisiert ist, alle Hilfe ablehnt und sich selbst überlassen völlig abdriftet, ist verständlich und nachvollziehbar. Auch der erwachsene Theo, der ständig zugedröhnt ist, aber der Meinung, sein Leben und alles im Griff zu haben und natürlich jederzeit aufhören zu können und auch nicht bemerkt, dass einige andere seinen Drogenkonsum (ach nein, er nimmt ja keine Drogen, sondern Tabletten, er ist ja schließlich kein Junkie) durchaus wahrnehmen, ist nicht unrealistisch. Sympathisch ist er allerdings überhaupt nicht und für die erwachsene Figur, so zerbrochen, wie er auch sein mag, habe ich keine Mitleid mehr.


    Ansonsten lässt sich die Autorin insgesamt sehr viel Zeit für die Entwicklung ihrer Geschichte wie auch für immer wieder eingefügte Details über Kunst und Antiquitäten, Theos jugendliche Alkoholexzesse nehmen viel Platz ein und auch sonst hat man manchmal das Gefühl, jedes Detail aus Theos Leben beschrieben zu bekommen und jede einzelne Gefühlsregung. Ab und zu habe ich gedacht, „ja, liebe Autorin, ich habe das Muster nun durchschaut, erzähl mal etwas anderes und nicht vom siebten Kater hintereinander“, aber grundsätzlich gefiel mir das Tempo schon. Der Showdown in Amsterdam gegen Ende wirkt dagegen hektisch, überdreht, wie auf Speed oder im Fieberwahn (auch schon bevor Theo tatsächlich Fieber hat) und bietet einen Gegensatz, bevor sie das Buch mit zutiefst (moral-)philosophischen Betrachtungen Theos abschließt. Sie lässt ihn nach Wirrungen tatsächlich seine Position in der Welt finden oder besser gesagt, Theo akzeptiert endlich, wie die Welt funktioniert und hadert nicht mehr mit den Widersprüchen zwischen seiner Wahrnehmung und Meinung und der der Allgemeinheit.


    Ich kann mich nicht mehr an „Die geheime Geschichte“ erinnern, aber sie hat Donna Tartt damals einen positiven Platz in meinem Autorengedächtnis verschafft, „Der Distelfink“ hat ihr diesen nicht wieder weggenommen. Es ist in jedem Fall ein Buch, dem man seine Zeit geben muss, man muss sich auf die Figuren, die Geschichte, das Erzähltempo einlassen und ich vermute so einige Tiefen, die sich mir beim ersten Lesen nicht völlig erschlossen haben und für die man eine Wiederholung bräuchte. Bei diesem Buch sehe ich mein Abschlussurteil auch nicht wirklich als letztes Urteil an, ich kann mir vorstellen, dass ich das Buch in einem halben Jahr, mit ein wenig mehr Abstand, anders beurteilen werde, ob als genial oder kompletten Mist bleibt abzuwarten.


    4ratten

  • Deine Rezenssion hat mir gerade verdeutlicht, dass ich das Buch leihen und nicht kaufen werde. Wenn's mir gefällt kann's immer noch in mein Regal ziehen.

  • Hallo Vorredner, ja schwierig. Einesteils war ich begeistert, dann verlor ich den Faden, dann legte ich es weg, jetzt habe ich es fertig gelesen. Uff.
    Donna Tartt hat eine herrliche Sprache, elaboriert, poetisch, manchmal zauberhaft, aber auch weitschweifig. Sie driftet mir zu weit ab. Irgendwann denke ich: ist ja gut, wie geht's denn weiter?
    Die Story ist irre interessant, die Figuren gut gezeichnet. Aber 1000 Seiten wären nicht notwendig gewesen.
    Empfehlenswert auf jeden Fall. Musste an Reich-Ranicky denken: " so habe ich das auch noch nicht gelesen".
    Grüsse
    KHW

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    Theo Decker ist 13 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter in New York. Sie haben nicht viel Geld, sind aber glücklich und kommen gut miteinander zurecht. Doch dann geschieht etwas Furchtbares, ein harmloser Museumsausflug gerät zur Katastrophe. Theos Mutter stirbt bei einer Explosion und der Junge steht plötzlich ganz alleine da. Doch während des Unglücks geschieht noch mehr. Theo trifft auf einen alten, schwer verletzten Mann und nimmt heimlich ein Gemälde mit aus dem Museum. Aufgrund des Todes seiner Mutter ist er in tiefer Trauer und ziemlich verwirrt, irgendwie kommt er nicht dazu, die Sache mit dem Gemälde aufzuklären und es zurückzugeben. Mehr und mehr ist er von dem kleinen Bild eines Distelfinks besessen und so begleitet es ihn nun durch sein ganzes folgendes Leben.


    Das erste Buch der Autorin fand ich vor vielen Jahren unglaublich fesselnd und hatte mir damals dann sehr gespannt das zweite gekauft, welches ich leider völlig langweilig fand. Es stand als 50/50 und da „Der Distelfink“ sehr interessant klang, war ich entsprechend neugierig.


    Leider konnte mich der über 1000 Seiten starke Wälzer wieder nicht überzeugen. Zu Beginn hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich in Tartts ziemlich ausufernden Schreibstil hineinzufinden, aber das war dann gar nicht mein Hauptproblem mit dem Buch. Die Geschichte begann interessant, wurde dann aber immer abstruser. Theos weiteres Leben weckte bei mir Irritation, streckenweise regelrechte Abscheu. Die Handlung wirkte auf mich extrem langatmig und teilweise konnte ich nur noch querlesen, denn es passiert seitenlang nicht wirklich etwas, die Handlung kommt nicht voran und verliert sich in den unglaublich ausufernden, viel zu detaillierten Beschreibungen. Theo Decker war anfangs ein netter Junge, seine weitere Entwicklung machte ihn leider kein bisschen sympathisch. Nun muss eine Hauptfigur in einem Buch dem Leser ja nicht unbedingt liebenswert erscheinen, aber ich konnte mit Theo einfach immer weniger anfangen. Auch die Nebenfiguren haben mich nicht überzeugt, entweder sie blieben mir zu blass und farblos oder sie waren genauso schrecklich wie Theo. Verstehen konnte ich in diesem Buch irgendwie keinen und daher war es leider ein ziemlicher Kampf für mich, das Buch schließlich zu beenden.


    Wenn die Autorin wieder 10 Jahre bis zur nächsten Veröffentlichung braucht, erinnere ich mich hoffentlich noch daran und werde nicht wieder zugreifen.


    2ratten

    LG, Dani


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  • Zum Ausgleich zu den durchwachsenen Kritiken hier:
    Der Distelfink war das Buch, das mich im vergangenen Jahr am meisten beeindruckt hat. Ich finde den Stil von ihr großartig (allein der Einstieg, wie die beiden die Straße Richtung Museum gehen am Anfang hat mich schon völlig gepackt) und die Geschichte hat - auch wenn sich manches Elend wiederholt - mich über die ganze Länge getragen. Ich habe das Buch bestimmt schon fünf- oder sechsmal verschenkt, meist mit Erfolg.


    Die geheime Geschichte habe ich dann auch noch gelesen, hat mir auch gut gefallen (wenn ich auch den Distelfink literarisch eine Stufe höher einordne).
    Das mittlere Buch habe ich wegen der fast einmütig schlechten Kritiken ausgelassen.


    Wenn die Autorin wieder 10 Jahre bis zur nächsten Veröffentlichung braucht, erinnere ich mich sicher noch an den Distelfink und werde wieder zugreifen. ;)

  • Meine erste Reaktion, nachdem ich das Buch gestern zu Ende gelesen habe: endlich fertig :ohnmacht:


    Mir fällt es sehr schwer, diesen Roman zu beurteilen. Einerseits kann ich verstehen, wieso er so eingeschlagen hat und technisch und stilistisch betrachtet finde ich den Roman durchaus gut und verstehe auch die Nominierung zum Pulitzerpreis. (Die anderen Nominierten kenne ich nicht, deswegen kann ich keine Aussage darüber treffen, ob der Distelfink den Preis im Vergleich zu den anderen auch verdient hat.)


    Andererseits fand ich insbesondere die zweite Hälfte dieses Schmökers zunehmend anstrengend zu lesen und meiner Meinung nach auch deutlich schwächer als der erste Teil. Auf Amazon und auch hier habe ich in vielen Kommentaren gelesen, Theo sei ein unsympathischer Hauptcharakter. Das habe ich eigentlich nicht empfunden, ich finde ihn durchaus sympathisch. Die Sympathie wird aber ganz deutlich überlagert von seiner Traumatisierung und der kaum geschehenen Verarbeitung seiner Erlebnisse. Ich würde ihn liebend gerne in Therapie schicken, einer Figur auf mehreren 100 Seiten bei ihren Selbstzerstörungstrip und depressiven Lebensansichten zu begleiten, während man sieht, wie dringend dieser junge Mann Hilfe benötigen würde, fand ich doch sehr mühsam.
    Ganz eindeutige Sympathien hatte ich dafür für Hobie und Popper und beide haben mir oft Leid getan, vor allem Hobie, dessen Gutmütigkeit von Theo immer wieder ausgenutzt wird.


    Davon abgesehen finde ich, dass der Roman nach Las Vegas deutlich an Qualität verliert. Da ist plötzlich ein Zeitsprung von 8 Jahren, aber Theo hat sich meiner Meinung nach in keinster Weise verändert. Ich hatte bis zum Ende einen 15-jährigen Theo vor meinem inneren Auge und keinen jungen, aber doch erwachsenen Mann. Ob das Absicht der Autorin war, weiß ich nicht, aber diese Frage habe ich mir ohnehin oft gestellt. Gleichzeitig hatte ich bei Boris das Gefühl einen wesentlich älteren Mafia-Boss vor mir zu haben. Beide Figuren waren für mich vieles, aber sicherlich nicht Mitte, Ende 20.
    Auch Theos Beziehung und anschließende Verlobung hat mich vor den Kopf gestoßen.


    Was mich auch gestört hat: Theo verliert zuerst bei einem Terroranschlag seine Mutter, anschließend


    und kein einziges Mal kommen die Behörden auf die Idee, dass dieser Junge vielleicht professionelle Unterstützung oder eine Therapie benötigen könnte? Noch dazu, die Mitarbeiter des Jugendamts, die hier völlig unprofessionell agieren und es Theo irrsinnig leicht machen, ihnen zu "entkommen"?


    Genauso bei Pippa, die eine schwere Kopfverletzung hat und mit kognitiven Einschränkungen zu kämpfen hat und statt ihr Therapien zukommen zu lassen, wird sie auf eine Schule für "disturbed girls" gesendet? Allein der Ausdruck "disturbed girls" gehört für mich nicht in einen Roman, der im 21. Jahrhundert spielt!


    Das alles fand ich einfach sehr unrealistisch. Genauso wie die hier bereits erwähnte Szene am Bahnhof von Amsterdam mit dem geforderten Reisepass.


    Der irrsinnig lange Monolog am Ende des Buches hat mich übrigens auch sehr gestört. Ich hatte das Gefühl, Frau Tartt traut ihren Lesern nicht zu, selbst die Symbolismen der Geschichte herauszufinden und deswegen müsse man ihnen alles nochmal sehr ausufernd erklären. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen. Auch Theos fatalistisches Weltbild war mir eine Spur zu krass und die Konsequenzen, die er aus seiner Geschichte zieht, zeigen für mich keinerlei Lerneffekt. Das ist vielleicht realistisch, aber irgendwie auch deprimierend.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

    Einmal editiert, zuletzt von tári ()

  • Theo Decker ist vierzehn Jahre alt, als sein Leben von einer Minute auf die andere im wahrsten Sinne des Wortes komplett durcheinandergewirbelt wird. Bei einer Explosion in einem New Yorker Museum wird seine Mutter getötet. Theo, der zu dem Zeitpunkt in einem anderen Raum war, überlebt fast unverletzt und folgt einem momentanen Impuls: als er in den Trümmern der Museumssäle den "Distelfink" findet, ein Gemälde eines holländischen Renaissancemeisters, das seine Mutter sehr geliebt hat, packt er es kurzerhand ein und nimmt es mit.


    Damit beginnt für Theo eine jahrzehntelange Odyssee. Zunächst ist gar nicht klar, ob seine Mutter, die ihn nach der Trennung vom alkoholsüchtigen Vater alleine großgezogen hat, noch lebt. Als sich ihr Tod bestätigt, ist klar, dass ein Vierzehnjähriger nicht allein bleiben kann. Er zieht zunächst zu einem Freund und hat sich gerade so ein wenig in der wohlhabenden Park-Avenue-Familie eingewöhnt, als die Karten schon wieder neu gemischt werden. Nicht zum letzten Mal.


    Die einzige Konstante in Theos gelinde gesagt ungewöhnlichen Lebensumständen bleibt auf lange Sicht das Bild, das er heimlich überallhin mitnimmt und hütet wie einen Schatz, stets fürchtend, dass man ihm auf die Schliche kommen könnte. Es wird zu einem dieser Geheimnisse, die belasten, die man sich aber immer weniger aufzudecken wagt, je mehr Zeit vergeht.


    Für actionliebende Leser sind die Bücher von Donna Tartt nicht geeignet. Sie nimmt sich sehr viel Zeit, entwickelt die Dinge langsam, lässt Raum für kleine gedankliche Exkurse, schildert auch (vermeintlich) Unspektakuläres mit Liebe zum Detail und entwirft interessante Charaktere mit bewegten Hintergründen.


    Diese Stärken haben mich auch in diesem Buch sehr angesprochen. Die Handlung mag streckenweise ein wenig konstruiert wirken, hat mich aber ziemlich gefesselt und, obwohl Theo sehr oft dumme und falsche Dinge tut, immer wieder mit ihm mitfühlen lassen. Was soll ein Vierzehnjähriger auch tun, der sich plötzlich alleine zurechtfinden muss und der, zumindest dann, als man noch Weichen hätte stellen können, niemanden hat, der ihm Halt und Richtung gibt?


    Die ersten 75% des Romans fand ich somit richtig, richtig gut. Doch dann kommt leider ein großer Bruch. Die Autorin versucht sich doch noch an Actionszenen, was zum einen ziemlich wirr daherkommt und zum anderen einfach nicht zum Rest des Buches passen will. Teilweise musste ich mich richtiggehend zum Weiterlesen zwingen - extrem schade. Die letzten Kapitel konnten mich zwar wieder ein wenig versöhnen, aber den ganzen thrillerartigen Showdown-Kram hätte sie sich in der Form gerne sparen können.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • illy : über die Stelle mit dem Pass bin ich auch gestolpert und habe mich gefragt, ob das nicht Blödsinn ist, dass beim Fahrkartenkauf ein Ausweis verlangt wird :five:

    Und wo ich gerade dabei bin: während mehrerer Tage sitzt Theo mit einer fetten Grippe o.ä. inkl. Schüttelfrost und Fieber in seinem Hotel und kommt nicht einmal auf die Idee, einen Arzt aufzusuchen oder kommen zu lassen?!?

    Das konnte ich sogar noch nachvollziehen,

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Aeria

    Ehrlichgesagt, glaube ich das bei solchen Büchern viele such nicht do recht trauen, zuzugeben, wenn sie es nicht gar so toll finden. Manche lassen sich durch Meinungen oder Größe Preise verunsichern und fühlen sich verpflichtet es gut zu finden, weil es muss ja gut sein, wenn das alle sagen. Das fällt mir zb auch Youtube immer mal wieder auf.

    Ich persönlich bin noch nicht sicher. Es ist an ein paar Stellen wirklich ausschweifend erzählt und ich hab jetzt schon öfter gedacht, komm mal zum Punkt. Andererseits gefällt mir der Schreibstil sehr gut.


  • Die ersten 75% Prozent fand ich wundervoll, dann ging es - für mich - leider ziemlich bergab. Ich bin sehr gespannt auf Deine abschließende Meinung, Holden.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine (also im Spoiler steht alles, irgendwie lies sich dein Namen grad nich drüber schreiben :lachen: )